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BUNDESTAG/3289: Heute im Bundestag Nr. 294 - 13.06.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 294
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 13. Juni 2012 Redaktionsschluss: 14:40 Uhr

1. Innenausschuss debattierte über Integrationspolitik
2. Altmaier kündigt Zehn-Punkte-Programm zur Umweltpolitik an
3. Koalitionsfraktionen lehnen Änderungen am Bergrecht ab
4. Erfolge bei Verhandlungen zu "Erasmus für alle"
5. Neue Bestimmungen für Sicherungsverwahrung



1. Innenausschuss debattierte über Integrationspolitik

Innenausschuss

Berlin: (hib/STO) Der Innenausschuss hat am Mittwochvormittag über Fragen der Integrationspolitik beraten. Dabei unterrichtete die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Staatsministerin Maria Böhmer (CDU), über den "Nationalen Aktionsplan Integration" und den als Unterrichtung vorliegenden Zweiten Integrationsindikatorenbericht (17/8540). Nach ihren Worten konnten die an dem Bericht beteiligten Wissenschaftler von Integrationsfortschritten berichten. So zeichne sich beim Spracherwerb, der Ausbildung und am Arbeitsmarkt eine positive Entwicklung ab. Gleichwohl bestünden trotz der Fortschritte weiterhin Unterschiede und Lücken zwischen Menschen mit und solchen ohne Migrationshintergrund. Dies mache weitere Anstrengungen erforderlich.

Böhmer warb unter anderem dafür, den bei 9,9 Prozent liegenden Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund im öffentlichen Dienst zu erhöhen. Zugleich formulierte sie für die laufende Legislaturperiode drei "Leitlinien": Danach wolle man "Integration verbindlicher machen" sowie "von der nachholenden zur vorbereitenden Integration" kommen und in Deutschland eine "wirkliche Willkommens- und Anerkennungskultur" etablieren. Mit Blick auf die Binnenwanderung innerhalb der Europäischen Union sprach sie sich zudem für einen Rechtsanspruch für EU-Bürger zur Teilnahme an Integrationskursen aus.

Die CDU/CSU-Fraktion betonte, dass Deutschland "nicht nur integrationswillig, sondern auch integrationsfähig" sei. Bei der Bildung gehe der Trend in die richtige Richtung, doch gebe es immer noch doppelt so viele Menschen mit Migrationshintergrund als Bürger ohne Migrationshintergrund, die "gebrochene Bildungsbiographien" aufwiesen. Mit Blick auf die Salafisten thematisierte die Fraktion zugleich die Notwendigkeit präventiver Anstrengungen.

Die SPD-Fraktion nannte die erreichten Fortschritte "erfreulich". Dennoch gebe es Handlungsbedarf. Die Fraktion verwies darauf, dass bei den Kindern unter drei Jahren ohne Migrationshintergrund 27,7 Prozent eine Betreuungseinrichtung in Anspruch nähmen, aber nur 12,2 der Kinder dieses Alters mit Migrationshintergrund. Wer die frühkindliche Sprachförderung ernst nehme, könne mit dem von der Regierungskoalition geplanten Betreuungsgeld "nicht glücklich" sein. Dieses sei vielmehr kontraproduktiv.

Die FDP-Fraktion hob hervor, dass man maßgebliche Fortschritte bei der Integration zu verzeichnen habe. Die Koalition könne stolz darauf sein, dass keine andere Regierung wie die derzeit amtierende so viele Mittel für Integrationskurse aufgewendet habe. Während die Opposition unsachliche Argumente vortrage, habe die Koalition in der Integrationspolitik in den vergangenen Jahren hervorragend gearbeitet.

