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BUNDESTAG/4748: Heute im Bundestag Nr. 613 - 01.12.2014


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 613
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 01. Dezember 2014, Redaktionsschluss: 15.20 Uhr

1. 2017 soll neuer Pflegebegriff kommen
2. Unabhängigkeit für Datenschutzbeauftragte
3. Doppel-Sitzung der Endlager-Kommission
4. Richtige Höhe des Kinderfreibetrages



1. 2017 soll neuer Pflegebegriff kommen

Petitionsausschuss

Berlin: (hib/HAU) Ab 1. Januar 2017 soll es einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff geben. Das machte Ingrid Fischbach (CDU), Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, am Montag vor dem Petitionsausschuss deutlich. Mit Beginn des Jahres 2015 würden die parlamentarischen Vorbereitungen für den zweiten Teil des Pflegestärkungsgesetzes beginnen, sagte die Staatssekretärin während einer öffentlichen Sitzung des Ausschusses, bei der eine Petition mit der Forderung nach einer Reform der Pflegeversicherung auf der Grundlage eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs, "der den Hilfebedarf eines Menschen ganzheitlich, also unter Einbeziehung von seelischen, geistigen und körperlichen Einschränkungen, beurteilt", beraten wurde.

Der Petent Jens Kaffenberger, Bundesgeschäftsführer beim Sozialverband VdK Deutschland, begründete sein Anliegen damit, dass derzeit Menschen mit Demenz in der Pflegeversicherung benachteiligt würden. "Noch immer werden geistige und psychische Beeinträchtigungen weniger berücksichtigt als körperliche Ursachen von Pflegebedürftigkeit", sagte er. In der vergangenen Legislaturperiode seien "als Übergangsregelung" die Leistungen für Demenzkranke zwar etwas verbessert worden. "Eine echte Gleichstellung von Menschen mit Demenz steht aber noch aus", urteilte Kaffenberger während der Sitzung.

Aus Sicht des Petenten ist es auch nicht nachvollziehbar, warum dies erst ab 2017 passieren soll. "Seit 2008 liegen einführungsreife Vorschläge auf dem Tisch", sagte Kaffenberger, selbst in der Zeit von 2006 bis 2009 Mitglied des Expertenbeirats zur Überprüfung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs. Diese Vorschläge hätten von der aktuellen Bundesregierung "sofort nach Regierungsbildung" umgesetzt werden können, urteilte er.

Dass dies nicht geschehen sei, begründete Gesundheits-Staatssekretärin Fischbach mit dem Bedarf nach weiteren Gutachten. "Die Daten von 2008 sind ja nun nicht gerade aktuell", sagte sie. Die Bundesregierung habe bei den Gutachten Druck gemacht, so dass diese Anfang 2015 vorliegen würden. "Der 1. Januar 2017 ist der Beginn des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes", stellte sie nochmals klar. Das habe im Übrigen Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) schon mehrfach öffentlich gesagt.

Fischbach machte zudem deutlich, dass es durch die Besserstellung von dementen und kognitiv eingeschränkten Patienten "keine Einsparungen von Leistungen" auf anderen Ebenen geben werde. Bei den Kosten gehe die Bundesregierung von einer Erhöhung der Beiträge zur Pflegeversicherung um 0,2 Prozentpunkte aus.

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2. Unabhängigkeit für Datenschutzbeauftragte

Innenausschuss (Anhörung)

Berlin: (hib/STO) Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur "Stärkung der Unabhängigkeit der Datenschutzaufsicht im Bund durch Errichtung einer obersten Bundesbehörde" (18/2848) stößt bei einer Reihe von Experten auf Kritik in einzelnen Punkten. Dies wurde am Montag bei einer Anhörung des Innenausschusses deutlich. Der Vorlage zufolge soll das Amt des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit den Status einer obersten Bundesbehörde erhalten, die eigenständig und unabhängig ausgestaltet ist.

Derzeit untersteht die Datenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff der Dienstaufsicht des Bundesinnenministeriums, während die Rechtsaufsicht durch die Bundesregierung ausgeübt wird. In der Praxis finde aber keine Dienst- oder Rechtsaufsicht statt, die Unabhängigkeit des Amtes werde nicht eingeschränkt, schreibt die Regierung. Der Wortlaut des Bundesdatenschutzgesetzes entspricht nach Regierungsangaben im Wesentlichen den bisherigen Vorschriften für die Kontrollstellen der Länder, die nach Einschätzung des Europäischen Gerichtshofs mit europarechtlichen Vorschriften nicht vereinbar sind.

In Urteilen vom 9. März 2010 und 16. Oktober 2012 habe der Gerichtshof die Anforderungen an die Unabhängigkeit der datenschutzrechtlichen Kontrollstellen präzisiert. Daher will die Regierung diesen Anforderungen nachkommen und die Datenschutzaufsicht auf Bundesebene insgesamt stärken. Die Bundesbeauftragte mit Dienstsitz in Bonn soll künftig ausschließlich parlamentarischer und gerichtlicher Kontrolle unterstehen. Auf eine Rechtsaufsicht der Bundesregierung und Dienstaufsicht des Innenministeriums soll verzichtet werden, das Amt soll auch nicht mehr organisatorisch an das Ministerium angebunden sein. Gewählt werden soll die Bundesbeauftragte vom Bundestag. Ihren Amtseid soll sie vor dem Bundespräsidenten leisten.

