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BUNDESTAG/4362: Heute im Bundestag Nr. 226 - 05.05.2014


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 226
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 5. Mai 2014 Redaktionsschluss: 17:20 Uhr

1. Frühverrentung nein, Leistungseinbußen ja
2. Fortentwicklung des Meldewesens
3. Sprengstoffbesitz von Neonazis thematisiert
4. Nutzung der "Reid-Methode" bei Verhören



1. Frühverrentung nein, Leistungseinbußen ja

Ausschuss für Arbeit und Soziales

Berlin: (hib/CHE) Das Risiko einer Frühverrentungswelle durch die geplante abschlagsfreie Rente mit 63 Jahren bewertet eine Mehrheit von Sachverständigen als gering. Dies wurde in der Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montagnachmittag deutlich, in der nicht nur das Rentenpaket der Bundesregierung (18/909), sondern auch drei Anträge der Linken (18/9, 18/765, 18/767) zu den Themen Mütterrente, Erwerbsminderungsrente und Altersarmut zur Diskussion standen.

Das Rentenpaket sieht umfangreiche Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung vor, wie die bessere Anerkennung von Kindererziehungszeiten (Mütterrente), die abschlagsfreie Rente mit 63 nach 45 Versicherungsjahren, Erhöhungen bei der Erwerbsminderungsrente und der Rehabilitation. Die Fraktion Die Linke fordert unter anderem eine völlige Gleichstellung von Kindererziehungszeiten bei der Mütterrente und eine Anhebung des gesetzlichen Rentenniveaus.

In der Anhörung stellte Christian Rauch für die Bundesagentur für Arbeit (BA) fest, dass weder eindeutige Hinweise für oder gegen eine solche Frühverrentungswelle existierten und das Risiko einer missbräuchlichen Ausnutzung der Rente mit 63 ehr gering sei. Zum einen würde eine vorsätzlich herbeigeführte Arbeitslosigkeit mit 61 Jahren für die Arbeitnehmer erhebliche finanzielle Einbußen bedeuten. Auch für die Arbeitgeber wäre der Verlust von erfahrenen, langjährig Beschäftigten nicht lukrativ, sagte Rauch. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) gab sich überzeugt, dass es keine massenhafte Frühverrentungswelle geben wird. "Die meisten Arbeitnehmer können es sich nicht leisten, während einer Arbeitslosigkeit zwei Jahre von nur 60 Prozent ihres vorigen Einkommens zu leben", sagte DGB-Vertreter Ingo Nürnberger. Einen Stichtag festzulegen, bis zu dem Zeiten der Arbeitslosigkeit für die erforderlichen 45 Jahre Wartezeit berücksichtigt werden, bewertete er als "nicht verfassungskonform" und als Benachteiligung der jüngeren Generation.

Gert G. Wagner, Professor für Empirische Wirtschaftsforschung und Wirtschaftspolitik an der Technischen Universität Berlin und Vorsitzender des Sozialbeirats der Bundesregierung, betonte, die Wirkung der Rente mit 63 hänge stark von der allgemeinen Arbeitsmarktlage ab. Wenn die Prognosen zum drohenden Fachkräftemangel stimmten, dann komme es eher zu einer stärkeren Erwerbstätigkeit Älterer statt zu einer Frühverrentungswelle. Deswegen bedeute das Rentenpaket auch keine Abkehr von der Rente mit 67. Man müsse sich aber um die Erwerbstätigkeit Älterer verstärkt kümmern, zum Beispiel durch die Förderung entsprechender betrieblicher Angebote, sagte Wagner.

