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AFRIKA/717: Xenophobie am Kap (afrika süd)


afrika süd - zeitschrift zum südlichen afrika
Nr. 1, Januar/Februar 2009

Xenophobie am Kap

Von Anja Schade


Südafrika ist für viele Afrikaner das Land der Möglichkeiten und der Hafen des Friedens. Nur zu verständlich, wenn man die Situation in anderen Staaten des Kontinents betrachtet: Inflation, Regierungskrise und Hunger in Simbabwe, bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen in der DR Kongo oder der Verfall jeglicher staatlichen Ordnung in Somalia. Mit seinem Wirtschaftswachstum und dem friedlichen Transformationsprozess von der Apartheid zur Demokratie ist das Land am Kap ein Hoffnungsschimmer in dem Wunsch nach einem besseren Leben. Doch die Realität sieht häufig anders aus. Übergriffe gegen Ausländer wie im Mai 2008 sind zwar aus den Schlagzeilen, sie finden aber immer noch statt.


Seit den ersten freien und demokratischen Wahlen in Südafrika 1994 ist eine zu nehmende fremdenfeindliche Haltung in Südafrika zu verzeichnen. Dabei ist diese Haltung landesweit verbreitet und unabhängig von Hautfarbe und Einkommen. Dabei richtet sich der Fokus der Fremdenfeindlichkeit hauptsächlich auf afrikanische, schwarze Migrantinnen und Migranten; Einwanderer insbesondere aus Europa sind von dieser Haltung faktisch nicht betroffen.


Die Situation von Migranten in Südafrika

Die Diskriminierung von afrikanischen Migranten findet auf allen gesellschaftlichen Ebenen statt. In politischen Reden werden Ausländer vom Politiker Mangosuthu Buthelezi (IFP) als Gefahr für eine erfolgreiche Umsetzung der sozialen Verteilungspolitik bezeichnet oder vom ehemaligen Verteidigungsminister Joe Modise (ANC) für die erhöhte Gewalt verantwortlich gemacht. Die Ressentiments finden sich somit nicht nur in Randgruppen der politischen Parteienlandschaft, sondern auch in der Führungsspitze der ehemaligen Befreiungsbewegung und jetzigen Regierungspartei ANC.

Der Großteil der Asylsuchenden sind Flüchtlinge aus Simbabwe, gefolgt von Menschen aus der DR Kongo, Äthiopien, Malawi und Somalia. Von insgesamt 45.673 Asylanträgen im jahr 2007 haben die Behörden lediglich 5.800 Fälle entschieden. Nur 29 Prozent wurden als Flüchtlinge anerkannt. Die hohen Hürden im südafrikanischen Recht machen es äußerst schwierig, eine offizielle Anerkennung als Flüchtling zu erhalten. Viele Flüchtlinge sind bereits einige Jahre in Südafrika, immer noch ohne bzw. mit unvollständigen Dokumenten - sie leben mit ihren Familien insbesondere in den informellen Siedlungen am Rande der Großstädte.

Die Ablehnung oder Nicht-Bearbeitung der Asylanträge bedeutet für die Betroffenen ein illegalisiertes Leben und macht sie besonders angreifbar. Viele Untersuchungen zeigen die Diskriminierung durch staatliche Behörden auf: Migranten berichten, dass sie zögern, gegen sie verübte Gewalttaten anzuzeigen, weil die Polizei die Fälle nicht verfolgt, die Opfer verhört und schikaniert. Schon 1999 machte ein Bericht der South African Human Rights Commission (SAHRC) darauf aufmerksam, dass Menschen festgenommen wurden, weil sie "zu schwarz seien, um Südafrikaner oder Südafrikanerinnen zu sein".

Neben der vor der Öffentlichkeit eher verborgenen Diskriminierung gibt es auch populistische Aktionen von Regierungsseite, die der im Land bestehenden Xenophobie weiteren Auftrieb leisten. In einer groß angelegten Aktion gegen die steigende Kriminalität in Südafrika wurden 2000 in der Operation Crackdown mehrere Wochen lang von der Polizei insbesondere Gebiete durchkämmt, in denen hauptsächlich Migranten leben.

