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BUNDESTAG/4943: Heute im Bundestag Nr. 144 - 17.03.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 144
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Dienstag, 17. März 2015, Redaktionsschluss: 16.30 Uhr

1. Straftaten mit dem Angriffsziel Moschee
2. Wiederaufbauhilfe für Kobani
3. Lieferungen an Syriens Chemiewaffenprogramm
4. Deutung des Ukraine-Konflikts
5. Auswirkung von US-Sanktionen gegen Kuba
6. Großes Interesse an Stasi-Akten


1. Straftaten mit dem Angriffsziel Moschee

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Für das vergangene Jahr sind insgesamt 45 politisch motivierte Straftaten mit dem Angriffsziel "Religionsstätte/Moschee" erfasst worden. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung (18/4269) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke mit dem Titel "Islamfeindlichkeit und antimuslimische Straftaten im Jahr 2014" (18/4067) hervor.

Wie die Regierung darin ausführt, stellen "Anschläge auf Moscheen, Moscheevereine oder sonstige islamische Einrichtungen" ebenso wie die "Schändung von Moscheen" kein eigenständiges Delikt dar. Vielmehr würden durch einen Anschlag beziehungsweise eine Schändung - je nach den Umständen des konkreten Einzelfalles - unterschiedliche Straftatbestände verwirklicht.

"Im Rahmen der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) werden alle in Tateinheit oder natürlicher Handlungseinheit begangenen Taten ausschließlich zahlenmäßig und nur bei dem Straftatbestand gezählt, der die höchste Strafandrohung aufweist", heißt es in der Vorlage weiter. Demzufolge ließen sich aus der PKS solche Straftaten schon systembedingt nicht herausfiltern. Hingegen erfolge im Rahmen des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes-Politisch motivierte Kriminalität (KPMD-PMK) eine darüber hinausgehende Kategorisierung der Taten nach Themenfeldern. Zudem habe das Bundeskriminalamt "in seiner Zentraldatei Lapos einige Angriffsziele katalogisiert, die bei der dortigen statistischen Erfassung nach Bewertung des von den Ländern zu jeder Tat mitgeteilten Kurzsachverhaltes eingegeben werden".

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2. Wiederaufbauhilfe für Kobani

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/AHE) Die Bundesregierung prüft eine Förderung humanitärer Hilfsmaßnahmen in der Stadt Kobani im Norden Syriens nach der Vertreibung der Terrororganisation "Islamischer Staat in Irak und Syrien" (ISIS). Nach der vollständigen Vertreibung von ISIS aus dem Stadtgebiet von Kobani soll Vertretern der Stadtverwaltung zufolge ISIS mittlerweile auch aus rund 400 Dörfern, Weilern und Gehöften im Umland der Stadt vertrieben worden sein, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/4155) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/3998). Diese Angaben seien jedoch schwer zu überprüfen. "Eine vollumfängliche Absicherung der Stadt gegen das Eindringen von ISIS-Kämpfern, die verdeckt einsickern könnten, um Anschläge zu verüben, scheint noch nicht gewährleistet."

Nach ersten Schätzungen der Stadtverwaltung seien bis zu 60 Prozent der Stadt schwer beschädigt oder zerstört. Es fehle an zahlreichen Medikamenten, eine rudimentäre Trinkwasserversorgung konnte indes wiederhergestellt werden. "Die Stadtverwaltung und auch das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR), mit denen sich die Bundesregierung eng austauscht, raten wegen der noch unzureichenden Versorgungslage und der noch nicht vollständig geräumten Blindgänger und Sprengfallen von einer schnellen Rückkehr nach Kobani ausdrücklich ab. Dennoch haben sich erste Familien zu einer Rückkehr entschieden", heißt es in der Antwort weiter.

Art und Umfang der erforderlichen Hilfsgüter würden derzeit zusammen mit den lokalen Akteuren definiert, geprüft werde unter anderem, die Stadt mit Aufräumgerät im Umfang von 220.000 Euro zu unterstützen. Zudem verweist die Bundesregierung auf den im Sommer 2014 aufgelegten humanitären Fonds Türkei/Syrien, den Deutschland bisher mit sechs Millionen Euro unterstützt habe. Sie prüfe zudem, "ob der von ihr gemeinsam mit den Vereinigten Arabischen Emiraten und den USA ins Leben gerufene Syria Recovery Trust Fund (SRTF) eingesetzt werden kann, um den Wiederaufbau Kobanis zu unterstützen.

