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BUNDESTAG/9272: Heute im Bundestag Nr. 1422 - 16.12.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 1422
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 16. Dezember 2019, Redaktionsschluss: 17.00 Uhr

1. Experten für Ausbau der Schulsozialarbeit
2. Schäden am Schiffshebewerk Scharnebeck
3. Baubeginn Ortsumfahrung Coswig unklar
4. Schwerguttransporte mit dem Binnenschiff
5. FDP fragt nach Kunstrasenplätzen
6. Ausbildungsbereitschaft von Kleinbetrieben


1. Experten für Ausbau der Schulsozialarbeit

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Anhörung

Berlin: (hib/SAS) Die Initiative der Fraktion Die Linke für eine Sicherung und Aufnahme der Schulsozialarbeit als Regelleistung im Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) ist bei den Sachverständigen in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Montag mehrheitlich auf Zustimmung gestoßen. Das Ziel des Ausbaus und der Schaffung eines flächendeckenden Angebots der Schulsozialarbeit sei grundsätzlich sinnvoll und zu unterstützen, so betonten alle geladenen Experten. Der Bedarf sei gegeben. Ob allerdings dafür neue rechtliche Regelungen geschaffen werden müsste, sahen einzelne Experten skeptisch.

Grundlage der Anhörung war ein Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel "Schulsozialarbeit für alle Schülerinnen und Schüler sichern" (19/9053). Darin verlangen die Abgeordneten, Schulsozialarbeit als Regelleistung im Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) aufzunehmen und dazu einen neuen Paragrafen (Angebote der Schulsozialarbeit) zu verankern. Es sei sicherzustellen, dass die Schulsozialarbeit auf den in Paragraf 11 Absatz 1 und 2 des SGB VIII formulierten Grundsätzen der Jugendarbeit aufbaut, schreibt die Linksfraktion. Darüber hinaus müsse sichergestellt werden, dass die neue Regelleistung ausschließlich zusätzlich und nicht zulasten der bestehenden Angebote der Jugendhilfe nach Paragraf 11 Absatz 3 und Paragraf 13 des SGB VIII eingeführt wird und sich der Bund angemessen an der Finanzierung beteiligt.

Uwe Lübking lehnte als Vertreter der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände die von der Linksfraktion vorgeschlagene Verankerung der Schulsozialarbeit im SGB VIII klar ab. Der Ausbau der Schulsozialarbeit sei zwar auch aus Sicht der Kommunen eine "politische Notwendigkeit", doch die Verpflichtung zur Finanzierung liege in erster Linie bei den Ländern. Ob der Bund hier über den bestehenden Paragrafen 13 hinaus regelnd eingreifen könne, sei verfassungsrechtlich problematisch zu sehen. Zudem äußerte Lübking Bedenken, dass wie auch schon beim Thema Inklusion "durch das Nichtstun der Länder" weitere Zuständigkeiten "schleichend" auf die Kommunen übertragen werden können.

Rechtliche Probleme konnte Jan Kepert, Professor für Öffentliches Recht an der Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl, nicht entdecken. Aus seiner Sicht sprächen sogar "gute Gründe" für eine Stärkung der Schulsozialarbeit im SGB VIII, sagte Kepert. So sei etwa die bisherige Rechtsqualität der Norm fraglich. Zwar gebe es eine Pflicht zur Bereitstellung von Schulsozialarbeit; Schüler hätten aber keinen Rechtsanspruch. "Welchen Sinn machen dann Rechtspflichten, wenn man folgenlos dagegen verstoßen kann", fragte der Sachverständige. Grundsätzlich sei zu beachten, dass eine "Regelung im Gesamtsystem des SGB VIII" verortet sei und auch so betrachtet werden müsse. Einer "isolierten Änderung des Paragraph 13, Absatz 1 SGB VIII" begegne er mit Bedenken.

Ausdrücklich für eine Stärkung der Schulsozialarbeit durch eine rechtliche Verankerung sprach sich Björn Köhler, Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft, aus. Diese sei aus Sicht der GEW "sinnvoll und nur folgerichtig". Tatsächlich steige der Bedarf. Viele Schulen kämpften dafür, Schulsozialarbeit anbieten zu können. Fakt sei aber, dass etliche Kommunen aufgrund ihrer Haushaltslage Schulsozialarbeit nicht anbieten könnten. Ein flächendeckendes Angebot könne es erst geben, wenn die Schulsozialarbeit als "Auftrag und Handlungsfeld" im SGB VIII verankert und dauerhaft finanziert werde.

