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BUNDESTAG/7314: Heute im Bundestag Nr. 464 - 27.06.2018


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 464
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 27. Juni 2018, Redaktionsschluss: 15.42 Uhr

1. Bayer-Monsanto-Fusion begrüßt
2. Regierung billigt DW-Aufgabenplanung
3. Linke: Mehr VN-Mittel gegen Hunger
4. Blockade im VN-Sicherheitsrat überwinden
5. Erinnerungspolitik zur Fußball-WM
6. Knapp 13.000 Asylanträge von Jesiden
7. Zugriff auf Cloud-Daten


1. Bayer-Monsanto-Fusion begrüßt

Wirtschaft und Energie/Anhörung

Berlin: (hib/WID) Die Forderung der Grünen, bei kartellrechtlichen Entscheidungen auf europäischer Ebene auch außerwirtschaftliche Maßstäbe zwingend zu berücksichtigen, stößt bei Ökonomen und Juristen auf Vorbehalte. Dies wurde am Mittwoch in einer Expertenanhörung des Wirtschaftsausschusses deutlich, in der es um die Kritik der Grünen an der Genehmigung der Fusion des deutschen Chemieriesen Bayer mit dem amerikanischen Saatguthersteller Monsanto durch die EU-Kommission im vergangenen März ging. Ein entsprechender Antrag der Fraktion Bündnis90/Die Grünen (19/1654) zielt unter anderem darauf ab, dass künftig in Fusionskontrollverfahren auch Umweltschutzaspekte grundsätzlich zu beachten sind.

In der Anhörung zeigte sich die Mehrzahl der geladenen Experten von dieser Idee nicht überzeugt und warnte vor einer Vermischung wettbewerblicher mit anderen Kriterien im Kartellrecht. Der Düsseldorfer Rechtswissenschaftler Rupprecht Podszun erinnerte an Artikel 2 der europäischen Fusionskontrollverordnung, in dem als alleiniger Prüfungsmaßstab die Frage festgehalten sei, ob ein Firmenzusammenschluss "erhebliche Behinderungen" eines "wirksamen Wettbewerbs" befürchten lasse.

Im Kartellrecht gehe es ausschließlich um das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage, betonte Podszun, und nannte es "extrem schwer", die programmatischen Sätze der europäischen Verträge, etwa das allgemeine Bekenntnis zu Nachhaltigkeit oder Umweltschutz, mit den "fein ziselierten" Kriterien der Fusionskontrolle in Einklang zu bringen. Zumindest bedürfe es "klarer Maßstäbe", um außerwirtschaftliche Gesichtspunkte in gerichtsfester Weise ins Kartellrecht zu integrieren: "Die sehen ich im Moment nicht", meinte Podszun. Vor einer "Überfrachtung des Kartellrechts warnte auch der an der Berliner Humboldt-Universität lehrende Jurist Maik Wolf. Ein idealer Ausgleich zwischen wettbewerblichen und außerwettbewerblichen Aspekten sei in solchen Verfahren "kaum realistisch darstellbar".

Der Präsident des Bundeskartellamts Andreas Mundt sprach sich dafür aus, die strikte Trennung juristischer und politischer Kompetenzen und Entscheidungsebenen im Kartellrecht beizubehalten. Diesem seien bereits jetzt wettbewerbsfremde Kriterien nicht ganz fremd. In den meisten Ländern kenne das Wettbewerbsregime auch "politische Ventile", in Deutschland etwa das Instrument der Ministererlaubnis, das eine Behördenentscheidung aushebeln könne. Ein solches Instrument sei aber auch nur auf Regierungsebene korrekt angesiedelt. Eine Behörde sei mit einer politischen Abwägung überfordert, meinte Mundt.

Der Düsseldorfer Wirtschaftswissenschaftler Justus Haucap wies darauf hin, dass die Unternehmenskonzentration in Europa weit weniger fortgeschritten sei als etwa in den USA. Das lasse darauf schließen, dass das europäische Fusionkontollrecht in seiner herkömmlichen Form funktioniere "Ich habe großes Vertrauen in die Arbeit der EU-Kommission", sagte Haucap. Auch er warnte davor, Behördenentscheidungen mit politischen Anliegen zu überlagern. Dies sei "weit entfernt von demokratischer Legitimation".

