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BUNDESTAG/8073: Heute im Bundestag Nr. 207 - 22.02.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 207
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Freitag, 22. Februar 2019, Redaktionsschluss: 09.22 Uhr

1. Berlins LKA-Chef übt Selbstkritik
2. Liberale wollen Gastgewerbe fördern
3. Energieversorgung von Belgien
4. Marktentwicklung bei Regelenergie
5. Kontakte zu Werbeagentur


1. Berlins LKA-Chef übt Selbstkritik

1. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/wid) Der Präsident des Berliner Landeskriminalamts (LKA), Christian Steiof, hat in seiner Vernehmung durch den 1. Untersuchungsausschuss ("Breitscheidplatz") bei den Angehörigen der Opfer des Terroranschlags an der Gedächtniskirche erneut um Verständnis geworben und zugleich scharfe Selbstkritik geübt. Steiof sprach am Donnerstag von "fatalen handwerklichen Fehlern" und "organisierter Verantwortungslosigkeit". Im Fall des Breitscheidplatz-Attentäters Anis Amri sei "alles schiefgegangen, was schiefgehen kann an Kooperation". Der heute 53-jährige Kriminalist leitet die Behörde seit Mai 2011.

Der Anschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt am 19. Dezember 2016 sei die "einschneidendste" Erfahrung in 35 Jahren seiner Berufslaufbahn gewesen, sagte Steiof. Er trage daran zwar keine Schuld in strafrechtlichem Sinne, jedoch eine "hohe persönliche moralische Mitverantwortung". Es mache ihn "auch wütend", in diesem Fall dem "Anspruch, den ich an mich selbst als Kriminalbeamter habe" ebenso wie seiner Vorstellung, "wie das LKA arbeiten sollte", nicht gerecht geworden zu sein. Den Angehörigen der Opfer sprach Steiof sein "ehrliches Mitgefühl" aus sowie "Respekt" für jene unter ihnen, die bis heute die "Stärke" aufbrächten, den Anhörungen der einschlägigen Untersuchungsausschüsse beizuwohnen und "es zu ertragen, was gesagt wird".

Steiof bestätigte, dass das Berliner LKA erstmals um den 20. November 2015 herum mit Amri indirekt in Berührung kam, als ein Hinweis auf einen angeblichen Attentatsplan einging, in den Bilal ben Ammar, ein enger Freund Amris, verwickelt gewesen sein sollte. Amri selbst sei dem Berliner LKA zu jenem Zeitpunkt noch kein Begriff gewesen. Erst Ende Dezember 2015 und in den Anfangstagen des Folgejahres habe "Anis aus Dortmund" in der Wahrnehmung schärfere Konturen gewonnen.

Am 12. Januar 2016, berichtete Steiof weiter, sei auf seinem Scheibtisch eine "Führungsinformation" gelandet, in der von Ben Ammar die Rede gewesen sei, aber auch von Amri. Über diesen habe es unter Berufung auf eine Quelle des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamts geheißen, er plane offenbar im Raum Berlin einen gemeinschaftlichen Raub, um Geld zu beschaffen für die Finanzierung eines Terroranschlags oder der Reisekosten von Islamisten, die als Kämpfer nach Syrien ziehen wollten. Am 24. Februar habe er diesen Sachverhalt in der wöchentlichen "Sicherheitslage" beim Innensenator vorgetragen und am 29. Februar eine weitere Führungsinformation erhalten, "wo Amri eine Rolle spielte". Danach habe er bis zum Attentat auf dem Breitscheidplatz von dem Mann nie wieder etwas gehört.

Üblich sei, die Behördenspitze zu unterrichten, wenn ein wichtiger neuer Fall oder in einem laufenden Vorgang eine neue Entwicklung zu melden sei. Mit Blick auf Amri sei offenbar während des ganzen Jahres 2016 diese Notwendigkeit im Berliner LKA nicht gesehen worden. Dabei hätte es rückblickend betrachtet durchaus Anlass gegeben, ihn zu informieren, als sich im Sommer 2016 Amris zunehmendes Engagement im Drogenhandel abzeichnete, meinte Steiof. Dass dies unterblieben sei, sei einer seiner "Kernkritikpunkte".

Steiof beklagte die mangelnde personelle Ausstattung seiner Behörde. Seit Jahren stehe die Arbeit im LKA im Zeichen der "Mangelverwaltung" mit der Folge, "dass man sehr häufig Prioritäten setzt". Es sei ein "fataler Fehler" gewesen, dass in den "Zeiten des absoluten Sparens" in Berlin in den Jahren nach 2000 die Polizei "extrem stark zusammengestrichen" worden sei.

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2. Liberale wollen Gastgewerbe fördern

Tourismus/Ausschuss

Berlin: (hib/wid) Die Liberalen im Bundestag sorgen sich um die Zukunft der deutschen Reiseverkehrsbranche. Unter dem Titel "Nationale Tourismusstrategie mittelstandsfreundlich gestalten" (19/7899) spricht sich die FDP-Fraktion in einem Antrag dafür aus, insbesondere kleine und mittlere Betriebe von bürokratischem Aufwand weiter zu entlasten. In einer Anfrage zur "Tourismusförderung in Deutschland" (19/7593) erkundigt sie sich überdies nach Mitteln und Wegen des Bundes und der Europäischen Union, das Gast- und Beherbergungsgewerbe zu unterstützen.

