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BUNDESTAG/5118: Heute im Bundestag Nr. 319 - 17.06.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 319
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 17. Juni 2015, Redaktionsschluss: 18.25 Uhr

1. Zusammenarbeit von Bundestag und Sejm
2. Umgang mit Beschwerden über Racial Profiling
3. Lob und Tadel für Anti-Doping Gesetz


1. Zusammenarbeit von Bundestag und Sejm

Ausschuss für Kultur und Medien

Berlin: (hib/AW) Die Kultur- und Medienausschüsse des Bundestags und des polnischen Parlaments (Sejm) streben eine kontinuierliche Zusammenarbeit in bilateralen und europäischen Fragen an. Dies verkündeten der Vorsitzende des Kulturausschuss, Siegmund Ehrmann (SPD), und seine polnische Kollegin Iwona Elzbieta Sledzinska-Katarasinska bei einer Sitzung von Mitgliedern beider Ausschüsse am Mittwoch. Es war die erste gemeinsame Sitzung von Kulturpolitikern beider Parlamente. Die polnische Ausschussvorsitzende wurde von ihrem Stellvertreter Jerzy Feliks Fedorowicz begleitet. Die beiden Sejm-Abgeordneten gehören der Regierungspartei Bürgerplattform an.

Ehrmann erinnerte an die engen Kulturbeziehungen zwischen den Nachbarländern. So feiere im kommenden Jahr der deutsch-polnische Partnerschaftsvertrag sein 25-jähriges Jubiläum und das deutsch-polnische Jugendwerk bringe jährlich rund 120.000 junge Menschen aus den beiden Nationen zusammen. Dies sei "ein unglaubliches Kapital", sagte Ehrmann. Zugleich mahnte Ehrmann, dass die Zusammenarbeit in der Kulturpolitik zwischen den Parlamenten im Gegensatz zur Regierungsebene noch Nachholbedarf habe. Er hoffe, dass dieses erste Treffen ein Auftakt ist. In diesem Sinne äußerte sich auch die polnische Ausschussvorsitzende: Die Kultur sei "der beste Mittler zwischen den Menschen". Es müssten gemeinsame Interessen gefunden werden, um diese auch "kraftvoller" auf der europäischen Ebene, im EU-Parlament und in der Kommission zu vertreten. Gerade dort würden entscheidende Weichen in der Kulturpolitik gestellt. Sledzinska-Katarasinska und Ehrmann nannten als Beispiel für ein solch gemeinsames Vorgehen die Initiative Deutschlands, Polens, Frankreichs und Italiens für eine Ausweitung des ermäßigten Mehrwehrtsteuersatzes auf E-Books. Auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) lobte die Kulturbeziehungen zu Polen. Zu wenig anderen europäischen Ländern seien sie trotz der leidvollen gemeinsamen Vergangenheit so gut. Grütters verwies zudem auf die Bundesstiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung", in deren wissenschaftlichem Beraterkreis auch Polen vertreten sei.

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2. Umgang mit Beschwerden über Racial Profiling

Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe

Berlin: (hib/AS) Nach Ansicht der Bundesregierung hat sich der Vorwurf der Ausländerfeindlichkeit im Zusammenhang mit der Debatte über Racial Profiling nicht bestätigt. Das erklärte ein Vertreter der Bundespolizei bei einer mündlichen Unterrichtung der Bundesregierung am Mittwoch im Ausschuss für Menschenrechte zu der Frage, wie mit Beschwerden über Racial Profiling umgegangen werde. Als Racial Profiling wird das Handeln von Polizei, Sicherheits- oder Einwanderungsbehörden bezeichnet, wenn dieses auf Kriterien wie dem physischen Erscheinungsbild, etwa Hautfarbe oder Gesichtszügen, ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder nationaler Herkunft basiert.

