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BUNDESTAG/5008: Heute im Bundestag Nr. 209 - 22.04.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 209
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 22. April 2015, Redaktionsschluss: 16.00 Uhr

1. Opposition fordert mehr Investitionen
2. Verantwortung von Unternehmen
3. Linke gegen Bundesamt für Verfassungsschutz
4. Karrenzzeit für Regierungsmitglieder
5. Grüne: BfV und MAD auflösen


1. Opposition fordert mehr Investitionen

Ausschuss für Wirtschaft und Energie

Berlin: (hib/HLE) Die Oppositionsfraktionen haben Maßnahmen gegen den hohen Leistungsbilanzüberschuss Deutschlands verlangt. In einer Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie am Mittwoch kritisierte die Fraktion die Linke die ständig wachsenden Überschüsse. Vor Jahr 2000 an gerechnet würden sich diese auf die hohen Exporte Deutschlands zurückgehenden Überschüsse auf zwei Billionen Euro summieren. Das entstandene Ungleichgewicht könne von den anderen Ländern nur durch wachsende Verschuldung getragen werden. Als Grund für die Überschüsse bezeichnete die Linksfraktion nicht die gestiegene Wettbewerbsfähigkeit, sondern die "desaströse Entwicklung" der Reallöhne in Deutschland.

Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erklärte, Deutschland habe die von der Europäischen Union gesetzten Grenzen für die Leistungsbilanzüberschüsse seit Jahren gerissen. Daher hatte die EU auch ein Verfahren wegen makroökonomischer Ungleichgewichte eingeleitet. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verlangte eine ernsthaftere Auseinandersetzung mit den hohen Überschüssen. Schließlich habe Deutschland eine "Vorbildfunktion". Die Investitionen seien viel zu gering, wurde kritisiert.

Dagegen erklärte der Vertreter der Bundesregierung in der Sitzung, Deutschland habe bei privaten und öffentlichen Investitionen ein vorzeigbares Ergebnis und leiste außerdem seinen Beitrag für Wachstum und Stabilität in Europa. Die CDU/CSU-Fraktion verwies in diesem Zusammenhang auf die nach oben korrigierte Wachstumsprognose der Regierung, die jetzt von einem Wirtschaftswachstum in Höhe von 1,8 Prozent ausgehe. Das sei auch eine Folge der guten Inlandsnachfrage. Die Zunahme der Außenhandelsüberschüsse gehe auch auf den gesunkenen Eurokurs zurück. Die SPD-Fraktion verwies auf die sehr gute wirtschaftliche Lage und steigende Beschäftigtenzahlen. Die Kritik an den angeblich zu hohen Leistungsbilanzüberschüssen könne man nicht ganz teilen. Denn für die deutschen Exporte gebe es viele Zulieferungen aus anderen EU-Ländern, die berücksichtigt werden müssten. Die SPD-Fraktion sprach sich für mehr öffentliche Investitionen aus.

Anlass der Aussprache war das von der Bundesregierung als Unterrichtung (18/4549) vorgelegte "Nationale Reformprogramm 2015". Darin heißt es, die sinkenden Öl- und Rohstoffpreise seien "entscheidende Faktoren hinter dem erneuten Anstieg des deutschen Leistungsbilanzsaldos in den Jahren 2014 und 2015". Dies erkenne auch die EU-Kommission an, schreibt die Regierung. Konkret lasse sich die Erhöhung des Leistungsbilanzüberschusses von 0,7 Prozentpunkten im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt 2014 fast gänzlich auf den Rückgang der Importpreise von Öl und Gas zurückführen. "Zudem stützt seit Mitte 2014 die deutliche Abwertung des Euro zusätzlich die Exporte in Länder außerhalb der Eurozone", schreibt die Bundesregierung und stellt in Aussicht, "die Investitionen in Deutschland besonders in Bereichen wie Infrastruktur, Bildung, Wissenschaft und Forschung dauerhaft zu erhöhen und die Rahmenbedingung für private Investitionen spürbar zu verbessern." Außerdem wird angekündigt, die finanziellen Voraussetzungen zu schaffen, "um für diese Legislaturperiode Bürgerinnen und Bürger bei der kalten Progression zu entlasten".