Während der Angriffe von ISIS auf Kobani seien "mit wenigen Ausnahmen alle Menschen, die nicht unmittelbar oder mittelbar an der Verteidigung der Stadt beteiligt waren, von dort in die Türkei geflohen", heißt es in der Antwort weiter. Es sei davon auszugehen, dass weit über 200.000 Menschen aus und über Kobani nach Suruc und in andere Gegenden der Türkei kamen, insbesondere in den mehrheitlich von Kurden besiedelten Südosten. Unbestätigte Schätzungen würden von bis zu 400.000 Menschen ausgehen. Die Versorgung der Flüchtlinge in Suruc und Umgebung seit Mitte September 2014 durch die Stadtverwaltung von Suruc erfolge mit starker Unterstützung der örtlichen Bevölkerung, dem Verband der kurdischen Kommunen in der Südosttürkei (GABB) sowie mit Unterstützung durch den Türkischen Roten Halbmond und die türkische Regierung, durch Freiwillige aus der ganzen Türkei und durch private Spenden aus dem In- und Ausland. Internationale Hilfe werde durch die Vereinten Nationen sowie durch von internationalen Gebern - darunter auch Deutschland - finanzierte humanitäre Organisationen geleistet, schreibt die Bundesregierung. Flankierend habe Deutschland die Flüchtlingshilfe in Suruc und Umgebung seit September 2014 über mehrere humanitäre Organisationen unterstützt. "Diese Hilfe in Höhe von 1,9 Mio. Euro legte den Schwerpunkt auf Nahrungsmittellieferungen und Winterausrüstung für die kommunalen Zeltlager und die Flüchtlinge selbst."

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3. Lieferungen an Syriens Chemiewaffenprogramm

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/AHE) Die Bundesregierung hat die ihr von der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OVCW) übermittelten Informationen über Lieferungen deutscher Unternehmen für das syrische Chemiewaffenprogramm vor allem in den 1980er und 1990er Jahren an den Generalbundesanwalt weitergeleitet, um eine umfassende Untersuchung strafrechtlich relevanter Sachverhalte sicherzustellen. "Nach jetzigem Stand konnten durch die vom Zollkriminalamt im Auftrag der Bundesanwaltschaft durchgeführten Abklärungen keine der in Frage kommenden Lieferungen eindeutig identifiziert und den durch die OVCW übersandten Unterlagen zugeordnet werden", heißt es in der Antwort der Bundesregierung (18/4154) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/3997). Bisher ergäben sich "keine tatsächlichen Anhaltspunkte für ein strafrechtlich relevantes - insbesondere vorsätzliches - Verhalten deutscher Beteiligter".

Die nachträgliche Untersuchung sei für über und bis zu 30 Jahre zurückliegende Lieferungen allerdings "nur sehr eingeschränkt möglich", schreibt die Bundesregierung weiter. Die vom OVCW genannten Lieferungen würden "ganz überwiegend" Ausfuhrvorgänge im Zeitraum 1982 bis 1993 betreffen. "Sofern es sich bei diesen Lieferungen um zum damaligen Zeitpunkt ausfuhrgenehmigungspflichtige Güter gehandelt haben sollte, sind etwaige Antragsunterlagen im Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) nicht mehr vorhanden, da diese in der Regel nach zehn Jahren vernichtet werden."

Die von Syrien über die OVCW übermittelten Daten seien einer Prüfung unterzogen worden, ob zu den angegebenen Lieferzeiträumen Genehmigungspflichten für die beschriebenen Lieferungen bestanden. "Bei den Chemikalienlieferungen steht fest, dass sie zu einem Zeitpunkt erfolgten, als die betreffenden Chemikalien noch nicht ausfuhrgenehmigungspflichtig waren", heißt es in der Antwort weiter. "Eindeutige Feststellungen zur Genehmigungspflicht der gelieferten Ausrüstungsgüter konnten hingegen nicht getroffen werden, da die jeweiligen Güterbeschreibungen zu ungenau sind und keinerlei technische Parameter enthalten."

Zur Frage der betreffenden deutschen Zulieferer will die Bundesregierung keine offenen Angaben machen. Die Daten seien mit dem Geheimhaltungsgrad "OPCW-Protected" eingestuft - dies entspreche dem deutschen dem deutschen VS-Grad "VS-Vertraulich". "Eine Offenlegung hätte negativ Auswirkungen auf die Zusammenarbeit der Bundesrepublik Deutschland mit der OVCW und den Vertragsstaaten des Chemiewaffenübereinkommens, da der vertragsgemäße Informationsfluss auf Wahrung der vorgeschriebenen Vertraulichkeit beruht. Eine Veröffentlichung wäre daher für das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland schädlich". Die Antwort zu dieser Frage sei als Verschlusssache mit dem Geheimhaltungsgrad "VS-Vertraulich" eingestuft und zur Einsichtnahme in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt.

