Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → FAKTEN


BUNDESTAG/5053: Heute im Bundestag Nr. 254 - 18.05.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 254
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 18. Mai 2015, Redaktionsschluss: 18.00 Uhr

1. Uneinigkeit über Veränderungssperre
2. Experten für Reform der Arbeitsförderung
3. Weitere Ausnahmen vom EEG für die Industrie
4. Bergleute können Deputatkohle beziehen
5. Ausbau der Rheintalbahn
6. Parteien bekommen mehr Geld


1. Uneinigkeit über Veränderungssperre

Endlager-Kommission (Öffentliche Sitzung)

Berlin: (hib/SCR) Die Mitglieder der Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe (Endlager-Kommission) sind bezüglich der Veränderungssperre für den möglichen Endlager-Standort Gorleben tief gespalten. Die Kommission beschloss am Montagnachmittag mehrheitlich, Bundesregierung und Bundesrat um Prüfung zu bitten, ob darauf verzichtet werden kann, die Veränderungssperre zu verlängern. Voraussetzung dafür soll eine Erklärung des Landes Niedersachsen sein, den Schutz des möglichen Standorts durch eine entsprechende Anwendung eines Paragraphen im Bundesberggesetz sicherzustellen. Für die von einer Arbeitsgruppe der Kommission ausgearbeitete Beschlussvorlage stimmten zwölf der insgesamt 32 stimmberechtigten Mitglieder, elf stimmten gegen die Vorlage, drei enthielten sich, die übrigen Mitglieder waren nicht anwesend.

Die aktuelle Veränderungssperre läuft im August aus. Sie sieht vor, dass an dem Standort keine bergbaulichen Änderungen oder Ähnliches vorgenommen werden dürfen, die möglicherweise eine Nutzung als Endlager ausschließen. Das Bundeskabinett hatte bereits im März 2015 für eine Verlängerung um zehn Jahre gestimmt. Ein Beschluss des Bundesrats steht noch aus. Kritiker wie die Anti-Atom-Initiativen sehen in der Veränderungssperre eine Vorfestlegung auf den Standort Gorleben, da in anderen potenziellen Standortregionen eine solche Sperre nicht gelte.

Ein Vertreter des Bundesumweltministeriums (BMUB) bekräftigte während der mehrstündigen Debatte, an dem Vorhaben festzuhalten. Es handele sich um den "rechtssichereren" Weg. Der Bund sei laut Standortauswahlgesetz in der Pflicht, selbst zu gewährleisten, Gorleben als möglichen Standort zu sichern, sagte der Vertreter. Das BMUB arbeite aber an einer gesetzlichen Grundlage, um auch in anderen Regionen mögliche Standorte zu sichern.

Niedersachsens Umweltminister und Kommissionsmitglied Stefan Wenzel (Bündnis 90/Die Grünen) hingegen betonte, dass auch die Regelungen im Bundesberggesetz ausreichten. Für deren Durchsetzung sind die Länder zuständig. Niedersachsen wäre nach Ansicht Wenzels dazu verpflichtet, entsprechend zu handeln. Das gelte dann aber auch für alle anderen möglichen Endlagerstandorte. Die ausgerufene "weiße Landkarte" in Bezug auf Gorleben müsse auch gelebt werden, sagte Wenzel.

Auch in der zuständigen Arbeitsgruppe sei die Frage kontrovers diskutiert worden, berichteten deren Vorsitzende, Klaus Brunsmeier vom BUND und Hubert Steinkemper. Die Beschlussvorlage sei das "Ergebnis des Versuches eines konsensualen Kompromisses", sagte Steinkemper. Brunsmeier sagte, dass der Verzicht auf die Veränderungssperre ein "deutliches Signal für einen Neuanfang, für einen Vertrauensaufbau" sein könnte. Die Beschlussvorlage sei ein "Schritt" dazu.

Ko-Vorsitzende Ursula Heinen-Esser zeigte sich enttäuscht von dem Abstimmungsergebnis. Es sei kein Beschluss, an dem sich irgendwer orientieren könne, es fehle der Konses. Ähnlich äußerte sich auch ihr Amtskollege Michael Müller.