Seit 2009, als es bei der Bundespolizei 13 Beschwerden wegen Racial Profiling gegeben habe, bis 2014, als 29 Beschwerden registriert wurden, sei die Zahl der Fälle zwar gestiegen. Dies sei aber auch auf eine größere Berichterstattung und eine höhere Sensibilisierung zurückzuführen, sagte der Beamte des Bundesinnenministeriums (BMI). "Racial Profiling ist verboten und die Bundespolizei wendet Racial Profiling nicht an", sagte er weiter. Es gebe bei der Bundespolizei jedoch ein Beschwerdemanagement und auch in der Aus- und Fortbildung werde das Thema Menschenrechte thematisiert. Man arbeite dabei auch mit der Bundeszentrale für Politische Bildung zusammen. Der Vertreter der Bundespolizei machte deutlich, dass die Überprüfung von Personen auf der Grundlage von "Lageerkenntnissen" stattfinde. Diese Lage müsse immer wieder neu bewertet werden und es sei zudem Aufgabe der Bundespolizei, die unerlaubte Einreise zu verhindern.

Der Vertreter der Antidiskriminierungsstelle sagte, dass seit 2006 rund 3.200 Fälle registriert wurden, in denen sich Bürger beschwert hätten, wegen ausländischen Aussehens verstärkt kontrolliert worden zu sein. Es habe kürzlich einen Runden Tisch mit Experten gegeben, wo diskutiert worden sei, wie mit dem Thema umgegangen werden könne.

Die Abgeordneten aller Fraktionen berichteten von eigenen Beobachtungen, dass Personen mit ausländischem Aussehen, vor allem an Bahnhöfen und Flughäfen, von Polizei- und Sicherheitsbehörden verstärkt kontrolliert würden. Die SPD fragte, wie die Polizei ausschließen könne, dass die Polizeikontrollen rassistische Beweggründe hätten und erkundigte sich nach der Offenlegung von Lageberichten, auf deren Grundlage Ausländer besonders kontrolliert würden. Ihr Vertreter wollte zudem wissen, ob nicht gesetzgeberische Maßnahmen fehlten, wenn das Thema immer wieder hochkomme.

Die CDU/CSU-Fraktion erklärte, es sei erfreulich, dass die Zahlen im Grunde genommen niedrig seien. Man habe die Erfahrung gemacht, dass sogar nicht jeder den Begriff kenne. Gleichzeitig erklärte die Fraktion, dass man zwischen Racial Profiling und verdachtsorientierter Ermittlung unterscheiden müsse. Außerdem wies sie darauf hin, dass hinsichtlich der Eignung der Anwärter für den Polizeidienst stark ausgesiebt werde, ob die Kandidaten auch geeignet seien.

Die Fraktion Die Linke sagte, dass "die Dunkelziffer unglaublich hoch" sei. Sie wies darauf hin, dass es für viele Ausländer schwierig sei, sich zu beschweren und dieser Weg zudem "sehr steinig" sei. Außerdem erkundigte sich die Fraktion danach, welche Folgen es hätte, wenn polizeiliche Befugnisnormen wie § 22 Absatz 1a des Bundespolizeigesetzes (BPolG) gestrichen würden. Auch Bündnis 90/Die Grünen erkundigten sich nach diesem Paragraphen, der verdachtslose Personenkontrollen zum Zweck der Migrationskontrolle ermöglicht. "Ich bin erstaunt, dass Vertreter des BMI sagen, dass es das nicht gibt", sagte ein Vertreter der Grünen zum Racial Profiling. Die Fraktion sprach dabei auch das Problem privater Sicherheitsfirmen an. Natürlich sei zudem auch die Bundespolizei ein Spiegel der Gesellschaft. Beim Tragen der Uniform habe man dort jedoch eine besondere Verantwortung.

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3. Lob und Tadel für Anti-Doping Gesetz

Sportausschuss (öffentliche Anhörung)

Berlin: (hib/HAU) Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf für ein Anti-Doping Gesetz (18/4898) trifft unter Experten auf Zustimmung und Ablehnung gleichermaßen. Das wurde bei einer öffentlichen Anhörung des Sportausschusses am Mittwoch deutlich. So begrüßte der Kriminologe Professor Dieter Rössner von der Philipps-Universität Marburg den Entwurf als "gelungenes Gesamtkonzept". Sein Kollege von der Goethe-Universität, Professor Matthias Jahn, nannte die Vorlage hingegen "unausgereift, unklar, unbestimmt und unverhältnismäßig". Lob kam von der Nationalen Anti-Doping Agentur (Nada). Die Position der Nada werde gestärkt, ebenso wie die gesamte Anti-Doping Arbeit, befand die Nada-Vorstandsvorsitzende Andrea Gotzmann. Aus Sicht des deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) gefährdet der Entwurf hingegen die Sportgerichtsbarkeit und führt zu einer "Delegitimierung des Dopingkontrollsystems", wie der Vorstandsvorsitzende Michael Vesper sagte.

