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BUNDESTAG/4965: Heute im Bundestag Nr. 166 - 25.03.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 166
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 25. März 2015, Redaktionsschluss: 15.50 Uhr

1. Pkw-Maut mit großer Mehrheit zugestimmt
2. Chancen der Urbanisierung
3. Empfang von Ersatz-Personalausweis
4. Verwaltungskosten der Vereinten Nationen
5. Kein OSZE-Konsens zu Drohneneinsatz
6. Finanzquellen des Islamischen Staates


1. Pkw-Maut mit großer Mehrheit zugestimmt

Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur

Berlin: (hib/MIK) Der Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur hat am Mittwochvormittag der Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen (Pkw-Maut) zugestimmt. Für den vom Ausschuss geänderten Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/3990) votierten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD; die Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen stimmten dagegen.

Danach soll eine Abgabe (Maut) eingeführt werden, die gleichermaßen von Haltern von im Inland und im Ausland zugelassenen Pkw und Wohnmobilen für die Nutzung von Bundesautobahnen und Bundesstraßen zu entrichten ist. Halter von in Deutschland zugelassenen Pkw sollen Steuerentlassungsbeträge aus der Kfz-Steuer erhalten. Dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/3991) dazu stimmte der Ausschuss mit demselben Stimmenverhältnis ebenfalls zu. Die abschließende Beratung im Bundestag für beide Gesetzentwürfe ist für kommenden Freitag geplant.

Bei den Ausschussberatungen wurde mit einem umfangreichen Änderungsantrag der Koalition vor allem eine neue Staffelung der Kurzzeitvignetten für ausländische Halter erreicht. Diese Neustaffelung soll zu Mehreinnahmen von 13,6 Millionen Euro führen. So wird nach dem Gesetzentwurf von Gesamteinnahmen von rund 513,6 Millionen Euro ausgegangen. Zudem wurde durch einen Änderungsantrag unter anderem die Löschfrist für die gespeicherten Nummernschilder von drei Jahre auf ein Jahr verkürzt und eine ausführliche Evaluation nach zwei Jahren vorgesehen.

Strittig blieben zwischen den Abgeordneten der Koalition und der Opposition die Konformität des Gesetzentwurfes mit dem Europarecht sowie die Höhe der tatsächlichen Einnahmen. Diese werden von der Opposition mit höchstens 140 Millionen Euro beziffert. Einen Änderungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen, die Pkw-Maut sofort auszusetzen, wenn das Gesetz keinen Bestand vor dem Europäischen Gerichtshof haben sollte, lehnte der Ausschuss mit Koalitionsmehrheit ebenso ab wie einen Antrag der Linksfraktion "Keine Einführung einer Pkw-Maut in Deutschland" (18/806).

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2. Chancen der Urbanisierung

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Antrag

Berlin: (hib/AHE) Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD fordern die Bundesregierung auf, sich im Vorfeld der für 2016 geplanten UN-Gipfelkonferenz "Habitat III" für nachhaltige Stadtentwicklung umfassend zu "Urbanisierung, Kommunal- und Stadtentwicklung" mit Zielen und Schwerpunkten für die deutsche Entwicklungspolitik zu positionieren. "Bis zum Jahr 2050 soll der Verstädterungsgrad auf 66 Prozent oder um 2,5 Milliarden Menschen wachsen. 90 Prozent dieses Zuwachses entfällt auf asiatische und afrikanische Entwicklungs- und Schwellenländer", schreiben die Abgeordneten in einem Antrag (18/4425), der am Freitag auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Allein in Afrika würden im Jahr 2050 rund 900 Millionen Menschen mehr in Städten wohnen als heute. "Nachhaltig gestaltete und integrierte Urbanisierung bietet Chancen für Wirtschaftsentwicklung und Armutsreduzierung, für Ressourceneffizienz, Reduzierung des Flächenverbrauchs und Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen."

Die Bundesregierung soll sich bei den Vorbereitungskonferenzen zur Habitat III unter anderem dafür stark machen, "deutsches und europäisches Know-How und Erfahrungen auf den Gebieten der Urbanisierung, Stadtentwicklung und Stadtplanung auch unter Berücksichtigung der Leipzig Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt" einzubringen. Im Rahmen der Habitat III-Agenda soll sich die Bundesregierung unter anderem auch dafür einsetzen, dass "Städte und Kommunen weltweit mehr Einnahme- und Haushaltshoheit erhalten, damit sie öffentliche Mittel effektiv, effizient und transparent erheben und dazu nutzen können, ihr Potenzial bei der Armutsbekämpfung, dem Aufbau nachhaltiger Infrastruktur, den kommunalen Dienstleistungen und dem Kampf gegen den globalen Klimawandel besser auszuschöpfen".

