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BUNDESTAG/8386: Heute im Bundestag Nr. 525 - 08.05.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 525
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 8. Mai 2019, Redaktionsschluss: 15.57 Uhr

1. Experten diskutieren Bestellerprinzip
2. Einsatzbereitschaft soll erhöht werden
3. »Östliche Partnerschaft ausbauen«
4. Steuerzahlungen von Rentnern verdoppelt
5. Illegale Beschäftigung und Lobbyismus


1. Experten diskutieren Bestellerprinzip

Recht und Verbraucherschutz/Anhörung

Berlin: (hib/MWO) Ein Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Entlastung von Verbrauchern beim Kauf und Verkauf von Wohnimmobilien war Gegenstand einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz am Mittwoch. Die geladenen neun Sachverständigen aus den Bereichen Immobilienwirtschaft, Recht und Verbraucherschutz bewerteten den Entwurf des Makler-Bestellerprinzip- und Preisdeckelgesetzes (19/4557) differenziert, die Bandbreite der Stellungnahmen reichte von Ablehnung bis Zustimmung. Während die Immobilienwirtschaft mit höheren Kosten für Käufer durch das Gesetz rechnet, erwarten Verbraucherschützer selbst bei vollständiger Einpreisung der Provision keine Nachteile.

Fragen der Abgeordneten in der vom Ausschussvorsitzenden Stephan Brandner (AfD) geleiteten 49. Sitzung des Gremiums betrafen unter anderem die in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern hohen Maklergebühren, die möglichen Folgen der strukturellen Ungleichheit des Immobilienmarkts beim Kauf und Verkauf von Wohnimmobilien, die Auswirkungen des Wegfalls der Doppeltätigkeit des Maklers und die Chancen der Übertragung des Bestellerprinzips aus der Wohnungsvermietung auf Kauf und Verkauf.

Klare Unterstützung findet der Grünen-Entwurf beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Dessen Vertreter Franz Michel erklärte, der wesentliche Vorteil des Bestellerprinzips liegt darin, dass der Verkäufer mit dem Makler über die Courtage aus einer besseren Position heraus verhandeln könne als der Käufer. Während der Verkäufer sich den Makler und damit auch die Höhe der Provision aussuchen könne, gelte dies für den Käufer in der Regel nicht. Insbesondere in angespannten Wohnungsmärkten mit vielen Maklern und hohen Verkaufspreisen sei daher mit mehr Wettbewerb und einer Reduzierung der Provision zu rechnen. Eine Deckelung der Maklercourtage bei zwei Prozent, wie im Entwurf vorgesehen, stelle sicher, dass der Finanzierungsbedarf für den Käufer insgesamt sinkt. Auch Gabriele Heinrich vom Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum begrüßte den Entwurf. Er stelle Chancengleichheit her und verbessere den Schutz der Erwerber. Makler dürften nicht länger einen Schutzzaun um ihre nicht nachvollziehbaren Courtagesätze ziehen.

Die Gegenposition vertrat der Präsident des Immobilienverbandes Deutschland (ivd), Jürgen Michael Schick. Der gut gemeinte Verbraucherschutz werde mit dem Gesetz konterkariert, da Käufer mit dem Bestellerprinzip ohne Beratung weitgehend auf sich alle gestellt blieben. Es sei nicht geeignet, den Erwerb von Immobilieneigentum finanziell oder auf andere Weise zu erleichtern. Letztlich würde der Käufer nichts sparen. Der große Vorteil der Doppeltätigkeit liegt Schick zufolge darin, dass der Makler auch dem Käufer verpflichtet ist. Zudem schränke der Entwurf Immobilienmakler, Verkäufer und Käufer in unverhältnismäßiger Weise in ihrer Berufs- und Vertragsfreiheit ein.

