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BUNDESTAG/9028: Heute im Bundestag Nr. 1175 - 23.10.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 1175
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 23. Oktober 2019, Redaktionsschluss: 11.45 Uhr

1. BRH-Kritik an Haushaltspolitik
2. Widerrufe von Flüchtlingsanerkennung
3. Migration der PC-Systeme des Bundes
4. Erprobung neuer Software bei der Polizei
5. Festnahmen Deutscher in der Türkei


1. BRH-Kritik an Haushaltspolitik

Haushalt/Unterrichtung

Berlin: (hib/SCR) Der Bundesrechnungshof (BRH) übt erhebliche Kritik an der Haushalts- und Finanzpolitik der Bundesregierung. Der Haushaltsentwurf 2020 (19/11800) und die Finanzplanung bis 2023 (19/11801) der Großen Koalition würden dem Ziel dauerhaft tragfähiger Finanzen "nur in begrenztem Umfang Rechnung" tragen. Absehbare Herausforderungen - beispielsweise der demografische Wandel, die Auswirkungen des Brexit, der Ausstieg aus der Kohleverstromung und der Strukturwandel oder die Änderungen des Zinskosten - müssten mit einer aktiven "finanzwirtschaftlichen Strategie" bewältigt werden. "Die Fortsetzung einer Finanzpolitik nach dem Gießkannenprinzip wäre kontraproduktiv", schreibt der Rechnungshof unter dem Titel "Zeit der anstrengungslosen Konsolidierung geht zu Ende" in einem Bericht. Den Bericht nach Paragraf 99 der Bundeshaushaltsordnung über die Feststellungen zur finanzwirtschaftlichen Entwicklung des Bundes hat der Rechnungshof als Unterrichtung (19/14200) vorgelegt.

Der BRH stellt in seinem Bericht fest, dass die gesamtwirtschaftliche Entwicklung der vergangenen Jahre, die günstige Entwicklung am Arbeitsmarkt sowie die für den Staat sehr vorteilhaften Refinanzierungsbedingungen dazu beigetragen hätten, dass 2020 zum sechsten Mal in Folge ein Haushaltsentwurf ohne Nettokreditaufnahme vorgelegt worden ist und auch die Finanzplanung ohne neue Schulden auskommt. Die sich in diesem und nächsten Jahr abzeichnende Eintrübung der konjunkturellen Entwicklung habe zwar Auswirkungen auf den Bundeshaushalt, "allerdings in einem überschaubaren Umfang".

Kritisch sieht der Rechnungshof hingegen, dass in der Planung keine "konkreten Konsolidierungsmaßnahmen" vorgesehen sind. So fehle "die vom Bundesrechnungshof mehrfach geforderte umfassende kritische Bestandsaufnahme vor allem bei den Subventionen". Die Ausgabenlinie bleibe expansiv, schreiben die Rechnungsprüfer und kritisieren, dass vor allem im Sozialbereich die Ausgaben durch neue Leistungen wie das Baukindergeld oder Maßnahmen aus den Rentenpaketen weiter steigen würden.

Der weiterhin angestrebte Verzicht auf eine Nettokreditaufnahme werde stattdessen wesentlichen durch die Entnahme aus der sogenannten Asyl-Rücklage und durch die Auflösung von Globalen Mindereinnahmen sowie der Ausbringung Globaler Minderausgaben erreicht, kritisieren die Finanzkontrolleure in dem Bericht. Globale Minderausgaben, (GMA) in den Einzelplänen vorgegebene Sparauflagen für die Ministerien, "signalisieren, dass das Parlament sein Budgetrecht nicht vollständig ausschöpft, sondern teilweise an die Exekutive abtritt". Der Hof empfiehlt für die Haushaltsberatungen, die GMAs durch konkrete Kürzungen bei den Einzelansätzen zu verringern.

In dem Bericht führen die Rechnungsprüfer zudem zahlreiche Punkte an, die von Seiten des Hofes schon seit langem kritisiert werden. Neben dem Problem beim Mittelabfluss im investiven Bereich wird weiterhin die Verlagerung von haushaltsrelevanten Finanzierungen in Sondervermögen moniert. Dies beeinträchtige wesentliche Haushaltsgrundsätze wie Jährlichkeit, Einheit, Vollständigkeit, Fälligkeit und Klarheit, heißt es in dem Bericht. Auch die Entwicklung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen sieht der Bundesrechnungshof weiterhin kritisch. Der Bund habe "quasi eine fiskalische Allzuständigkeit akzeptiert". "Über Jahre zu beobachtende unzureichende Aufgabenerfüllung der Länder wie im sozialen Wohnungsbau oder bei der Bildungsinfrastruktur belohnt der Bund durch zusätzliche Mittel", kritisiert der Rechnungshof.

