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BUNDESTAG/7709: Heute im Bundestag Nr. 861 - 08.11.2018


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 861
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 8. November 2018, Redaktionsschluss: 16.38 Uhr

1. Zeugen ohne Erinnerung an Anis Amri
2. Föderrichtlinie bei EHAP-Projekten
3. Linke fragt nach Niedriglöhnen
4. AfD fragt nach Gesundheitskosten
5. AfD fragt nach Fachkräftemangel
6. Mindestlohn bei Alleinerziehenden
7. Europäisches Datenschutzrecht


1. Zeugen ohne Erinnerung an Anis Amri

1. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/WID) Vor dem 1. Untersuchungsausschuss ("Breitscheidplatz") haben zwei einstige Mitarbeiter des Berliner Landesamtes für Gesundheit und Soziales (Lageso) die Zustände geschildert, die in ihrer Behörde herrschten, als der spätere Attentäter Anis Amri dort vorstellig wurde. An Amri selber haben die Zeugen Michael Wolter und Jacqueline Wagner, wie sie in ihrer Vernehmung am Donnerstag betonten, freilich keinerlei persönliche Erinnerungen. Der Tunesier, der im Dezember 2016 am Berliner Breitscheidplatz den bislang opferreichsten radikalislamischen Anschlag in Deutschland verübte, hatte sich im Laufe des Vorjahres beim Lageso unter drei verschiedenen Namen als asylsuchend gemeldet. Am 28. Juli 2015 nannte er sich Mohammed Hassan, am 10. September Ahmad Zaghloul und am 11. Dezember Ahmad Zarzour.

Vermutlich sei er Amri damals gar nicht begegnet, obwohl die Registrierung des angeblichen "Mohammed Hassan" seine Unterschrift trage, sagte der 61-jährige und noch immer beim Berliner Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten beschäftigte Zeuge Wolter. Das überlastete Lageso habe damals zahlreiche Aushilfskräfte eingesetzt, die im Namen der zuständigen Sachbearbeiter die Personalien der Neuankömmlinge aufgenommen hätten. Allein sein Computer-Arbeitsplatz sei von etwa 20 weiteren Mitarbeitern genutzt worden. Auch die 28-jährige Zeugin Wagner erklärte, sie habe keine Ahnung gehabt, dass ihr möglicherweise einmal der spätere Attentäter vom Breitscheidplatz über den Weg gelaufen war. Dies sei ihr erst kürzlich bewusst geworden, als sie die Einladung des Untersuchungsausschusses in Händen hielt.

Wolter betonte, es sei damals weder technisch noch organisatorisch machbar gewesen, Angaben von Asylbewerbern zu ihrer Identität zu überprüfen. Fingerabdrücke hätten im Lageso nicht elektronisch, sondern nur auf Papier abgenommen werden können. Damit sei die Möglichkeit eines automatisierten Abgleichs entfallen. Auch wenn im Laufe eines Gesprächs der Übersetzer darauf hingewiesen hätte, dass ein Bewerber möglicherweise aus einem anderen Land stammte als er glauben machen wollte, wäre das für die Ersterfassung ohne Bedeutung gewesen: "Wenn jemand sagt, er heißt so und so und kommt aus dem und dem Land, habe ich das erstmal hinzunehmen."

Bis heute sei es nicht üblich, bereits bei der Erstaufnahme Hinweisen nachzugehen, dass der Akzent eines Bewerbers möglicherweise nicht zu der Region passt, aus der zu stammen er behauptet. Dafür sei im Prinzip das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zuständig: "Ich als Sachbearbeiterin kann die Entscheidung nicht treffen, ob jemand aus Tunesien oder Ägypten kommt. Man wollte sich auch nicht unbedingt mehr Arbeit machen als unbedingt nötig." Dank der mittlerweile erfolgten technischen Nachrüstung der Behörden sei es heute allerdings kaum noch denkbar, dass jemand wie damals Amri unter verschiedenen Identitäten durchs Land reist, sich mehrfach als Asylbewerber meldet und mehrfach Leistungen kassiert. So sei der elektronische Fingerabdruck inzwischen auch in Berlin Standard, sagte Wolter.

