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BUNDESTAG/3767: Heute im Bundestag Nr. 167 - 21.03.2013


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 167
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnrerstag, 21. März 2013 Redaktionsschluss: 10:10 Uhr

1. Internet bietet neue Formen der Vermarktung für Künstler und Kreative
2. Gesetzentwurf über Verwendung von Polizisten des Bundes im Ausland vorgelegt
3. Linksfraktion will Ausflaggung deutscher Schiffe verhindern
4. SPD und Grüne wollen Zivilgesellschaft stärker an EU-Beitrittsprozessen beteiligen
5. Linke-Vorstoß zur Substitutionstherapie
6. SPD und Grüne: Verlängerung des UN-Mandats in der Westsahara



1. Internet bietet neue Formen der Vermarktung für Künstler und Kreative

Ausschuss für Kultur und Medien

Berlin: (hib/AW) Das Internet bietet für die Kultur- und Kreativwirtschaft neue und lohnende Vermarktungsmöglichkeiten und Geschäftsmodelle. Dies war der mehrheitliche Tenor eines öffentlichen Expertengesprächs des Kulturausschusses am Mittwoch. Die geladenen Vertreter der Sparten Film, Buch und Musik stellten sich den Fragen der Abgeordneten zu den neuen Vertriebsmöglichkeiten und den damit verbundenen Problemen.

Joachim Birr, Vizepräsident der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO), zeigte sich überzeugt davon, dass plattformbasierte Bezahlsysteme im Internet neben den klassischen Einnahmequellen wie dem Kino, dem Verkauf von digitalen Datenträgern und dem Verkauf von Fernsehrechten für die Filmwirtschaft die Zukunft der Vermarktung für die Filmindustrie darstellt. Die Entwicklung, wie sie etwa bei elektronischen Büchern, den E-Books, zu beobachten sei, werde auch für den Film zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Für die Musikwirtschaft zog Stefan Zilch, Managing Director des Musikstream-Anbieters Spotify GmbH, eine positive Bilanz. Im vergangenen Jahr habe die Musikwirtschaft weltweit seit Einführung des MP3-Formates erstmals wieder schwarze Zahlen geschrieben. "Das Internet ist nicht der Feind der Musikwirtschaft", sagte Zilch. Entgegen allen Befürchtungen, könne die Musikwirtschaft eben auch in Zeiten von Raubkopien und Internet-Piraterie sehr wohl gewinnbringend arbeiten. So verfüge die Plattform Spotify inzwischen 24 Millionen Nutzer, die legal Musik im Internet hören und dafür auch zahlen. Rund 70 Prozent der Umsätze würden von Spotify an die Rechteinhaber an der Musik überwiesen. Ganz ähnlich argumentierte Christian Damke, Geschäftsführer der Firma Skoobe GmbH, für den Markt für elektronische Bücher. Seine Firma bietet gegen eine pauschale Monatsrate (Flatrate) eine Online-Bibliothek für E-Books an. Damke verwies darauf, dass die Nutzer von Skoobe laut einer firmeneigenen Befragung zum einen mehr lesen und auch seltener auf kostenlose Angebote oder Raubkopien zurückgreifen würden. Zilch bestätigte, dass diese Entwicklung auch für den Musikbereich gelte. Gerade bei Flatrate-Angeboten würden die Nutzer letztlich mehr konsumieren und damit den Markt vergrößern.

Problematischer bewerteten der Schriftsteller Mario Giordano und die Geschäftsführerin des Deutschen Bibliothekenverbandes, Barbara Schleihagen, die Entwicklung des elektronischen Buchmarktes. Prinzipiell habe die digitale Welt eine "Kostenlosphilosophie" hervorgebracht, bemängelte Giordano. Zudem befürchte er, dass der Handel mit E-Books die Buchpreisbindung in Deutschland zu Fall bringen könnte. Diese sei aber bislang entscheidend für eine angemessene Vergütung für Buchautoren gewesen. Er appellierte an den Ausschuss, sich für eine Beibehaltung der Buchpreisbindung auch für elektronische Bücher einzusetzen. Schwierigkeiten sieht Schleihagen auf kommunale Bibliotheken zukommen. Bei klassisch gedruckten Büchern könnten die Bibliotheken autonom darüber entscheiden, welche Bücher in welchen Mengen für den eigenen Bestand angeschafft werden. Da es sich bei E-Books jedoch nicht um klassische Bücher sondern um eine Lizenz handle, würden nun die Verlage darüber entscheiden, ob und für welche E-Books eine solche Lizenz an die Bibliotheken erteilt werde, kritisierte Schleihagen.