Auch die Vertreter der kirchlichen Träger der Jugendsozialarbeit befürworteten eine Aufnahme der Schulsozialarbeit als Regelleistung im Achten Buch Sozialgesetzbuch. Allerdings unterstrich Claudia Seibold für die Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelische Jugendsozialarbeit (BAG EJSA) in ihrer Stellungnahme, dass es darüber hinaus auch "bundesweit vergleichbare Qualitätsstandards" brauche. Hier komme dem Bund eine Steuerungsfunktion zu. Julia Schad Seibold, IN VIA Deutschland/Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Sozialarbeit (BAG KJS), lenkte den Blick zudem auf die Notwendigkeit einer "angemessenen Finanzierung". Hier verwies sie auf Berechnungen des Kooperationsverbunds Schulsozialarbeit, der pro 150 Schülerinnen eine Vollzeitstelle fordere. Aufgrund dieser Berechnungen aus dem Jahr 2015 brauche es über 55.000 Stellen an allgemeinbildenden und fast 17.000 Stellen an beruflichen Schulen.

Dieser Forderung schloss sich auch Vera Helligrath, Ambulante sozialpädagogische Erziehungshilfe, an. In ihrer Stellungnahme betonte Helligrath den Wert von Schulsozialarbeit. Diese biete auf "einzigartige Weise allen Kindern und Jugendlichen einen niederschwelligen Zugang zu Beratung und Unterstützung in Krisensituationen". Deswegen sei es wichtig, sie rechtlich zu verankern und so für alle Schülerinnen zu sichern. Dies dürfe aber keinesfalls zulasten bestehender Angebote führen.

Larissa Meinunger, Deutscher Verein für öffentliche und private Vorsorge, wies daraufhin, dass die Schulsozialarbeit, abgesehen von der Frage ihrer rechtlichen Verankerung, vor allem einer inhaltlichen Neukonzeption bedürfe. Es brauche "einen deutlichen Auftrag, eine definierte Rolle und eine eindeutige Zuständigkeit", betonte Meinunger. "Die Schulsozialarbeit muss wachsen. Sie darf aber nicht wuchern." Gegenwärtig stünden jedoch die Probleme der rechtlichen Verortung und strukturellen Zuordnung einem "konzentrierten Ausbau" der Schulsozialarbeit entgegen. Hier sollten Schule und Jugendhilfe zusammenarbeiten. Erste Landeskonzepte gebe es bereits, aber nicht überall. Es sei daher gut, dass sich der Bund des Themas jetzt annehmen, so die Sachverständige. (sas)

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2. Schäden am Schiffshebewerk Scharnebeck

Verkehr und digitale Infrastruktur/Antwort

Berlin: (hib/HAU) Die Betonschäden am Schiffshebewerk Scharnebeck (Westtrog) sind nach Aussage der Bundesregierung auf eine Alkali-Kieselsäure-Reaktion (AKR) zurückzuführen. Das geht aus der Antwort der Regierung (19/14832) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (19/14491) hervor. Der zur Bauzeit verwendete Ostseekies enthält demnach Kieselsäurebestandteile, die mit in der Porenlösung des erhärteten Betons enthaltenen Alkalihydroxiden (NaOH, KOH) und Feuchtigkeit reagieren. Das sich bildende Gel lasse durch Volumenvergrößerung den Beton reißen und sprenge diesen ab, schreibt die Bundesregierung.

Das Wasserschifffahrtsamt (WSA) Uelzen habe in Zusammenarbeit mit dem Bauhof die Wartungsintervalle für den in Betrieb befindlichen Osttrog so weit angepasst, dass dieser nach derzeitigem Ermessen der Schifffahrt "zuverlässig und im größtmöglichen zeitlichen Umfang" zur Verfügung steht, heißt es in der Antwort weiter. Im letzten Jahr (2018) habe der Osttrog, "der bereits von 2010 bis 2012 saniert wurde und somit in einem entsprechend guten Zustand ist", den gesamten Verkehr abgewickelt. Insgesamt seien 14.280 Schleusungen für 17.414 Fahrzeuge mit 8,5 Millionen Ladungstonnen durchgeführt worden, "ohne dass es zu nennenswerten Störungen kam". Seitens des WSA Uelzen werde alles dafür getan, die Zuverlässigkeit und Nutzbarkeit des Bauwerks auch in Zukunft zu gewährleisten und damit die Befahrbarkeit des Elbe-Seitenkanals sicherzustellen, schreibt die Regierung.

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3. Baubeginn Ortsumfahrung Coswig unklar

Verkehr und digitale Infrastruktur/Antwort

Berlin: (hib/HAU) Angesichts des frühen Planungsstadiums und der noch durchzuführenden Planungs- und Verfahrensschritte sind der Bundesregierung Aussagen zum Baubeginn des Straßenbauprojektes Ortsumfahrung Coswig-Griebo nicht möglich. Das geht aus der Antwort der Regierung (19/14835) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (19/14352) hervor.