Aus der Sicht von Winfried Ebert von der Potsdamer LBS Immobilien GmbH zielt der Gesetzentwurf erkennbar auf Ballungsgebiete ab. Der durchschnittliche Kaufpreis im überwiegenden Teil Deutschlands sei viel niedriger als im Gesetzentwurf als Beispiel dargestellt, erklärte Ebert. Bei den im LBS-Geschäftsgebiet durchaus noch häufiger vorkommenden Verkaufspreisen von 50,000 Euro und weniger und dem im Gesetzentwurf vorgesehenen Deckel ergäbe sich eine Maklercourtage von maximal 840 Euro netto. Gerade die Vermarktung niedrigpreisiger Objekte sei jedoch aufwändig. Eine Preisobergrenze würde dazu führen, dass sich Makler aus der Vermittlung solcher Objekte zurückziehen. Davon wären neben den strukturschwächeren Regionen auch ein großer Teil des ländlichen Raumes betroffen. Der Berliner Immobilienmakler Michael Schmidt verwies vor dem Hintergrund seiner 35-jährigen Berufspraxis auf gestiegene Ansprüche der Käufer. So sei eine enorme Vorarbeit notwendig, um einen Käufer zufriedenzustellen. All dies sei mit hohen Kosten verbunden. Im Ergebnis des Gesetzes würden die Kaufpreise auf breiter Front steigen, und eine seriöse Dienstleistung werde nicht mehr möglich sein.

Die Rechtsexperten bewerteten den Gesetzentwurf uneinheitlich. So begrüßte Markus Artz von der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Bielefeld die Einführung des Bestellerprinzips auch beim Kauf und Verkauf von Immobilien. Der Käufer sollte nicht mit Kosten belastet werden, die er nicht veranlasst hat, sagte Artz. Er plädierte dafür, das Bestellerprinzip auf die Vermittlung von Wohnimmobilien im Allgemeinen zu erstrecken und nicht nur auf Verbraucher, da dies das gesetzgeberische Ziel, den Zugang zu Wohneigentum zu erleichtern, gefährden könne. Grundsätzlich überzeugend sei angesichts des auf angespannten Wohnungsmärkten nicht zu bestreitenden Marktversagens auch die vorgesehene Deckelung der Maklerprovision. Beate Gsell von der juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München argumentierte ähnlich wie Artz und sprach von einer legitimen Zielsetzung des Entwurfs. Die beabsichtigten Eingriffe in die Vertragsfreiheit und insbesondere in die Berufsausübungsfreiheit von Maklern erschienen grundsätzlich sinnvoll und gerechtfertigt. Die derzeitige Praxis sei für die Käuferseite nicht interessengerecht.

Der Karlsruher Maklerrechtsexperte Detlev Fischer sprach sich dagegen explizit gegen das Bestellerprinzip aus. Bereits in der Diskussion zu dessen Einführung im Wohnungsvermittlungsrecht sei beanstandet worden, dass das Ziel einer tatsächlichen Entlastung des Wohnungssuchenden durch das Provisionsverbot nicht ohne weiteres durchsetzbar ist. Da das Bestellerprinzip im Wohnungsvermittlungsrecht ohnehin einer Evaluation unterzogen werden solle, erscheine es naheliegend, die Ergebnisse dieser Evaluation abzuwarten, bevor der Anwendungsbereich des Prinzips auf den Erwerb von Wohnungsimmobilien erstreckt wird. Eine Deckelung der Maklerprovision ist dagegen aus Fischers Sicht aus Verbraucherschutzgesichtspunkten erwägenswert. Eine Reduzierung auf zwei Prozent des Kaufpreises erscheine jedoch nicht den Marktgegebenheiten zu entsprechen.

Volker Eichener vom Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften der Hochschule Düsseldorf erklärte, die durch den Gesetzentwurf eingebrachten Neuregelungen seien nicht geeignet, das Ziel, die Anschaffungskosten für selbstgenutztes Wohneigentum wirksam zu reduzieren, zu erreichen. Bei den gestiegenen Kaufpreisen für Wohnimmobilien handele es sich um ein zyklisch auftretendes temporäres und um ein regional begrenzt auftretendes Problem, das nicht rechtfertige, ein gewachsenes und bewährtes System aufzugeben und gravierende unerwünschte Nebenfolgen wie steigende Immobilienpreise und Einbußen beim Verbraucherschutz hervorzurufen.