Die in der Kritik stehende strafrechtliche Ahndung des Eigendopings sei legitim, urteilte Professor Rössner. Es gehe dabei eben nicht um die Gesundheit des Sportlers sondern um den Wettbewerbsschutz, was angesichts der auf dem Spiel stehenden wirtschaftlichen Interessen ein anerkanntes schutzwürdigen Rechtsgut sei, sagte er. Das Strafrecht sei kein geeignetes Mittel zur Lösung des Dopingproblems, sagte hingegen Professor Jahn. Die Schutzgüter "Fairness und Chancengleichheit bei Sportwettbewerben" genügen seiner Ansicht nicht den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an ein strafrechtliches Rechtsgut. Professor Martin Heger, Strafrechtler an der Humboldt-Universität Berlin, bewertet das Rechtsgut der Fairness doch als schützenswert, vor dem Hintergrund, dass nicht der Staat sondern der Sport selbst die Regeln gemacht habe, die auch für alle gelten müssten. Skeptisch bewertete er, dass schon der Erwerb geringer Mengen Dopingmittel strafrechtlich verfolgt werden soll. Dies sei eine "zu weit vorgelagerte Rechtsgutverletzung".

Die Parallelität von Strafverfahren und Sportgerichtsverfahren ist aus Sicht von Dieter Maihold, Richter am Bundesgerichtshof, kein Problem. Schon jetzt seien strafrechtliche und zivilrechtliche Verfahren in vielen Bereichen voneinander getrennt und würden teils sogar zu gegensätzlichen Ergebnisses führen. Problematisch sei hingegen das Aussageverweigerungsrecht, was es im Strafverfahren gebe, in der Sportgerichtsbarkeit jedoch nicht vorgesehen sei. Hier müsse nachjustiert werden, forderte Maihold.

Christoph Frank, Vorsitzender des Deutschen Richterbundes, warnte davor, mit dem Gesetz Erwartungen zu wecken, die nicht erfüllt werden könnten. "Das Strafrecht kann gesellschaftliche Prozesse nicht steuern", sagte er. Zudem seien in dem Entwurf die zu schützenden Rechtsgüter nicht scharf genug definiert, was dazu führen würde, "dass das Ganze zu einem Experimentierfeld wird, was dem Gesetz nicht gerecht wird", sagte Frank.

Das Gesetz verbreite Angst unter den deutschen Athleten, sagte Robert Harting, Olympiasieger und Weltmeister im Diskuswerfen. Er sei für harte Strafen und schnelle Verfahren im Rahmen der Sportgerichtsbarkeit, betonte er. Mit der Einführung der "uneingeschränkten und mengenunabhängigen Besitzstrafbarkeit" seien aber saubere Athleten erheblichen Risiken unterworfen, da ein Unterschieben von Dopingmitteln nicht zu verhindern sei.

Eine vierjährige Strafe für Dopingsünder, wie sie die neuen Regelungen der Welt Anti-Doping Agentur (Wada) vorsehen würden, sei deutlich abschreckender als Geld- oder Bewährungsstrafen im Strafprozess, befand Michael Vesper. Zugleich verwies er darauf, dass ein Strafprozess und ein Prozess vor einem Sportgericht mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen stattfinden würden. So gebe es im ersten Fall die Unschuldsvermutung, während vor Sportgerichten der beschuldigte Athlet seine Unschuld nachweisen müsste, sagte der DOSB-Vorstandsvorsitzende.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 319 - 17. Juni 2015 - 18.25 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Juni 2015

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