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BUNDESTAG/6390: Heute im Bundestag Nr. 142 - 08.03.2017


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 142
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 08. März 2017, Redaktionsschluss: 14.02 Uhr

1. Stickoxidbelastung in Ballungsräumen
2. Reform des Fahrlehrerrechts wird begrüßt
3. Hinterbliebenengeld bei Fremdverschulden


1. Stickoxidbelastung in Ballungsräumen

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Anhörung

Berlin: (hib/SCR) Die Mitglieder des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit haben sich am Mittwoch im Rahmen eines öffentlichen Fachgespräches mit der Luftbelastung durch Stickoxide (NOx) in Ballungsräumen befasst. Die geladenen Sachverständigen sprachen sich dabei unter anderem dafür aus, das Dieselprivileg bei der Mineralölsteuer abzuschaffen.

Marion Wichmann-Fiebig (Umweltbundesamt, UBA) sagte, dass Deutschland EU-weit an der Spitze der Stickoxid-Belastung stehe. An verkehrsnahen Messstellen werde in der Bundesrepublik deutlich der höchste Anteil an Überschreitungen des Stickstoffdioxid-Grenzwerte gemessen. Der Grund sei der hohe Dieselanteil an der Fahrzeugflotte, betonte die UBA-Vertreterin. Reale Emissionen und zulässige Emissionen klafften im NOx-Bereich weiterhin auseinander. Als mögliche Maßnahmen schlug Wichmann-Fiebig außer der Anpassung der Mineralölsteuer vor, die Typenzulassung an den Realemissionen zu orientieren. Außerdem könne die Einführung der sogenannten Blauen Plakette helfen, um mit dem Problem umzugehen.

Alfred Wiedensohler (Leibniz-Institut für Troposphärenforschung) betonte ebenfalls, dass die Realemissionen ein Vielfaches über den erlaubten Werten lägen. Selbst mit dem Euro6-Standard seien die Grenzwerte nicht einzuhalten. Wiedensohler schlug ebenfalls vor, an das Dieselprivileg ranzugehen.

Stefan Ferber (Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände) hob hervor, dass die Städte viel getan hätten, um dem Problem zu begegnen, etwa durch die Förderung des öffentlichen Nahverkehrs und indem sie ihre Fahrzeugflotten umgestellt hätten. Doch sie kämen an die Grenzen der Bemühungen, gehe es doch um Rahmenbedingungen außerhalb ihres Verantwortungsbereichs, sagte Ferber. Eine Änderung der Besteuerung und ein stärkerer Fokus auf die Realemissionen könnten nach Ferbers Ansicht helfen.

Dietmar Stephan (Technische Universität Berlin) ging auf technische Möglichkeiten zur Reduzierung der NOx-Belastung ein. Das Photokatalyse-Verfahren funktioniere zwar im Labor "sehr gut". Unter Realbedingungen sei es jedoch noch ein weiter Weg. Ein punktueller Einsatz an Orten, wo eine höhere Wirkung der Methode zu erwarten wäre, könnte trotzdem sinnvoll sein, sagte Stephan.

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2. Reform des Fahrlehrerrechts wird begrüßt

Verkehr und digitale Infrastruktur/Anhörung

Berlin: (hib/HAU) Die von der Bundesregierung geplante Reform des Fahrlehrerrechts wird von Experten begrüßt. Das wurde bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur am Mittwoch deutlich. Der dazu vorgelegte Gesetzentwurf (18/10937) sieht unter anderem eine Absenkung der Bildungsanforderungen an Bewerber für eine Fahrlehrerausbildung, den Wegfall der Zweigstellenbegrenzung und die Möglichkeit der Kooperation einzelner Fachschulen miteinander vor. Zudem soll es künftig bei Fahrschulen keine "freien Mitarbeiter" mehr geben. Gleichzeitig soll das Mindestalter für die unbefristete Fahrlehrererlaubnis von 22 Jahre auf 21 Jahre abgesenkt werden.

Trotz ihrer grundsätzlichen Zustimmung zu dem Reformvorhaben äußerten die Experten Kritik an einzelnen Regelungen in dem Entwurf. Vertreter der Fahrlehrerverbände bemängelten, dass der im Grunde zu begrüßende Wegfall der Zweigstellenbegrenzung und die Erweiterung der Kooperationsmöglichkeiten erst ab Juli 2019 gelten sollen. "Wir sehen keinen einzigen Grund, warum diese Regelungen nicht sofort mit dem Gesetz in Kraft treten sollten", sagte Bernd Brenner von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fahrlehrerausbildungsstätten. Was die Herabsetzung des Mindestalters angeht, so machte Brenner darauf aufmerksam, dass konsequenterweise auch die Herabsetzung des Mindestalters für die Erteilung einer Anwärterbefugnis auf 20 Jahre nötig sei, wolle man das Mindestalter für die unbefristete Fahrlehrererlaubnis auf 21 Jahre absenken.

