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BUNDESTAG/5158: Heute im Bundestag Nr. 359 - 10.07.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 359
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Freitag, 10. Juli 2015, Redaktionsschluss: 10.32 Uhr

1. Wehrdienstverweigerung in der Ukraine
2. Neue Salzrechte-Verträge laufen bis 2035
3. Geschichtspolitik in der Ukraine
4. Dialog mit Namibia
5. REDD+-Mechanismus und Waldschutz
6. Noch Probleme bei Schiffssicherheit


1. Wehrdienstverweigerung in der Ukraine

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/AHE) Der Bundesregierung liegen keine "quantifizierbaren Informationen" vor, wie viele ukrainische Wehrpflichtige sich seit Januar 2014 dem Militärdienst entzogen haben. "Nach Kenntnis der Bundesregierung wurde für das Jahr 2014 als offizielles Ziel genannt, circa 60.000 Wehrpflichtige zu mobilisieren", heißt es in der Antwort (18/5177) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/5032). Innerhalb des Jahres 2015 sollen demnach binnen 210 Tagen 104 000 Personen, vorwiegend Reservisten im Alter zwischen 25 und 60 Jahren, eingezogen werden. "Genaue Zahlen zur Anzahl derjenigen, die sich zur Musterung gemeldet haben, liegen der Bundesregierung nicht vor."

Die rechtlichen Regelungen zur Kriegsdienstverweigerung seien in der Ukraine "deutlich restriktiver als beispielsweise in Deutschland". Nach Kenntnis der Bundesregierung werde die Entziehung vom Wehrdienst mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft. Eine Mobilisierungsentziehung könne mit bis zu fünf Jahren bestraft werden. Die Entscheidung darüber, inwieweit diese Regelungen den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention genügen, obliege dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Freigestellt vom Wehrdienst seien nach Kenntnis der Bundesregierung Wehrpflichtige mit gesundheitlichen Einschränkungen, Parlamentsabgeordnete, Priester, Richter, Straftäter, Vollzeitstudenten und Väter von mehr als drei minderjährigen Kindern.

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2. Neue Salzrechte-Verträge laufen bis 2035

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Antwort

Berlin: (hib/PK) Die Bundesregierung sieht keine Notwendigkeit, im Erkundungsbergwerk Gorleben Salzrechte außerhalb des Offenhaltungsbetriebs zu erwerben. Die bestehenden, zwischen 1989 und 1996 abgeschlossenen Verträge über die Salzrechte sähen eine Laufzeit bis Ende 2015 vor. Von diesen Verträgen würden nur jene verlängert, die zur Gewährleistung des Grubenbetriebes für die Offenhaltung des Bergwerks notwendig seien, schreibt die Regierung in ihrer Antwort (18/5363) auf eine Kleine Anfrage (18/5156) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Der offen zu haltende Teil umfasse nur den bestehenden früheren Erkundungsbereich I, der nach Inkrafttreten des Standortauswahlgesetzes in den Offenhaltungsbetrieb überführt worden sei. 2013/2014 seien Verträge mit drei Salzrechteinhabern für 20 Jahre verlängert worden. Diese neuen Nutzungsverträge liefen nun von Jahresanfang 2016 bis Jahresende 2035. Sie umfassen insgesamt eine Fläche von rund 148 Hektar. Die Entschädigungssumme für die Nutzungsrechte der drei Inhaber beläuft sich auf rund 820.000 Euro.

Derzeit gibt es nach Angaben der Regierung für den gesamten Salzstock 124 Salzrechteinhaber. 110 Verträge mit den Rechteinhabern würden nicht verlängert.

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3. Geschichtspolitik in der Ukraine

