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AFRIKA/1053: Westsahara - Pan-Afrikanisches Parlament fordert Autonomie für die Saharauis (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 12. Oktober 2011

Westsahara: Pan-Afrikanisches Parlament fordert Autonomie für die Saharauis

von Saaleha Bamjee


Midrand, Südafrika, 12. Oktober (IPS) - Als Legislative der Afrikanischen Union (AU) hat das Pan-Afrikanische Parlament (PAP) an die AU appelliert, mit Hilfe ihres Friedens- und Sicherheitsrates Marokko durch Sanktionen zur Einhaltung der Menschenrechte und des Rechtes der Saharauis auf Selbstbestimmung in der besetzten Westsahara zu zwingen.

Eine von PAP im Juli in die Westsahara entsandte Delegation hatte von fortgesetzten schweren Menschenrechtsverstößen der marokkanischen Besatzungsbehörden gegen die einheimische Bevölkerung berichtet.

Die Regierung in Rabat weigert sich, ein 1975 von den Vereinten Nationen gefordertes Referendum über den völkerrechtlichen Status der Westsahara durchzuführen. Die so genannte Arabische Republik Westsahara (SADR) wurde 1984 in die Afrikanische Union aufgenommen und wird inzwischen von über 70 Staaten anerkannt. Aus Protest verließ Marokko damals die AU, unterhält aber weiterhin diplomatische Beziehungen zu ihren Mitgliedsstaaten.

Die Empfehlungen des pan-afrikanischen Parlaments, das noch bis zum 14. Oktober im südafrikanischen Midrand in der Nähe von Johannesburg tagt, sind für die AU nicht bindend. Dennoch zeigte sich die Delegationsleiterin Juliana Katengwa aus Ruanda zuversichtlich, dass die Fülle von Informationen und Hinweisen des Gremiums die Aufmerksamkeit der AU-Mitglieder findet. "Dieser Konflikt wird totgeschwiegen. Die Medien blenden ihn völlig aus", kritisierte sie. "Doch solange wir uns damit befassen, erfahren auch die Regierungen weltweit, was mit den Saharauis geschieht", stellte sie fest.

Katengwa bezeichnete die Regierung der SADR als Exilregierung, weil sie in Westalgerien in den Flüchtlingslagern von Tindouf residiert. Hier leben nach Angaben der algerischen Regierung schätzungsweise 165.000 Saharauis.

Einen von Marokko angebotenen so genannten Autonomie-Plan, der Westsahara einige Selbstverwaltungsmöglichkeiten einräumt, ihren Bewohnern aber die Entscheidung über Integration oder Unabhängigkeit verweigert, lehnt die SADR ab. Ouaddadi Cheikh Ahmed El-Haiba, der für die Westsahara im pan-afrikanischen Parlament sitzt, nannte ihn einem Todesplan. "Wir wollen selbst über unser Schicksal bestimmen und wünschen uns nicht mehr als die Unabhängigkeit", erklärte er. "Solange Marokko keine Sanktionen zu befürchten hat, wird es in der Westsahara weiterhin auftreten wie bisher, weil die Regierung an internationale Unterstützung glaubt."

Salah El Abd Mohamed, der SADR-Botschafter in Südafrika, begrüßte den Bericht der in die Flüchtlingslager der Saharauis entsandten PAP-Mission. "Vor Ort haben die Delegierten erlebt, was hier geschieht, und wie das Volk der Saharauis für seine Selbstbestimmung kämpft", sagte der Diplomat IPS. "Dafür danken wir ihnen und begrüßen die vom PAP ausgesprochenen Empfehlungen."


In den Flüchtlingslagern haben die Frauen das Sagen

Im Gespräch mit IPS unterstrich Kantengwa das Engagement der in den Lagern lebenden Frauen. "In ihrer Hand liegt die gesamte Organisation. Sie sorgen für den Gesundheitsdienst und für das schulische Angebot. Viele Frauen beteiligen sich zudem an der Regierung" berichtete sie.

El-Haiba betonte, die Saharaui-Frauen hätten schon immer in vorderster Front gekämpft und in der Befreiungsbewegung Polisario hohe Positionen besetzt. "In den zehnköpfigen Dorfkomitees sitzen nur zwei Männer, und auf der höheren Verwaltungsebene findet man ausschließlich Frauen", sagte er IPS. In unserer Nationalversammlung sind 34 Prozent Frauen, und für Bildung, Kultur und Frauenangelegenheiten sind drei Ministerinnen zuständig."

Hingegen sei bei den jungen Männern wenig Zuversicht zu verspüren, berichtete die Delegationsleiterin Katengwa. Sie seien ungeduldig und hätten ihr gegenüber geklagt, dass sich die Gebietsverhandlungen zwischen den Vertretern der SADR und Marokko viel zu lange hinzögen. Katengwa warnte, dass der quälend lange Verlauf des Verhandlungsprozesses leicht in einen bewaffneten Konflikt münden könnte. In der umstrittenen Region ist eine UN-Mission (MINURSO) stationiert. (Ende/IPS/mp/2011)


Links:
http://www.ejdm.eu
http://minurso.unmissions.org/
http://www.unhcr.org
http://www.un.org/en/peacekeeping/missions/minurso/
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=105381

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 12. Oktober 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Oktober 2011