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BUNDESTAG/9719: Heute im Bundestag Nr. 412 - 22.04.2020


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 412
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 22. April 2020, Redaktionsschluss: 14.49 Uhr

1. Abfallrückholung aus der Asse II
2. FDP: Elterngeld an Corona-Krise anpassen
3. Bessere Gesundheitsleistungen
4. Korrekturbitten der GZD im August 2019
5. Ersatzleistung für Thomas-Cook-Kunden
6. Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen


1. Abfallrückholung aus der Asse II

Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit/Anhörung

Berlin: (hib/LBR) Die Rückholung der radioaktiven Abfälle aus der Schachtanlage Asse II bei Wolfenbüttel in Niedersachsen ist eine Problematik, die die Gesellschaft noch viele Jahrzehnte begleiten wird. Das wurde beim öffentlichen Fachgespräch des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit am Mittwochvormittag deutlich. Für die Asse bei Remlingen in der in 13 Kammern rund 126.000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktiven Abfällen liegen, gibt es den gesetzlichen Auftrag einer unverzüglichen Stilllegung.

Der Mitte April vorgelegte Rückholplan der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) wurde von den Sachverständigen online eingeschätzt und diskutiert. Im Ausschusssaal versammelten sich - mit Sicherheitsabstand - nur wenige Abgeordnete. Die Sachverständigen äußerten sich größtenteils per Videokonferenz. "Wir haben es mit einem ehemaligen Bergwerk zu tun, das sich zusammenneigt und einen ständigen Wasserzufluss hat", beschrieb die Vorsitzende Sylvia Kotting-Uhl (Bündnis 90/Die Grünen) die komplexe Problematik.

Für die Bundesgesellschaft für Endlagerung betonten die Sachverständigen Stefan Studt und Thomas Lautsch, dass mit dem kürzlich vorgelegten Rückholplan der Dialog mit den Genehmigungsbehörden begonnen werde. Der Bericht stelle ein "geschlossenes Gesamtkonzept dar", oberstes Gebot sei die Sicherheit der Bevölkerung und der Beschäftigten, sagte Lautsch. Für die Rückholung der Abfälle seien nicht nur ein Rückholbergwerk sondern auch der Bau einer Abfallbehandlungsanlage mit einem Zwischenlager notwendige Voraussetzungen.

Der Bau des Rückholbergwerks solle nach aktueller Planung im Jahr 2023 starten. Zehn Jahre später solle mit der Bergung der Abfälle aus der Asse begonnen werden, berichtete Studt. Der Plan werde zudem stetig fortgeschrieben, sodass er der gebotenen Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit, dem Bund, dem Land und der Region diene. "Derzeit werden Daten von Schallwellen, die man untertage gesandt hat, sortiert, prozessiert und ab 2021 interpretiert", berichtete Lautsch weiter. Diese Ergebnisse sollen in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 vorliegen.

Der Minister für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz in Niedersachsen, Olaf Lies (SPD), befand den Rückholplan als stringent: "Das, was wir vorliegen haben, eröffnet die Chance, den Zeitplan nachzuvollziehen", sagte Lies. Wichtig sei es, die wesentlichen Schritte bis zum Beginn der Rückholung der Abfälle und mögliche Verzögerungen nachvollziehbar für die Öffentlichkeit zu machen und für Fragen zur Verfügung zu stehen. Lies verwies darauf, dass an einzelnen Stellen derzeit noch Details fehlten. Auch von prüffähigen Genehmigungsunterlagen und -verfahren sei man derzeit noch entfernt, sagte er. Er betonte, dass in der Konzentrationswirkung der "Lex Asse" eine große Chance stecke - es brauche aber auch die nötige Finanz- und Personalausstattung.