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/AHE) Die Bundesregierung sieht in dem vom ukrainischen Parlament beschlossenen Gesetzespaket zum Verbot der Verwendung kommunistischer Symbole "keinen Beitrag zur Überwindung der Gegensätze" in der ukrainischen Gesellschaft. Wie sie in einer Antwort (18/5337) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/5086) schreibt, würden verschiedene Teile der ukrainischen Gesellschaft entgegengesetzte Interpretationen der in dem Gesetzespaket angesprochenen zentralen Ereignisse der ukrainischen Geschichte des 20. Jahrhunderts vertreten. Aus Sicht der Bundesregierung werde etwa die im Gesetz formulierte "Anerkennung der Mitglieder der Ukrainischen Aufständischen Armee als Kämpfer für die Unabhängigkeit der Ukraine den komplexen historischen Ereignissen nicht gerecht, da diese Entscheidung insbesondere die Rolle der UPA bei den Wolhynischen Massakern in den Jahren 1943 und 1944 und die Frage der Kollaboration von UPA-Mitgliedern mit Nazi-Deutschland nicht angemessen widerspiegelt". Die Bundesregierung trete jeder Beschmutzung des Andenkens der Opfer der im Zweiten Weltkrieg begangenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit entschieden entgegen. "Der Umgang mit der eigenen Geschichte und dem schwierigen Thema der Kollaboration ist dabei jedoch vor allem Aufgabe der jeweils betroffenen Gesellschaften und Regierungen."

Zum Aspekt des Verwendungsverbotes kommunistischer Symbole heißt es in der Antwort: "Aus dem Verbot der Bezeichnung 'Kommunistische Partei' und dem Verbot der Leugnung des kriminellen Charakters des sowjetischen Regimes könnten sich nach Einschätzung der Bundesregierung Einschränkungen für die Tätigkeit von Organisationen und Parteien in der Ukraine ergeben." Die Bundesregierung habe erst kurz vor der Verabschiedung des Gesetzespakets von diesem Kenntnis erhalten. "Dementsprechend konnte sie ihre kritische Sicht erst im Nachgang gegenüber der ukrainischen Regierung zum Ausdruck bringen." Die Bundesregierung könne nicht in Gesetzgebungsentscheidungen des Parlaments eines souveränen ausländischen Staates eingreifen.

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4. Dialog mit Namibia

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/AHE) Die Bundesregierung teilt die Auffassung, "dass die politischen und militärischen Entscheidungsträger, die für die Gewaltexzesse während der Kolonialherrschaft des Deutschen Reiches über Südwestafrika verantwortlich waren, eine schwere Schuld auf sich geladen haben". Dieses historische Erbe belaste die Beziehungen zwischen Namibia und Deutschland bis heute, heißt es in einer Antwort (18/5166) auf eine Kleine Anfrage (18/4903) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur "Deutschen Kolonialgeschichte in Namibia". Die Bundesregierung habe sich wie auch der Deutsche Bundestag wiederholt zur besonderen Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber der Republik Namibia und all ihren Bürgerinnen und Bürgern bekannt, "einschließlich der Gemeinschaften der Herero, Nama, Damara und San, die unter der Kolonialherrschaft des Deutschen Reiches über Südwestafrika in den Jahren 1884 bis 1915 besonders zu leiden hatten".

Die Bundesregierung sieht indes keine völkerrechtliche Grundlage für namibische Reparationsforderungen gegen die Bundesrepublik Deutschland. "Diese Einschätzung gilt unabhängig davon, welche namibischen Institutionen oder Interessengruppen solche Forderungen erheben." Deutschland treibe seit Jahrzehnten "den Aufbau einer umfassenden bilateralen Partnerschaft" mit Namibia voran: Die Bundesregierung verweist unter anderem auf den Aufwuchs der bilateralen Entwicklungsmittel (2013: 151,4 Millionen Euro) sowie auf rund 200 Einzelmaßnahmen der Entwicklungszusammenarbeit im Rahmen einer 2004 ins Leben gerufenen Sonderinitiative mit Mitteln in Höhe von insgesamt 31 Millionen Euro.

"Die Mittel sind vorgesehen für Maßnahmen der Kommunalentwicklung in den Siedlungsgebieten der Gemeinschaften der Herero, Nama, Damara und San, die in besonderer Weise unter der deutschen Kolonialherrschaft gelitten hatten". Sie kämen allen Menschen in diesen Gebieten zu Gute und unterstützten damit die namibische Politik der nationalen Versöhnung, heißt es in der Antwort weiter. Die Bundesregierung verweist zudem auf den 2014 initiierten "Dialogprozess" mit der namibischen Regierung. "Dieser umfasst erstmals auch die Suche nach einer gemeinsamen Haltung und einer gemeinsamen Sprache in Bezug auf den grausamen Kolonialkrieg der Jahre 1904 bis 1908." Die Gespräche seien gut vorangekommen, aber noch nicht abgeschlossen.