Weitere Forderungen zielen auf die Formulierung einer neuen Urbanisierungsstrategie der EU, die Förderung von Urbanisierungspartnerschaften mit Ländern und Kommunen des globalen Südens, die Verknüpfung von Stadtentwicklung und Post-2015-Agenda sowie auf Vorschläge für Finanzierungsmechanismen zur Gestaltung der Urbanisierung auf der Konferenz für Entwicklungsfinanzierung in Adis Abeba.

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3. Empfang von Ersatz-Personalausweis

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Um die von der Regierungskoalition geplante Einführung eines Ersatz-Personalausweises zur Verhinderung von Ausreisen insbesondere von Dschihadisten geht es in der Antwort der Bundesregierung (18/4317) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/4133). Darin erläutert die Regierung unter anderem, wie in der Praxis der Austausch des Personalausweises gegen das Ersatzdokument vorgesehen ist. Danach wird die zuständige Pass- beziehungsweise Personalausweisbehörde informiert, wenn die Sicherheitsbehörden Erkenntnisse erlangen, dass Gründe für die Beschränkung der Reisefreiheit vorliegen. Aufgrund dieser Mitteilung treffe die Personalausweisbehörde eine eigenständige Ermessensentscheidung, ob die vorgetragenen Erkenntnisse aus ihrer Sicht eine Entziehung des Personalausweises und die Ausstellung eines Ersatz-Personalausweises rechtfertigen. Sofern die Personalausweisbehörde diese Frage bejahe, werde "die Person einen entsprechenden Bescheid erhalten und aufgefordert, den Personalausweis abzugeben und einen Ersatz-Personalausweis in Empfang zu nehmen".

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4. Verwaltungskosten der Vereinten Nationen

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/AHE) Die Bundesregierung hält es für "nicht aussagekräftig" die einzelnen Organisationen der Vereinten Nationen "aufgrund des Anteils der Administrationskosten am Gesamtbudget zu vergleichen beziehungsweise Sekretariats- oder Verwaltungskosten den Projektkosten gegenüberzustellen". In ihrer Antwort (18/4360) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/4064) hebt die Bundesregierung hervor, dass UN, die Fonds und Programme sowie die meisten Sonderorganisationen "in ihren Haushaltsplanungen, in ihren Finanzberichten und Rechnungsabschlüssen in der Regel keine Unterscheidung zwischen Projektkosten beziehungsweise inhaltlicher Arbeit und rein administrativen Kosten" treffen würden. "Ausgaben werden vielmehr nach Aktivitätsbereichen oder Ausgabenarten (zum Beispiel Beschaffungen, Dienstleistungen und andere) aufgeschlüsselt", eine Unterscheidung zwischen Verwaltungs- und Programm- beziehungsweise Projektkosten finde meist nicht statt.

"Die Angaben zu den einzelnen Organisationen enthalten Daten, die diese nicht veröffentlichen und für die seitens der Organisationen keine Veröffentlichungsgenehmigung erteilt wird", heißt es in der Vorlage weiter. "Die Antwort der Bundesregierung ist daher gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen als 'VS - Nur für den Dienstgebrauch' eingestuft"; sie sei im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und könne dort von Berechtigten eingesehen werden

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5. Kein OSZE-Konsens zu Drohneneinsatz

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/AHE) Das deutsche Angebot zur Unterstützung der Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der Ukraine mit einem nationalen Drohnenkontingent ist nicht prinzipiell abgelehnt worden. "Zu der hierfür erforderlichen Mandatierung durch den Ständigen Rat der OSZE konnte allerdings keine Einigung erzielt werden", schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/4297) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/4081). Insbesondere die durch Russland im Jahr 2014 gestellten Bedingungen für die Zustimmung zu einer Drohnenunterstützungsmission seien unter den OSZE-Teilnehmerstaaten nicht konsensfähig gewesen. "Zu diesen Bedingungen gehörte die Beschränkung der Beobachtungstätigkeit auf einen Korridor entlang der Waffenstillstandslinie, die die Beobachtungsfreiheit der OSZE hinsichtlich der im Minsker Protokoll vom 5. September 2014 vereinbarten aktiven Überwachung der russisch-ukrainisch Grenze unmöglich gemacht hätte und die russische Forderung nach Einbindung der sogenannten Separatisten bei der Operationsplanung einer Drohnenunterstützungsmission", schreibt die Bundesregierung.

Bei den Verhandlungen in Minsk am 11. und 12. Februar 2015 ("Minsk II") seien Detailfragen zum Einsatz von Drohnen nicht thematisiert worden. Es habe ein allgemeiner in Punkt 3 des Minsker Maßnahmenpakets reflektierter Konsens bestanden, dass Drohnen ein nötiges Hilfsinstrument seien, um ein effektives Monitoring der Waffenruhe und des Abzugs schwerer Waffen durch die OSZE Special Monitoring Mission sicherzustellen, heißt es in der Antwort weiter.