Der Journalist und Blogger Dirk von Gehlen argumentierte, es beobachte eine neue Sensibilität der Menschen für den Wert von künstlerischen Leistungen. Diese seien auch bereit Geld für neue Produkte auszugeben. Dies sei zu vergleichen mit der Einführung von Bio-Produkten im Lebensmittelbereich. C. Cay Wesnigk, Vorstandmitglied der Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm, verwies auf das Beispiel des "Gangnam Style"-Videos, mit dem der südkoreanische Rapper Psy mittels der Videoplattform Youtube zu Weltruhm gekommen sei.

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2. Gesetzentwurf über Verwendung von Polizisten des Bundes im Ausland vorgelegt

Inneres/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/STO) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen will die Kontrollrechte des Bundestages "im Hinblick auf das weltweite polizeiliche Engagement der Bundesrepublik" stärken. Dazu bedürfe es der Konkretisierung der Informationsrechte sowie einer damit einhergehenden Ausweitung der Kontrollmöglichkeiten inklusive der Rückrufmöglichkeit in bestimmten Fällen", schreibt die Fraktion in der Begründung eines Gesetzentwurfs über die Verwendung von Polizisten des Bundes im Ausland (17/12710).

Darin kritisiert die Fraktion, dass es unabhängig vom Einsatzfeld und der eingesetzten Behörde "dem gesamten Bereich der polizeilichen Auslandsverwendung an parlamentarischer Beteiligung und Kontrolle" mangele. Mit Ausnahme der multilateral mandatierten Missionen verfüge der Bundestag - wie auch bundesweit die Landtage - "beispielsweise über kein rechtlich verbindliches Beteiligungs- beziehungsweise Rückholrecht". Der Gesetzgeber müsse aber "gerade beim Einsatz von Sicherheitsbehörden außerhalb des Hoheitsgebiets die Möglichkeit der Einflussnahme haben".

Mit dem Gesetzesvorhaben soll der Vorlage zufolge parallel zu den international mandatierten Polizeimissionen eine konkrete Unterrichtungspflicht der Bundesregierung über sämtliche Verwendungen von Angehörigen der Bundespolizei außerhalb des Hoheitsgebiets der Bundesrepublik geregelt werden. Auch soll sich laut Entwurf unter anderem das Rückholrecht des Bundestages auf sämtliche Auslandsmissionen erstrecken.

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3. Linksfraktion will Ausflaggung deutscher Schiffe verhindern

Wirtschaft und Technologie/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Für die Schiffe der EU-Mitgliedstaaten soll neben der nationalen Flagge ein einheitlicher Rahmen im Sinne eines europäischen Flaggenregisters eingeführt werden. Außerdem müsse die europäische Schifffahrtsförderung vereinheitlicht werden, um den Subventionswettbewerb innerhalb der EU-Mitgliedstaaten zu beenden, fordert die Linksfraktion in einem Antrag (17/12823), der am Freitag auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages steht. Als Fördervoraussetzung für die Sicherung von Ausbildung und Know-how in den europäischen Flaggenstaaten müssten die jeweiligen Bemannungsvorschriften einen Mindestanteil von EU-Seeleuten vorsehen. Außerdem fordert die Fraktion eine Harmonisierung der steuerlichen Bedingungen für die Seeschifffahrt sowie eine Vereinheitlichung der sozialrechtlichen Normen für die Besatzungen auf den höchsten in den europäischen Flaggenstaaten entwickelten Standards.

Die Linksfraktion erinnert daran, dass von Regierung, Reedern und Gewerkschaften 2003 das Bündnis für Beschäftigung, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit gegründet worden sei. Die Reeder hätten finanzielle Zusagen für Ausbildungs- und Lohnnebenkosten erhalten, damit sie im Gegenzug wieder mehr Schiffe unter deutsche Flagge fahren lassen würden. Die Reeder würden zwar seitdem erhebliche Steuervergünstigungen und andere Leistungen erhalten, aber ihren Verpflichtungen nicht nachkommen. Es gebe 6.900 deutsche Seeleute bei insgesamt über 73.000 Seeleuten an Bord deutscher Schiffe. Auch die Einführung der Tonnagesteuer habe zu 4,965 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen geführt, "aber nicht verhindert, dass inländische Reeder ihre Schiffe weiter ausgeflaggt haben", schreibt die Fraktion.

