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BUNDESTAG/9091: Heute im Bundestag Nr. 1238 - 06.11.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 1238
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 6. November 2019, Redaktionsschluss: 15.45 Uhr

1. Experten: Neue Regeln für Rohstoffabbau
2. Erfolgsgeschichte in neuen Ländern
3. Aktivität der Agro-Mafia in Deutschland
4. Sicherheit an Bahnhöfen
5. Digitalisierung in der Arbeitswelt
6. Erstattung von Umzugskosten


1. Experten: Neue Regeln für Rohstoffabbau

Europa/Anhörung

Berlin: (hib/JOH) Angesichts der steigenden Nachfrage nach metallischen Rohstoffen im Zuge des Ausbaus der Elektromobilität fordern Experten Politik und Industrie auf, sich für verantwortungsvolle und transparente globale Lieferketten und höhere Recyclingquoten einzusetzen. Dies müsse sich auch in der neuen Rohstoffstrategie der Bundesregierung niederschlagen, die diese derzeit überarbeitet, betonten sie am Mittwoch in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zum Thema "Rohstoffe unter besonderer Berücksichtigung von E-Mobilität".

Die Unternehmen müssten Menschenrechte besser schützen und die Einhaltung von ökologischen und sozialen Standards gewährleisten, stellte Gesine Ames vom Ökumenischen Netz Zentralafrika klar. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit könne dies unterstützen, dürfe jedoch keinesfalls zu einem "Instrument der Rohstoffversorgung" werden, warnte sie.

Johanna Sydow von German Watch sprach sich für ein Lieferkettengesetz aus, das Beschwerdemechanismen etablieren und deutsche Unternehmen verpflichten solle, ihre Lieferketten auf menschenrechtliche und ökologische Risiken zu überprüfen. Sie verwies zudem auf zunehmende Spannungen zwischen Regierungen und lokaler Bevölkerung in den Abbauregionen, bei denen es auch schon zu Toten und Verletzten gekommen sei. "Eine fehlende Regelsetzung für Unternehmen kann fundamentale Risiken für die Sicherheit und Stabilität des Landes bedeuten", schlussfolgerte Sydow in ihrer schriftlichen Stellungnahme.

Volker Steinbach von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe verwies darauf, dass die Zahl der jährlich zugelassenen Elektrofahrzeuge laut den Schätzungen der Deutschen Rohstoffagentur jährlich um 40 bis 70 Prozent steigen werde. Entsprechend dynamisch werde sich die Nachfrage nach mineralischen Rohstoffen wie Lithium, Nickel, Kobalt, Nickel und Graphit sowie nach Seltenen Erden und Kupfer entwickeln. Staat und Unternehmen müssten die Abbau- und Produktionsbedingungen daher noch stärker hinterfragen und entsprechende Standards, auch gemeinsam mit der Zivilgesellschaft ("Multi-Stakeholder-Ansatz"), etablieren.

Dies unterstützte auch Matthias Wachter vom Bundesverband der Deutschen Industrie. Er betonte, die Unternehmen seien sich ihrer Verantwortung durchaus bewusst, jedoch seien ihre Möglichkeiten, die Situation der Menschen vor Ort zu verbessern begrenzt. Es gebe keine relevanten deutschen Bergbaukonzerne, die Rohstoffe in Entwicklungs- und Schwellenländern förderten. Darüber hinaus dürfe die Durchsetzung von Menschenrechten aber auch nicht ausschließlich an Unternehmen delegiert und somit privatisiert werden.

Professor Alexander Michaelis vom Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme nannte höhere Recyclingquoten aus ökologischen und ökonomischen Gründen "absolut essentiell". Durch den wachsenden Rohstoffabbau drohten "riesige Umweltschäden", außerdem steige die Abhängigkeit Deutschlands und Europas von Importen. Insbesondere Lithium, betonte er, könne zu 90 Prozent recycelt werden. Weil allerdings die Kosten des recycelten Lithiums die des neugewonnen südamerikanischen Lithiums überträfen, müsse die Politik hier ihren Einfluss geltend machen.

