Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → FAKTEN


BUNDESTAG/8137: Heute im Bundestag Nr. 272 - 14.03.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 272
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 14. März 2019, Redaktionsschluss: 09.21 Uhr

1. Sicherheitsbedenken beim G5-Ausbau
2. Linksfraktion will die Eurozone stärken
3. Einstufung sicherer Herkunftsstaaten
4. Maßnahmen gegen digitale Monopole
5. Linke fragt nach Rüstungsexporten



01. Sicherheitsbedenken beim G5-Ausbau

Auswärtiges/Anhörung

Berlin: (hib/AHE) Experten sehen Verbesserungsbedarf für die Sicherheit beim Ausbau des Mobilfunkstandards 5G in Deutschland, wenden sich aber in der Mehrheit gegen den Ausschluss einzelner ausländischer Anbieter. In einem öffentlichen Expertengespräch des Auswärtiges Ausschusses zu den "außen- und sicherheitspolitischen Aspekten der Einführung des Mobilfunkstandrads 5G in Deutschland" ging es am Mittwoch unter anderem um die Frage, wie die Risiken zu bewerten sind, wenn Ausrüster wie der chinesische Huawei-Konzern bei anstehenden Ausschreibungen beim Netzausbau zum Zuge kommen. In den Mittelpunkt rückte zudem die grundsätzliche Frage, inwieweit Europa im digitalen Bereich im Zuge der globalen Arbeitsteilung der vergangenen zwei Jahrzehnte an Wissen eingebüßt hat und dadurch in strategische Abhängigkeit zu geraten droht.

Harald Görl von Universität der Bundeswehr in München bezeichnete es als "einigermaßen bitter", dass ein deutsches Unternehmen wie Siemens noch vor 20 Jahren als kompletter Systemausrüster für den Mobilfunknetzausbau auftreten konnte, diese Fähigkeit jedoch verloren habe. Wie andere Industrienationen habe Deutschland an Wissen eingebüßt, dieses beschränke sich heute in einigen Bereichen vor allem noch auf die institutionelle und universitäre Forschung: "Wenn wir keine Hersteller mehr im Land haben, wird uns das auf die Füße fallen."

Thomas Tschersich (Deutsche Telekom) unterstrich, dass 5G die Vorgängerstandards wie 3G und 4G nicht ersetzen, sondern in großen Teilen auf deren bestehende Infrastruktur aufbauen werde. Bereits heute werde Huawei-Technik bei den deutschen Netzbetreibern innerhalb dieser Infrastruktur eingesetzt, betonte der Experte. Wenn der politische Wille da sei, sei es für Europa durchaus möglich, wie einst mit Airbus im Flug- und Raumwesen auch im digitalen Bereich Kompetenzen zu bündeln beziehungsweise neu aufzubauen. Allerdings benötige ein solcher Prozess Jahrzehnte.

Gerhard Schabhüser vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik sagte, dass nicht die Vertraulichkeit von Daten die größte Herausforderung sei. Dies könne man durch Verschlüsselungstechnik in den Griff bekommen. Anders sei das bei der Verfügbarkeit der Netze. Hier müssen man "drastisch nacharbeiten", weil die Industrie immer stärker auf die Nutzung des 5G-Netzwerks angewiesen sein werde. Schabhüser trat dafür ein, einerseits die Anforderungen für sicherheitsrelevante Komponenten bei 5G zu verschärfen, dabei aber "herstelleragnostisch" vorzugehen, also bestimmte Anbieter nicht von vornherein auszuschließen.

Auch Brigadegeneral Michael Färber (Bundesministerium der Verteidigung) warb für ein solch "herstelleragnostisches" und "regelbasiertes" Vorgehen. Man müsse analysieren und definieren, welche Komponenten und Bauteile im 5G-Netz kritisch seien und an solchen neuralgischen Punkten Risiken systematisch minimieren.

Jan-Peter Kleinhans (Stiftung Neue Verantwortung) meldete Zweifel an, ob ein Land wie China die 5G-Technik für Industriespionage nutzen würde, wenn Hacks mit einer klassischen E-Mail viel einfacher zu bewerkstelligen seien. Um sich gegen Sabotage im 5G-Netz zu wappnen, dürften nicht erst im einzelnen Bauteil, sondern bereits bei Netzwerkplanung und Konfiguration Risiken minimiert werden, so wie das Großbritannien und Kanada bereits praktizieren würden. Als größte Herausforderungen bezeichnete Kleinhans die technologische Abhängigkeit Europas: "Salopp gesagt bekommen wir die Software aus den USA und die Hardware aus China."