Nach Auffassung der Fraktion Die Linke haben sich wesentliche Probleme der Migranten nicht maßgeblich verändert. So sei etwa die Arbeitslosigkeit bei Menschen mit Migrationshintergrund doppelt so hoch als bei Menschen ohne Migrationshintergrund. Mit Blick auf den Nationalen Aktionsplan Integration kritisierte die Fraktion, dass darin der Bereich der Asylsuchenden fehle. Auch erkundigte sich die Fraktion, was die Regierung mache, um Einbürgerungshürden zu senken.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen warf in diesem Zusammenhang die Frage nach einer bundesweiten Einbürgerungsoffensive auf. Sie verwies darauf, dass es bei der Integration in wichtigen Punkte wie am Arbeitsmarkt Defizite gebe, aber nicht klar sei, was die Regierung dagegen machen wolle. Zugleich bemängelte sie, dass im Nationalen Aktionsplan Integration sowohl das Thema Diskriminierungsschutz als auch das kommunale Wahlrecht für Drittstaatsangehörige ausgeklammert worden sei.

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2. Altmaier kündigt Zehn-Punkte-Programm zur Umweltpolitik an

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Berlin: (hib/AS) Der neue Umweltminister Peter Altmaier (CDU) hat ein umweltpolitisches Zehn-Punkte-Programm für die Themen angekündigt, die noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden sollen. "Wir müssen zeigen, wo wir uns befinden und was wir erreichen können", sagte Altmaier bei seinem Antrittsbesuch vor dem Umweltausschuss des Bundestags am Mittwochvormittag. Als ein Beispiel führte er das Atommülllager Asse an, für das im kommenden Frühjahr ein Gesetz verabschiedet werden soll. Als weitere Schwerpunktthemen seiner Amtszeit nannte der Minister unter anderem das Endlagersuchgesetz und verstärkte Anstrengungen bei der Energiewende. Er machte aber zugleich deutlich, dass es im Bereich der Umweltpolitik viele Entscheidungen gebe, die über die Legislaturperiode hinaus gingen. Altmaier versprach, dass er dabei verstärkt mit dem Parlament zusammenarbeiten wolle: "Mir liegt viel daran, dass das Parlament eng eingebunden wird", sagte der Minister. Der Umweltpolitik müsse in "einem umfassenden Sinne" wieder ein hoher Stellenwert in der politischen Diskussion verschafft werden, forderte er. Denn durch die Finanzkrise seien gerade Umweltthemen "abgedrängt" worden. Hinsichtlich des Ziels, die CO2-Emissionen in der gesamten EU um 30 Prozent zu senken, sagte Altmaier, dass man sich diesbezüglich mehrfach positioniert habe. Man sei derzeit bei der sogenannten Klima-Roadmap aufgrund der Einwände Polens blockiert. Ein Vertreter der CDU/CSU hatte zuvor bedauert, dass es nicht gelungen sei, in dieser Frage ein gemeinsames Votum als Parlament abzugeben.

Die Opposition begrüßte Altmaiers Ankündigung, die Kooperation zwischen Regierung und Parlament zu verstärken. Man habe diese Zusammenarbeit bisher als "sehr misslich" empfunden, sagte ein Vertreter der SPD. Gerade bei Themen wie dem Endlagersuchgesetz brauche man aber ein transparentes Verfahren und einen breiten Dialog mit dem Parlament. Die Linke äußerte sich ebenfalls erfreut über die künftige Zusammenarbeit mit Altmaier, kündigte aber an, dass sie die Arbeit des neuen Ministers "kritisch" begleiten wolle. Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen äußerte sich positiv darüber, dass Altmaier den Kontakt mit den Parlamentariern suche. Es sei außerdem gut, dass der Minister erkannt habe, wie wichtig die deutsche Energiewende international sei. Auch die FDP nahm den Punkt der Energiewende auf und erklärte, es sei gut, dass das Bundesumweltministerium und das Bundeswirtschaftsministerium das Thema "gemeinsam zum Erfolg tragen" würden.

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3. Koalitionsfraktionen lehnen Änderungen am Bergrecht ab

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Berlin: (hib/HLE) Ein neues Bergrecht wird es vorerst nicht geben. Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie lehnte am Mittwoch mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP drei Anträge und einen Gesetzentwurf der Oppositionsfraktionen ab.