Abgelehnt wurde mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD bei Enthaltung der Linksfraktion ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/4464) zum Nationalen Reformprogramm. Darin wird gefordert, die wirtschaftspolitische Steuerung in der EU ernst zu nehmen und mehr Investitionen zu tätigen. Weiter soll die Regierung Forschung und Innovation fördern und moderne Einwanderungsbedingungen für einen weltoffenen und innovativen Standort Deutschland ermöglichen.

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2. Verantwortung von Unternehmen

Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Anhörung)

Berlin: (hib/AHE) Die Frage, ob Regeln zur Unternehmensverantwortung verbindlich festgeschrieben werden oder aber auf Freiwilligkeit beruhen sollen, ist unter Experten umstritten. In einer Anhörung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ging es am Mittwoch um Transparenz und Offenlegungspflichten entlang globaler Lieferketten und auch um Haftungsfragen sowie Klage- und Sanktionsmöglichkeiten gegen Unternehmen, denen - wenn auch vermittelt über eine womöglich lange Zuliefererkette - die Verletzung von Menschenrechten bei den Produktionsbedingungen vorgeworfen wird. Ein Teil der Sachverständigen sah das Problem, dass insbesondere kleine und mittlere Unternehmen womöglich gar nicht in der Lage seien, sich für die in ihren Produkten enthaltenen Stoffe oder Bauteile bis zum letzten Glied der Wertschöpfungskette zu verbürgen. Demgegenüber wies der andere Teil der Experten darauf hin, dass freiwillige Selbstverpflichtungen bisher kaum oder gar nicht dazu beigetragen hätten, Katastrophen wie den Einsturz der Textilfabrik "Rana Plaza" in Bangladesch im Jahre 2013 mit mehr als tausend Toten zu verhindern.

Matthias Wachter vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) meldete Zweifel der Umsetzbarkeit an und bezog sich dabei auf Artikel 1502 des sogenannten Dodd-Frank Act von 2010, der an US-Börsen notierten Unternehmen auferlegt, eine etwaige Nutzung von "Konfliktmineralien" aus dem Gebiet der Großen Seen in Afrika anzuzeigen. Nur ein knappes Viertel der in den USA berichtenden Unternehmen sei überhaupt in der Lage, eine solche "Konfliktfreiheit" zu erklären, sagte Wachter. Zu den unbeabsichtigten Nebenwirkungen gehöre auch, das viele Unternehmen nun ganz auf Mineralexporte aus dem Ostkongo verzichten würden - was wiederum der dort lebenden Bevölkerung die Lebensgrundlage zu entziehen drohe. Wachter verwies auf das Beispiel der EITI-Initiative ("Extractive Industries Transparency Initiative"), die auf freiwilliger Basis und in Zusammenarbeit von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft erfolgreich und effizient für mehr Transparenz im Rohstoffsektors sorgen könne.

Bischof Fridolin Ambongo Besungu aus der Demokratischen Republik Kongo beharrte hingegen darauf, dass nur verbindliche Regelungen dieses Ziel erreichen könnten: "Der Dodd-Frank Act ist gut, wir wissen, dass dieses Gesetz wirkt", sagte Besungu. Die EU sollte aber bei ihren Überlegungen für eine Verordnung zur Zertifizierung bestimmter Rohstoffimporte Lehren aus den Schwächen der US-Regelung ziehen: Dies betreffe sowohl die Zahl der zu zertifizierenden Schmelzen wie auch die bisher sehr kleine Zahl der zu erfassenden Rohstoffe. Besungu stellte zudem klar, dass die von seinem Vorredner angesprochene Arbeitslosigkeit im Ostkongo nicht Folge des Dodd-Frank Act sei, sondern vor allem mit der Entscheidung des kongolesischen Präsidenten Joseph Kabila zu tun habe, Kleinschürfern die Zulassung zu entziehen.