Die Asse habe "starke Bilder des Scheiterns der Endlagerung erzeugt", die über die Region hinaus strahlten, sagte Wolfram König vom Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE). Dem müssten nun "starke Bilder des Gelingens" entgegengesetzt werden. Es müsse gemeinschaftlich daran gearbeitet werden, zügig Sicherheiten herzustellen und trotz Unwägbarkeiten und offenen Fragen im Forschungs-, Entwicklungs- und Genehmigungsbereich voranzukommen, forderte er. Die Rückholung in 13 Jahren sei ein "ehrgeiziges Ziel". Der Plan führe Bausteine sinnvoll zusammen, nun brauche es einen belastbaren Zeitplan mit Meilensteinen, sagte König.

Andreas Sikorski vom Niedersächsischen Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) erklärte, dass das LBEG die Rolle als Bergbehörde und als geologischer Dienst wahrnehme. Die vergangenen Jahre habe man sich der Frage gewidmet wie das Bergwerk zu stabilisieren sei und wie Sorge getragen werden könne, dass die Gewässer ordnungsgemäß entsorgt werden. Das LBEG begrüße den Plan der BGE, das Vorhaben sei aber "höchst ambitioniert" und stelle für Ingenieure eine große Herausforderung da, sagte Sikorski. "Wichtig ist in diesem Verfahren, wesentlich mehr Transparenz und Verständlichkeit in das Vorhaben bringen", forderte auch er. Das Zusammenspiel zwischen Bund und Land und Zivilgesellschaft müsse zielgerecht vorangebracht werden.

Für die Zivilgesellschaft und die kommunale Vertretung kritisierte Christiane Jagau (Asse-2-Begleitgruppe) das derzeitige Vorgehen. "Ein marodierendes Bergwerk, das weder die Auflagen des Berg- noch des Atomrechts erfüllen kann, eine Atomanlage ohne Notfallkonzept, das ist weltweit einzigartig", sagte sie. Jagau stellte die Historie des Bergwerks ab 1900 dar und nannte die Inbetriebnahme rechtswidrig. "Salz wurde bis weit über Grenzen abgebaut und Stützpfeiler wurden zu schwach", sagte sie. Nachdem 1964 der Betrieb eingestellt wurde und das Bergwerk verkauft wurde, seien Wassereintritte festgestellt worden. Trotzdem sei dort Atommüll eingelagert und die Asse wie ein Endlager nach Atomrecht behandelt worden, sagte Jagau. Es gebe Fässer, die im Salzwasser absaufen könnten. Es sei zudem fraglich, ob die Salzlösung im Bergwerk gehalten werden könne, mahnte Jagau. Es sei daher höchste Zeit, mit der Bergung von Fässern aus verhältnismäßig leicht zugänglichen Kammern zu beginnen, forderte sie.

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2. FDP: Elterngeld an Corona-Krise anpassen

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Antrag

Berlin: (hib/AW) Nach dem Willen der FDP-Fraktion sollen während der Corona-Krise Änderungen beim Elterngeld vorgenommen werden, um Familien vor finanziellen Risiken zu schützen. In einem Antrag (19/18670) fordert sie die Bundesregierung auf, den Bezug des Elterngeldes zu verlängern, wenn sich die Aufnahme von Kindern in einer Betreuungseinrichtung wegen deren Schließung verschiebt. Zudem soll der Zeitkorridor des Partnerschaftsbonus für Alleinerziehende angepasst und der Anspruch von Elterngeld-Beziehern auf den Partnerschaftsbonus auch bei Erhalt von Krankengeld garantiert werden. Ebenso sprechen sich die Liberalen dafür aus, dass Insolvenz- und Krankengeld bei der Berechnung des Elterngeldes vollständig berücksichtigt und Nachteile bei der Berechnung des Elterngeldes durch den Bezug von Kurzarbeitergeld vollständig ausgeglichen werden.

Unabhängig von der Corona-Krise plädiert die FDP-Fraktion für eine Ausweitung des Anspruchs auf Elterngeld auf Pflegeeltern, die ein Pflegekind in Vollzeit aufnehmen. Berücksichtigt werden soll zudem die besondere Situation bei Frühgeburten. So soll der Elterngeldbezug um die Zeitspanne zwischen tatsächlicher Geburt und dem errechneten Geburtstermin verlängert werden. Die Fraktion spricht sich zudem für kurze und angemessene Bearbeitungszeiten bei Anträgen auf Elterngeld und die Zahlung von Erstattungszinsen ab der achten Woche nach Antragstellung aus.

