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BUNDESTAG/9290: Heute im Bundestag Nr. 1440 - 18.12.2019


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 1440
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 18. Dezember 2019, Redaktionsschluss: 16.50 Uhr

1. Expertenkritik an Kassenreformgesetz
2. Akzeptanz für Athleten Deutschland
3. Datei zu Extremismus-Bekämpfung
4. Umsetzung der Digitalstrategie
5. Voraussichtliche Zuwanderungszahl
6. Verbändebeteiligung an Gesetzgebung
7. Technologie chinesischer Unternehmen


1. Expertenkritik an Kassenreformgesetz

Gesundheit/Anhörung

Berlin: (hib/PK) Die geplante Neujustierung des Finanzausgleichs der Krankenkassen wird von Gesundheitsexperten unterstützt, jedoch werden einige Regelungen des Gesetzentwurfs (19/15662) kritisch hinterfragt. Das zeigte sich am Mittwoch in einer Anhörung des Gesundheitsausschusses zu der Vorlage. Die Experten äußerten sich in der Anhörung sowie in schriftlichen Stellungnahmen.

Mit der Reform des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs (Morbi-RSA) soll der Finanzausgleich zwischen den Krankenkassen zielgenauer ausgestaltet werden. Mit der Novelle sollen zudem Versuche von Kassen unterbunden werden, die Diagnosen der Ärzte zu beeinflussen. Wenn sich Diagnosekodierungen bei bestimmten Krankheiten auffällig erhöhen, sollen die Kassen dafür keine Zuweisungen mehr bekommen. Auch sollen generell vertragliche Regelungen künftig unzulässig sein, bei denen bestimmte Diagnosen als Voraussetzung für die Vergütung vorgesehen werden.

Beim GKV-Spitzenverband wird außerdem ein Lenkungs- und Koordinierungsausschuss (LKA) geschaffen, der mit Vorstandsmitgliedern der Krankenkassen besetzt werden soll. Damit soll die operative Anbindung des Spitzenverbandes an die Kassen gestärkt werden.

Der Sachverständige Uwe Klemens, zugleich alternierender Vorsitzender des Verwaltungsrates des GKV-Spitzenverbandes, hält diese Neuregelung für einen schweren Eingriff in die Selbstverwaltung. Der Vorstand des Verbandes werde schon durch den Verwaltungsrat überwacht. Vertreter des Spitzenverbandes schlugen in der Anhörung vor, ein beratendes statt entscheidendes Gremium zu schaffen.

Der Mediziner Werner Baumgärtner sieht das Verbot von Diagnosen in Versorgungsverträgen kritisch. Offenbar diene die Reform des Morbi-RSA allein der Abwehr von Manipulationen. Die geplante Regelung sei unverhältnismäßig und greife substanziell in die Gestaltung der Versorgungsverträge ein. Damit würden Versorgungskonzepte konterkariert, die Experten sei Jahren forderten, um Koordinations- und Steuerungsdefizite im Gesundheitswesen abzubauen.

Auch die Bundesärztekammer (BÄK) sieht Korrekturbedarf beim Umgang mit Versorgungsformen. Durch die geplanten Änderungen würden jahrelang erarbeitete und gelebte innovative Versorgungsansätze in den Regionen gefährdet. Die intendierte Entkoppelung von Diagnosen in Versorgungsverträgen würde sich kontraproduktiv auswirken.

Der DGB merkte an, die geplanten Vorhaben beträfen wesentliche Grundlagen der Gesundheitsversorgung und seien daher in ihrer Tragweite nicht zu unterschätzten. Die meisten Ansätze zur Reform des Morbi-RSA würden auch begrüßt. Ob mit der Regionalkomponente mehr Gerechtigkeit in der Kostendeckung und Zielgenauigkeit erreicht werden könne, sei jedoch im Voraus nicht eindeutig zu beurteilen.