*

2. Experten für Reform der Arbeitsförderung

Ausschuss für Arbeit und Soziales (Anhörung)

Berlin: (hib/CHE) Die arbeitsmarktpolitischen Instrumente zur Eingliederung insbesondere Langzeitarbeitsloser in den ersten Arbeitsmarkt bedürfen einer Neuausrichtung. Diese Auffassung vertrat eine Mehrheit von Sachverständigen in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montagnachmittag. Gegenstand der Anhörung war zum einen das Konzept zum Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS). Darüber hinaus wurden zwei Anträge der Linken (18/3146) und von Bündnis 90/Die Grünen (18/3918) diskutiert. Die Linke plädiert für einen starken öffentlich geförderten Beschäftigungssektor, die Grünen verlangen ebenfalls eine Neuausrichtung der Förderpolitik für Arbeitslose.

Ulrich Walwei vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg (IAB) betonte, die Grundausrichtung des Förderns und Forderns in der deutschen Arbeitsmarktpolitik sei richtig und habe die Zahl der Arbeitslosen deutlich reduziert. Dennoch sei eine "Nachjustierung" sinnvoll. So müsse das Fallmanagement professioneller werden, um die Balance zwischen Fordern und Fördern zu verbessern. Außerdem plädierte Walwei für ganzheitliche und rechtsübergreifende Lösungen gerade für sehr schwer vermittelbare Arbeitslose. Eine gute Arbeitsmarktpolitik allein könne jedoch nicht zum Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit beitragen, so der IAB-Experte. Ähnlich argumentierten auch Holger Schäfer vom Institut der deutschen Wirtschaft und Christina Ramb von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Arbeitsmarktpolitik sei keine Lösung, die für sich alleine stehen könne, betonte Schäfer. Verbesserungsbedarf sah er vor allem im Bereich der Aktivierung. Diese funktioniere noch nicht so, wie gedacht. "Es gibt eine zu hohe Betreuungsrelation und eine zu geringe Kontaktdichte. Oft vergehen Monate, bis der Arbeitslose wieder Kontakt zu seinem Betreuer hat", kritisierte Schäfer. Mit einem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor komme man aber auch nicht weiter. Dieser sei nur für bestimmte Zielgruppen und nur in geringem Umfang sinnvoll. Es dürfe kein dritter, subventionierter Arbeitsmarkt entstehen, sagte Schäfer. BDA-Expertin Ramb bekräftigte ebenfalls, öffentlich geförderte Beschäftigung solle sich auf jene Fälle beschränken, wo es um die Heranführung an Arbeit gehe. Sie forderte eine bessere Bündelung der Aufgaben in den Jobcentern, um die Betreuung der Arbeitslosen zu verbessern.

Der Deutsche Caritasverband unterstützte das Ziel des BMAS, zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit nach differenzierten Lösungen zu suchen, da es sich nicht um eine homogene Gruppe handele. Die BMAS-Vorschläge gingen jedoch nicht weit genug, wenn dabei allein auf eine bessere Aktivierung, befristete ESF- und Bundesprogramme sowie eine leichte Änderung bei der Zusätzlichkeit von Arbeitsgelegenheiten gesetzt würde, heißt es in der Stellungnahme des Verbandes. Deren Vertreterin Birgit Fix forderte, die Instrumente der Arbeitsförderung "dringend" weiterzuentwickeln. Maßnahmen der öffentlich geförderten Beschäftigung und der Arbeitsförderung müssten besser miteinander verzahnt werden, der Passiv-Aktiv-Transfer sollte erprobt werden, so Fix. Sie plädierte, wie auch Irene Vorholz vom Deutschen Landkreistag und Joß Steinke vom AWO-Bundesverband für eine Abschaffung der 24-Monate-Befristung bei geförderten Arbeitsverhältnissen. Diese sei "extrem unpraktisch", so Vorholz. Gerhard Bosch, Professor für Arbeits- und Wirtschaftssoziologie an der Universität Duisburg Essen, plädierte dafür, die Arbeitsmarktpolitik künftig viel stärker an der Fachkräftesicherung auszurichten. Angesichts einer hohen Zahl von geringqualifizierten Arbeitslosen auf der einen und einem Fachkräftemangel auf der anderen Seite sei ein Paradigmenwechsel in der Arbeitsmarktpolitik nötig, der die Qualifizierung der Arbeitslosen in den Vordergrund rücke, mahnte Bosch. Martin Künkler von der Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen forderte, die Integrationsschritte zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt stärker kooperativ auszurichten und die Rechte der Arbeitslosen zu stärken. Auf diese Weise könnten Maßnahmen viel passgenauer entwickelt werden, sagte er.