Überdies sprach sich Michaelis für eine größere Technologieoffenheit in Deutschland aus. Es sei nicht ratsam, bei den Antriebsarten allein auf E-Mobilität zu setzen. Diese liefere zudem per se auch keinen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele, weil der hierfür benötigte Strom nach wie vor hauptsächlich aus fossilen Energieträgern gewonnen werde.

Michael Reckordt vom Berliner Verein PowerShift forderte neben einem Lieferkettengesetz und höheren Recyclingquoten auch den Ausbau des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs, um die individuelle Automobilität zu senken. In seiner schriftlichen Stellungnahme schlug er außerdem gesetzliche Anreize vor, damit Produkte länger genutzt, modular und reparierbar gestaltet werden und eine Kreislaufführung von Rohstoffen schon im Produktdesign mit bedacht werde.

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2. Erfolgsgeschichte in neuen Ländern

Tourismus/Antrag

Berlin: (hib/wid) Zum 30. Jahrestag des Mauerfalls würdigen die Koalitionsfraktionen von Union und SPD den Tourismus als "Erfolgsgeschichte in den neuen Bundesländern". In einem gemeinsamen Antrag (19/14750) fordern sie zugleich die Bundesregierung auf, "tourismusrelevante" Vorhaben im Zusammenhang mit dem Jubiläum noch stärker zu fördern und auch in der weltweiten Werbung für Deutschland als Reiseziel ebenso wie im Aktionsplan zur nationalen Tourismusstrategie die "deutsch-deutsche Erinnerungskultur" weiterhin hervorzuheben. Besondere Aufmerksamkeit müsse historischen Gedenkstätten und anderen "Kulturellen Leuchttürmen" Ostdeutschlands gelten.

Nach der Wiedervereinigung sei der Tourismus einer der wenigen Wirtschaftssektoren der neuen Länder mit kurzfristig realisierbaren Wachstums- und Beschäftigungschancen gewesen, heißt es in dem Antrag. Reizvolle Landschaften und viele damals zwar verwahrloste, aber kulturhistorisch interessante Städte hätten diese Entwicklung begünstigt. Das Anliegen, den Aufbau der Reiseverkehrswirtschaft den neuen Ländern parlamentarisch zu begleiten, sei 1991 auch ein wichtiger Grund gewesen, im Bundestag einen eigenen Tourismusausschuss ins Leben zu rufen. Heute verzeichne Mecklenburg-Vorpommern unter allen Bundesländern die meisten Übernachtungen pro Einwohner und Berlin halte nach London und Paris den dritten Platz unter den meistbesuchten Städten Europas.

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3. Aktivität der Agro-Mafia in Deutschland

Inneres und Heimat/Antwort

Berlin: (hib/STO) Tätigkeiten der sogenannten Agro-Mafia in Deutschland sind ein Thema der Antwort der Bundesregierung (19/14468) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/13423). Danach wurden sowohl in Ermittlungsverfahren als auch aus Auswertungen von Informationen aus Italien vereinzelt Erkenntnisse gewonnen, dass allgemein als "Agro-Mafia" bezeichnete kriminelle Strukturen gefälschte oder minderwertige Agrarerzeugnisse oder Lebensmittel in den Vertrieb bringen beziehungsweise Gastronomiebetriebe zur Abnahme genötigt werden. Diese kriminellen Strukturen seien "nach hiesiger Kenntnis der Italienischen Organisierten Kriminalität (IOK) zurechenbar".

Für die Organisationen der IOK stelle der Handel mit minderwertigen Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln ein Betätigungsfeld dar, in dem hohe Gewinne erzielt werden können, schreibt die Bundesregierung weiter. Das Entdeckungsrisiko sowie die Strafandrohung für die Agierenden seien vergleichsweise gering. Aufgrund der im ersten Absatz genannten Indizien sei zu vermuten, dass dieser Phänomenbereich auch in Deutschland eine Einnahmequelle der IOK darstellt. Von einem großen Dunkelfeld sei auszugehen.