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2. Akzeptanz für Athleten Deutschland

Sport/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Die Akzeptanz des im Jahr 2017 gegründeten Vereins "Athleten Deutschland" bei den Sportverbänden in Deutschland ist aktuell unterschiedlich ausgeprägt. Das machte Johannes Herber, Geschäftsführer von Athleten Deutschland, am Mittwoch vor dem Sportausschuss deutlich. Es gebe Verbände, die ihm sehr offen und von der Idee des Vereins angetan gegenübertreten würden, "weil sie wissen, dass eine starke Athletenstimme auch ihnen Mehrwert bringt". Gleichzeitig gebe es Verbände, die den Kontakt ablehnten. Herber konstatierte eine gewisse Unsicherheit gegenüber dem neuen Akteur. Es fehle an Vertrauen, sagte der ehemalige Basketball-Nationalspieler. Durch seine gute Arbeit wolle der Verein aber zeigen, "dass es sich lohnt, mit uns zu arbeiten".

Mit der Führung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) habe er gute Gespräche geführt, sagte Herber. Es habe sich dabei gezeigt, dass die Zielstellungen sich oft überschneiden würden, wenngleich die Wege dorthin manchmal unterschiedlich seien. Für den DOSB, so Herber weiter, sei aber die beim DOSB angesiedelte Athletenkommission erster Ansprechpartner. Der Verein "Athleten Deutschland" bleibe bei gewissen Prozessen ausgeschlossen, obwohl sich der DOSB laut Herber eine starke Athletenvertretung wünsche, die er aber eher über den Verein bekommen könne.

Als Beispiel führte er die Aushandlung der Athletenvereinbarung für die Olympischen Sommerspiele in Tokio an, die der DOSB mit der Athletenkommission führe. Die Sportler, die dort säßen, Max Hartung und Jonathan Koch, seien aber aufgrund der eigenen Olympiavorbereitung oder beruflichen Verpflichtungen zeitlich und teils auch inhaltlich überfordert, sagte Herber. Genau aus solchen Gründen sei der Verein gegründet worden, betonte er und regte an, "Athleten Deutschland" in die Aushandlung der Athletenvereinbarung einzubeziehen.

Unterhalb des DOSB - in den einzelnen Verbänden - kann sich Herber eine Schulung und Befähigung der Athletensprecher durch seinen Verein vorstellen, um sie über ihre Rechte und Pflichten aufzuklären. In den Nominierungsgremien etwa müssten bei den meisten Verbänden Athletenvertreter eingebunden seien. Das sei aber in der Praxis nicht immer gegeben, auch weil die Athletenvertreter darüber nicht Bescheid wüssten.

Mit Blick auf die vorgenommene Satzungsänderung des Vereins, um das Verbandsklagerecht zu erhalten, sagte Herber, es gehe jetzt darum, auf die Liste der qualifizierten Einrichtungen aufgenommen zu werden. Der Antrag darauf sei gestellt und werde bearbeitet. Für den Verein könne die Möglichkeit des Verbandsklagerechts ein weiteres Werkzeug sein, sagte der Geschäftsführer. Es gebe aber noch keinen konkreten Plan, dieses Werkzeug für einen bestimmten Fall zu nutzen.

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3. Datei zu Extremismus-Bekämpfung

Inneres und Heimat/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/STO) Der Anwendungsbereichs des Rechtsextremismus-Datei-Gesetzes soll nach dem Willen der AfD-Fraktion "auf jede Form des gewaltbereiten politischen Extremismus" ausgedehnt werden, "also auch auf den Linksextremismus sowie auf den religiösen Extremismus, zum Beispiel dem islamistischen Extremismus". Dies geht aus einem Gesetzentwurf der Fraktion (19/16052) hervor, der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht.

Der Gesetzentwurf soll laut Fraktion zur Verbesserung des Informationsaustauschs zwischen den Behörden und damit "unmittelbar zur Verbesserung der Bekämpfung von gewaltbezogenem politischem und religiösem Extremismus und dessen Aufklärung" beitragen. Für den Bereich des gewaltbezogenen Rechtsextremismus sei mit dem Rechtsextremismus-Datei-Gesetz die Grundlage für einen verbesserten Informationsaustausch in diesem Bereich geschaffen worden, schreibt die Fraktion in der Begründung. Der Gesetzgeber habe es jedoch bis dato versäumt, eine entsprechende Gesetzesgrundlage auch für den gewaltbezogenen Linksextremismus sowie den religiösen Extremismus zu schaffen. Dieses Versäumnis solle durch den Gesetzentwurf beseitigt "und damit ein entscheidender Beitrag zur Verbesserung der inneren und äußeren Sicherheitslage in Deutschland geleistet" werden.

