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BUNDESTAG/9813: Heute im Bundestag Nr. 506 - 15.05.2020


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 506
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Freitag, 15. Mai 2020, Redaktionsschluss: 09.10 Uhr

1. AfD kritisiert Bußgeldkatalog-Verordnung
2. FDP kritisiert Führerscheinfalle
3. Indikatoren für Clankriminalität
4. Einordnung von Straftaten
5. Entschädigungen für vorzeitiges Kohle-Aus
6. CO2-Ziele der Bundesregierung
7. Korrekturbitten der BAM


1. AfD kritisiert Bußgeldkatalog-Verordnung

Verkehr und digitale Infrastruktur/Antrag

Berlin: (hib/HAU) Die AfD-Fraktion verlangt die "Rückkehr zur alten Bußgeldkatalog-Verordnung". In einem Antrag (19/19157), den der Bundestag erstmals am Freitag berät, wird die Bundesregierung aufgefordert, die Bestimmungen des Artikels 3 der 54. Verordnung zur Änderung der Bußgeld-Katalog-Verordnung vom 20. April 2020 außer Kraft zu setzen. Ausgenommen von dieser Forderung seien jene Teile, "die sich auf das innerörtliche Rechtsabbiegen von Lkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 3,5 Tonnen an Stellen, an denen mit Rad- und Fußgängerverkehr gerechnet werden muss, sowie die unerlaubte Nutzung einer Rettungsgasse, beziehen", schreiben die Abgeordneten.

Den Neuregelungen des Bußgeldkatalogs zur Straßenverkehrsordnung (StVO) seit dem 28. April 2020 lägen keinerlei Erkenntnisse über tatsächliche Gefahrenlagen, die sich als dringend zu entschärfen herausgestellt hätten, zugrunde, heißt es in der Vorlage. Sie folgten vielmehr der seit Jahren von der Bundesregierung praktizierten Grundhaltung, "den Bürgern in Deutschland erst Probleme, die es zuvor nicht gab, zu schaffen, statt die tatsächlich bestehenden zu lösen". Tatsächlich sei die Zahl der Unfallopfer in Deutschland seit Jahrzehnten rückläufig und habe trotz des massiv zunehmenden Verkehrsgeschehens, etwa durch starken Transitverkehr und stetige Bevölkerungszunahme, im vergangenen Jahr auf dem niedrigsten Stand seit Beginn der Aufzeichnung gelegen.

Mit den Bußgeldvorgaben würden die Bürger in Deutschland in ihrer Eigenschaft als Kraftfahrzeugführer unverhältnismäßig für kleinste Unaufmerksamkeiten, die häufig keinerlei Gefahrenlage begründeten, "kriminalisiert und mit hohen Bußen belegt", urteilen die Abgeordneten. So genüge seit dem 28. April 2020 eine Geschwindigkeitsüberschreitung von nur 21 km/h, statt bisher 31 km/h, innerorts, um neben einer Geldbuße und einem Punkt im Verkehrszentralregister auch einen Monat lang mit einem Fahrverbot belegt zu werden. Außerorts gelte nun das Gleiche ab einer Überschreitung von 26 km/h mehr, statt bisher 41 km/h, gegenüber der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit.

Kritisiert wird auch das von 20 Euro auf 55 Euro hochgesetzte Bußgeld für das Parken auf Geh- und Radwegen. Für den Fall, dass damit eine Behinderung oder Gefahr einhergeht, betrage das Bußgeld sogar bis zu 100 Euro und einen Punkt im Zentralregister, schreibt die AfD-Fraktion. Ähnliches gelte für Parken oder Halten in zweiter Reihe, wobei dies sogar - für den Fall einer Behinderung, Gefährdung oder Sachbeschädigung - eine Buße von bis zu 110 Euro und einen Punkt nach sich ziehen könne. Das Halten auf sogenannten Fahrradschutzstreifen, "obwohl dies oft die einzige Möglichkeit zum Be- und Entladen eines Fahrzeugs bildet", sei seit 28. April 2020 gar nicht mehr zugelassen und Zuwiderhandlungen würden mit 55 Euro Geldbuße belegt, heißt es in dem Antrag.

Sinnvoll und gerechtfertigt sind aus Sicht der AfD-Fraktion allein die neuen Bußgeldvorgaben "soweit das unberechtigte Nutzen einer Rettungsgasse ebenso geahndet wird, wie eine solche nicht zu bilden, und Lkw-Fahrer eine Buße zu zahlen haben, wenn sie dort, wo mit Fußgänger- und Radverkehr zu rechnen ist, beim Rechtsabbiegen nicht mit Schrittgeschwindigkeit fahren".