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5. REDD+-Mechanismus und Waldschutz

wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AHE) Den entwicklungspolitischen Nutzen des "REDD+"-Mechanismus zur Reduzierung von Treibhausgas-Emissionen in den Ländern des Südens thematisiert die Fraktion Die Linke in einer Kleinen Anfrage (18/5433). "REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation) soll als Instrument internationaler Klimaschutzpolitik durch den Schutz von Wäldern in Ländern des Globalen Südens dabei helfen, die globalen CO2-Emissionen zu reduzieren", schreiben die Abgeordneten. Neben Norwegen sei Deutschland derzeit der größte Geber für "REDD+"-Maßnahmen. Als in erster Linie klimapolitisches Instrument würde jedoch der entwicklungspolitische Beitrag nicht immer an erster Stelle stehen. Die Bundesregierung soll unter anderem Angaben machen, inwiefern und in welchem Umfang sich Deutschland seit dem Jahr 2008 jährlich an "REDD+"-Maßnahmen beteiligt hat und wofür die Mittel im Einzelnen verwendet wurden. Konkret wollen die Abgeordneten wissen, "welche Aktivitäten und welche Akteure nach Kenntnis der Bundesregierung die größten Treiber und Ursachen für die Entwaldung in Brasilien, Laos und in der Demokratischen Republik Kongo" sind.

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6. Noch Probleme bei Schiffssicherheit

Wirtschaft und Energie/Unterrichtung

Berlin: (hib/HLE) Bei dem 2013 eingeführten Zulassungsverfahren für Bewachungsunternehmen auf Seeschiffen gibt es noch einige Probleme. Dies geht aus dem vom der Bundesregierung als Unterrichtung (18/5456) vorgelegten Erfahrungsbericht vor, der auf Angaben des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie und der Bundespolizei beruht. Danach sind in den Jahren 2013 und 2014 Anträge von 20 Sicherheitsfirmen eingegangen. Davon waren elf Firmen auf dem Ausland. 13 Anträge wurden positiv beschieden.

Zu den Erfahrungen heißt es, das deutsche Recht schreibe eine Mindestgröße der Bewachungsteams von vier Personen vor. Dies sei von deutschen Bewachungsunternehmen kritisiert worden, weil dadurch der Wettbewerb um Aufträge auf ausländischen Schiffen enorm beeinträchtigt werde. Beauftragt würden dann ausländische Unternehmen, die Teams von zwei bis drei Wachpersonen einsetzen könnten. Die deutschen Behörden wollen jedoch an der Mindestgröße von vier Personen festhalten: "Insbesondere im Hinblick auf die oftmals enorme Schiffsgröße und die von den Wachpersonen einzuhaltenden Ruhezeiten erscheint eine wirksame Bewachung mit weniger als vier Wachpersonen effektiv nicht möglich", heißt es in dem Bericht.

Probleme gibt es offenbar auch im Umgang mit Waffen und Ausrüstung der Bewachungsteams. So hätten Bewachungsunternehmen schwimmende Waffenlager ("Floating Armouries") nutzen wollen, um ihre Waffen vor oder nach der Einfahrt in ein Hochrisikogebiet einzulagern. Grund sei, dass bestimmte Hafenstaaten die Einfuhr und Lagerung der Waffen und der Ausrüstung nicht gestatten würden. Allerdings seien schwimmende Waffenlager als Empfänger von Waffen und Ausrüstung "unter exportkontrollrechtlicher Betrachtung" nur in Einzelfällen genehmigungspflichtig.

Auch die Pflicht zur Mitführung von Kurzwaffen ist zwischen Unternehmen und Behörden umstritten. Während die Unternehmen kritisieren, dass durch die Pflicht zur Mitführung von Kurzwaffen Einreiseprobleme in bestimmte Hafen- und Küstenstaaten angesichts der dortigen Ein- und Ausfuhrkontrollbestimmungen entstanden seien, halten die deutschen Behörden an der Pflicht fest: "Kurzwaffen werden aus polizeilicher Sicht der Bundespolizei als unverzichtbares, weil effektives Mittel für die Verteidigung der Crew und der Eigensicherung der Wachpersonen selbst angesehen, sollten die Piraten an Bord des Schiffes gelangt sein."

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 359 - 10. Juli 2015 - 10.32 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Juli 2015

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