Als Zeugin soll die Beauftragte aussagen dürfen, sofern die Aussage nicht Grundrechtsverletzungen zur Folge haben könnte oder "dem Wohle des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten" würde, insbesondere "wenn Nachteile für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder ihre Beziehungen zu anderen Staaten" zu befürchten seien. Auch soll sie nur im Einvernehmen mit der Bundesregierung aussagen dürfen, wenn die Aussage "laufende oder abgeschlossene Vorgänge" betrifft, "die dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung zuzurechnen sind oder sein könnten".

Professor Hartmut Aden von der Berliner Hochschule für Wirtschaft und Recht sagte, der Entwurf sei in seinem Kernanliegen, die Unabhängigkeit der Beauftragten herzustellen, "voll und ganz zu begrüßen", doch in einer Reihe von Punkten verbesserungswürdig. Aden nannte die Regelungen zur Aussagebefugnis "äußerst problematisch". Die hier formulierten Kriterien ließen die Vermutung nahe liegen, dass es darum gehe, "Aussagen gegenüber Gerichten und Untersuchungsausschüssen vollständig oder doch weitgehend zu verhindern".

Der frühere Berliner Datenschutzbeauftrage, Professor Hansjürgen Garstka, wertete die vorgesehenen Regelungen zu Zeugenaussagen der Beauftragten als wesentliche Einschränkung von deren Unabhängigkeit. Garstka bemängelte zugleich, dass die Beauftragte auf Vorschlag der Bundesregierung ernannt werden soll. Damit bleibe es dabei, "dass die zu kontrollierende Institution - die Bundesexekutive - sich ihren Kontrolleur selbst aussucht". Angemessener wäre es, wenn "die Kandidatin aus der Mitte des Bundestages benannt würde".

Professor Dirk Heckmann von der Universität Passau sagte, die Beschränkung der Aussagefreiheit der Beauftragten sei "problematisch". Wenn bestimmte Aussagen nur im Einvernehmen mit der Bundesregierung erfolgten dürften, bekomme "der potenziell Kontrollierte gleichsam ein Vetorecht". Professor Alexander Roßnagel von der Universität Kassel bezeichnete eine gesetzliche Regelung zu Zeugenaussagen der Beauftragten als "überflüssig".

Professor Klaus Gärditz von der Universität Bonn argumentierte, die Frage, ob man für eine Zeugenaussage eine Genehmigung brauche oder nicht, habe mit der Unabhängigkeit der Beauftragten nichts zu tun. Die Verpflichtung, vor Zeugenaussagen wie bisher vorher beim Bundesinnenminister eine Genehmigung einzuholen, schränke die Unabhängigkeit in keiner Weise ein. Es gehe vielmehr eher um Begrenzung der Kompetenzen der Bundesbeauftragten. Seines Erachtens sollte an der generellen Genehmigungspflicht festgehalten werden.

Hans-Hermann Schild, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Wiesbaden, mahnte eine ausreichende Personalausstattung der Bundesbeauftragten an. Wer unabhängig und sachgemäß Aufgaben wahrnehmen wolle, brauche auch "die entsprechende women- oder menpower". Damit werde es notwendig, auch an eine Personalaufstockung zu denken.

Die amtierende Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Andrea Voßhoff, sagte, zur Unabhängigkeit ihres Amtes gehöre auch dessen Funktionsfähigkeit. Diese sei nur gegeben, wenn die notwendige Sach- und Personalausstattung zur Verfügung gestellt wird. "Das ist mit diesem Gesetzentwurf ganz eindeutig nicht gegeben", fügte Voßhoff hinzu.

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3. Doppel-Sitzung der Endlager-Kommission

Endlager-Kommission

Berlin: (hib/SCR) Die Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe (Endlager-Kommission) trifft sich am Freitag, 5. Dezember, und Samstag, 6. Dezember, zu ihrer sechsten beziehungsweise siebten Sitzung. An beiden Tagen finden die öffentlichen Sitzungen im Sitzungssaal 4.900 (Europasaal) im Paul-Löbe-Haus statt.

Am Freitag bildet eine Anhörung zum Thema "Internationale Erfahrungen" den Schwerpunkt. Geladen sind elf Experten. Zudem werden sich die Mitglieder der Endlager-Kommission mit den umstrittenen Klagen der Atomkraftwerksbetreiber unter anderem gegen die Kostenübernahme für die Zwischenlagerung von Castor-Behältern auseinandersetzen.

Am Samstag steht die Bilanzierung des in Deutschland vorhandenen Atommülls auf der Tagesordnung, die in den vergangenen Tagen ebenfalls für Diskussionen gesorgt hat. Zudem werden sich die Mitglieder mit dem "Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte" (AkEnd) beschäftigen. Der Arbeitskreis hatte zwischen 1999 und 2002 gewirkt und sich auf die Ausarbeitung von wissenschaftlichen Kriterien für die Endlager-Suche konzentriert.

Die Sitzung am Freitag beginnt um 11 Uhr, die Sitzung am Samstag um 9.30 Uhr. Interessierte Gäste können sich unter Angabe von Name, Vorname und Geburtsdatum telefonisch unter (030) 227 32978 oder per E-Mail an kommission.endlagerung@bundestag.de bis zum 3. Dezember anmelden.

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4. Richtige Höhe des Kinderfreibetrages

Finanzen/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Ob der steuerliche Kinderfreibetrag für das sächliche Existenzminimum derzeit zu niedrig angesetzt ist und ob die Ausgestaltung des steuerlichen Familienlastenausgleichs hinter den verfassungsrechtlich gebotenen Anforderungen zurückbleibt, will die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einer Kleinen Anfrage (18/3335) von der Bundesregierung erfahren. Daneben geht es in der Kleinen Anfrage auch um erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten und um den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 613 - 1. Dezember 2014 - 15.20 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Dezember 2014