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2. FDP kritisiert Führerscheinfalle

Verkehr und digitale Infrastruktur/Antrag

Berlin: (hib/HAU) Die FDP-Fraktion verlangt von der Bundesregierung, die im Rahmen der Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) in Kraft getretenen Strafverschärfungen bei Geschwindigkeitsüberschreitungen "gemeinsam mit dem Bundesrat" zurückzunehmen. In einem Antrag (19/19128), der am Freitag durch den Bundestag beraten wird, schreiben die Abgeordneten, die neuen Sanktionen für zu schnelle Geschwindigkeit stellten eine "echte Führerscheinfalle" dar. Schon bei Geschwindigkeitsüberschreitungen von 21 km/h innerorts beziehungsweise 26 km/h außerorts drohe sofort ein Fahrverbot von einem Monat. Vormals habe diese schwere Sanktion erst bei 26 km/h und auch nur bei Wiederholungstätern gegriffen. "Das kommt für viele Bürger, die beruflich auf ihr Auto angewiesen sind, einem stets drohenden temporären Berufsverbot gleich", schreiben die Liberalen.

Die Abgeordneten machen in dem Antrag deutlich, dass sie die StVO-Novelle nicht grundsätzlich ablehnen. Es sei unumstritten, dass riskantes und andere Verkehrsteilnehmer gefährdendes Verhalten auch einer entsprechenden Sanktionierung bedarf, heißt es in der Vorlage. Dazu gehörten deutliche Bußgelderhöhungen für das Nichtbilden von Rettungsgassen bei Rettungseinsätzen auf Autobahnen ebenso wie die Pflicht zur Schrittgeschwindigkeit bei Rechtsabbiegevorgängen von Lkw.

Nachdem über viele Jahre die Bußgelder für verschiedene Formen des Falschparkens nicht angepasst wurden, sei eine mäßige Anhebung auch in diesem Bereich sicherlich vertretbar, heißt es weiter. Allerdings müssten Bußgelderhöhungen und die Sanktion mit Punkten im Fahreignungsregister "immer mit Augenmaß geschehen und müssen dem Vergehen gegenüber angemessen sein". Verschärfungen dürften auch nicht den Eindruck der Willkür oder des reinen Abkassierens der Bürger erwecken, macht die FDP-Fraktion deutlich.

In der Novelle seien aber Bußgelder für Park- oder Halteverstöße teilweise mehr als verdoppelt und die Sanktionierung mit Punkten im Fahreignungsregister ebenfalls ausgeweitet worden. So drohe beispielsweise Kurierdiensten, die mangels adäquater Parkmöglichkeiten kurz in zweiter Reihe halten um ein Paket auszuliefern, zukünftig statt 20 Euro ein Bußgeld in Höhe von 55 Euro. Komme es dabei zu einer Behinderung, so erhöhe sich das Bußgeld auf 70 Euro und einen Punkt im Fahreignungsregister, schreiben die Liberalen. Sie machen zugleich darauf aufmerksam, dass auch Fahrradfahrer mit deutlich höheren Strafen rechnen müssten. Die unerlaubte Nutzung eines Gehwegs, "ohne Behinderung oder Gefährdung", koste statt 15 nun 55 Euro.

Die FDP-Fraktion verlangt daher von der Bundesregierung, Bußgelderhöhungen für Vergehen ohne Behinderung, Gefährdung oder Schadensfälle auf ihre Verhältnismäßigkeit zu prüfen und gemeinsam mit dem Bundesrat zurückzunehmen beziehungsweise zu verringern.

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3. Indikatoren für Clankriminalität

Inneres und Heimat/Antwort

Berlin: (hib/STO) Zuordnungskriterien und Indikatoren für sogenannte Clankriminalität nennt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/18979) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (19/18465). Danach ist Clankriminalität "die Begehung von Straftaten durch Angehörige ethnisch abgeschotteter Subkulturen" und "geprägt von verwandtschaftlichen Beziehungen, einer gemeinsamen ethnischen Herkunft und einem hohen Maß an Abschottung der Täter, wodurch die Tatbegehung gefördert oder die Aufklärung der Tat erschwert wird". Dies gehe einher mit einer eigenen Werteordnung und der prinzipiellen Ablehnung der deutschen Rechtsordnung.

Dabei kann Clankriminalität der Antwort zufolge mehrere Indikatoren aufweisen. Dazu zählen laut Vorlage "eine starke Ausrichtung auf die zumeist patriarchalisch-hierarchisch geprägte Familienstruktur" sowie "eine mangelnde Integrationsbereitschaft mit Aspekten einer räumlichen Konzentration", ferner "das Provozieren von Eskalationen auch bei nichtigen Anlässen oder geringfügigen Rechtsverstößen", die "Ausnutzung gruppenimmanenter Mobilisierungs- und Bedrohungspotenziale" und ein "erkennbares Maß an Gewaltbereitschaft".

Zugleich verweist die Bundesregierung darauf, dass es sich dabei noch nicht um eine bundesweit einheitliche Definition für Clankriminalität handele. "Die in einigen Ländern existierenden Definitionen oder definitorischen Ansätze bleiben davon weiterhin unberührt. Die Erstellung einer bundesweit einheitlichen Definition ist geplant", heißt es in der Antwort weiter.