*

3. Weitere Ausnahmen vom EEG für die Industrie

Wirtschaft und Energie/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/HLE) Die Begünstigung stromintensiver Industrieunternehmen bei der Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG-Umlage) soll auf weitere Unternehmen ausgeweitet werden. Dies sieht ein von der Bundesregierung eingebrachter Gesetzentwurf (18/4891) vor, der inhaltlich mit dem zuvor von den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD eingebrachten Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (18/4683) übereinstimmt. Die Branchen der oberflächenveredelnden und wärmebehandelnden Unternehmen sowie die Hersteller von Schmiede-, Press-, Zieh- und Stanzteilen sollen in Zukunft in den Anwendungsbereich der Besonderen Ausgleichsregelung übernommen werden. Neue wissenschaftliche Untersuchungen hätten ergeben, dass diese Branchen die Kriterien der Europäischen Kommission für die Begünstigung erfüllen würden, wird argumentiert.

*

4. Bergleute können Deputatkohle beziehen

Wirtschaft und Energie/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Aktive und ehemalige Mitarbeiter der Ruhrkohle haben nach den Regelungen der Manteltarifverträge für den rheinisch-westfälischen und den Saarbergbau Anspruch auf Hausbrand, der auch als Deputatkohle bezeichnet wird. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/4825) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/4645) mitteilt, stehen Beschäftigten und ehemaligen Beschäftigten unter bestimmten Voraussetzungen bis zu acht Tonnen Kohle jährlich zu. Die Gewährung von Hausbrand kann auch in Form einer Energiebeihilfe geschehen. Für die Gewährung von Deputaten an ausgeschiedene Ruhrkohle-Mitarbeiter besteht nach Angaben der Regierung Bestandsschutz, da diese Deputate als rentenrechtlicher Anspruch einzustufen seien.

Die Zahl der Deputatbezieher ist in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken. Waren es 2010 noch 19.313 aktive Mitarbeiter und 155.266 ehemalige Mitarbeiter, so betragen die Zahlen in diesem Jahr 7.971 und 132.962. 2018 sollen noch 2.466 aktive und 121.351 ehemalige Mitarbeiter Deputate beziehen. Außerdem verzichten immer mehr aktive und ehemalige Mitarbeiter auf die Kohlelieferungen und wählen stattdessen die Energiebeihilfe.

*

5. Ausbau der Rheintalbahn

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Um den menschenfreundlichen und umweltgerechten Ausbau der Rheintalbahn geht es in einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/4878). Dabei geht es unter anderem um die Erhöhung der Maximalgeschwindkeit und zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen. Auch wird nach der Umrüstung von Güterwaggons auf "leise" Bremsen gefragt.

*

6. Parteien bekommen mehr Geld

Bundestagsnachrichten/Unterrichtung

Berlin: (hib/STO) Die absolute Obergrenze für die staatliche Parteienfinanzierung steigt in diesem Jahr auf mehr als 159,2 Millionen Euro. Das geht aus einer Unterrichtung (18/4805) durch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hervor. Laut Parteiengesetz erhöht sich das jährliche Gesamtvolumen staatlicher Mittel, das allen Parteien höchstens ausgezahlt werden darf, um den Prozentsatz, um den sich der Preisindex der für eine Partei typischen Ausgaben im vorangegangenen Jahr erhöht hat, abgerundet auf ein Zehntel Prozent. Da sich dieser Parteien-Index vom Jahr 2013 auf das Jahr 2014 nach einer Mitteilung des Statistischen Bundesamtes um 1,6 Prozent erhöht habe, ergebe sich auch eine Erhöhung der absoluten Obergrenze um diesen Prozentsatz, heißt es in der Vorlage. Für das vergangene Jahr habe die absolute Obergrenze für die staatliche Parteienfinanzierung mehr als 156,7 Millionen Euro betragen. Bei einer Erhöhung um 1,6 Prozent liege die absolute Obergrenze für das Jahr 2015 somit bei mehr als 159,2 Millionen Euro.

*

Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 254 - 18. Mai 2015 - 18.00 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
E-Mail: mail@bundestag.de
Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Mai 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang