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BUNDESTAG/5391: Heute im Bundestag Nr. 591 - 11.11.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 591
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 11. November 2015, Redaktionsschluss: 13.58 Uhr

1. Finanzdatenaustausch beschlossen
2. Experten fordern Stickstoffstrategie


1. Finanzdatenaustausch beschlossen

Finanzen/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat am Mittwoch den Weg für einen internationalen Austausch über Finanzdaten freigemacht, so dass im Ausland erzielte Kapitalerträge den inländischen Finanzbehörden gemeldet werden. Im Gegenzug werden die Finanzdaten ausländischer Anleger an deren Heimatländer weitergegeben. Die Forderungen der Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen nach einem schnellen Eintritt in Beratungen über die Abschaffung der Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge hielten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD für verfrüht. Sie lehnten daher entsprechende Anträge der Opposition ab.

Mit den Stimmen aller Fraktionen billigte der Ausschuss die am 29. Oktober 2014 unterzeichnete internationale Vereinbarung über den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten (18/5919). Außerdem stimmte der Ausschuss dem Entwurf eines Gesetzes zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen und zur Änderung weiterer Gesetze (18/5920, 18/6290), mit dem der Vertragsinhalt in deutsches Recht umgesetzt wird. Zuvor waren zwei von den Koalitionsfraktionen eingebrachte Änderungsanträge zu dem Gesetz beschlossen werden.

Zur wirksamen Bekämpfung der grenzüberschreitenden Steuerhinterziehung wollen die Vertragsparteien die für Besteuerungsverfahren in anderen Vertragsstaaten erforderlichen Informationen über Finanzkonten regelmäßig erheben und ab 2017 dem anderen Vertragsstaat übermitteln. Finanzinstitute müssen daher in Zukunft einmal im Jahr bestimmte Daten von Konten übermitteln, damit die Bundesrepublik ihrer Verpflichtung zum Austausch von Finanzinformationen nachkommen kann. Zur Begründung heißt es in dem Entwurf, in den zurückliegenden Jahren hätten sich grenzüberschreitender Steuerbetrug und grenzüberschreitende Steuerhinterziehung zu einer erheblichen Herausforderung für die Steuerverwaltungen der einzelnen Staaten entwickelt. "Der gestiegenen Anzahl von Möglichkeiten, international investieren und sich aufgrund fehlender steuerrechtlicher Transparenz einer korrekten Besteuerung entziehen zu können, kann mit einem zeitnahen Austausch steuerrelevanter Informationen zwischen den Finanzverwaltungen der einzelnen Staaten begegnet werden", erwartet die Bundesregierung.

Ein Sprecher der CDU/CSU-Fraktion sprach von einem grundlegenden Schritt zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung, die durch den Informationsaustausch in vielen Fällen ihre Grundlage verliere. Mittlerweile hätten 74 Länder die internationale Vereinbarung unterschrieben, insgesamt könnten sich sogar 94 Staaten dem Informationsaustausch anschließen. Mit Blick auf die von der Opposition geforderte Abschaffung der Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge sagte der Sprecher, es empfehle sich, bis 2017 abzuwarten. Dann könne diskutiert werden, welche Konsequenzen aus dem Informationsaustausch gezogen werden könnten. Ein Sprecher der SPD-Fraktion schloss sich dieser Einschätzung ausdrücklich an. Der beschlossene Informationsaustausch sei ein großer Beitrag zu mehr Transparenz, Steuerehrlichkeit und Steuergerechtigkeit. Der Sprecher der SPD-Fraktion hob außerdem hervor, dass die Bußgelder für Finanzinstitute bei Verstößen gegen die Informationspflichten per Änderungsantrag auf 50.000 Euro angehoben worden seien. Im Regierungsentwurf waren 5.000 Euro vorgesehen.

Die Oppositionsfraktionen begrüßten zwar die Einführung des Informationsaustausches, verlangten aber als nächsten Schritt die Abschaffung der Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge, die anonym erhoben wird und mit 25 Prozent in vielen Fällen günstiger ist als die persönlichen Steuersätze. Der Informationsaustausch sei seit vielen Jahren eine ihrer Kernforderungen, hieß es von der Fraktion Die Linke. Der Austausch bedeute das Ende des Bankgeheimnisses, das zur Steuerhinterziehung benutzt worden sei. Die Sanktionen seien aber auch mit 50.000 Euro Bußgeld für Finanzinstitute immer noch "lächerlich wenig". Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sprach von einem "Durchbruch" beim Informationsaustausch. Man dürfe jetzt aber nicht stehenbleiben, hieß es von der Fraktion mit Blick auf die Abgeltungsteuer. Für die Beibehaltung dieser Steuer, die einst zur Verhinderung von Kapitalflucht ins Ausland eingeführt worden war, gebe es jetzt keine Begründung mehr. Daher sollte ihre Abschaffung noch in dieser Legislaturperiode auf den Weg gebracht werden.

Mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD lehnte der Ausschuss drei Anträge der Oppositionsfraktionen ab. Die Fraktion Die Linke fordert die Abschaffung der Abgeltungsteuer. Die Besteuerung von Kapitalerträgen soll stattdessen wieder mit dem persönlichen Steuersatz der Steuerpflichtigen erfolgen, heißt es in einem Antrag (18/2014) der Fraktion. Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in einem Antrag (18/6064), dass sämtliche Kapitalerträge im Rahmen der jährlichen Steuererklärung beim Finanzamt anzugeben sind.

Im dritten Antrag fordert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/6065), dass die Banken alle Kapitalerträge für das Besteuerungsverfahren ab 2016 an das Bundeszentralamt für Steuern beziehungsweise an die zuständigen Finanzbehörden melden müssen - und zwar unabhängig von Wohnsitz und Steuerpflicht des Anlegers. Zugleich wird gefordert, dass die gemeldeten Daten durch das "strikte deutsche Steuergeheimnis" geschützt werden, "um sicherzustellen, dass diese Daten nicht für andere Zwecke verwendet werden oder an andere Stellen weitergeleitet werden".

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2. Experten fordern Stickstoffstrategie

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) spricht sich für die Erarbeitung einer nationalen Stickstoffstrategie aus. Das geht aus einem Sondergutachten des Sachverständigenrates (18/4040) hervor, das die SRU-Vertreterin Karin Holm-Müller am Mittwoch vor dem Umweltausschuss in einem öffentlichen Fachgespräch vorgestellt hat. In dem Gutachten verweisen die Experten darauf, dass zu hohe Einträge von Stickstoffverbindungen eines der großen ungelösten Umweltprobleme unserer Zeit seien. Stickstoffeinträge tragen danach zum Verlust von Biodiversität bei, indem sie die Böden versauern. Stickstoffoxide in der Luft wiederum schädigten direkt die menschliche Gesundheit und bildeten gemeinsam mit Ammoniak gesundheitsschädlichen Feinstaub. Nitrat im Trinkwasser - eine reaktive Stickstoffverbindung - wirke krebserzeugend, während Lachgas - eine weitere reaktive Stickstoffverbindung - die Ozonschicht schädige und den Klimawandel beschleunige.

Auf 48 Prozent der natürlichen und naturnahen Ökosysteme sei die kritische Grenze für Stickstoffeinträge überschritten, sagte Holm-Müller vor den Abgeordneten. Aufgrund des zu hohen Nitratgehaltes seien zudem 27 Prozent aller Grundwasserkörper in einem schlechten chemischen Zustand, fügte die Umweltökonomin hinzu. Hauptverursacher der Problematik sei die Landwirtschaft, da reaktiver Stickstoff vor allem durch die Verwendung von Düngemitteln und die Tierhaltung freigesetzt werde. Problematisch sei aber auch der Bereich der Biogaserzeugung, sagte die SRU-Vertreterin. Bei Neuanlagen sollte die Biogaserzeugung nach Ansicht des Sachverständigenrates daher künftig primär auf der energetischen Nutzung von Rest- und Abfallstoffen beruhen.

Was den Beitrag der Landwirtschaft angeht, so forderte Holm-Müller, die EU-Agrarpolitik weiter zu reformieren und ambitioniert umzusetzen. Die Ergebnisse der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik seien aus Sicht von Umwelt- und Naturschutz ernüchternd, sagte sie. Was die EU-Kommission derzeit mit der NEC-Richtlinie zur Senkung der Methan- und Ammoniakemissionen auf den Weg bringen wolle sei hingegen richtig und wichtig, betonte die Expertin. Allerdings müsse auch der Vollzug verbessert werden, sonst bleibe die Richtlinie ein zahnloser Tiger. Holm-Müller sprach sich auch für eine ambitionierte Düngeverordnung aus, die einen ganz wichtigen Schritt darstellen könne. Bei der derzeit in Deutschland diskutierten Reform der Düngeverordnung sei eine verbindliche Düngeplanung, die Einbeziehung aller organischen Düngemittel - auch der gesamten Gärreste aus Biogasanlagen - in die Ausbringungsobergrenzen, strengere Anforderungen an die Ausbringungstechnik, die Erstellung eines Nährstoffvergleichs nach der Methode der Hoftorbilanz und strengere Kontrollen und Sanktionen für einen besseren Vollzug der Vorgaben von besonderer Bedeutung.

Wann die Novelle der Düngeverordnung zur Behandlung im Kabinett ansteht, konnte der Parlamentarische Staatssekretär im Umweltministerium, Florian Pronold (SPD), auf Nachfrage nicht sagen. Seines Wissens gebe es zwar inzwischen eine Einigung zwischen Umweltministerium und Landwirtschaftsministerium. Doch kenne er persönlich weder den Entwurf noch den Termin für die Behandlung im Kabinett. Pronold zeigte sich über diese Zustand unzufrieden. "Das ärgert mich, weil ich weiß, dass die Düngeverordnung ein wichtiger Baustein ist."

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 591 - 11. November 2015 - 13.58 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. November 2015

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