Innerhalb von vier Wochen wurden 8000 von ihnen festgenommen, die Zahl der im Abschiebegefängnis Lindela nahe Johannesburg Inhaftierten wuchs von 2000 auf 8000. Der Kurzschluss zwischen "Ausländer" und "Kriminalität" und der Notwendigkeit, "kriminelle" Migranten und Menschen ohne gültige Papiere abzuschieben, ist dabei nur zu offensichtlich. Generell ist die Zahl der Abschiebungen in den vergangenen Jahren steigend. Allein im Jahr 2006 wurde sie mit 250.000 beziffert, 2007 waren es mehr als 300.000.

Umfragen vom SAMP (Southern African Migration Project) ergaben, dass die Politik der Regierung von der Bevölkerung mitgetragen wird. Im weltweiten Vergleich wird in Südafrika für die stärksten Restriktionen gegen den Zuzug von Fremden plädiert: 1999 wollten 78 Prozent der Bevölkerung restriktivere Einwanderungsgesetze bzw. ein komplettes Verbot von Einwanderung. 2006 meinten 84 Prozent, Südafrika lasse zu viele Immigranten ins Land, 61 Prozent unterstützen die Ausweisung von HIV/Aids-Infizierten. Dies korrespondiert mit der weitverbreiteten Meinung (knapp die Hälfte der Befragten), dass Migranten Krankheiten wie HIV/Aids nach Südafrika bringen würden. Auch die Aussage Buthelezis Mitte der 1990er Jahre, Fremde gefährdeten die gerechte Umverteilung von Ressourcen, findet in den Ergebnissen der Studien Widerhall: 2006 stimmten mehr als zwei Drittel der Befragten der Aussage zu, Ausländer verbrauchten Ressourcen wie Wasser, Elektrizität und Gesundheitsversorgung zulasten der eigenen Bürgerinnen und Bürger.


Vormärz der xenophoben Übergriffe

Die Ergebnisse dieser Studien zeigen, dass der Nährboden für die xenophoben Überfälle im Mai 2008 im Verlauf von mehreren Jahren bereitet wurde. Das necklacing - Tötung durch einen brennenden Reifen um den Hals des Opfers, eine berüchtigte Methode zur Beseitigung von politischen Gegnern gegen Ende der Apartheid - hat seine Fortsetzung bei den Morden an Migranten gefunden. Bereits im Dezember 2005 wurden in Olivenhoutbosch, einer informellen Siedlung in der Provinz Gauteng, Ausländer aus ihren Läden und Häusern vertrieben. 2007 wurden in einer Welle von Gewalt mehr als hundert Somalis getötet.

Auch die ausländerfeindlichen Übergriffe im Mai 2008 hatten ihre Vorläufer: Geschäfte und Unterkünfte wurden schon in den Monaten zuvor geplündert und zerstört. Doch erst der Beginn der Mai-Unruhen im Township Alexandra in Johannesburg und die Verbrennung des Mosambikaners Ernesto Alfabeto Nhamuave am 9. Juni 2008 erweckten das mediale Interesse und eine weltweite Öffentlichkeit.

Von Alexandra breiteten sich die Überfälle auf andere Plätze und Communities im ganzen Land aus. Betroffen waren vor allem Menschen aus den Nachbarländern Simbabwe und Mosambik; aber auch Migranten aus entfernteren Ländern wie Nigeria und Somalia. Bei den Überfällen wurden Frauen und Kinder angegriffen, vergewaltigt; ihre Habseligkeiten und Häuser wurden ausgeraubt und verbrannt. Der Minister für Sicherheit, Charles Nqakula, fasste zusammen, dass 342 Läden geplündert und 213 Läden verbrannt wurden. Es wurden 62 Menschen getötet, darunter auch 21 Südafrikanerinnen und Südafrikaner. Etwa 50.000 Menschen flüchteten aus ihren Wohngebieten in Kirchen, Polizeistationen und sogar Tankstellen, bis die Safe-Camps errichtet waren. Tausende flohen in ihre Herkunftsländer. Nach mosambikanischen Angaben haben seit Beginn der Übergriffe 26.000 Menschen die Grenze nach Mosambik überschritten.