Eckart Bomsdorf, Professor für Wirtschafts- und Sozialstatistik an der Universität Köln, betonte: "Ob es zu einer Frühverrentungswelle kommen wird, wissen wir nicht. Die Berechnungen sind unterschiedlich." Einem Missbrauch der Rente mit 63 könne man am besten mit einer Stichtagsregelung begegnen, sagte Bomsdorf weiter. Er kritisierte, dass es keine Notwendigkeit für die Rente mit 63 gibt: "Es gibt keine Gerechtigkeitslücke, die dies notwendig macht. Die Rente mit 63 ist ein ungerechtfertigtes Privileg und widerspricht den Prinzipien der Rentenversicherung." Ähnlich kritisch äußerte sich die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Deren Vertreter, Alexander Gunkel, betonte, durch die Rente mit 63 würden "Weichen falsch gestellt", weil sie für jene Fehlanreize biete, die bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze arbeiten könnten. Es sei generell falsch, Zeiten der Arbeitslosigkeit auf die Wartezeit anzurechnen, sagte Gunkel. Einig war er sich mit einer Mehrheit der Sachverständigen darin, dass die Maßnahmen des Rentenpakets langfristig zu deutlichen Leistungsminderungen in der Rentenversicherung führen würden, weil dadurch das Rentenniveau stärker sinke als bisher geplant.

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2. Fortentwicklung des Meldewesens

Inneres/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/STO) Das Gesetz zur Fortentwicklung des Meldewesens vom 3. Mai 2013 soll nach dem Willen der Bundesregierung noch vor seinem Inkrafttreten Anfang Mai kommenden Jahres aktualisiert werden, "damit eine reibungslose Implementierung gewährleistet ist". Mit Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Mai 2015 bedürfe es zeitgleich Folgeregelungen des Bundes und der Länder, schreibt die Bundesregierung in einem entsprechenden Gesetzentwurf (18/1284), der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Hierzu müsse die Regelung zum Inkrafttreten des Gesetzes von 2013 angepasst werden, "damit die entsprechenden Ermächtigungsgrundlagen im Bundesmeldegesetz früher in Kraft treten als das übrige Gesetz". Ferner sollen unter anderem mit der Vorlage infolge einer Änderung des Einkommenssteuergesetzes "Daten und deren Übermittlung zur steuerlichen Gleichstellung von Ehen und Lebenspartnerschaften angepasst werden".

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3. Sprengstoffbesitz von Neonazis thematisiert

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) Um "Sprengstoffbesitz von Neonazis" geht es in einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (18/1263). Darin erkundigen sich die Abgeordneten danach, welche Erkenntnisse die Bundesregierung über die in der "Datei Tatmittelmeldedienst zu Brand- und Sprengvorrichtungen" beim Bundeskriminalamt gespeicherten Ermittlungsvorgänge im Hinblick auf die Verwendung der sichergestellten Tatmittel im Bereich von politisch rechts motivierten Straftaten hat. Auch möchten sie unter anderem wissen, in wie vielen Fällen Erlaubnisse zum beruflichen Umgang mit Sprengmitteln in Folge von Ermittlungsverfahren gegen Personen aus der extrem rechten Szene widerrufen worden sind.

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4. Nutzung der "Reid-Methode" bei Verhören

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) "Ausbildung in und Nutzung der Reid-Methode durch deutsche Bundesbehörden" lautet der Titel einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (18/1262). Wie die Abgeordneten darin ausführen, entwickelte der US-Amerikaner John E. Reid im Jahr 1947 eine Verhörmethode, die unter dem Namen "Reid-Methode" bekannt wurde. Nach Ausbildungsunterlagen der Bundespolizei sei es Ziel dieser Methode, "durch einen strukturierten Aufbau der Vernehmung den Täter auf Grund seines verbalen, nonverbalen und paralinguistischen Verhaltens von einer unschuldigen Person zu unterscheiden, teilweise durch Angaben von Unwahrheiten." In den Ausbildungsunterlagen werde die Methode kritisch eingeschätzt. "Sie werde zwar in einigen Bundesländern bereits geschult und angewandt, sei aber umstritten. Besonders die Methode der 'akzeptablen Täuschung' des Verdächtigen sei problematisch", schreibt die Fraktion weiter. Wissen will sie unter anderem, welche Kenntnisse die Bundesregierung zu Schulungen von Mitarbeitern von Bundesbehörden in der Reid-Methode hat. Auch erkundigt sie sich unter anderem danach, wie die Bundesregierung "die Reid-Methode und deren Einsatz durch deutsche Bundesbehörden" bewertet.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 226 - 5. Mai 2014 - 17:20 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Mai 2014