Die damaligen Arbeitsbedingungen im Lageso nannte er wie auch Wagner übereinstimmend "katastrophal". Bereits seit 2013 sei ein wachsender Bewerberandrang festzustellen gewesen. Erst Anfang 2016 sei die Welle plötzlich verebbt. Auf dem Höhepunkt der Krise hätten dann kaum noch Regeln der Sorgfalt gegolten, sondern nur noch das Kriterium, "so schnell wie möglich so viel wie möglich abzuarbeiten", sagte Wagner.

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2. Föderrichtlinie bei EHAP-Projekten

Arbeit und Soziales/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/CHE) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat eine Kleine Anfrage (19/5380) zu Veränderungen der Förderrichtlinie zur Umsetzung von EHAP-Projekten gestellt. Darin fragt sie die Bundesregierung unter anderem, wie viele Interessenbekundungen es für die erste Förderrunde im Rahmen des Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen (EHAP) gegeben hat.

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3. Linke fragt nach Niedriglöhnen

Arbeit und Soziales/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/CHE) Die Fraktion Die Linke hat eine Kleine Anfrage (19/5340) zu Niedriglöhnen in Deutschland gestellt. Sie fragt die Bundesregierung darin unter anderem nach der Anzahl sozialversicherungspflichtiger Vollzeitbeschäftigter, nach dem Median der monatlichen Bruttoarbeitsentgelte und nach der Zahl geringfügig Beschäftigter.

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4. AfD fragt nach Gesundheitskosten

Arbeit und Soziales/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/CHE) Für die Gesundheitskosten durch Ausländer ohne Aufenthaltsrecht und ohne Krankenversicherung interessiert sich die AfD-Fraktion in einer Kleinen Anfrage (19/5406). Die Bundesregierung soll unter anderem beantworten, wie oft die Träger der Sozialhilfe seit 2010 solche Gesundheitskosten erbringen mussten.

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5. AfD fragt nach Fachkräftemangel

Arbeit und Soziales/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/CHE) Eine Kleine Anfrage (19/5409) zum Fachkräftemangel hat die AfD-Fraktion gestellt. Sie fragt unter anderem danach, was die Bundesregierung unter einer Fachkraft versteht und wie der Fachkräftemangel festgestellt wird.

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6. Mindestlohn bei Alleinerziehenden

Arbeit und Soziales/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/CHE) Nach der Höhe des nötigen Mindestlohns zur Armutsbekämpfung bei Alleinerziehenden-Haushalten erkundigt sich die Fraktion Die Linke in einer Kleinen Anfrage (19/5341). Die Bundesregierung soll unter anderem mitteilen, wie hoch die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung maximal sein dürfen, damit bei einer alleinerziehenden Person mit einem Kind unter sechs Jahren, die Vollzeit arbeitet, der aktuelle Mindestlohn ausreicht, um die SGB-II-Bruttolohnschwelle zu erreichen.

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7. Europäisches Datenschutzrecht

Recht und Verbraucherschutz/Unterrichtung

Berlin: (hib/mwo) Der Bundesrat hat eine Reihe von Vorschlägen zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 im Strafverfahren sowie zur Anpassung datenschutzrechtlicher Bestimmungen an die Verordnung (EU) 2016/679 (19/4671) vorgelegt. Das geht aus einer Unterrichtung der Bundesregierung (19/5554) hervor. Mit dem Entwurf soll die EU-Richtlinie umgesetzt und das bereichsspezifische Datenschutzrecht an die Datenschutzgrundverordnung angepasst werden. Der Entwurf sieht unter anderem Änderungen in der Strafprozessordnung, im Einführungsgesetz zur Strafprozessordnung und im Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vor. Redaktionelle beziehungsweise bereichsspezifische Anpassungen sind in 21 Gesetzen und Verordnungen vorgesehen. Wie die Bundesregierung in der in ihrer Unterrichtung enthaltenen Gegenäußerung informiert, soll ein Teil der Vorschläge des Bundesrates im weiteren Gesetzgebungsverfahren geprüft werden. Anderen Vorschlägen stimmt sie nicht zu.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 861 - 8. November 2018 - 16.38 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. November 2018

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