Auch Michael Reckordt (Verein "PowerShift" sowie Netzwerk "AK Rohstoffe") sprach sich für eine deutlich stärkere Regulierung aus. So würden freiwillige Regelungen häufig nicht umgesetzt: Nach einer Analyse der EU-Kommission würden nur vier Prozent von 330 Unternehmen solche freiwilligen Standards überhaupt anwenden und öffentlich darüber berichten, ob sie "Konfliktmineralien" in ihrer Lieferketten hätten. Fehlende Rahmenbedingungen würden es gerade jenen Unternehmen schwer machen, die bereit seien, Standards zu folgen. "Verbindliche Sorgfaltspflichten sind eine Förderung derer, die etwas tun - und keine Bürde", sagte Reckordt.

Demgegenüber meldete der Rechtsanwalt Joachim Jütte-Overmeyer Zweifel an, ob es möglich sei, die Beachtung von Menschenrechten in globalen Lieferketten gesetzlich zu erzwingen. Wenn man Unternehmen zu "Mithütern der Menschenrechte" mache, lege man diesen Pflichten auf, "die originär den Staat mit seinen Exekutivmöglichkeiten treffen". Es würden sich ganz praktische Fragen stellen, inwieweit etwa Unternehmen befugt und in der Lage seien, Arbeits- und Produktionsbedingungen entlang ihrer Lieferketten - also auch in anderen Staaten - wirksam zu kontrollieren. "Nicht fehlende Normen, Standards, Codizes oder fehlendes Engagement sind das eigentliche Problem für die weiterhin bestehenden Missstände, sondern die eingeschränkten Möglichkeiten der Unternehmen, diese in komplexen und wenig transparenten globalen Wertschöpfungsketten umzusetzen", argumentierte Jütte-Overmeyer in seiner schriftlichen Stellungnahme.

Frank Zach vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) sagte, dass Katastrophen wie der Fabrikeinsturz von "Rana Plaza" das Ergebnis "kompletten staatlichen Versagens" aber eben auch Ergebnis "mangelnder Sorgfaltspflichten international agierender Unternehmen" seien. Zwar betonten die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte die staatliche Verantwortung als erste Säule. Aber gerade weil eine Vielzahl von Ländern dieser Aufgabe nicht nachkommen würde - auch um durch massive Abstriche bei Arbeits- und Umweltschutz Investitionsanreize zu schaffen - betonen die UN-Leitlinien die Sorgfaltspflichten der Unternehmen. "Wettbewerb auf Basis von Ignoranz oder auf Basis von Verstößen gegen die Menschenrechte sollte aus unserer Sicht als unlauterer Wettbewerb gelten", sagte Zach.

Miriam Saage-Maaß (European Center for Constitutional and Human Rights, ECCHR) wies darauf hin, dass die Haftung von Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen nicht erst seit dem Dodd-Frank Act diskutiert werde: Auch in den Nürnberger Nachfolgeprozessen seien Unternehmer für ihre Beihilfe oder direkte Menschenrechtsverletzungen im NS-Staat haftbar gemacht worden. Das bestehende Zivil- und Strafrecht in Deutschland biete heute zwar Möglichkeiten, Unternehmen bei Verstößen zur Verantwortung zu ziehen: "Diese Mechanismen sind aber nicht sehr effektiv", sagte Saage-Maß. So fehle Betroffenen etwa die Möglichkeit zu Gruppenklagen. Insgesamt werde das deutsche Haftungsrecht dem Einfluss und der globalen Verflechtung der deutschen Wirtschaft nicht gerecht.

Der Rechtsanwalt Robert Grabosch lenkte den Blick unter anderem auf eine gewisse Rechtsunsicherheit für die Verantwortlichen in Unternehmen: Sie seien dem Legalitätsprinzip verpflichtet, also der Befolgung aller gesetzlichen und sonstigen rechtlichen Anforderungen, anderseits sei nicht immer klar, was die Gesetze konkret verlangen. So finde sich im Bürgerlichen Gesetzbuch nur ein Satz zur Sorgfaltspflicht. Der überwiegenden Zahl der Unternehmer erscheint es "nachvollziehbarerweise unter den gegebenen Marktverhältnissen und in Abwesenheit klarer rechtlicher Regeln einzig vernünftig und zwingend, den kostengünstigsten Weg zu wählen und in Fällen möglicher Risiken für Menschen, Umwelt und das Unternehmensimage schlicht darauf zu hoffen, dass sich die Risiken nicht realisieren", heißt es in seiner schriftlichen Stellungnahme.

