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BUNDESTAG/6391: Heute im Bundestag Nr. 143 - 08.03.2017


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 143
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 08. März 2017, Redaktionsschluss: 14.41 Uhr

1. Alleinerziehende: Antrag abgelehnt
2. Gleichstellung in der Wissenschaft
3. Einfachere Produktblätter zumeist begrüßt
4. 232 Millionen Euro für Tabakvermarktung


1. Alleinerziehende: Antrag abgelehnt

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Ausschuss

Berlin: (hib/AW) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist mit ihrer Forderung nach mehr staatlicher Unterstützung für Alleinerziehende im Familienausschuss gescheitert. Der Ausschuss lehnte den entsprechenden Antrag (18/4307) am Mittwoch mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD gegen das Votum der Grünen und der Linksfraktion ab. In ihrem Antrag fordern die Grünen die Bundesregierung unter anderem auf, gemeinsam mit den Bundesländern und der Wirtschaft mehr Möglichkeiten für Berufs- und Weiterbildung in Teilzeit zu schaffen. Zudem müsse der quantitative und qualitative Ausbau der Kindertagsbetreuung verstärkt werden. Benachteiligungen im Steuer-, Sozial- und Unterhaltsrechts sollen nach dem Willen der Grünen abgebaut werden.

Während die Linksfraktion sich den Forderungen der Grünen anschloss, verwiesen die Koalitionsfraktionen darauf, dass etliche Punkte des Antrags bereits realisiert worden seien, etwa bei der Berufs- und Weiterbildung in Teilzeit. Zudem seien die Regelsätze für Alleinerziehende in der Grundsicherung erhöht worden und der Ausbau des Unterhaltsvorschusses sei beschlossen und bereits in der parlamentarischen Beratung. In keiner Legislaturperiode sei so viel für Alleinerziehende getan worden wie in der aktuellen, hieß es aus der SPD. Die Union warf den Grünen vor, keine Vorschläge zur Finanzierung ihrer weitergehenden Forderungen zu machen.

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2. Gleichstellung in der Wissenschaft

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Ausschuss

Berlin: (hib/ROL) Feste Frauenquoten im Wissenschaftssystem forderte die Vertreterin der Linken bei der Vorstellung des Antrags "Geschlechtergerechtigkeit in der Wissenschaft durchsetzen" (18/9667) im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung am Mittwochmittag in Berlin. "Es ist gut, dass ein kultureller Wandel eingeleitet ist, aber damit dürfen wir uns nicht zufrieden geben", sagte die Bundestagsabgeordnete. Es gebe nach wie vor zu wenige Frauen in Führungspositionen. Dabei müsse auch die Befristung von wissenschaftlichen Stellen in den Blick genommen werden. Die Linke fordert in ihrem Antrag eine Entfristungsoffensive mit einem Anreizprogramm. Zehn Jahre lang sollen 100.000 unbefristete Stellen durch Entfristung oder Neuschaffung gefördert werden. Auf diesem Weg soll knapp die Hälfte des angestellten wissenschaftlichen Personals an den Hochschulen eine dauerhafte Perspektive erhalten. Zudem ging sie auf einzelne Vorwürfe der Koalition zum Thema Kaskadenmodell und Quoten ein und unterstrich, dass trotz der Kritik aus den Regierungskoalitionen an dem Antrag der Linksfraktion die Unionsfraktionen nebst der SPD es nicht geschafft hätten, zum Thema Geschlechtergerechtigkeit in der Wissenschaft einen eigenen Antrag vorzulegen.

Die Vertreterin der CDU/CSU stimmte der Vorrednerin aus der Linksfraktion zu, dass es nach wie vor zu wenige Frauen in Spitzenpositionen gebe. "Exzellente Wissenschaft kann es nur geben, wenn alle zum Zuge kommen", sagt die Bundestagabgeordnete der Union. Den Antrag der Linken kritisierte sie jedoch. Viele im Antrag aufgeführte Initiativen seien schon ins Rollen gekommen. Zudem sei sie nicht dafür mit Sanktionen zu arbeiten, sondern wolle mit Belohnung und Prämien mehr Gleichstellung erreichen. Ferner sprach sie sich für die Ausweitung des Professorinnenprogramms aus.