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4. SPD und Grüne wollen Zivilgesellschaft stärker an EU-Beitrittsprozessen beteiligen

Europa/Antrag

Berlin: (hib/BOB) Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass die Zivilgesellschaft im jeweiligen Land in laufenden und zukünftigen Beitrittsverfahren "stärker und früher" als bisher beteiligt werden. Die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben dazu einen Antrag (17/12821) eingebracht. Die Beitrittsverhandlungen müssten künftig "transparenter" als bisher gestaltet werden. Dazu gehöre, dass künftig die "Benchmarks" der einzelnen Kapitel veröffentlicht werden und dass die jeweiligen Regierungen ihre Aktionspläne zur Erfüllung der Anforderungen veröffentlichten. Sozialdemokraten und Grüne plädieren ferner dafür, sich in Gesprächen auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, mit Kroatien die Einrichtung einer Kommission bestehend aus Vertretern von Parlament und Zivilgesellschaft zu erörtern. Dessen Aufgabe könne es sein, die Implementierung von Reformen im Zusammenhang mit dem EU-Beitritt des Landes auf nationaler Ebene zu begleiten und zu überprüfen.

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5. Linke-Vorstoß zur Substitutionstherapie

Gesundheit/Antrag

Berlin: (hib/TVW) Die Fraktion Die Linke setzt sich für eine Lockerung der rechtlichen Voraussetzungen für eine Substitutionsbehandlung Opiat-Abhängiger mit Diamorphin ein. Sie fordert die Bundesregierung auf, die fachlich-medizinischen Festlegungen aus der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV) zu streichen und der Selbstverwaltung zu übergeben. Dies betreffe, wie die Linke in einem Antrag (17/12825) ausführt, insbesondere die Festlegung des Behandlungsziels, die Therapievoraussetzungen für Patienten sowie die Regelungen zum Beikonsum. Stattdessen soll der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Wissenschaft als maßgebend definiert werden.

Nach Auffassung der Abgeordneten ist die Substitutionstherapie nachweislich die effektivste Methode, um die negativen gesundheitlichen und sozialen Folgen der Opiat-Abhängigkeit zu bekämpfen. Für einen langfristigen Therapieerfolg sei Abstinenz wünschenswert, aber nicht erforderlich. "Trotzdem ist sie als primäres Behandlungsziel in der BtMVV vorgeschrieben", schreiben die Abgeordneten. "Das Abstinenz-Dogma" verhindert nach Auffassung der Linken "medizinisch sinnvolle Behandlungen und treibt die behandelnden Ärzte an den Rand der Illegalität". Entsprechend prekär sei die Lage bei der Diamorphin-Substitution. Während sich die Zahl der Patienten in den letzten zehn Jahren fast verdoppelt habe, stagniere die Zahl der substituierenden Ärzte, kritisieren die Abgeordneten.

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6. SPD und Grüne: Verlängerung des UN-Mandats in der Westsahara

Menschenrechte und humanitäre Hilfe/Antrag

Berlin: (hib/BOB) Die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen setzen sich dafür ein, dass das UN-Mandat für die Westsahara erneut verlängert wird. Ferner soll die Bundesregierung innerhalb der Vereinten Nationen darauf hinwirken, dass das Mandat in die Lage versetzt wird, sich stärker um die Menschenrechtssituation in der Westsahara kümmern zu können, betonen SPD und Grüne in einem Antrag (17/12822). Die marokkanische Regierung sei aufzufordern, die politischen Gefangenen freizulassen. Es müsse ferner dafür Sorge getragen werden, dass die durch die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen in der Westsahara eingenommenen Mittel der Bevölkerung zu Gute kommen. Die "völkerrechtswidrige Verwaltung" der Westsahara dürfe nicht anerkannt werden. Die Bundesregierung soll sich darüber hinaus innerhalb der EU für eine "einheitliche Position" gegenüber Marokko und der Westsahara einsetzen.

Sozialdemokraten und Grüne betonen, dass in dem Gebiet einer "der letzten kolonialen Konflikte der Welt" stattfinde. Das Gebiet stehe zu 85 Prozent unter der Verwaltung Marokkos. Dazu gehörten die gesamte Küstenregion sowie die Gebiete mit Rohstoffvorkommen und fruchtbarem Boden. Die bereits 1991 eingesetzte UN-Mission habe unter anderem die Aufgabe, ein Referendum über die Zukunft der Westsahara auf den Weg zu bringen. Dies sei bislang noch nicht geschehen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 167 - 21. März 2013 - 10:10 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. März 2013