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3. Bessere Gesundheitsleistungen

Gesundheit/Antwort

Berlin: (hib/PK) Die in den zurückliegenden Jahren beschlossenen Leistungausweitungen in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind aus Sicht der Bundesregierung notwendig gewesen. Leistungen der GKV müssten angepasst und erweitert werden, um dem Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen, heißt es in der Antwort (19/18438) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/17907) der FDP-Fraktion.

Dabei werde auch die Ausgabenentwicklung in der GKV laufend beobachtet. Trotz zahlreicher Leistungsverbesserungen und deutlich gestiegener Versichertenzahlen seien die Ausgaben nur moderat gestiegen. Die Reserven bei den Krankenkassen lagen den Angaben zufolge Ende 2019 bei insgesamt rund 19,8 Milliarden Euro. Der Gesundheitsfonds verfügte im Januar 2020 über eine Liquiditätsreserve von rund 10,2 Milliarden Euro.

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4. Korrekturbitten der GZD im August 2019

Finanzen/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Aus welchen Anlässen die Generalzolldirektion (GZD) im August 2019 bei Medien mit oder ohne Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe um Korrekturen von Berichterstattungen habe ersuchen lassen, will die AfD-Fraktion in einer Kleinen Anfrage (19/18410) von der Bundesregierung erfahren.

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5. Ersatzleistung für Thomas-Cook-Kunden

Recht und Verbraucherschutz/Antwort

Berlin: (hib/MWO) Die Bundesregierung will eine Neuregelung der Insolvenzsicherung im Reiserecht erarbeiten und beabsichtigt, Reformpläne bereits im Frühjahr 2020 vorzulegen. Das schreibt sie in ihrer Antwort (19/18377) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (19/17689), zum Thema Ersatzleistung für die Reisekunden des insolventen Unternehmens Thomas Cook und dessen Subunternehmen. Den Angaben zufolge werden verschiedene Modelle geprüft, wobei insbesondere Versicherungslösungen, Sicherungsfonds oder Kombinationen dieser Modelle in Betracht kämen. Ziel der Bundesregierung sei es, dass Pauschalreisende im Falle künftiger Insolvenzen umfassend durch die Insolvenzsicherung des jeweiligen Reiseveranstalters geschützt sind. Die Details würden noch geprüft. Wie die Bundesregierung weiter schreibt, beabsichtigt sie im Zuge der Umsetzung ihrer Ausgleichszahlungszusage, den Betroffenen zeitnah ein kostenfreies onlinebasiertes Verfahren zur Anmeldung und Abwicklung bereitzustellen.

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6. Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen

Recht und Verbraucherschutz/Antwort

Berlin: (hib/MWO) Mit der verwaltungsbehördlichen Umsetzung des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen befasst sich die Antwort der Bundesregierung (19/18376) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (19/17725). Den Angaben zufolge waren zum Stichtag 31. August 2019 im Ausländerzentralregister (AZR) 153 in Deutschland lebende minderjährige Personen mit dem Familienstand "verheiratet" gespeichert. Alle 153 Personen seien zwischen 16 und unter 18 Jahre alt gewesen. Von den 153 im AZR gespeicherten Personen seien 141 weiblich gewesen, 147 seien ab dem Jahr 2015 nach Deutschland eingereist. Die jeweils zuständige Verwaltungsbehörde könne der Übersicht über die landesrechtlichen Zuständigkeitsregelungen entnommen werden.

Zur Frage, in wie vielen Fällen seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen solche wieder aufgehoben wurden, verweist die Bundesregierung auf ihre Antwort auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 19/15704. Ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen die Bundesregierung zur Erfassung aller in Deutschland bestehenden Kinderehen, einschließlich der Dunkelziffer, plane, werde nach der Evaluierung des Gesetzes, die bis zum 22. Juli 2020 durchgeführt werde, geprüft werden

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 412 - 22. April 2020 - 14.49 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. April 2020

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