Die Verfasser des Antrages heben die volkswirtschaftliche wie auch gesellschaftliche Bedeutung des Tourismussektors hervor. Dieser trage 105,3 Milliarden Euro zur deutschen Wertschöpfung bei und liege mit einem Beschäftigungsanteil von 6,8 Prozent im Branchenvergleich an dritter Stelle. Nicht zuletzt sei das Gastgewerbe, wo 30 Prozent der Arbeitskräfte aus dem Ausland stammten, die internationalste Branche in Deutschland. Es leiste damit einen erheblichen Beitrag zur Integration von Zuwanderern, aber auch von "Menschen mit atypischer Bildungshistorie".

Prägend für die deutsche Tourismuswirtschaft seien kleine und mittlere Betriebe, die in besonderem Maße vom Fachkräftemangel wie auch von administrativen Anforderungen des Staates betroffen seien. Die Bewältigung bürokratischer Auflagen, darunter mehr als 20 Dokumentationspflichten, koste sie im Schnitt 13 Wochenstunden. Mittelständische Unternehmen hätten es zudem oftmals nicht leicht, an Fördermittel und Bankkredite zu gelangen. Für junge Menschen sei all dies keine Ermutigung, eine Zukunft im Gastgewerbe anzustreben und etwa den elterlichen Familienbetrieb zu übernehmen. So sei die Zahl der umsatzsteuerpflichtigen Schankwirtschaften seit zehn Jahren rückläufig: "Mit Sorge wird hier ein Verlust von Lebensqualität vorrangig in ländlichen Regionen wahrgenommen."

Um Abhilfe zu schaffen, setzen die Antragsteller auf beherzten Bürokratieabbau und empfehlen etwa, für jede neu eingeführte Regelung zwei bestehende zu streichen. Überdies wollen sie Dokumentationspflichten im Zusammenhang mit dem Mindestlohngesetz lockern und Vorschriften zur Arbeitszeit besser auf die Bedürfnisse des Gastgewerbes abstimmen.

Die Verfasser der Kleinen Anfrage zur Tourismusförderung beklagen eine "stark fragmentierte" und "sehr komplexe" Förderstruktur. Zuständig seien in erster Linie die Länder, die allein 24 verschiedene Anlaufstellen vorhielten. Aber auch die Europäische Union biete im Vierjahreszeitraum bis 2020 mehr als zehn Programme zur Tourismusförderung an. In der Bundesregierung seien mehrere Ressorts mit dem Thema befasst, in deren Haushalten sich die Mittel für direkte und indirekte Tourismusförderung 2019 auf knapp 1,5 Milliarden Euro summierten.

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3. Energieversorgung von Belgien

Wirtschaft und Energie/Antwort

Berlin: (hib/PEZ) Deutschland hat gemeinsam mit anderen Ländern Belgien Unterstützung bei der Energieversorgung zugesichert. Wie aus der Antwort (19/7642) auf eine Kleine Anfrage (19/7333) der FDP-Fraktion weiter hervorgeht, habn Deutschland und Belgien dazu im Oktober vergangenen Jahres eine Absichtserklärung (Memorandum of Understanding) verfasst. Auf dieser Basis seien zusammen mit Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich und der Schweiz konkrete Maßnahmen vereinbart worden, die in diesem Winter die Energieversorgung Belgiens absichern sollen. Übertragungsnetzbetreiber und Regulierungsbehörden hätten daran mitgearbeitet, erklärt die Bundesregierung. Bei den Maßnahmen geht es vor allem um ein frühzeitiges Erkennen von Versorgungsengpässen und darauf aufbauendes Handeln. Auf die Frage nach finanziellen Regelungen heißt es, bei Notfallmaßnahmen trage grundsätzlich der anfordernde Übertragungsnetzbetreiber die Kosten. Derzeit werde geprüft, ob es Sonderfälle gebe - für die sollten dann zeitnah Kostentragungsregelungen vereinbart werden.

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4. Marktentwicklung bei Regelenergie

Wirtschaft und Energie/Antwort

Berlin: (hib/PEZ) Um Kosten und Marktentwicklung der Regelenergie geht es in der Antwort (19/7643) auf eine Kleine Anfrage (19/7276) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Regelenergie umfasst der Bundesnetzagentur zufolge die Energie, die ein Netzbetreiber benötigt, um unvorhergesehene Leistungsschwankungen in seinem Stromnetz auszugleichen. Die Bundesregierung erklärt, sie setze sich dafür ein, den Anteil von Erneuerbaren-Energien-Anlagen an diesen Märkten zu erhöhen. Derzeit prüfe die Bundesnetzagentur einen Antrag der Übertragungsnetzbetreiber, in dessen Folge weitere Marktchancen für Erneuerbare-Energien-Anlagen entstehen könnten. Zu den Gesamtkosten von Regelenergie kann die Bundesregierung nach eigenen Aussagen keine Angaben machen, da entscheidende Größen ständig variieren und somit der Faktor "Gesamtkosten" keine Aussagekraft in Bezug auf den Regelenergiemarkt entfaltet.

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5. Kontakte zu Werbeagentur

Wirtschaft und Energie/Antwort

Berlin: (hib/PEZ) Treffen und Gespräche zur Werbeagentur WMP Eurocom AG listet die Bundesregierung in der Antwort (19/7646) auf eine Kleine Anfrage (19/6722) der AfD-Fraktion auf. Dabei weist sie daraufhin, dass zum einen keine lückenlose Chronik möglich sei, zum anderen es bei Veranstaltungen und im Alltagsgeschäft ständig zu einer Vielzahl von Kontakten mit Personen käme - eine vollständige Dokumentation existiere nicht. Die Antwort führt Ressortvertreter, Zeitraum und Anlass des Gesprächs auf.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 207 - 22. Februar 2019 - 09.22 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Februar 2019

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