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3. Linke gegen Bundesamt für Verfassungsschutz

Inneres/Antrag

Berlin: (hib/STO) Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) soll nach dem Willen der Fraktion Die Linke in seiner jetzigen Form aufgelöst werden. In einem Antrag (18/4682), der am Freitag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht, fordert die Fraktion zugleich die Bundesregierung auf, das BfV in eine durch Bundesgesetz zu errichtende "Koordinierungsstelle des Bundes zur Dokumentation neonazistischer, rassistischer und antisemitischer Einstellungen und Bestrebungen sowie sonstiger Erscheinungsformen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit" umzuwandeln. Zugleich soll die Regierung der Vorlage zufolge einen Gesetzentwurf vorlegen, um eine "Bundesstiftung zur Beobachtung, Erforschung und Aufklärung der Erscheinungsformen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit" einzurichten.

Angesichts der "strukturellen Defizite und Rechtsverstöße, wie sie im Rahmen des NSU-Untersuchungsausschusses bekannt wurden", sei die Auflösung des nachrichtendienstlich arbeitenden Verfassungsschutzverbundes in der Bundesrepublik sowohl politisch als auch rechtlich geboten, schreiben die Abgeordneten in der Vorlage. Wie sie darin ausführen, "können" nach Artikel 87 des Grundgesetzes "Zentralstellen (...) zur Sammlung von Unterlagen für Zwecke des Verfassungsschutzes" errichtet werden. Daraus ergebe sich keine verfassungsrechtliche Verpflichtung, eine Stelle mit den Kompetenzen des BfV einzurichten.

Dem Antrag zufolge soll die zu errichtende Koordinierungsstelle nach einer Aufbauphase das BfV als Zentralstelle des Bundes für Zwecke des Verfassungsschutzes ersetzen. Entsprechend ihrer "verfassungsmäßigen Aufgabenbegrenzung auf die Sammlung von Unterlagen?" sollen ihre Befugnisse "auf das koordinierende Entgegennehmen, die Weitergabe und die Vermittlung des Austauschs von Informationen und Erkenntnissen begrenzt" sein, die ihr von Stellen der Länder und des Bundes sowie zwischenstaatlichen und ausländischen Stellen übermittelt werden. Zur eigenständigen Erhebung von Informationen soll sie nicht befugt sein.

Die Koordinierungsstelle soll laut Vorlege zudem selbst keine inhaltliche Auswertung und Aufbereitung der entgegen genommenen Informationen und Erkenntnisse betreiben. Dies soll nach den Vorstellungen der Abgeordneten der neu zu errichtenden "Bundesstiftung zur Beobachtung, Erforschung und Aufklärung aller Erscheinungsformen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit" obliegen. Als Zweck der Sitzung nennt die Fraktion den "Schutz der Menschenwürde sowie der Grundrechte des Grundgesetzes durch wissenschaftliche Untersuchung, Information, Dokumentation und Aufklärung über Ursachen und Erscheinungsformen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit". Ihre Aufgabe solle es sein, "antipluralistische, insbesondere neonazistische, rassistische und antisemitische Einstellungen, Verhaltensweisen und Bestrebungen sowie sonstige Erscheinungsformen individueller und organisierter gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu beobachten, zu dokumentieren und einschließlich ihrer individuellen und strukturellen Ursachen und Folgen zu erforschen". Zudem soll sie private und öffentliche Einrichtungen und gesellschaftliche Initiativen dabei beraten und unterstützen, "einen pluralistischen Konsens sowie demokratische Teilhabe zu fördern und zu festigen".