François Godement (Institut Montaigne) warnte, dass die Risiken beim chinesischen Anbieter Huawei schwer zu kalkulieren seien. Das Unternehmen könne auch dank staatlicher Unterstützung aus Peking sehr effizient und preisgünstig auftreten, weise andererseits eine undurchsichtige Firmenstruktur auf. Godement benannte mit Ericsson und Nokia zwei Netzwerkausrüster, die ein "wichtiger Ausgangspunkt" für Europa sein könnten, sich auf dem Gebiet digitaler Netzwerke wieder mehr Souveränität und Kompetenz zu erarbeiten.

Frank N. Pieke (Mercator Institute for China Studies) wies darauf hin, dass es der Regierung in Peking gesetzlich erlaubt sei, chinesische Unternehmen zu zwingen, Daten aus dem Ausland zugänglich zu machen. Pieke betonte aber auch, dass man ein Unternehmen wie Huawei nicht vornherein ausschließen solle. Ein chinesischer Zugriff auf Daten im 5G-Netz könne theoretisch jederzeit auch über technische Komponenten erfolgen, die nicht in China hergestellt wurden.

Iris Plöger (Bundesverband der Deutschen Industrie) plädierte für klare und transparente Vorgaben bei der Ausschreibung des 5G-Netz-Ausbaus. Ein systematisches Ausgrenzen einzelner Anbieter sei weder technisch noch zeitlich zielführend und als Lex specialis auch rechtsstaatlich fragwürdig. "Die deutsche Industrie braucht leistungsfähige Netze jetzt und nicht erst in einigen Jahren." Es müsse zudem darum gehen, zügig einheitliche europäische Sicherheitsstandards zu formulieren.

*

2. Linksfraktion will die Eurozone stärken

Haushalt/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Die Linksfraktion fordert ein Bündel von Maßnahmen zur Stabilisierung der Eurozone und zum Abbau der chronischen Leistungsbilanzüberschüsse sowie zur Verringerung der Investitionslücke in Deutschland. In einem Antrag (19/8272) mit dem Titel "Kürzungspolitik beenden - Eurozone zukunftsfest machen" wird auf die hohe Arbeitslosigkeit und auf die soziale Ungleichheit in der Eurozone verwiesen. Die Zukunft des europäischen Zusammenhalts sei bedroht. Der Euro habe 20 Jahre nach seiner Einführung in seiner derzeitigen Architektur exportorientierte Volkswirtschaften wie Deutschland gestärkt und insbesondere Frankreich, Italien sowie die südeuropäischen Volkswirtschaften geschwächt, stellen die Abgeordneten fest.

Unter anderem wird die Errichtung einer europäischen Arbeitslosenversicherung gefordert, die die Liquidität nationaler Arbeitslosenversicherungen garantieren könne. Zusammen mit Frankreich und anderen EU-Mitgliedsländern soll eine Initiative gestartet werden, um den Druck auf Steueroasen zu erhöhen und auch Gewinne der digitalen Wirtschaft einer angemessenen Besteuerung in Europa zuzuführen. Auch sollen Unternehmen öffentlich länderspezifische Kennziffern wie Gewinne, bezahlte Steuern, Umsätze und die Zahl der Beschäftigten berichten müssen. Außerdem soll es eine umfassende Finanztransaktionssteuer auf den Aktien-, Anleihen- und Derivatehandel geben. Die vorgesehene europäische Steuer nach dem Muster der französischen Aktiensteuer lasse Transaktionen mit Anleihen und Derivaten und damit 99 Prozent der Gesamtumsätze mit Finanzprodukten unbesteuert.

Der öffentliche Schuldenstand soll verringert werden. Die gerechtere Finanzierung der Krisenlasten soll durch eine zeitlich befristete, EU-weit koordinierte Vermögensabgabe für Millionäre nach dem Vorbild des deutschen Lastenausgleich nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgen. Ein öffentliches europäisches Investitionsprogramm in Höhe von mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts soll zur Finanzierung von Maßnahmen gegen Jugendarbeitslosigkeit, Klimawandel zum Schutz der öffentlichen Daseinsvorsorge und für eine sozial-ökologische Industriepolitik dienen. Mittelfristig sollen der Stabilitäts- und Wachstumspakt sowie der Fiskalpakt durch konjunkturgerechte und die Vollbeschäftigung sichernde Ausgabenpfade ersetzt werden. Schuldenschnitte für überschuldete Euro-Länder sollen durch eine Anschlussfinanzierung der Europäischen Zentralbank flankiert werden, um einen Anstieg der Renditen auf den Anleihemärkten zu verhindern. Die Zulassung neuer Finanzinstrumente soll streng reguliert werden.

*

3. Einstufung sicherer Herkunftsstaaten

Inneres und Heimat/Antrag

Berlin: (hib/STO) Die FDP-Fraktion dringt darauf, ein "geregeltes Verfahren" zur Einstufung asylrechtlich sicherer Herkunftsstaaten einzuführen. Dies geht aus einem Antrag der Fraktion (19/8267) hervor, der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht.

