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AFRIKA/1291: Äquatorialguinea - Öl schmiert Aufnahme in lusophonen Staatenbund (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 28. Juli 2014

Äquatorialguinea: Öl schmiert Aufnahme in lusophonen Staatenbund

von Mario Queiroz


Bild: © Botschaft von Äquatorialguinea Guinea/CC-BY-ND-2.0

Der Präsident von Äquatorialguinea, Obiang Nguema Mbasogo
Bild: © Botschaft von Äquatorialguinea Guinea/CC-BY-ND-2.0

Lissabon, 28. Juli (IPS) - Die Gemeinschaft der portugiesischsprachigen Länder (CPLP) hat Äquatorialguinea entgegen geltender Prinzipien, keine Diktaturen und die Todesstrafe verhängende Staaten zuzulassen, als volles Mitglied aufgenommen. Kritikern zufolge hat der Erdölreichtum des zentralafrikanischen Landes das Bündnis korrumpiert.

Bis zuletzt hatte sich Portugal dem Vorstoß widersetzt, beugte sich dann aber den Wünschen Brasiliens und Angolas, die vom Erdölreichtum Äquatorialguineas profitieren wollen. Der CPLP gehören Angola, Brasilien, Guinea-Bissau, die Kapverden, Mosambik, Osttimor, Portugal und São Tomé und Príncipe an. Die Staats- und Regierungschefs dieser Länder fanden sich vom 22. bis 23. Juli zu ihrem Gipfeltreffen in der osttimorischen Hauptstadt Dili ein.

Seit seiner Unabhängigkeit 1968 und dem Beginn der Ölexplorationen war Äquatorialguinea als brutale Diktatur kritisiert worden. Doch seit das US-Ölunternehmen 'Mobil' dort im Jahr 1996 mit der Erdölförderung begonnen hat, sind die einflussreichen Länder dazu übergegangen, die Menschenrechtsverletzungen der seit 1979 ununterbrochen amtierenden Regierung von Staatspräsident Teodoro Obiang zu ignorieren. Die Erdölproduktion hat sich in den letzten Jahren verzehnfacht, und inzwischen belegt das zentralamerikanische Land den dritten Platz der erdölproduzierenden Subsahara-Länder nach Angola und Nigeria.


'Kuwait Afrikas'

"Die kleptokratische Oligarchie Äquatorialguineas wird zunehmend zu einer der reichsten Dynastien der Welt. Das Land gilt bereits als das 'Kuwait Afrikas', und die weltführenden Erdölunternehmen - 'ExxonMobil', 'Total' und 'Repsol' - kommen ins Land", heißt es in einem Bericht der portugiesischen Wochenzeitung 'Visão'. Dem Blatt zufolge verfügt die ehemalige spanische Kolonie über ein Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt in Höhe von 24.035 US-Dollar, also 4.000 Dollar mehr als Portugal. Doch 78 Prozent der 1,8 Millionen Einwohner müssen mit weniger als einem Dollar auskommen.

"Seit 1968 gibt es zwei Äquatorialguineas: das vor und das nach dem Ölrausch", sagt Ponciano Nvó, prominenter Rechtsanwalt Menschenrechtsverteidiger seines Landes, im IPS-Gespräch, während eines dreitägigen Portugal-Besuchs auf Einladung von 'Amnesty International'. Trotz eines durchschnittlichen Wirtschaftswachstums von 33 Prozent im letzten Jahrzehnt hat sich der enorme Erdölreichtum nicht in besseren Lebensbedingungen seiner Bevölkerung niedergeschlagen.

Bild: © Mario Queiroz/IPS

Der Anwalt Ponciano Nvó auf Portugal-Besuch
Bild: © Mario Queiroz/IPS

Äquatorialguinea hatte sich erstmals 2006 um eine Aufnahme beworben. Doch die CPLP verhielt sich unentschlossen und zeigte sich lediglich dazu bereit, dass Land als assoziiertes Mitglied zuzulassen. Ansonsten machte es die volle Mitgliedschaft von der Abschaffung der Todesstrafe und der Einführung des Portugiesischen als offizielle Sprache abhängig.

"Portugal sollte kein Regime in dem Staatenbund dulden, das Menschenrechtsverbrechen begeht. Das wäre ein Fehler, auch für die CPLP", hatte der Andrés Eso Ondo, Vorsitzender der Allianz für Sozialdemokratie, in einer Erklärung, am 22. Juli betont. Die Allianz ist derzeit die einzige zugelassene Oppositionspartei im Land und verfügt über einen Sitz im Parlament. Die restlichen 99 Sitze werden von Mitgliedern der regierenden Demokratischen Partei Äquatorialguineas gehalten.

In Portugal hat die Aufnahme Äquatorialguineas unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. So blieb der konservative Staatspräsident Aníbal Cavaco Silva mit versteinerter Miene auf seinem Stuhl sitzen, während andere Amtskollegen Obiang mit anhaltendem Beifall in der CPLP willkommen hießen.

Auch Politiker der portugiesischen Oppositionsparteien waren irritiert. So sprach der sozialistische Abgeordnete João Soares von einer "Schande Portugals und von einem riesigen Fehler", während Ana Gomes, die für die gleiche Partei einen Sitz im Europäischen Parlament belegt, erklärte, dass die Zulassung eines "diktatorischen und kriminellen Regimes, dem in den USA wegen wirtschaftlicher und finanzieller Verbrechen ein Verfahren droht, gänzlich inakzeptabel ist".

Wie Nvó gegenüber IPS erklärte, hat sich das Regime nicht nur die Hinrichtung derjenigen zuschulden kommen lassen, die in einem Rechtsverfahren zum Tode verurteilt wurden. Das sind rund 50 Personen, die nach der Urteilsverkündigung von Todesschwadronen exekutiert wurden. "Diese Zahl sollten wir mit 100 malnehmen, um die Anzahl der Verschwundenen, den Opfern des repressiven Regimes, zu ermitteln", fügte er hinzu.


Vom Gefängnisleiter zum Putschpräsidenten

In den 46 Jahren der Unabhängigkeit des Landes, während der ersten Regierung von Francisco Macías Nguema, waren alle Oppositionsführer im Gefängnis ohne vorherige Verhandlung ermordet worden. Ausgeführt wurde diese Arbeit vom derzeitigen Präsidenten, der damals der Leiter der Gefängnisse war und die Säuberungen durchführte, bevor er seinen Onkel aus dem Amt putschte, wie Nvó erinnerte.

"Vor der Entdeckung der Öllagerstätten wäre es Obiang nie in den Sinn gekommen, dass sein Land von der CPLP aufgenommen werden würde. Doch in einem erdölreichen Äquatorialguinea lassen sich alle Träume des Präsidenten verwirklichen", meinte der Jurist. Nach Ansicht von Nvó ist die CPLP-Aufnahme ein weiterer Schritt des Diktators, um sich den Zutritt zu möglichst vielen internationalen Entitäten zu verschaffen. Zunächst hatte er der Gemeinschaft der hispanischen Staaten angehört. Als er zu dem Schluss kam, dass er mit Spanien nicht weiter kommen werde, schloss er sich der Frankophonie an. Doch aufgrund der Schwierigkeiten, die sein Sohn mit französischen Gerichten hatte, konnten die Beziehungen nicht aufrechterhalten werden.

Der CPLP kam Obiang mit einem Moratorium für die Vollstreckung der Todesstrafe entgegen. Somit bleibt die Todesstrafe Gesetz, wobei die Umsetzung allein dem Staatschef obliegt.

Der äquatorialguineische Außenminister Agapito Mba Mokuy erklärte am 22. Juli gegenüber der portugiesischen Nachrichtenagentur 'Lusa', dass sein Land länger unter portugiesischer als unter spanischer Kolonialherrschaft gewesen sei. Unter den Portugiesen waren es 307 und unter den Spaniern 190 Jahre gewesen. Das mache die Bindung zwischen Äquatorialguinea und den lusophonen Ländern so eng. "Der CPLP beizutreten ist so, als würde man heimkehren."

Im Telefoninterview mit IPS erklärte der ehemalige osttimorische Präsident José Ramos-Horta, dass auch er die Todesstrafe und die Menschenrechtsverbrechen des Landes kritisierte. Gleichwohl zeigte er sich zuversichtlich, dass die CPLP in kurzer Zeit einen positiven Einfluss auf das Land nehmen werde.

Als Gegenleistung für die Zulassung sollte die CPLP von Äquatorialguinea verlangen, die Todesstrafe abzuschaffen sowie Folter, willkürliche Festnahmen und das Verbrechen des Verschwindenlassens verbieten. Darüber müsse das Land für eine Verbesserung der Haftbedingungen sorgen und dem Roten Kreuz den Besuch der Gefängnisse ermöglichen. Und dann müsse dem UN-Menschenrechtshochkommissariat die Eröffnung eines Büros in Malabo erlaubt werden.

Zu den kritischsten Stimmen gegen die Aufnahme in die CPLP gehört der Politikwissenschaftler José Filipe Pinto. Er verurteilte jede Form der "Scheckbuchdiplomatie". Seiner Meinung nach müsse jede Organisation Interessen und Prinzipien haben, "Es ist jedoch bedauernswert, dass einige Eliten und die Krise dafür gesorgt haben, dass letztere geopfert wurden." (Ende/IPS/kb/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/07/oil-lubricates-equatorial-guineas-entry-into-portuguese-language-community/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 28. Juli 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juli 2014