Mit Blick auf die von der Bundesregierung aktuell geplante Abschaffung des Solidaritätszuschlages für einen Großteil der bisher Steuerpflichtigen warnt der Rechnungshof vor Unwägbarkeiten: "Sollte die vorgesehene Regelung einer verfassungsgerichtlichen Prüfung nicht standhalten, drohen milliardenschwere Steuererstattungen, für die im Finanzplan keine Vorsorge getroffen ist."

Eine ebenfalls in der Diskussion befindliche Lockerung der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse sieht der Rechnungshof kritisch. Überlegungen, so die investiven Ausgaben über Kredite finanzieren zu können, seien "nicht zielführend". Die Schuldenregel sehe ohnehin vor, dass Investitionen innerhalb des gesetzten Rahmens gegebenenfalls verstärkt werden können. Zudem sei es "letztlich die Aufgabe des Haushaltsgesetzgebers, im Rahmen der Schuldenregel die haushaltspolitischen Prioritäten zu setzen. Öffnungsklauseln im Grundgesetz zugunsten einer Privilegierung bestimmter Ausgaben bedarf es hierzu nicht."

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2. Widerrufe von Flüchtlingsanerkennung

Inneres und Heimat/Antwort

Berlin: (hib/STO) Im zweiten Quartal dieses Jahres sind in Deutschland insgesamt 1.007 Asyl- beziehungsweise Flüchtlingsanerkennungen einschließlich subsidiären Schutzes beziehungsweise Abschiebungsverboten zurückgenommen worden nach 757 im ersten Quartal. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung (19/13257) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/12455) hervor. Danach kam es im ersten Quartal 2019 bei insgesamt 22.754 Entscheidungen in Widerrufsprüfverfahren in 21.997 Fällen zu keinem Widerruf und im zweiten Quartal bei 39.292 Entscheidungen in 38.285.

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3. Migration der PC-Systeme des Bundes

Inneres und Heimat/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) Die "Migration der PC-Systeme in den Bundesbehörden zu Windows 10" thematisiert die AfD-Fraktion in einer Kleinen Anfrage (19/14056). Darin schreibt die Fraktion, dass es laut Medienbericht ab Mitte Januar 2020 keine Sicherheitsupdates und keinerlei technische Unterstützung mehr für Windows 7 von Seiten des Betriebssystemhersteller Microsoft geben solle. In diesem Zusammenhang weise der Beauftragte der Bundesregierung für Informationstechnik drauf hin, dass der Windows-7-Support Mitte Januar 2020 endet.

"Bis dahin müssen alle betroffenen Clients auf ein neues Betriebssystem migriert werden", führen die Abgeordneten weiter aus. Wissen wollen sie unter anderem, wie viele Systeme nach Kenntnis der Bundesregierung bereits zu Windows 10 in den Bundesbehörden migriert sind und wie viele Systeme noch unter Windows 7 laufen.

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4. Erprobung neuer Software bei der Polizei

Inneres und Heimat/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) "Forschungsprojekt zur Nutzung von OSINT bei der Polizei" lautet der Titel einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (19/14020). Wie die Fraktion darin schreibt, haben die Polizeidirektion Osnabrück sowie die Polizeipräsidien Dortmund und München unter dem Namen "Sentinel" eine neue Software zur "Einsatzbewältigung" getestet. Die Beteiligten hätten untersucht, wie Open-Source Intelligence (OSINT) in die tägliche Arbeit integriert werden kann. Bei einer Ermittlung suche die Anwendung in Sozialen Medien nach dem Aufenthaltsort und aktuellen Fotos der Zielperson. Wissen wollen die Abgeordneten unter anderem, welche Polizeibehörden welcher Bundesländer nach Kenntnis der Bundesregierung an dem Projekt "Sentinel" teilnahmen.

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5. Festnahmen Deutscher in der Türkei

Inneres und Heimat/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) Die Fraktion Die Linke will wissen, wie viele Fälle von deutschen beziehungsweise deutsch-türkischen Staatsangehörigen der Bundesregierung bekannt sind, die seit dem Putschversuch am 15. Juli 2016 bei einer Reise in die Türkei festgenommen wurden. Auch erkundigt sie sich in einer Kleinen Anfrage (19/14162) danach, wie viele dieser Betroffenen sich noch in Haft befinden. Ferner fragt sie unter anderem, wie viele Fälle von deutschen beziehungsweise deutsch-türkischen Staatsangehörigen der Bundesregierung bekannt sind, die seit dem Putschversuch nach einem Interpol-Ersuchen aus der Türkei in einem anderen EU-Mitgliedstaat festgenommen worden sind.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 1175 - 23. Oktober 2019 - 11.45 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Oktober 2019

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