Hintergrund der vorgesehenen Regelungen sind dem Entwurf zufolge die immer weiter steigenden Kosten des Immobilienerwerbs. Die Grünen-Fraktion verweist darauf, dass seit dem 1. Juni 2015 in Deutschland bei der Vermittlung von Wohnraum das Bestellerprinzip gilt, nicht aber bei der Vermittlung von Wohneigentum. Während bei der Mietwohnungsvermittlung außerdem die Höhe der Maklerprovision seit langem gesetzlich auf zwei Nettokaltmieten plus Umsatzsteuer begrenzt werde, sei sie beim Immobilienkauf beziehungsweise -verkauf nicht gesetzlich näher in ihrer Höhe bestimmt. Gleichzeitig zeige ein Blick nach Europa, dass die Maklerprovision in Deutschland mit üblicherweise 5 bis 6 und bis zu 7,14 Prozent am obersten Ende der internationalen Skala liegt. Daneben bedürften angesichts der deutlich gestiegenen Immobilienpreise auch die Notar- und Gerichtsgebühren, die bei Kauf und Verkauf von Wohnimmobilien anfallen, einer Überprüfung.

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2. Einsatzbereitschaft soll erhöht werden

Verteidigung/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/AW) Die Bundesregierung will die personelle Einsatzbereitschaft der Bundeswehr mit einem Bündel an unterschiedlichen Maßnahmen erhöhen. Der entsprechende Entwurf eines Bundeswehr-Einsatzbereitschaftsstärkungsgesetzes (19/9491) sieht unter anderem vor, die Verwendungsmöglichkeiten von Reservisten und die Übernahme von Unteroffizieren in das Dienstverhältnis des Berufssoldaten zu erweitern. Zudem soll die soziale Absicherung von Zeitsoldaten und von Soldaten in Auslandseinsätzen verbessert, der Wehrsold für freiwillig Wehrdienstleistende erhöht und die Arbeitszeitvorschriften gelockert werden. Die Kosten der Neuregelungen beziffert die Bundesregierung auf rund zehn Millionen Euro für das laufende Jahr und rund Millionen Euro für 2020. Ab 2021 sollen sich der finanzielle Mehraufwand für den Bund dann auf rund 163 Millionen Euro jährlich belaufen.

Konkret sieht die Gesetzesinitiative vor, dass zukünftig auch Unteroffiziere ohne Portepee, also unterhalb des Dienstgrades eines Feldwebels, aus der Laufbahn für Zeitsoldaten in die der Berufssoldaten wechseln können. Zudem sollen ausscheidende Zeitsoldaten stärker unterstützt werden. So sollen die Zuschüsse für die Eingliederung in den zivilen Arbeitsmarkt gestaffelt nach Dienstzeit erhöht werden. Ebenso erhöht werden sollen die Beiträge der Bundeswehr für Zeitsoldaten und freiwillig Wehrdienstleistende an die Rentenkasse, um deren Altersversorgung zu verbessern. Zudem soll der Wehrsold für Wehrdienstleistende erhöht werden.

Ausgeweitet werden sollen die Leistungen aus dem Einsatzversorgungsgesetz für Soldaten bei Verwundungen oder Unfällen in Auslandseinsätzen. Sie sollen zukünftig nicht nur bei durch den Bundestag mandatierten Einsätzen gezahlt werden, sondern auch bei einsatzgleichen Verpflichtungen der Bundeswehr mit einer bestimmten Gefährdungslage, beispielsweise im Rahmen der NATO-Einsätze der Bundeswehr im Baltikum. Ebenso soll im Einsatz-Weiterverwendungsgesetz die Finanzierung der Einbeziehung von Angehörigen in die Therapie von einsatzgeschädigten Soldaten ermöglicht werden.