Die Schutzunterkünfte

Um die Verfolgten unterzubringen, wurden landesweit vierzehn Lager errichtet. Die Schwerpunkte lagen hierbei in Kapstadt sowie in Johannesburg. Das Leben in den Lagern wurde häufig als "nicht hinnehmbar und unmenschlich" beschrieben. Es fehlte an Kleidung und Nahrung. Die Nichtregierungsorganisation Khulumani Support Group, die vor Ort arbeitet, beschrieb die Lage: Die Menschen haben gefroren, hatten Hunger und waren erschöpft. Sie mussten sich über Wochen hinweg Zelte teilen, Decken waren limitiert, viele Zelte waren überfüllt, die Sicherheit von alleinstehenden Frauen und Kindern war ein ernsthaftes Problem. Warmwasser war begrenzt, die Toiletten waren Verschläge, die kaum dem Wind standhielten. Seife und Waschpulver gab es nur unzureichend. Entsprechend breiteten sich in mehreren Lagern Krankheiten aus.

Das Leben in den Lagern bedeutete für die Menschen dauerhaften Stress. Sie waren zunächst nur für eine Dauer von zwei Monaten errichtet worden und deren Verlängerung musste vor Gericht immer wieder erneut erstritten werden. Die Flüchtlinge waren und sind von den Geschehnissen traumatisiert, viele Lagerbewohner sahen sich plötzlich weit von ihren Arbeitsplätzen entfernt, die Kinder hatten es zu weit zur Schule. Die Überfüllung und die eigene unsichere Lage verursachte eine angespannte Situation; es kam zu Streitigkeiten und Konflikten. Zu den Unsicherheiten mischte sich die Angst, die Familie durch Beschwerden in Schwierigkeiten zu bringen.

Der offizielle Aufenthaltsstatus der Opfer war ein weiteres schwerwiegendes Problem. Viele von ihnen sind seit Jahren in Südafrika und haben keine vollständigen Papiere, oder sie haben eine Ablehnung ihres Asylantrags erhalten und befinden sich im Widerspruchsverfahren. Bei der Flucht vor den Übergriffen kam es zu Verlusten von Dokumenten und Unterlagen. Um in ein Lager aufgenommen zu werden, mussten sich die Menschen registrieren lassen. Da es keine Informationen zur Verwendung der aufgenommenen Daten gab, vermuteten viele dahinter einen Trick der Regierung, sie nach Möglichkeit abschieben zu können.


Die öffentliche Reaktion

Als sich die Übergriffe im Mai schnell über das gesamte Land ausweiteten, zeigten sich die meisten Kommentare vom Ausbruch der Gewalt sehr überrascht. Der zu diesem Zeitpunkt noch als südafrikanischer Staatspräsident amtierende Thabo Mbeki vermutete sogar eine dritte Kraft hinter den Überfällen und leugnete den fremdenfeindlichen Hintergrund; er bezeichnete die Übergriffe dabei als "pure Kriminalität". Als in der zweiten Woche der Unruhen die Überforderung der Polizei deutlich wurde, stimmte Mbeki einem Einsatz der Armee zu.


Unterstützung aus der Bevölkerung

Nach dem Ausbruch der Gewalt startete eine Welle von Hilfsbereitschaft innerhalb Südafrikas. In vielen, nicht allen, betroffenen Stadtvierteln kam es zu spontanen Hilfen der Ansässigen, aber auch von Stadträten. Über Zeitungen wurden Aufrufe veröffentlicht, Kleidung oder Geld zu spenden. Allein über diese Aufrufe wurden innerhalb von zwei Wochen ca. drei Mio. Rand (etwa 250.000 Euro) an das Rote Kreuz und die Organisation Gift of the Givers gespendet. Nichtregierungsorganisationen haben für Essen, medizinische Hilfe, Unterkunft und Kleidung gesorgt. Viele Freiwillige vor Ort fühlten sich allerdings von der Regierung im Stich gelassen.