Die geplante Regelung, wonach Fahrlehrer künftig nicht mehr im Besitz eines Motorrad- und Lkw-Führerscheins sein müssen, wurde unterschiedlich bewertet. Angesicht der Probleme bei der Nachwuchsgewinnung im Fahrlehrerbereich sei das richtig, sagte Rainer Zeltwanger vom Bundesverband deutscher Fahrschulunternehmen. Damit könnten zudem auch mehr Frauen für den Beruf gewonnen werden, lautete seine Hoffnung. Gerhard von Bressensdorf von der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände teilte diese Hoffnung nicht. Man habe das Vorhaben schweren Herzens zur Kenntnis genommen. Es sei aber gut für die Fahrlehrerausbildung, wenn diese Qualifikationen vorhanden seien, sagte er.

Bressensdorf begrüßte es ausdrücklich, dass künftig die Fahrlehrertätigkeit nicht mehr als freier Mitarbeiter, sondern "nur in einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden kann". Diese Einschätzung teilte auch Sascha Fiek von der Moving International Road Safety Association. Das sei gerade vor dem Hintergrund des geplanten Wegfalls der Begrenzung der Arbeitszeit wichtig. "Angestellte Fahrlehrer sind den arbeitszeitrechtlichen Regelungen unterworfen", sagte er. Den geplanten Wegfall der Beschränkung der täglichen Arbeitszeit auf 495 Minuten (11 Fahrstunden a 45 Minuten) bewertete Fiek - wie auch andere Experten - kritisch.

Christian Kellner vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat forderte die Rücknahme dieser Regelung. Auch der Verweis auf das Arbeitszeitgesetz tauge hier nicht, da es in der Branche viele kleine selbstständige Fahrlehrer gebe, die dann über das vertretbare Maß hinaus im Auto sitzen würden.

Kellner wandte sich auch gegen die abgesenkten Bildungsvoraussetzungen für die Fahrlehrerausbildung. Man dürfe hier nicht nur das Problem der Nachwuchsgewinnung im Blick haben, betonte er. Bewerber müssten mindestens einen mittleren Schulabschluss vorweisen können, forderte Kellner und bemängelte, das laut dem Gesetzentwurf der Erwerb einer Fahrlehrerlaubnis auch ohne Schulabschluss möglich sein soll.

Die Fahrlehrerausbildung müsse als "lernendes System" begriffen werden, forderte Karl-Friedrich Voss vom Bundesverband Niedergelassener Verkehrspsychologen. Fahrschulen sollten seiner Ansicht nach nicht nur dahingehend überprüft werden, "ob die Bücher richtig geführt sind". Die Ausbildung müsse auf das Ziel der Verkehrssicherheit ausgerichtet werden. Dazu müsse durch Evaluierungen der Ausbildungsbetrieb ständig verbessert werden.

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3. Hinterbliebenengeld bei Fremdverschulden

Recht und Verbraucherschutz/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/PST) Wenn ein Mensch durch Verschulden eines anderen ums Leben kommt, sollen nahe Angehörige künftig vom Verursacher eine finanzielle Entschädigung verlangen können. Dies sieht ein Gesetzentwurf (18/11397) der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD "zur Einführung eines Anspruchs auf Hinterbliebenengeld" vor. Ein wortgleicher Gesetzentwurf der Bundesregierung ist bereits im Bundesrat eingebracht worden. Ein solches zweigleisiges Verfahren ist gebräuchlich, um eine parallele Beratung in beiden Kammern zu ermöglichen und so die Gesetzgebung zu beschleunigen. Der Gesetzentwurf soll am Donnerstag, 9. März, erstmals im Bundestag beraten werden.

Bisher können Hinterbliebene nur dann Schmerzensgeld vom Verursacher des Todes eines Angehörigen verlangen, wenn sich eine gesundheitliche Beeinträchtigung als Folge des Todesfalls, ein sogenannter Schockschaden, medizinisch nachweisen lässt. Der Gesetzentwurf sieht nun "im Fall der fremdverursachten Tötung für Hinterbliebene, die zu dem Getöteten in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis standen, einen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung in Geld für das zugefügte seelische Leid gegen den für die Tötung Verantwortlichen vor".

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 142 - 8. März 2017 - 14.02 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. März 2017

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