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4. Sicherheit an Bahnhöfen

Inneres und Heimat/Antwort

Berlin: (hib/STO) Über Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit an Bahnhöfen berichtet die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/13867) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/13392). Danach ist die Sicherheitslage auf den Bahnhöfen "grundsätzlich als gut zu bezeichnen". Seit 2015 weise die polizeiliche Eingangsstatistik der Bundespolizei insgesamt eine rückläufige Entwicklung der Gesamtzahl der Straftaten auf Bahnanlagen aus, führt die Bundesregierung aus. Zugleich verweist sie darauf, dass die Verbesserung der Sicherheit an Bahnhöfen "ein ständiges Ziel der zuständigen Behörden" sei.

Dazu wird laut Vorlage die bahnpolizeiliche Aufgabenwahrnehmung "mit 1.300 zusätzlichen Dienstposten aus dem bereits erfolgten und bis 2021 vorgesehenen Stellenaufwuchs für die Bundespolizei deutlich gestärkt". Da das Personal erst ausgebildet werden müsse, würden die zusätzlichen Dienstposten sukzessive bis 2024 eingerichtet und besetzt. Darüber hinaus solle eine bessere Erreichbarkeit und Wahrnehmbarkeit der Bundespolizei durch eine zentrale Unterbringung auf den Bahnhöfen erreicht werden.

Zur Erhöhung der Sicherheit an Bahnhöfen werden auch der Ausbau und die Modernisierung der Videotechnik weiter vorangetrieben, wie aus der Antwort weiter hervorgeht. Intelligente Videoüberwachung und biometrische Gesichtserkennung könnten dabei "zukünftig ein wichtiges Unterstützungsinstrument insbesondere für die Bundespolizei sein". Bei der Bundespolizei stünden für den Ausbau der Videoüberwachung bis zum Jahr 2023 bereits jetzt Mittel in Höhe von mehr als 70 Millionen Euro zur Verfügung.

"Mit den darüber hinaus vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur für die Deutsche Bahn AG von 2020 bis 2024 insgesamt vorgesehenen, vom Deutschen Bundestag noch zu bewilligenden Mitteln von 50 Millionen Euro sowie durch den Einsatz von Eigenmitteln der Deutschen Bahn AG in Höhe von 12,5 Millionen Euro könnten bis Ende 2024 nahezu alle größeren Bahnhöfe mit moderner Videotechnik ausgestattet werden", schreibt die Bundesregierung weiter.

In den Jahren 2020 bis 2024 stellt das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur den Angaben zufolge darüber hinaus weitere zirka 250 Millionen Euro für den Ausbau des digitalen Behördenfunks unter anderem an Bahnhöfen bereit. Eine Arbeitsgruppe "Technische Sicherheit", an der sich dieses Ministerium und das Bundesinnenministerium sowie die Deutsche Bahn AG und die Bundespolizei beteiligen, habe den Auftrag, "in einem ersten Schritt, für ausgewählte Bahnhöfe weitere technische Möglichkeiten zur Gefahrenreduzierung zu prüfen".

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5. Digitalisierung in der Arbeitswelt

Arbeit und Soziales/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/CHE) Die AfD-Fraktion hat eine Kleine Anfrage (19/14572) zur Umsetzungsstrategie der Bundesregierung "Digitalisierung gestalten" gestellt. Darin fragt sie die Bundesregierung unter anderem nach einer Tariföffnungsklausel im Arbeitszeitgesetz.

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6. Erstattung von Umzugskosten

Arbeit und Soziales/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/CHE) Die AfD-Fraktion hat eine Kleine Anfrage (19/14591) zur Übernahme von Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten durch die Bundesagentur für Arbeit (BA) gestellt. Darin fragt sie die Bundesregierung unter anderem, in wie vielen Fällen die BA einem Ersuchen um Erstattung dieser Kosten im Jahr 2018 nachgekommen ist.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 1238 - 6. November 2019 - 15.45 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. November 2019

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