Abweichend von der Mehrheitsmeinung argumentierte der Frankfurter Wirschaftsanwalt Kim Manuel Künstner. Er machte geltend, dass in den europäischen Verträgen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU eine Ausnahmestellung zugewiesen sei. Als einziger Politikbereich genieße sie Vorrang vor allen anderen, auch vor dem Ziel eines ordnungsgemäßen Wettbewerbs. Dies habe der Europäische Gerichtshof in seiner Rechtsprechung immer wieder bekräftigt. Mit der Bayer-Monsanto-Entscheidung habe die EU-Kommission den Vorrang der Agrarpolitik außer Acht gelassen.

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2. Regierung billigt DW-Aufgabenplanung

Kultur und Medien/Unterrichtung

Berlin: (hib/AW) Die Bundesregierung begrüßt den vom Auslandssender Deutsche Welle (DW) vorgelegten Entwurf seiner Aufgabenplanung für die Jahr 2018 bis 2021 (19/379). Die Aufgabenplanung benenne "die richtigen Ziele und die dazu notwendigen Maßnahmen", heißt es in der entsprechenden Stellungsnahme der Regierung (19/2698). Die Deutsche Welle liefere eine zutreffende Analyse der weltweit politischen und medienpolitischen Lage und setze hinsichtlich der Weiterentwicklung ihres Programms als auch der technischen Umsetzung die richtigen Schwerpunkte.

Nach Ansicht der Bundesregierung steht die Deutsche Welle weltweit für "objektive und qualitativ hochwertige Berichterstattung". Ihr Programm biete insbesondere in Krisenregionen und in Zeiten gezielter Desinformation und Propaganda einen Zugang zu unabhängigen Informationen und trage so zur Meinungs- und Pressefreiheit bei. Mit der DW Akademie verfüge der Auslandssender zudem über eine Einrichtung zur Aus- und Fortbildung von Medienschaffenden in aller Welt, vor allem aus Entwicklungs- und Transformationsländern.

Die Bundesregierung begrüßt, dass die Deutsche Welle den Fokus auf die Weltsprache Englisch als wichtigste Programmsprache legt und die englischsprachige Breaking-News-Fähigkeit im TV-Programm weiter ausbauen möchte, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Senders zu erhalten. Zudem unterstützt die Regierung das Vorhaben, ein türkischsprachiges TV-Programm anzubieten. Allerdings müsse die Verbreitung der deutschen Sprache gemäß des gesetzlichen Auftrages weiterhin ein Schwerpunkt im Angebot des Senders sein.

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3. Linke: Mehr VN-Mittel gegen Hunger

Auswärtiges/Antrag

Berlin: (hib/AHE) Die Fraktion Die Linke setzt sich dafür ein, die Ausgaben der Vereinten Nationen für Hungerbekämpfung, friedliche Konfliktbearbeitung und zivile Krisenprävention deutlich aufzustocken. In einem Antrag (10/2980) fordern die Abgeordneten die Bundesregierung auf, Waffenexporte an Länder, die das Völkerrecht brechen, zu stoppen, den Beitritt Deutschlands zum Atomwaffensperrvertrag vorzubereiten und sich vom Nato-Ziel loszusagen, zwei Prozent des Bruttoinlandproduktes für Rüstungs- und Verteidigungsausgaben aufzuwenden.

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4. Blockade im VN-Sicherheitsrat überwinden