Die Vertriebenen lebten in einem Status kontinuierlicher Unsicherheit - sie fürchteten, in ihr Herkunftsland oder in ihre Viertel zurückkehren zu müssen, aus denen sie vertrieben worden waren. Im Parlament fanden zu dem Thema "Rückkehr und Wiedereingliederung" Anhörungen statt. Hierbei wurden die Einführung von Community-Programmen mit öffentlichen Treffen sowie Reintegrationsprogrammen beschlossen. Menschen, die zu ihrem alten Wohnort zurückkehren, sollten zudem eine Starthilfe von 750 Rand (ca. 60 Euro) erhalten. Doch die Umsetzung der angekündigten Reintegrationsprogramme erweist sich als schwierig: Die Beamten, die mit der Aufgabe, die Reintegration zu überwachen, betraut wurden, sind selbst schlecht informiert, es fehlt an dem notwendigen zusätzlichen Personal, sie können den Betroffenen keine Angaben über eine Kompensation ihres Verlustes machen und sind auch nicht in der Lage, die erhoffte Unterstützung bei der (Wieder-)Beschaffung von Unterlagen zu leisten.

Die letzten Lager wurden bereits Ende Oktober 2008 geschlossen. Wer sich bis dahin noch nicht entschieden hatte, an den alten Wohnort oder in das Herkunftsland zurückzukehren, geriet nun unter Druck. Für die meisten Flüchtlinge wäre nach Recherchen von Khulumani die Rückkehr in ihr altes Viertel ein Trauma. Immer wieder berichtete die Presse von Übergriffen, Vergewaltigungen und Morden von Vertriebenen, ob sie nun in die alte Gemeinde zurückgekehrt oder bewusst in neue Gegenden gezogen waren.

Doch es gibt auch positive Meldungen über geglückte Rückführungen mit Hilfe von lokalen Regierungshelfern und der Polizei. Während Beirut, eine Wellblechhütten-Siedlung in Kapstadt, eine No-go-area für Ausländer blieb, kehrten in Mbekweni, einem Township in der Nähe von Paarl, die meisten der 400 geflohenen Migranten nach zwei Wochen wieder in ihre Wohnungen zurück. Hier hatte die Polizei Brennpunkte markiert und einen Notplan ausgearbeitet, um bei Gewaltausbrüchen in kürzester Zeit präsent zu sein.


Politisches Klima als Rahmen für Fremdenfeindlichkeit

Die Gründe für die fremdenfeindlichen Überfälle sind vielfältig. Dazu einige ausgewählte Eckpunkte:

Die Erwartungen insbesondere der schwarzen Bevölkerung Südafrikas nach dem Ende der Apartheid waren groß. Doch trotz der eingeleiteten Strukturmaßnahmen, allen voran das RDP-Programm (Reconstruction- and Developement Programme), das neben der Einführung neoliberaler Wirtschaftsparameter auch soziale Komponenten wie den Bau von subventionierten Häusern, Zugang zu Wasser und Elektrizität beinhaltete, konnte die Erwartungen nicht erfüllen. Die Verlangsamung des weltweiten Wirtschaftswachstums, die derzeitige Inflation, die Erhöhung der Benzinpreise und Transportkosten, vor allem ein starker Anstieg der Preise für Grundnahrungsmittel, machen sich bis in die Mittelklasse bemerkbar.

In den letzten 15 Jahren ist die Ungleichheit zwischen denen, die im formellen Sektor Arbeit gefunden haben, und denen, die im informeller Sektor überleben, gewachsen. 45 Prozent der Menschen leben derzeit unter dem Lebensminimum; 18 Prozent leben auf Pump, um Lebensmittel bezahlen zu können. Südafrika gehört zu den Ländern mit der größten ökonomischen Ungleichheit. Das Ringen um Ressourcen findet auf vielen Ebenen statt.

Ein Hauptkritikpunkt der Bevölkerung richtet sich an die Verteilungspolitik der von der Regierung gebauten und subventionierten so genannten RDP-Häuser. Khulumani und Frans Cronje vom South African Institute of Race Relations (SAIRR) etwa sehen in der Verteilungsproblematik dieser Häuser eine Ursache für den Gewaltausbruch in Alexandra. Hier waren bereits auf einer Demonstration im März 2008 Slogans gegen Fremde laut geworden, diese hätten sich RDP-Häuser von lokalen Beratern gegen Zahlungen in Höhe von 1500 Rand (ca. 120 Euro) besorgt. RDP-Häuser sind begehrt. Sie sind kostenlos, haben einen Wasseranschluss und Sanitäranlagen. Zuweisung beantragen können nur südafrikanische Staatsbürger bzw. Migranten mit ständigem Aufenthaltsrecht. Das monatliche Einkommen darf 3500 Rand nicht übersteigen. Migranten wurde nun Bestechung und Fälschung von Papieren unterstellt, um ebenfalls an diese Häuser zu kommen.