Danach soll die Bundesregierung im Zuge der turnusmäßigen Berichterstattung zu sicheren Herkunftsstaaten an den Bundestag eine Vorprüfung vornehmen, inwieweit bestimmte Länder auf Grundlage der aktuellen Lageberichte des Auswärtigen Amtes wahrscheinlich die Voraussetzungen für eine entsprechende Einstufung erfüllen oder warum dies nicht wahrscheinlich ist. Die Vorprüfung soll der Vorlage zufolge Staaten umfassen, "deren Anerkennungsquote seit mindestens fünf Jahren sowie im Durchschnitt der letzten zehn Jahre unter fünf Prozent liegt, die aber in der Vergangenheit nicht als sichere Herkunftsstaaten eingestuft waren".

Für Staaten, die im Zuge dieser Vorprüfung "eine positive Einschätzung zu einer möglichen Einstufung erhalten haben", soll die Bundesregierung nach dem Willen der Fraktion im Anschluss eine vollständige Prüfung zur Einstufung als sichere Herkunftsstaaten veranlassen. Danach soll sie laut Vorlage dem Bundestag einen Gesetzentwurf zur Einstufung jener Staaten vorlegen, "bei denen die Prüfung ergeben hat, dass diese die Voraussetzungen zur Einstufung als sicherer Herkunftsstaat erfüllen".

*

4. Maßnahmen gegen digitale Monopole

Wirtschaft und Energie/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Digitale Plattformen sollen keine Monopole mehr bilden dürfen. In der digitalen Wirtschaft sei ein Ungleichgewicht entstanden, heißt es in einem Antrag der FDP-Fraktion (19/8264), die "Fair Play in der digitalen Wirtschaft herstellen" will. "Die Monopolisierungs- und Konzentrationstendenz der großen Digitalkonzerne weist darauf hin, dass sich der digitale Markt über den Wettbewerb voraussichtlich nicht mehr selbst regulieren wird", schreiben die Abgeordneten in dem Antrag und fordern die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Kartellbehörden befähigen soll, strategische Behinderungen marktmächtige Unternehmen zu verhindern. Außerdem sollen Maßnahmen ergriffen werden, um die deutschen Start-ups und Unternehmen im Wettbewerb mit großen Digitalkonzernen zu stärken, zum Beispiel durch die Erleichterung von Gründungen und durch die Einführung eines Wagniskapital-Gesetzes. Auch das europäische Kartellrecht soll weiterentwickelt werden.

Nach Angaben der FDP-Fraktion werden die digitalen Märkte derzeit stark von einzelnen Global Playern dominiert. Einige große Digitalkonzerne würden international eine Tendenz zu einer marktbeherrschenden Stellung aufweisen. So habe Facebook auf dem deutschen Markt für soziale Netzwerke mit 23 Millionen täglichen Nutzern einen Marktanteil von über 95 Prozent und damit eine marktbeherrschende Stellung. Das Bundeskartellamt habe Facebook inzwischen untersagt, ohne explizite Einwilligung der Nutzer deren Daten aus den verschiedenen Quellen wie WhatsApp und Instagram zusammenzuführen. Die EU-Kommission habe im vergangenen Jahr gegen die Suchmaschine Google eine Rekordstrafe von 4,34 Milliarden Euro wegen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung verhängt. Auch gegen Amazon sei ein Missbrauchsverfahren eingeleitet worden. Es werde geprüft, ob der US-Konzern seine Marktposition im Umgang mit Händlern, die auf seinem Marktplatz vertreten sind, missbräuchlich ausnutze.

Grundlage für das Geschäft der Digitalunternehmen und Gründe für ihren großen Erfolg seien die Daten der Nutzer, schreiben die Abgeordneten. Und je mehr Personen sich in einem sozialen Netzwerk befinden würden, desto attraktiver sei dieses Netzwerk auch für andere Personen, um sich mit diesem bereits vorhandenen Nutzern zu vernetzen. Durch diese Netzwerkeffekte könnten Plattformen den Markt konzentrieren und gegebenenfalls monopolisieren.

*

5. Linke fragt nach Rüstungsexporten

Verteidigung/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AW) Die Linksfraktion verlangt Auskunft über die Aufwendungen aus dem Bundeshaushalt für den Export von Rüstungsgütern. In einer Kleinen Anfrage (19/8019) will sie unter anderem wissen, in welcher Höhe Gelder aufgrund der Inanspruchnahme von Exportkreditgarantien (Hermes-Bürgschaften) für den Export von Rüstungsgütern zwischen 2008 und 2017 aufgebracht werden mussten. Zudem möchte sie erfahren, welche Direktfinanzierungen und Finanzierungsbeteiligungen aus Bundesmitteln für Rüstungsexporte gewährt wurden.

*

Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 272 - 14. März 2019 - 09.21 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
Parlamentsnachrichten, PuK 2
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
E-Mail: mail@bundestag.de
Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. März 2019

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang