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BUNDESTAG/6639: Heute im Bundestag Nr. 392 - 22.06.2017


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 392
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 22. Juni 2017, Redaktionsschluss: 10.24 Uhr

1. Disput um Zwei-Staaten-Lösung
2. Grüne: Sohlerosion der Elbe stoppen
3. Mehr Anstrengungen beim Klimaschutz
4. Ermittlungen zum sogenannten Laserman
5. Beteiligung an ÖPP-Projekt erfragt
6. Lobbying in der Verkehrspolitik


1. Disput um Zwei-Staaten-Lösung

Menschenrechte/Anhörung

Berlin: (hib/HLE) Die Lage der Menschenrechte in Israel und den Palästinensischen Autonomiegebieten wird von Experten kontrovers beurteilt. In einer Anhörung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe am Mittwoch entzündete sich die Diskussion der Experten vor allem an der Frage der Zwei-Staaten-Lösung sowie an der Blockade des Gazastreifens und der Lage in den israelisch besetzten Gebieten im Westjordanland. "Das Gros der Menschenrechtsverletzungen gibt es in den palästinensischen Gebieten und resultiert in der auf Dauer angelegten militärischen Besatzung", sagte Muriel Asseburg (Stiftung Wissenschaft und Politik). Israel verletzte hier etwa durch Einschränkung der Bewegungsfreiheit, Anwendung der Militärjustiz für Palästinenser, der häufigen Verhängung von Administrativhaft und der Zerstörung von Häusern bürgerliche, wirtschaftliche und soziale Rechte. Ein weiterer Grund für Menschenrechtsverletzungen sei die innerpalästinensische Spaltung von Fatah und Hamas. Weder im Westjordanland, noch im Gaza-Streifen hätten die Regierungen politische Legitimation, in beiden Gebieten gebe es keine Gewaltenteilung, sagte Asseburg.

Michael Borchard, Leiter des Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Israel, erinnerte daran, dass Israel als einziger Demokratie in der Region bei Pluralität, Meinungs- und Redefreiheit, Wahlrecht regelmäßig ein "gutes bis sehr gutes Zeugnis" ausgestellt werde. Allerdings lasse sich dieser "hohe Grundrechtsstandard" nur halten, wenn Israel auf die Zwei-Staaten-Lösung als "einzig gangbare Lösung" setze. Borchard warb dafür, dass die internationale Gemeinschaft Israel bei diesem Ziel weiter unterstützen solle: "Jedes Zaudern und Zögern" werde im äußerst rechten politischen Spektrum in Israel instrumentalisiert. Borchard bekräftigte, dass es nach wie vor in Umfragen eine Mehrheit für die Zwei-Staaten-Lösung gebe, dass Misstrauen auf beiden Seiten aber groß sei.

Jeff Halper (Israeli Commitee Against House Demolitions, ICAHD) hingegen sagte, dass die Zwei-Staaten-Lösung längst "vom Tisch" sei. Es gebe heute de facto ein Land zwischen Mittelmeer und Jordan mit einer Armee, einer Währung und einer Regierung. 800.000 Israelis lebten heute in "besetzten Gebieten". Offiziell nenne Israel diese Siedlungen im Westjordanland "umstrittene" oder "verwaltete Territorien" und leugne damit, "dass es eine Besatzungsmacht" sei. Halper kritisierte, dass Israel mit der faktischen Verabschiedung der Zwei-Staaten-Lösung auf dem Weg in die "Apartheid" sei. Er forderte, dass die internationale Gemeinschaft Israel auf einem Weg zu einem "multikulturellen Staat" unterstützen solle: "Einen jüdischen Staat kann man nicht haben, wenn man keine Zwei-Staaten-Lösung will."

In genau diesem Punkt widersprach Kerstin Müller (Leiterin des Büros der Heinrich-Böll-Stiftung in Tel Aviv) vehement: Wer einen "multikulturellen Staat" Israel fordere, verabschiede sich von Gründungsidee und Anspruch eines jüdischen, demokratischen Staates. Das Land sei eine stabile Demokratie mit einer "sehr, sehr lebendigen Zivilgesellschaft", einer bunten Medienlandschaft, einer funktionierenden Justiz mit einem "Supreme Court" als "Leuchtturm". Als "Stachel im Fleisch" und "harte Bewährungsprobe für den Kernstaat" Israel bezeichnete Müller die "Besatzung der Westbank", die unter anderem zur Folge habe, dass für jüdische Siedler ziviles Recht, für die dort lebenden knapp drei Millionen Palästinenser hingegen Militärrecht gelte. Müller wandte sich allerdings gegen die Vorstellung, dass ein Ende der Besatzung von heute auf morgen möglich sei, wenn Israel das nur wolle. "Der israelisch-palästinensische Konflikt ist eine Geschichte der verpassten Möglichkeiten" auf beiden Seiten.