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4. Einordnung von Straftaten

Inneres und Heimat/Antwort

Berlin: (hib/STO) Die Einordnung von Straftaten als "extremistisch" oder "terroristisch" ist ein Thema der Antwort der Bundesregierung (19/18932) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/18417). Danach orientiert sich der Begriff "extremistische Kriminalität" am Extremismusbegriff der Verfassungsschutzgesetze des Bundes und der Länder und dazu vorhandener Rechtsprechung.

Erforderlich ist eine einheitliche Bewertung extremistischer Straftaten, wie die Bundesregierung ausführt. Die mit politisch motivierter Kriminalität befassten Dienststellen der Polizei nehmen den Angaben zufolge zunächst eine eigene Bewertung vor, ob Straftaten einen extremistischen Hintergrund haben. In Zweifelsfällen fragen sie darüber hinaus laut Vorlage bei den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder an, um deren abschließende Bewertung zu erhalten.

"Terrorismus ist über die terroristische Vereinigung (Paragrafen 129a, 129b des Strafgesetzbuches [StGB]) gesetzlich bestimmt", heißt es in der Antwort weiter. Jedes Delikt, das in Verfolgung der Ziele einer terroristischen Vereinigung oder zu deren Aufrechterhaltung begangen wird, ist danach "eine (eigene) terroristische Straftat". Als Terrorismus werden darüber hinaus laut Bundesregierung "schwerwiegende politisch motivierte Gewaltdelikte (Katalogtaten des Paragrafen 129a StGB) angesehen, die im Rahmen eines nachhaltig geführten Kampfes planmäßig begangen werden, in der Regel durch arbeitsteilig organisierte und verdeckt operierende Gruppen".

Weiterhin werden der Vorlage zufolge die Strafgesetzbuch-Paragrafen 89a ("Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat"), 89b ("Aufnahme von Beziehungen zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat"), 89c ("Terrorismusfinanzierung") und 91 ("Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat") dem Terrorismus zugeordnet.

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5. Entschädigungen für vorzeitiges Kohle-Aus

Wirtschaft und Energie/Antwort

Berlin: (hib/PEZ) Betreiber von Braunkohlekraftwerken können für das vorzeitige Aus ihrer Anlagen mit Entschädigungsleistungen von 2,6 Milliarden Euro im Rheinischen Revier und 1,75 Milliarden Euro in der Lausitz rechnen. Dies sei das Ergebnis aus Gesprächen mit Betreibern und der Bund-Länder-Einigung, erklärt die Bundesregierung in der Antwort (19/18987) auf eine Kleine Anfrage (19/17674) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Nach ihrer Auffassung entspreche die Höhe der Entschädigungen den verfassungs- und auch den haushaltsrechtlichen Anforderungen an eine angemessene Entschädigung der Betreiber von Braunkohleanlagen. Die Zahlungen erfolgten, um etwaige wirtschaftliche Nachteile abzugelten. Einzelheiten seien abhängig von der vertraglichen Ausgestaltung im noch zu verhandelnden öffentlich-rechtlichen Vertrag. Wichtig sei, dass die Beträge auch für die vollständige Kostendeckung von Wiedernutzbarmachung und Rekultivierung der Tagebaue verwendet werden.

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6. CO2-Ziele der Bundesregierung

Wirtschaft und Energie/Antwort

Berlin: (hib/PEZ) Die Bundesregierung hält das Erreichen der Klimaziele für 2022 auf Basis des Kohleausstiegsgesetzes für realistisch. Man werde kontinuierlich evaluieren, ob die erzielten Treibhausgasminderungen den Vorgaben des Bundes-Klimaschutzgesetzes entsprechen, erklärt sie in der Antwort (19/18988) auf eine Kleine Anfrage (19/18000) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. "Sollte sich eine Zielverfehlung in Sektoren einstellen, wird die Bundesregierung entsprechend nachsteuern."

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7. Korrekturbitten der BAM

Wirtschaft und Energie/Antwort

Berlin: (hib/PEZ) Um Korrekturbitten der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) gegenüber Medien im September 2019 geht es in der Antwort (19/18853) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (19/18771). Darin erklärt die Bundesregierung, in keinem Fall bei Medien unter Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe um Korrekturen von Berichterstattungen ersucht zu haben. Weiter heißt es, "in selten auftretenden Fällen" werde einem Medium dann ein Hinweis gegeben, wenn die veröffentlichten Informationen oder Aussagen über das Handeln der Bundesregierung objektiv unzutreffend seien und das BMWi oder die Behörden seines Geschäftsbereichs einen Hinweis für geeignet und angemessen erachten. "Eine Verpflichtung zur Erfassung dieser Hinweise besteht nicht."

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 506 - 15. Mai 2020 - 09.10 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
Parlamentsnachrichten, PuK 2
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Mai 2020

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