Auswärtiges/Antrag

Berlin: (hib/AHE) Nach dem Willen der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD soll sich Deutschland für eine verbesserte Zusammenarbeit des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen mit der Peacebuilding-Kommission sowie dem Menschenrechtsrat und seinen Mechanismen einsetzen, um Prävention, Konfliktbewältigung und Friedenskonsolidierung im VN-System zu befördern. In einem Antrag (19/2982) fordern die Abgeordneten die Bundesregierung unter anderem auf, den Sitz im VN-Sicherheitsrat 2019 und 2020 als nichtständiges Mitglied zu nutzen, um "frühzeitig und regelmäßig bestehende und entstehende Krisen sowie die Entwicklungen im Nahen Osten, in Afrika, Südamerika und in Asien zu diskutieren, sich dazu eng mit den ständigen Sicherheitsratsmitgliedern (P5) und der Gruppe der gewählten Mitglieder (E10) abzustimmen". Es müsse außerdem darum gehen, dazu beizutragen, die aktuelle Blockade im Sicherheitsrat zum Konflikt in Syrien zu durchbrechen und sich für eine VN-Blauhelmmission für den Konflikt in der Ukraine einzusetzen. Weitere Forderungen zielen auf eine breitere Finanzierungsbasis und Weiterentwicklung der Qualität der humanitären Hilfe sowie auf Initiativen zu Konfliktprävention, zu globalen Auswirkungen des Klimawandels, zur VN-Resolution 1325 "Frauen, Frieden und Sicherheit", zur Terrorismusbekämpfung sowie zur Stärkung und Ausweitung von Rüstungskontrollregimen. Ein weiterer Aspekt soll das Thema globale Gesundheit im Kontext internationaler Sicherheit sein. "Insbesondere globale Gesundheitsrisiken sollen künftig effizienter eingedämmt und auf Pandemien besser reagiert werden", schreiben die Abgeordneten.

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5. Erinnerungspolitik zur Fußball-WM

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/AHE) Die Bundesregierung begrüßt die vom deutschen und russischen Fußballverband organisierte "deutsche-russische Fußballwoche" im Mai dieses Jahres als wichtiges erinnerungspolitisches Projekt im Vorfeld der Fußball-Weltmeisterschaft. "Die Auswahl des Ortes - Wolgograd - und des Zeitpunkts - 6. bis 10. Mai 2018 - waren erinnerungspolitisch motiviert", heißt es in der Antwort (19/2548) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/2122). Am 8. Mai 2018 hätten die U18-Nationalmannschaften beider Länder in der südrussischen Großstadt ein Spiel ausgetragen. "Von hoher Symbolik waren auch die gemeinsamen Kranzniederlegungen der deutschen und russischen Fußballspieler am 7. Mai 2018 sowie von DFB und RFV, dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge (VdK) und der Deutschen Botschaft Moskau an der zentralen Wolgograder Gedenkstätte Mamajew Kurgan (Mutter Heimat) am 8. Mai 2018."

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6. Knapp 13.000 Asylanträge von Jesiden

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/AHE) Ende 2017 sind nach Angaben Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 4.074 Asylverfahren von Asylbewerbern anhängig gewesen, die im Rahmen des Verfahrens als Religionszugehörigkeit "Jesidisch" angegeben haben. Wie aus der Antwort der Bundesregierung (19/2603) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/1942) hervorgeht, habe der überwiegende Teil der Antragssteller die irakische (2.058) oder die syrische (430) Staatsangehörigkeit gehabt. Insgesamt hätten im Jahr 2017 12.983 Personen beim BAMF einen Asylantrag gestellt, die als Religionszugehörigkeit "Jesidisch" angaben.

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7. Zugriff auf Cloud-Daten

Recht und Verbraucherschutz/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/MWO) Vor dem Hintergrund der von der EU geplanten Erweiterung eines geplanten Rechtsaktes, um direkt auf Daten von Internet-Dienstleistern auch aus den USA zugreifen zu können, fragt die Fraktion Die Linke nach der Haltung der Bundesregierung dazu. In einer Kleinen Anfrage (19/2941) wollen die Abgeordneten wissen, wie sie die Frage der Notwendigkeit eines Direktzugriffs europäischer Behörden auf Daten bei international tätigen Internetdienstleistern beurteilt. Ferner fragen sie unter Verweis auf Drucksache 19/1493, welche Möglichkeiten der grenzüberschreitenden Datenherausgabe unter Wahrung des geltenden Grundrechtsschutzniveaus überhaupt infrage kämen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 464 - 27. Juni 2018 - 15.42 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
Parlamentsnachrichten, PuK 2
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
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Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Juni 2018

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