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4. Karrenzzeit für Regierungsmitglieder

Inneres/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/AW) Die Beschäftigung eines ehemaligen oder amtierenden Mitglieds der Bundesregierung außerhalb des öffentlichen Dienst soll zukünftig in den ersten 18 Monaten nach seinem Ausscheiden aus der Regierung untersagt werden können. Der entsprechende Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/4630) soll analog auch für Parlamentarische Staatssekretäre gelten. Die Beschäftigung soll durch die Regierung bis zu einem Jahr, in Ausnahmefällen bis zu 18 Monaten, unterbunden werden können, wenn die neue Beschäftigung in Bereiche fällt, die in den Zuständigkeitsbereich des Regierungsmitglieds während seiner Amtszeit gehörten, oder wenn sie "das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität der Bundesregierung beeinträchtigen kann". Die Entscheidung über ein entsprechendes Verbot soll die Regierung auf Empfehlung eines beratenden Gremiums treffen, dessen Mitglieder Funktionen an der Spitze staatlicher und gesellschaftlicher Institutionen wahrgenommen haben oder über Erfahrungen in einem wichtigen politischen Amt verfügen. Mit dem Gesetz soll verhindert werden, dass durch den Anschein einer voreingenommenen Amtsführung mit Blick auf spätere Karriereaussichten oder durch die private Verwertung von Amtswissen das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität der Bundesregierung beeinträchtigt wird.

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5. Grüne: BfV und MAD auflösen

Inneres/Antrag

Berlin: (hib/STO) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dringt auf einen "Neustart in der deutschen Sicherheitsarchitektur". In einem Antrag (18/4690), der am Freitag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht, fordert die Fraktion von der Bundesregierung ein entsprechendes Gesamtkonzept. Danach soll das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in seiner jetzigen Form aufgelöst werden und an seine Stelle eine "neue 'Inlandsaufklärung' mit einem verkleinerten Personalstab und neuem demokratischen Selbstverständnis sowie klar eingegrenzten Befugnissen" treten. Ihre Aufgaben sollen sich laut Antrag auf die Spionageabwehr und die "Aufklärung genau bestimmter gewaltgeneigter Bestrebungen" konzentrieren.

Auch der Militärische Abschirmdienst (MAD) soll nach den Vorstellungen der Fraktion aufgelöst und "dessen Aufgaben - soweit noch relevant - sowie gegebenenfalls Personal auf andere Sicherheitsbehörden übergeleitet" werden. Die Aufgaben und Befugnisse des Bundesnachrichtendienstes (BND) sollen der Vorlage zufolge "auf das zur Wahrung des Friedens sowie außen- und sicherheitspolitischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland Notwendige beschränkt" werden.

Die Analyse demokratie- und menschenfeindlicher Bestrebungen wollen die Abgeordneten dadurch verbessert und ausgebaut wissen, dass sie vorrangig durch unabhängige Institutionen und mit wissenschaftlichen Mitteln erfolgt. Sichergestellt werden soll nach dem Willen der Fraktion zudem eine "intensivere umfassende Dienst- und Fachaufsicht über die Nachrichtendienste". Auch müsse eine erhebliche Verbesserung der Kontrollmöglichkeiten durch das Parlament und unabhängige Datenschutzbeauftrage erfolgen.

In der "Übergangszeit bis zu einer grundlegenden Reform der Nachrichtendienste und ihrer Kontrolle" soll die Regierung laut Antrag unter anderem dafür sorgen, dass der Einsatz von V-Leuten "in der rechten Szene umgehend beendet" und "der Einsatz von V-Leuten im Übrigen einer unabhängigen wissenschaftlichen Evaluierung" unterzogen wird.

Der Fraktion zufolge haben die beiden parlamentarischen Untersuchungsausschüsse zum "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) und zur NSA-Überwachungsaffäre "deutlich das völlige Versagen und massive Missstände bei den Sicherheitsbehörden aufgezeigt" .Die "schon jetzt klar erkennbaren Missstände bezüglich Strukturen, Arbeitsweisen, Personal und Kontrollierbarkeit der deutschen Nachrichtendienste" erforderten "zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit und individueller Freiheitsrechte eine grundlegende Reform der Sicherheitsarchitektur in Deutschland", schreiben die Abgeordneten. Zugleich fordern sie die Bundesregierung auf, ihren Gesetzentwurf zur Verbesserung der Zusammenarbeit im Bereich des Verfassungsschutzes (18/4654) "und damit auch die Erweiterung der Überwachungsaufgaben und -befugnisse der Nachrichtendienste zurückzuziehen".

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 209 - 22. April 2015 - 16.00 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. April 2015

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