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4. Deutung des Ukraine-Konflikts

Auswärtiges/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AHE) Eine Handreichung des Auswärtigen Amtes zum Ukraine-Konflikt thematisiert die Fraktion Die Linke in einer Kleinen Anfrage (18/4275). Unter dem Titel "Realitätscheck" habe das Amt Mitte Februar eine solche Handreichung "an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages verschickt, welcher 'in der öffentlichen Diskussion häufig verwendeten Behauptungen zum Ukraine-Konflikt, die auf unrichtigen oder nur teilweise richtigen Fakten beruhen', begegnen soll".

Die Abgeordneten hinterfragen die darin enthaltene "Deutung historischer Daten und Abläufe sowie der Ursachen und des Verlaufes des Ukrainekonfliktes" - unter anderem zur Nichtunterzeichnung des EU-Assoziierungsabkommens durch die ukrainische Regierung im Dezember 2013 und die Reaktion des Westens darauf, die der damalige ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch als Einmischung in die inneren Angelegenheiten seines Landes betrachtet habe. Weitere Fragen zielen auf den Ablauf der Zusammenstöße rund um die Maidan-Proteste im Februar 2014, auf die Beteiligung "extrem rechter" Kräfte an der Übergangsregierung nach dem Sturz Janukowitschs, auf die "einseitige Unabhängigkeitserklärung" der Krim im Jahre 2014 und jener des Kosovos im Jahre 2008 sowie auf die Nato-Osterweiterung.

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5. Auswirkung von US-Sanktionen gegen Kuba

Auswärtiges/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AHE) Nach den Auswirkungen von US-Sanktionen gegen Kuba im Rechtsraum der Europäischen Union und in Deutschland erkundigt sich Die Fraktion Die Linke. In ihrer Nachfrage (18/4274) auf eine Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/4083 kritisiert die Fraktion, dass die Bundesregierung "detaillierte Angaben zur Anzahl und zum Ausgang von Fällen schuldig" bleibe, "bei denen deutschen Staatsbürgern aufgrund der Durchsetzung der US-amerikanischen Kuba-Blockade ein mutmaßlicher Schaden zugefügt wurde". Aus der Antwort gehe weiter hervor, dass die Bundesregierung die extraterritoriale Anwendung der US-Blockade gegen Kuba im Rechtsraum der Europäischen Union und damit auch der Bundesrepublik Deutschland für völkerrechtswidrig erachte, schreiben die Abgeordneten.

Gefragt wird unter anderem, wie viel juristische oder natürliche Personen sich an die Bundesregierung gewandt haben, um in diesem Zusammenhang eine Verletzung ihrer Rechte anzuzeigen. Außerdem soll die Bundesregierung angeben, wie viele dieser Fälle sie an die Europäische Kommission gemeldet hat.

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6. Großes Interesse an Stasi-Akten

Kultur und Medien/Unterrichtung

Berlin: (hib/AW) Das Interesse der Deutschen an den Stasi-Akten ist auch 25 Jahre nach dem Mauerfall ungebrochen hoch. Im vergangenen Jahr gingen bei der Stasi-Unterlagenbehörde 67.763 Anträge von Bürgern auf Akteneinsicht ein, das sind 3.517 Anträge mehr als im Jahr 2013. Dies geht aus der Zwölften Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR für die Jahre 2013 und 2014 (18/4200) hervor, den der Bundesbeauftragte Roland Jahn am Dienstag an Bundestagspräsident Norbert Lammert übergab. Die Aufarbeitung der Vergangenheit sei immer noch für viele Menschen "eine ganz persönliche Angelegenheit", schreibt Jahn in seinem Bericht. Davon zeugten nicht zuletzt die mehr als 5.000 Anträge zur persönlichen Akteneinsicht, die jeden Monat bei seiner Behörde eingingen.

Insgesamt erreichten die Stasi-Unterlagenbehörde im vergangen Jahr 85.740 Anträge und Ersuchen. So gingen neben den Bürgeranträgen auf Akteneinsicht zudem 12.435 Ersuchen auf Überprüfungen im öffentlichen Dienst, von Mandatsträgern oder wegen Rentenangelegenheiten sowie 4.135 Ersuchen wegen Rehabilitierung, Wiedergutmachung und Strafverfolgung ein. Hinzu kamen 1.407 Anträge auf Akteneinsicht aus der Forschung und von den Medien.

Gegenüber dem letzten Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für die Jahre 2011 und 2012 ist die Zahl der Anträge und Ersuchen jedoch gesunken. So waren 2011 insgesamt 106.575 Anträge und Ersuchen eingegangen, ein Jahr später 112.268. Seit ihrer Gründung im Jahr 1990 sind 6,91 Millionen Anträge und Ersuchen an die Stasi-Unterlagenbehörde gestellt worden, 3,05 Millionen von Bürgern.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 144 - 17. März 2015 - 16.30 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. März 2015

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