Auch die Rednerin der SPD stimmte dem Grundanliegen der Linken zu. Den Antrag der Linken kritisierte hingegen. Er gleiche eher einem Rundumschlag aus der Kategorie: Wünsch dir was. Zudem würden einige rechtliche Voraussetzungen keinen Widerklang im Antrag finden; beispielsweise werde zu wenig Rücksicht auf die Autonomie der Hochschulen gelegt. Ferner unterstrich sie, dass sie es sehr bedaure, dass die Koalition aus CDU/CSU und SPD keinen eigenen Antrag zustande gebracht habe. "An mir liegt es nicht, aber die Union sah sich außerstande", sagte sie an die Kollegen von der CDU/CSU gerichtet.

Der Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen unterstrich ebenfalls, dass es bemerkenswert sei, dass die Große Koalition zu dem Punkt eine ganze Legislaturperiode lang nichts vorgelegt habe. "Die Union hinkt der gesellschaftlichen Realität stets 20 Jahre hinterher", sagte der Bundestagsabgeordnete. Das könne man auch bei dem Thema "Ehe für alle" und eben auch bei der Geschlechtergerechtigkeit sehen. "Wenn wir so weiter machen wie bisher, wird es die Geschlechterparität erst 2050 geben", rechnete der Bundestagsabgeordnete vor. In vielen Punkten lobte er den Antrag der Linken, stimmte anderen Punkten nicht zu und nannte unter anderem die Forderung nach Entfristung oder Neuschaffung von 100.000 Stellen, so wie die Linke sie fordert, ambivalent. Er verwies auf einen eigenen Antrag mit dem Titel "Wissenschaftsfreiheit fördern, Geschlechterforschung stärken, Gleichstellung in der Wissenschaft herstellen" in dem die Grünen unter anderem einen Anteil von 40 Prozent Frauen in der Wissenschaft fordern.

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3. Einfachere Produktblätter zumeist begrüßt

Finanzen/Anhörung

Berlin: (hib/HLE) Wertpapierexperten haben die Absicht der Koalition, mit vereinfachten Produktinformationsblättern die Aktienkultur in Deutschland zu fördern, überwiegend positiv beurteilt. In einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Mittwoch zu dem von der Bundesregierung eingebrachten "Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte" (Zweites Finanzmarktnovellierungsgesetz - 18/10936) begrüßte das Deutsche Aktieninstitut den als Änderungsantrag zum Gesetzentwurf vorliegenden Vorschlag der Koalition, ein standardisiertes Produktinformationsblatt einzuführen. Dieses könne es kleinen Banken erleichtern, wieder in Einzelaktien zu beraten. "Dies wäre ein wesentlicher Beitrag zur Aktienkultur in Deutschland", so das Institut. Auch Professorin Dörte Poelzig (Universität Passau) begrüßte den Vorschlag grundsätzlich, "da die Schutzbedürftigkeit der Privatanleger bei der Anlageberatung zu Aktien, die an einem organisierten Markt gehandelt werden, im Vergleich zu anderen Finanzinstrumenten geringer ist". Das Informationsbedürfnis der Anleger beschränke sich im Wesentlichen auf Risiken, Chancen und Rechte, die allgemein mit Aktien und nicht mit dem konkret empfohlenen Einzelwert verbunden seien.

Dagegen steht die Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz einem "Gattungs-Produktinformationsblatt" "eher kritisch" gegenüber, da nur allgemeine Informationen gegeben würden und auf die spezifischen Merkmale einer Aktie nicht eingegangen werde. Die Schutzvereinigung schlug die Einrichtung eines elektronischen Registers mit Produktinformationsblättern vor, so dass auch selbst entscheidende Anleger jederzeit die gewünschten Informationen zu den verschiedensten Finanzprodukten an einem einzigen Ort abrufen könnten.

Auch ein anderes Ziel des Gesetzentwurfs, das bisherige Beratungsprotokoll für Anleger durch eine Geeignetheitserklärung zu ersetzen, wurde unterschiedlich beurteilt. In der Erklärung muss erläutert werden, wie die Beratung auf Präferenzen, Anlageziele und andere Merkmale des Kunden abgestimmt wurde. Die bisherigen Beratungsprotokolle seien eher hinderlich gewesen und hätten zudem dazu geführt, dass sich die Beweissituation von fehlerhaft beratenen Anlegern verschlechtert habe, so die Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz.

Rechtsanwalt Peter Mattil erklärte: "Die Aufgabe des Beratungsprotokolls halten wir für falsch." Wenn der Kunde vom Unternehmen informiert werde, dass die empfohlene Anlage für ihn geeignet sei, "wird er beruhigt sein und keinen Anlass sehen, den genauen Inhalt der Geeignetheitserklärung zu prüfen". Und der Berater werde dazu verleitet, die Angaben des Kunden im Beratungsgespräch und dessen Ablauf in der für ihn günstigen Weise darzustellen, betonte Mattil, der auch die Aufzeichnung von Telefongesprächen durch die Berater als "unpraktikabel" ablehnte. Dagegen stellte die Deutsche Kreditwirtschaft, der Zusammenschluss der Bankenverbände, fest, mit der Regelung zur Sprachaufzeichnung "können wir leben". Die Sprachaufzeichnungspflicht beginnt, wenn das Gespräch auf relevante Sachverhalte kommt.

Der Bundesverband Deutscher Vermögensberater begrüßte die Geeignetheitserklärung wiederum, die zu einer "nicht minder wertvollen Dokumentation für die Anleger" führe. "Wir sind daher optimistisch, dass mit diesem Wechsel das flächendeckende Angebot der Anlageberatung gestärkt wird und damit auch ein Mehrwert für den Anlegerschutz erreicht werden kann", so die Organisation. Die deutsche Kreditwirtschaft regte in ihrer Stellungnahme mehrere Änderungen im Zusammenhang mit der Geeignetheitserklärung an.

Der Fondsverband BVI schlug unter anderem vor, Fondsanteile aus der Bemessungsgrundlage für die Umlage für die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) herauszunehmen, da ein Großteil der damit abzudeckenden Aufsichtspflichten bei Fondsanteilen nicht anfalle. Die BaFin finanziert sich durch diese Umlage, die von den beaufsichtigten Firmen aufgebracht werden muss. In Deutschland ansässige Unternehmen würden benachteiligt, da die Bestimmung auf in Deutschland vertriebene Fonds aus dem EU-Ausland keine Anwendung finde, so der Fondsverband, der auch Änderungen bei den Anlegerinformationen anregte. Mehrere nebeneinander bestehende Informationspflichten würden sonst zu widersprüchlichen Anlegerinformationen führen, "die den Verbraucherschutz nicht steigern, sondern im Gegenteil reduzieren".

Grundsätzliche Änderungen verlangte die Verbraucherzentrale (Bundesverband) und empfahl, innerhalb von fünf Jahren eine Abkehr von der Provisionsberatung vorzunehmen. Der Ausstieg aus der heute üblichen Provisionsberatung sei mit Blick auf die Schäden für Verbraucher und die resultierenden volkswirtschaftlichen Schäden unausweichlich. Die Übergangsfrist gebe den Filialbanken Zeit, ihre wirtschaftliche Abhängigkeit von Provisionserlösen zu verringern "und gesamtgesellschaftlich tragfähige Geschäftsmodelle zu entwickeln". Der Versuch, die unabhängige Beratung durch das "Honoraranlageberatergesetz" zu stärken, sei eine "Totgeburt" gewesen. Das Gesetz habe keine Alternativen am Markt etabliert. Mattil schilderte in seiner Stellungnahme einen Fall, in dem von einer Investitionssumme von 50.000 Euro direkt 10.000 Euro als Provision abgezogen worden seien. Bei Schiffsfonds oder Medienfonds lägen ihm Nachweise über Provisionen von 25 Prozent vor, so der Anwalt.

Ein anderer Aspekt des Gesetzes, durch Beschränkungen bei Derivaten die Spekulationen mit Nahrungsmitteln zu begrenzen, stieß auf Kritik. Die Organisation "Brot für die Welt" bezeichnete die vorgesehenen Maßnahmen als nicht ausreichend, um diese Spekulationen zu begrenzen.

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4. 232 Millionen Euro für Tabakvermarktung

Ernährung und Landwirtschaft/Antwort

Berlin: (hib/EIS) Knapp 232 Millionen Euro wurden im Jahr 2015 für Werbung, Promotion und Sponsoring zur Vermarktung von Tabakerzeugnissen in Deutschland ausgegeben. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung (18/11368) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/11063) hervor, die sich auf Angaben des Deutschen Zigarettenverbandes an die Drogenbeauftragte der Bundesregierung stützt. Weiter heißt es in der Antwort auf Grundlage des Tabakatlas Deutschland 2015 des Deutschen Krebsforschungszentrums (dkfz), dass die Krankheitskosten durch das Rauchen auf insgesamt 22,76 Milliarden Euro zu beziffern seien. Auf Grundlage einer Schätzung des Krebsforschungszentrums wird für das Jahr 2013 von rund 121.000 Todesfällen aufgrund des Rauchens ausgegangen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 143 - 8. März 2017 - 14.41 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. März 2017

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