Der Gesetzesentwurf hält den Angaben zufolge inhaltlich an den Regelungen des Rechtsextremismus-Datei-Gesetzes weitestgehend fest. "Entscheidende Neuregelung" sei die Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Errichtung einer gemeinsamen Datei und deren Nutzung durch die Polizei und die Nachrichtendienste zur Verbesserung der Bekämpfung des gewaltbereiten politischen beziehungsweise religiösen Extremismus.

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4. Umsetzung der Digitalstrategie

Inneres und Heimat/Antwort

Berlin: (hib/STO) Um Maßnahmen zur Umsetzung der Digitalstrategie der Bundesregierung geht es in deren Antwort (19/15808) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (19/15425). Darin erkundigte sich die Fraktion nach Umsetzungsschritten zu der Maßnahme "Umfassende und sichere Digitalisierung der zirka 575 Verwaltungsdienstleistungen im Geltungsbereich des Onlinezugangsgesetzes". Wie die Bundesregierung dazu unter anderem schreibt, wird die Pilotleistung "Wohngeld" als Online-Dienst im Dezember 2019 zur Verfügung gestellt. Der Erstantrag "Mietzuschuss" aus dem OZG-Leistungsbündel "Wohngeld" werde "in sechs Pilotkommunen in Schleswig-Holstein live gehen."

"Anschließend wird der Online-Dienst weiter ausgerollt in Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und weiteren Ländern", führt die Bundesregierung weiter aus. Bürger könnten den Erstantrag für Mietzuschuss vollständig online ausfüllen. Der Antrag werde anschließend elektronisch an die zuständige Wohngeldbehörde übermittelt.

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5. Voraussichtliche Zuwanderungszahl

Inneres und Heimat/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) Den im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vereinbarten Korridor für die jährliche Zuwanderung nach Deutschland in Höhe von 180.000 bis 220.000 Personen thematisiert die Fraktion Die Linke in einer Kleinen Anfrage (19/15744). Darin erkundigt sich die Fraktion danach, welche aktuellen Zahlen und Einschätzungen der Bundesregierung im Zusammenhang mit dem im Koalitionsvertrag vereinbarten Zuwanderungskorridors derzeit vorliegen. Auch will sie unter anderem wissen, auf welche "ungefähre voraussichtliche Zuwanderungszahl" für das Jahr 2019 die Bundesregierung auf der Grundlage dieser Zahlen kommt.

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6. Verbändebeteiligung an Gesetzgebung

Inneres und Heimat/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) Die FDP-Fraktion will wissen, wie viele Referentenentwürfe von Gesetzen die Bundesregierung in der laufenden Legislaturperiode beteiligten Verbänden zur Stellungnahme übermittelt hat. Auch erkundigt sie sich in einer Kleinen Anfrage (19/15797) danach, wie viel Zeit den beteiligten Verbänden für eine Stellungnahme bei den in der laufenden Legislaturperiode vorgelegten Referentenentwürfen durchschnittlich eingeräumt wurde. Ferner fragt sie unter anderem, bei welchen Gesetzentwürfen in der laufenden Legislaturperiode "die Frist zur Stellungnahme zum Zeitpunkt des Referentenentwurfes für beteiligte Verbände sieben Tage oder weniger" betrug.

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7. Technologie chinesischer Unternehmen

Inneres und Heimat/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) Den "Einsatz der Technologie chinesischer Unternehmen in Projekten und Infrastruktur von Bundesministerien und Bundesbehörden" thematisiert die FDP-Fraktion in einer Kleinen Anfrage (19/15796). Darin erkundigt sie sich danach, welche chinesischen Unternehmen oder Unternehmen in chinesischem Privat- oder Staatsbesitz als Lieferanten beziehungsweise als Zulieferer für digitale Infrastruktur der Bundesregierung, der Bundesministerien und Bundesbehörden Aufträge erhalten haben. Auch will sie unter anderem wissen, welche der im Rahmen dieser Aufträge gelieferten Produkte sich derzeit im Einsatz befinden.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 1440 - 18. Dezember 2019 - 16.50 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Dezember 2019

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