So hatte die SPD-Fraktion in einem Antrag (17/9560) mehr Transparenz bei bergrechtlichen Verfahren und eine stärkere Einbeziehung des Umweltschutzes gefordert. Die Linksfraktion verlangte in einem Antrag (17/9034), dass die Interessen der Umwelt und der vom Abbau von Bodenschätzen betroffenen Menschen angemessen berücksichtigt werden. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hatte einen Gesetzentwurf (17/9390) eingebracht, in dem eine einheitliche Bergbau-Förderabgabe in Höhe von zehn Prozent vorgesehen ist. Schließlich verlangte die Fraktion in einem Antrag (17/8133) eine öffentliche Interessenabwägung "zwischen den potenziell positiven Wirkungen des Bergbaus für die Gesellschaft und seinen negativen Folgen für die betroffenen Menschen".

Ein Sprecher der CDU/CSU-Fraktion warf besonders den Grünen vor, "Bergbau-Verhinderungsanträge" zu stellen. Dagegen enthalte der Antrag der SPD-Fraktion wenigstens noch diskussionswürdige Punkte. Der Sprecher verwies auf Äußerungen des Gewerkschaftsvertreters in der öffentlichen Anhörung zum Bergrecht, wonach die Akzeptanz für den Bergbau nicht per Gesetz hergestellt werden könne. Es gebe keinen grundsätzlichen Bedarf für Änderungen am Bergrecht. Ähnlich argumentierte der Sprecher der FDP-Fraktion. Das Bergrecht habe sich in der Praxis bewährt. Ob es beim Bundesberggesetz noch Optimierungsbedarf gebe, werde auch in Zukunft geprüft werden.

Die SPD-Fraktion bedauerte, dass die Koalition keinerlei Initiative zur Änderung des Bergrechts ergreifen wolle. Die öffentliche Anhörung habe ergeben, dass das Gesetz nicht mehr in vollem Umfang zeitgemäß sei. So müsse es zu einer stärkeren Einbeziehung von Umweltaspekten kommen. Auch die Linksfraktion betonte die aus ihrer Sicht notwendigen Änderungen am Bergrecht. Es müssten Konflikte geregelt werden, wenn zum Beispiel Menschen ihre Wohnungen durch den Bergbau verlieren sollten.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erklärte, das Bergrecht sei ein Recht, das völlig einseitig die Interessen der Bergbaubetreiber schütze und die Interessen der Menschen vernachlässige. Von vielen Betroffenen werde gesagt: "Bergrecht bricht Menschenrecht", erklärte der Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

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4. Erfolge bei Verhandlungen zu "Erasmus für alle"

Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

Berlin: (hib/ROL) Europa wird immer wichtiger. Deshalb gewinnen europäische Bildungsprogramme, die den grenzüberschreitenden Austausch von Schülern, Auszubildenden, Studierenden und Arbeitnehmern fördern, an Bedeutung, weil sie die europäische Identifikation unterstützen. Grundsätzlich begrüßten deshalb alle im Bildungsausschuss vertretenden Fraktionen die deutliche Mittelsteigerung des Programms "Erasmus für alle", das die EU-Kommission vorschlägt. Vorgesehen ist eine Aufstockung von sieben auf 19 Milliarden Euro in den Jahren 2014 bis 2020. Das entspricht einer Steigerung um 70 Prozent. Das Neue an dem Programm ist die Zusammenführung von sieben Einzelprogrammen. Zudem wendet es sich nicht mehr nur an Hochschüler, sondern auch an Schüler, Auszubildende und Arbeitnehmer.

Zu dem Themenkomplex hat die SPD den Antrag "EU-Bildungsprogramme modernisieren und ausbauen - Mobilität und Austausch im lebenslangen Lernen für eine integrationsfördernde europäische Bildungspolitik" (17/9575) eingebracht. Er wurde am Mittwochvormittag in der Sitzung des Bildungsausschusses im Berliner Paul-Löbe-Haus von der Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP sowie der Fraktion Die Linke trotz Übereinstimmung in diversen Punkten abgelehnt. Die Grünen enthielten sich.