Auch Jonathan Heuberger, Rechtsanwalt und Experte für Völkerrecht und Völkerstrafrecht, warb dafür, an der Zwei-Staaten-Lösung festzuhalten und betonte, dass auch Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu, sich in den vergangenen Jahren mehrfach zu dieser bekannt habe. Alternativen zu dieser Lösung würden den "Charakter Israels als demokratischer, jüdischer Staat" unterminieren. Heuberger ging unter anderem auf ein umstrittenes Gesetz ein, das Arbeit und Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen (NGO) in Israel regelt und über das unter dem Gesichtspunkt einer Einschränkung der Zivilgesellschaft auch im Ausland diskutiert wurde. Bei aller Kritik daran stelle sich in der Tat die Frage, inwieweit es sich noch um Nichtregierungsorganisationen handle, wenn diese mehr als 50 Prozent ihrer Finanzierung von ausländischen staatlichen Stellen erhielten. Heuberger hob dabei hervor, dass es in Israel - "Insel der Stabilität, der Sicherheit und der Demokratie"- mehr NGOS gebe als im gesamten Nahen Osten.

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2. Grüne: Sohlerosion der Elbe stoppen

Verkehr und digitale Infrastruktur/Antrag

Berlin: (hib/HAU) Um die Sohlerosion zu stoppen muss aus Sicht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ein "ökologisches Gesamtkonzept Elbe" auf den Weg gebracht werden. Das geht aus einem Antrag (18/12787) hervor, der am Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestags steht. Darin wird die Bundesregierung unter anderem aufgefordert, unabhängig von ihrem eigenen Gesamtkonzept Elbe (18/11830) schnellstmöglich Maßnahmen zu ergreifen, die die Sohlerosion der Elbe stoppen und umkehren und keine Maßnahmen umzusetzen, deren Auswirkungen auf die Sohlerosion nicht bekannt sind. Außerdem solle sie ein quantifizierbares Ziel zur Umkehr der Sohlerosion und anderer naturschutzrelevanter Zielstellungen verabschieden und im Gesamtkonzept Elbe festschreiben.

In der Vorlage schreiben die Grünen, die Elbe sei eine der letzten verbliebenen naturnahen Flusslandschaften Mitteleuropas. Die Elbauen zeigten sich vielfältig. Moore, Binnendünen, Geestkanten, Auenwälder, Wiesenlandschaften und Altarme prägten die Landschaft. "Diese außergewöhnliche Naturlandschaft ist eine Achse der Biodiversität, Hotspot der Artenvielfalt, Heimat unzähliger seltener Tier- und Pflanzenarten und von internationaler Bedeutung für die Biodiversität", heißt es in dem Antrag.

Festzustellen sei jedoch, dass Klimaveränderungen, Sohlerosion, Baumaßnahmen und Niedrigwasserstände das wertvolle Ökosystem der Elbelandschaft bedrohten. Besonders problematisch seien die Ausbau- und Unterhaltungsmaßnahmen an der Elbe. Eine tatsächliche Mindesttiefe der Fahrrinne von durchgängig 1,60 m sei trotz großer baulicher Anstrengungen und einem Mitteleinsatz von 392 Millionen Euro verfehlt worden, schreiben die Abgeordneten. Schwankende Abflüsse und insbesondere langanhaltende Niedrigwasser erlaubten keine garantierten Tauchtiefen und damit keinen planbaren Schiffsverkehr.

Stattdessen hätten die Maßnahmen die weitere Sohlerosion angetrieben. Seit weit mehr als einhundert Jahren tiefe sich die Mittelelbe abschnittsweise pro Jahr um bis zu zwei Zentimeter ein, heißt es in der Vorlage. Durch die Erosion entferne sich der Wasserspiegel des Flusses stetig von der Aue, wodurch der Feuchtlebensraum Aue immer weiter auszutrocknen drohe. "Dies hat neben negativen Folgen für die Biodiversität auch für die Infrastruktur, die Landwirtschaft und den Tourismus sowie die Schifffahrt existentielle Auswirkungen", warnen die Grünen.

Von der Bundesregierung fordern sie daher, sich weiterhin zum Ausbaumoratorium an der Elbe zu bekennen. Die Regierung müsse anerkennen und verdeutlichen, "dass Mindestfahrrinnentiefen der Elbe angesichts von fortschreitenden Klimaveränderungen, Niedrigwasserjahren und Sohlerosion angestrebt aber nicht garantiert werden können". In Gesprächen mit Vertretern Tschechiens müsse sie zudem deutlich machen, dass die Zielstellung des Gesamtkonzepts Elbe nicht mit dem Bau weiterer Staustufen an der bereits gestauten und verbauten Elbe in Tschechien kompatibel und dass eine Angleichung der Befahrbarkeit unmöglich sei.