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4. Schwerguttransporte mit dem Binnenschiff

Verkehr und digitale Infrastruktur/Antwort

Berlin: (hib/HAU) Ein Ziel im Masterplan Binnenschifffahrt der Bundesregierung ist es, Schwergut- und Großraumtransporte mit dem Binnenschiff zu stärken. Das geht aus der Antwort der Regierung (19/14836) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/14322) hervor. Die Voraussetzungen für eine Verlagerung von Verkehren in diesem Transportsegment auf die Wasserstraße würden in einer interdisziplinären Arbeitsgruppe erarbeitet, schreibt die Regierung. Erste Ergebnisse hierzu seien für 2020 zu erwarten.

Mit Blick auf die geplante beschleunigte Realisierung der "Abladeoptimierung am Mittel- und Niederrhein" heißt es in der Antwort: Die geplanten Fahrrinnenanpassungen am Mittel- und Niederrhein erhöhten die Ablademöglichkeiten der Schifffahrt bei Niedrig- und Mittelwasser. Die Einschränkungen bei Niedrigwasserperioden werde verringert und die Wettbewerbsfähigkeit des Binnenschiffs gestärkt, schreibt die Bundesregierung.

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5. FDP fragt nach Kunstrasenplätzen

Sport/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HAU) Die Zukunft der Kunstrasenplätze thematisiert die FDP-Fraktion in einer Kleinen Anfrage (19/15624). Aufgrund der ausgeprägten Nutzung von Rasenplätzen, insbesondere durch Fußballvereine, hätten viele Sportvereine in Kunstrasenplätze investiert, schreiben die Abgeordneten. Diese seien kostengünstig, ganzjährig bespielbar und leicht zu pflegen. Allerdings könnten Kunstrasenplätze mit Gummigranulat durch eine Regelung der Europäischen Union im schlimmsten Fall ab 2022 nicht mehr zulässig sein, heißt es in der Vorlage. Da aktuell keine preiswerten, verfügbaren Ersatzmöglichkeiten bestünden, ziehe dies eine große finanzielle Belastung für die Sportvereine mit sich, die kaum zu bewältigen sei, urteilt die FDP-Fraktion. "Die Auswirkungen eines Verbots von Kunstrasenplätzen würden tausende Sportvereine betreffen und den sportlichen Betrieb schwer einschränken", schreiben die Liberalen.

Die Bundesregierung wird daher gefragt, welche Kenntnisse sie über Äußerungen der Europäischen Kommission oder anderer EU-Institutionen zu einem möglichen Verbot von Kunstrasenplätzen oder einzelnen Bestandteilen solcher Anlagen besitzt. Wissen will die FDP-Fraktion auch, ob die Bundesregierung eine Förderung zur Finanzierung der Umrüstung von Kunstrasenplätzen, die mit Gummigranulat verfüllt sind, plant.

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6. Ausbildungsbereitschaft von Kleinbetrieben

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Antwort

Berlin: (hib/ROL) Klein- und Kleinstbetriebe bilden immer weniger junge Menschen aus. Dafür nennt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/15286) auf die Kleine Anfrage der AfD (19/14635) mehrere Gründe. Neben den allgemein rückläufigen Bewerberzahlen seien es vor allem die Folgen der steigenden Bildungsbeteiligung, die zu weniger Ausbildungsverträgen führen würden. Die rückläufigen Ausbildungsquoten der Klein- und Kleinstbetriebe, die deutlich früher einsetzten als in den anderen Betriebsgrößenklassen, korrelierten in hohem Maße mit den Rückgängen im Anteil an Schulabsolventinnen und Schulabsolventen mit Hauptschulabschluss, deren Anteil zwischen 1999 und 2017 von 28,2 Prozent auf 17,3 Prozent gefallen ist. Die Bundesregierung betont, dass der Rückgang der Ausbildungsbeteiligung von Kleinst- und Kleinbetrieben nichts mit einem Rückgang der Ausbildungsbereitschaft zu tun habe.

Die Bundesregierung betont dennoch, dass sie keine Herausbildung eines Ausbildungsmonopols auf Seiten der Großunternehmen sieht. Nach wie vor stelle der Mittelstand, und hier insbesondere die kleineren und größeren mittelständischen Betriebe und Unternehmen, den Großteil der an der Ausbildung von Nachwuchskräften beteiligten Betriebe.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 1422 - 16. Dezember 2019 - 17.00 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Dezember 2019

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