Mit dem Gesetz soll außerdem die Verwendung von Reservisten als Vertretung für absehbar länger abwesende Soldaten auf eine eindeutige rechtliche Grundlage gestellt werden. Ebenso sollen die Sonderregelungen für eine Überschreitung der wöchentlichen Arbeitszeit von 41 Stunden, wie sie bereits in Auslandseinsätzen oder bei der Marine gelten, auf weitere Bereiche wie beispielsweise die Alarmrotten der Luftwaffe ausgeweitet werden.

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3. »Östliche Partnerschaft ausbauen«

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Antrag

Berlin: (hib/JOH) Anlässlich des zehnjährigen Bestehens der Östlichen Partnerschaft (ÖP) zwischen der EU und den ehemaligen Sowjetrepubliken Armenien, Aserbaidschan, Weißrussland, Georgien, Moldau und Ukraine fordern die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD die Bundesregierung auf, sich in der EU für eine verstärkte Zusammenarbeit bei der politischen und wirtschaftlichen Modernisierung der Länder einzusetzen. Ziel sollten stabilere und nachhaltigere Nachbarschaftsbeziehungen auf der Grundlage der gemeinsamen Werte des Europarates sein, schreiben sie in einem Antrag (19/9916), über den der Bundestag am Freitag, dem 10. Mai 2019, abstimmen will.

Basis für die Zusammenarbeit sollen nach Ansicht der Fraktionen differenzierte Kooperationsangebote und ein "Mehr für mehr"-Ansatz sein. Auch sollten sich die Regierungen der Staaten "stärker als bislang zu einer am Wohlergehen der Menschen orientierten Politik verpflichten". Dazu gehöre die Achtung der Menschenrechte, der Schutz der Pressefreiheit, die entschlossene Bekämpfung von Korruption und des Einflusses von Oligarchen auf politische Entscheidungen ebenso wie der Aufbau und die Wahrung einer unabhängigen Justiz und die Reform der öffentlichen Verwaltung.

Nach dem Georgienkrieg 2008 sei es "der richtige und begründete Ansatz der EU" gewesen, ihre Nachbarstaaten auf dem Wege der Transformation durch die ÖP intensiver zu begleiten und zu unterstützen. Dieses Ziel wolle der Bundestag mit dem vorliegenden Antrag ungeachtet der schwierigen Sicherheitslage in den Ländern der ÖP bekräftigen, schreiben die Abgeordneten.

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4. Steuerzahlungen von Rentnern verdoppelt

Finanzen/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Die Steuerzahlungen von Steuerpflichtigen mit Renteneinkünften haben sich von 2005 bis 2014 mehr als verdoppelt. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/9535) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion mitteilt, zahlten Steuerpflichtige mit Renteneinkünften im Jahr 2005 rund 16 Milliarden Euro an Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag. Bis 2014 stieg dieser Wert auf rund 33 Milliarden Euro. Die Zahl der Steuerfälle mit Renteneinkünften erhöhte sich in diesem Zeitraum von rund 5,1 auf 7,8 Millionen Euro. Wegen der geltenden Fristen zur Abgabe der Steuererklärung und der Dauer der notwendigen Arbeiten zur Erstellung der Statistik lägen im Rahmen der amtlichen Lohn- und Einkommensteuerstatistik Daten nur bis zum Jahr 2014 vor, erläutert die Bundesregierung.

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5. Illegale Beschäftigung und Lobbyismus

Finanzen/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Um die Einflussnahme von Interessenvertretern auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch geht es in einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (19/9634). Die Abgeordneten wollen unter anderem erfahren, welcher Regelungsvorschlag des Gesetzentwurfs mit konkreten Vorschlägen von Dritten identisch oder teilidentisch ist. Außerdem wird nach Gutachten und Studien gefragt, die von Dritten erstellt wurden und dem Gesetzentwurf als Erkenntnisquelle zugrunde lagen. Schließlich soll die Bundesregierung auch Auskunft über dienstliche Kontakte mit Interessenvertretern im Zusammenhang mit der Erstellung des Gesetzentwurfs geben.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 525 - 08. Mai 2019 - 15.57 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
Parlamentsnachrichten, PuK 2
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Mai 2019

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