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3. Mehr Anstrengungen beim Klimaschutz

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Antrag

Berlin: (hib/SCR) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert von der Bundesregierung verstärkte Anstrengungen beim Klimaschutz, um das Klimaziel 2020 zu erreichen. In einem Antrag (18/12796) schreiben die Abgeordneten, dass das avisierte Ziel einer Reduktion von 40 Prozent mit einem "Notfallprogramm" noch erreicht werden könne. Aktuell beträgt die Reduktion des CO2-Ausstoßes gegenüber 1990 rund 25 Prozent. Der Antrag wird am Donnerstag erstmalig im Plenum beraten.

Die Grünen fordern unter anderem die Einführung eines Klimaschutzgesetzes mit einem Reduktionsplan für alle Sektoren bis 2050. Zudem verlangen die Abgeordneten, die "20 schmutzigsten Kohlekraftwerke unverzüglich vom Netz" zu nehmen. Auch beispielsweise beim Ausbau der Erneuerbaren, im Verkehrssektor und in der Landwirtschaft sehen die Grünen Nachbesserungsbedarf und schlagen entsprechende Maßnahmen vor.

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4. Ermittlungen zum sogenannten Laserman

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Um "Ermittlungen zum sogenannten Lasermann als Blaupause für den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU)" geht es in der Antwort der Bundesregierung (18/12724) auf eine Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (18/12532). Wie die Fraktion darin ausführte, benutzte der deutsch-schwedische Staatsbürger John W. A. Ausonius, der im Zeitraum vom August 1991 bis Januar 1992 in Schweden zehn Mordanschläge auf insgesamt elf Migranten verübt habe, für seine Anschläge ein Gewehr mit Laservorrichtung, weshalb er in der schwedischen Öffentlichkeit als "Laser Man" bezeichnet worden sei.

Wissen wollte die Fraktion unter anderem, ob deutsche Ermittlungsbehörden nach Kenntnis der Bundesregierung im Weg der Amtshilfe Kontakt zu schwedischen Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden "in Bezug auf die Aufenthaltsorte und Kontaktpersonen des John Ausonius in Deutschland" hatten. Wie die Bundesregierung dazu darlegt, hat das Bundesamt für Verfassungsschutz im Februar 2012 eine Erkenntnisanfrage an eine schwedische Sicherheitsbehörde zu John Ausonius gerichtet. Diese Anfrage habe "keine weiterführenden Erkenntnisse erbracht".

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5. Beteiligung an ÖPP-Projekt erfragt

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HAU) Für die konkrete Ausgestaltung des ÖPP-Projektes (Öffentlich-Private Partnerschaft) "Ausbau und Betrieb des A7-Teilstücks zwischen der Anschlussstelle (AS) Göttingen und der AS Bockenem" interessiert sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. In einer Kleinen Anfrage (18/12642) wollen die Abgeordneten von der Bundesregierung unter anderem wissen, an welches Konsortium der Streckenabschnitt vergeben wurde, und welche Unternehmen nach Kenntnis der Bundesregierung an dem Konsortium beteiligt sind. Auskunft wollen die Grünen auch darüber, an welchen anderen ÖPP-Projekten im Fernstraßenbau innerhalb Deutschlands die beteiligten Unternehmen - oder deren Mutterkonzerne - nach Kenntnis der Bundesregierung bereits beteiligt sind, und welches finanzielle Auftragsvolumen diese Projekte jeweils haben.

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6. Lobbying in der Verkehrspolitik

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HAU) "Lobbying im Kontext der Bundesfernstraßengesellschaft" überschreibt die Fraktion Die Linke eine Kleine Anfrage (18/12499). Nach Ansicht der Fraktion würden viele Vorgänge in der Verkehrspolitik die Frage nach dem Einfluss der Automobilindustrie und anderer Akteure auf die Politik aufwerfen. Vor diesem Hintergrund wird die Bundesregierung gefragt, in welche von ihr in dieser Legislaturperiode berufenen Kommissionen und Gremien Vertreter der in der Anfrage aufgeführten Unternehmen aus der Versicherungswirtschaft, der Bauwirtschaft sowie dem Bereich der Gesellschafter des Mautbetreibers Toll Collect berufen wurden.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 392 - 22. Juni 2017 - 10.24 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Juni 2017

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