Zu Beginn der Sitzung hatte der Parlamentarische Staatssekretär, Helge Braun (CDU), über den Verhandlungsstand mit dem Brüsseler EU-Ministerrat berichtet. Dabei habe sich die Bundesregierung im Mai in einigen Punkten durchsetzen könne. So werde die Durchführung des Programms in der jeweiligen Verantwortung der Mitgliedsstaaten bleiben, so dass "die bewährten Strukturen aufrecht erhalten werden können". Zudem habe Deutschland in den Verhandlungen durchgesetzt, dass für einzelne Bereiche Mindestbudgets festgelegt werden. Das sei wichtig, da die Bereiche unterschiedlich abgefragt werden würden und bei nicht so prominenten Projekten am Ende kein Geld mehr übrig bliebe.

Ernst Dieter Rossmann (SPD) kritisierte vor allem, dass die traditionell eingeführten Namen, wie Erasmus, Da Vinici und Comenius in Zukunft verschwinden sollen. "Das sind Markenzeichen." Zugleich begrüßte er den Ausbau der Mobilitätsprogramme.

Stefan Kaufmann (CDU) begrüßte die Verhandlungsstrategie der Bundesregierung und lobte neben anderen Punkten, dass das eigene Jugendprogamm bestehen bleiben soll.

Patrick Meinhardt (FDP) bemängelte ganz grundsätzlich, dass beim ersten Anlauf fast nie deutsche Eigenheiten in Brüssel Berücksichtigung fänden. Damit spielte er auf das deutsche Duale Ausbildungssystem an, dass erst nach Nachverhandlungen im Programm berücksichtigt werden soll. Am SPD-Antrag kritisierte er genauso wie sein Unionskollege Kaufmann, dass noch einmal darüber hinausgehende Forderungen nach weiteren Mittelsteigerungen festgeschrieben worden seien.

Agnes Alpers (Die Linke) lobte die SPD für die Forderung nach der sozialen Staffelung der Stipendien, die Sozialdemokraten in ihrem Antrag aufgenommen haben. Doch zeigte sie sich "überrascht", dass die berufliche Bildung im SPD-Antrag nicht auftauche.

Kai Gehring kritisierte für die Grünen, dass das Erasmusprogramm immer noch nicht mit dem Bologna-System kompatibel sei. Er stimmte den Vorrednern zu, die bewährten Markennamen zu erhalten.

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5. Neue Bestimmungen für Sicherungsverwahrung

Recht/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/BOB) Ist die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet, muss das Gericht während des Vollzugs der Freiheitsstrafe alle zwei Jahre feststellen, ob dem Gefangenen eine umfassende Betreuung zuteil geworden ist. Das geht aus einem Gesetzentwurf (17/9874) der Bundesregierung hervor. Demnach würde die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig, wenn ein vom Gericht festgestelltes Betreuungsdefizit nicht innerhalb kurzer Zeit behoben wird. Insbesondere müsse die Betreuung individuell und intensiv sein. Sie soll geeignet sein, die Mitwirkungsbereitschaft des Gefangenen zu wecken und zu fördern. Die psychiatrische, psycho- und sozialtherapeutische Behandlung müsse auf den Gefangenen zugeschnitten sein, heißt es in dem Entwurf weiter. Ziel sei es, seine Gefährlichkeit für die Allgemeinheit so zu mindern, dass die Vollstreckung möglichst bald zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Es sei ferner sicherzustellen, dass Sicherungsverwahrte räumlich ausreichend vom regulären Strafvollzug getrennt sind. Die Bundesregierung strebt ein Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Juni 2013 an.

Die Initiative ist notwendig geworden, weil das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe im Urteil vom 4. Mai des vergangenen Jahres sämtliche Bestimmungen der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung als nicht vereinbar mit dem Grundgesetz verworfen hatte.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 294 - 13. Juni 2012 - 14:40 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Juni 2012