Die OSZE beabsichtige, bis voraussichtlich Ende März 2015 die im Mandat vorgesehene Höchstzahl von 500 Beobachtern zu erreichen. "Ob im Rahmen einer Mandatserweiterung die Obergrenze erhöht werden soll, so dass darüber hinaus weitere Beobachter zum Einsatz kommen können, ist durch die OSZE noch nicht entschieden", heißt es weiter. Das Auswärtige Amt bemühe sich derzeit, über das Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF) weiteres ziviles Personal für einen Einsatz in der OSZE Special Monitoring Mission zu finden. Die Bundesregierung hat nach eigener Auskunft die Mission bislang mit 7,2 Millionen Euro unterstützt, dem größten Einzelbeitrag eines OSZE-Teilnehmerstaates.

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6. Finanzquellen des Islamischen Staates

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/AHE) Die Bundesregierung schätzt die Abhängigkeit des "Islamischen Staates" (ISIS) von ausländischen Finanzströmen grundsätzlich als gering ein. "Der Rückgang der Preise am internationalen Ölmarkt ist jedoch mitursächlich für die erheblichen Einbußen der Terrororganisation ISIS im Ölgeschäft im Vergleich zu den Einnahmen im Spätsommer 2014", schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/4314) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/4138). Kriminelle Einkommensquellen würden dazu beitragen, die Verluste im Ölgeschäft auszugleichen. Zusätzlich erhebe ISIS sogenannte Steuern und Abgaben und verfüge über einen Kapitalstock von ein bis zwei Milliarden US-Dollar.

ISIS kontrolliere in Syrien aktuell die produzierenden Öl-Fördergebiete al-Furat (300 Millionen Barrel an nachgewiesenen Ölreserven) und Dayr az-Zawr (50 Millionen Barrel an nachgewiesenen Ölreserven) und im Irak die Ölfelder Himrin (Umfang der Reserven unbekannt), Safiyah (Umfang der Reserven unbekannt) und Qayarah (vermutete Ölreserven: 800 Millionen Barrel). "Der größte Teil der ISIS-Ölproduktion dürfte für die Versorgung der eigenen Truppen und Gebiete verbraucht werden. Für den Export dürften im Höchstfall nur noch 10.000 Barrel/Tag zur Verfügung stehen", heißt es in der Antwort weiter. Die Einnahmen von ISIS aus dem Ölgeschäft schätzt die Bundesregierung auf "höchstens 200.000 US-Dollar pro Tag".

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen habe die Terrororganisation unter den von ihr jeweils verwendeten Bezeichnungen bereits seit dem Jahr 2004 als terroristische Organisation im Rahmen des Sanktionsregimes gegen Al Qaida gelistet. "Die Sanktionen des VN-Sicherheitsrates - die über die Europäische Union auch von Deutschland konsequent in nationales Recht umgesetzt werden - beinhalten Vermögenseinfrierungen inklusive Kontensperrungen, Reiseverbote und ein Waffenembargo", schreibt die Bundesregierung. Es sei davon auszugehen, dass die Sanktionen mit dazu beigetragen haben, dass die Einnahmen von ISIS durch illegale Ölverkäufe zurückgegangen seien. Zur Bekämpfung des Ölschmuggels seien zudem insbesondere in den stark vom Schmuggel betroffenen Gebieten der Region Kurdistan-Irak Kontrollpunkte entlang von Hauptverkehrswegen eingerichtet worden. "Die Maßnahmen zeigen Erfolge, stoßen jedoch aufgrund der etablierten Schmugglerwege und dem hohen Maß an Korruption an Grenzen", heißt es in der Antwort weiter.

In den ISIS-kontrollierten Gebieten seien die staatlichen Steuern aufgehoben und die traditionelle islamische Almosensteuer ("Zakat") eingeführt worden. "Einkommensabhängig erhebt ISIS nach Kenntnis der Bundesregierung von den Bewohnern fünf bis 15 Prozent des jeweiligen Einkommens." Zudem werde eine sogenannte Steuer für nichtmuslimische "Schutzbefohlene" erhoben, ("Dschizya"). Daneben erhebe ISIS weitere Gebühren, beispielsweise für Strom und Wasser, die Nutzung von Immobilien, für Telekommunikation oder aber Gebühren in Form einer Maut. Als weitere Finanzquellen der Terrororganisation benennt die Bundesregierung die Ausbeute aus der Plünderung der Nationalbank in Mossul, das Konfiszieren von Bankeinlagen sowie insbesondere Lösegelderpressung und den Verkauf geplünderter archäologischer und antiker Fundstücke.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 166 - 25. März 2015 - 15.50 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. März 2015

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