Tatsächlich war die Sachlage in Alexandra eine andere: Im Zuge eines Erneuerungsprozesses werden dort Wellblechhütten Block für Block beseitigt, um Schulen, Sportplätze und Wohnungen aufzubauen. jedem, der aufgrund dieser Maßnahme umziehen muss, wird vorübergehend eine Unterkunft in einem "Übergangswohngebiet" angeboten, auch Migranten. Während Einheimische dann in die neu erstellten RDP-Häuser umziehen konnten, verblieben Migranten vorerst in den Übergangswohnungen, da für sie noch keine neuen Quartiere gebaut worden waren. Dies führte zur irrigen Interpretation, Migranten seien diese Übergangswohnungen überschrieben worden bzw. sie würden auf ihre RDP-Häuser warten. Nach dem Ausbruch der Gewaltakte in Alexandra ergaben Untersuchungen, dass keines der RDP-Häuser widerrechtlich belegt war.


Ausblick

Ausgangspunkte der Gewalt waren die Townships und informellen Siedlungen, Brennpunkte mit einer hohen Arbeitslosenquote und schlechten Lebensbedingungen auf engstem Raum. Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt die aus Apartheidzeiten tradierte "Kultur der Gewalt". Die Politik der Nationenbildung fördert in gewisser Weise die Unterscheidung zwischen "Wir" und "denen" von draußen. Die Haltung gegenüber Ausländern ist bei allen Bevölkerungsgruppen gleich negativ, kommt aber in den Townships am deutlichsten zum Ausdruck.

Doch ist Xenophobie kein ausschließliches Merkmal von Armut. Ideologischer Träger der physischen Gewalt gegenüber Fremden ist die untere Mittelschicht. 2007/08, vor dem Ausbruch der Gewalt, stiegen die Lebenshaltungskosten massiv an. Diese Entwicklung trifft besonders die Mittelklasse hart und bedroht sie mit sozialem Abstieg. Innerhalb eines Jahres sind die Zinsen auf das Vierfache gestiegen, dazu gehören auch die Kosten von Kredit- und Ratenzahlungen z.B. auf Wohneigentum und Autos, jenen Gütern und auch Statussymbolen, die die Ärmeren nicht besitzen.

Die drastische Kostensteigerung wirkt sich jedoch nicht nur privat, sondern auch wirtschaftlich aus. Eine Branche, die davon besonders betroffen ist, sind die Minibus-Taxi-Unternehmen, ein wichtiges Gewerbe für den innerstädtischen Nahverkehr. Die Besitzer jener Minibusse müssen ihre Anschaffungskosten für die Taxis rekapitalisieren - trotz steigender Zinsen und Benzinpreise. Viele Taxis sind bereits gepfändet worden, was zu einer Konzentration der Unternehmen führt. Der Druck wird sich noch erhöhen, wenn die Regierung Pläne zur Ausweitung des staatlichen öffentlichen Verkehrssystems im Zuge der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika umsetzt.

Auch die Ladenbesitzer in den Townships sind von strukturellen Veränderungen betroffen. Neben der Konkurrenz untereinander haben sich zunehmend große Lebensmittelketten in den Townships niedergelassen; am Rande der Mega Townships wie Soweto entstehen Mega-Einkaufsmalls. Das "Upgrading" der Townships hat für die kleinen Läden erhebliche Auswirkungen, viele mussten bereits schließen.

Es gibt immer noch Nachrichten von fremdenfeindlichen Überfällen. Das weckt zum einen Zweifel an der Ernsthaftigkeit der angekündigten Reintegrationspolitik, zum anderen zeigt dies ein fortbestehendes Konfliktpotenzial. Viele warnen vor einer Verschärfung der Situation, sobald sich das ökonomische Wachstum erneut verlangsamt.


Die Autorin ist Politologin und befand sich bei Erstellung des Artikels zu Recherchezwecken für ihre Dissertation in Südafrika. Sie ist Vorstandsmitglied bei INISA e.V.


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Quelle:
afrika süd - zeitschrift zum südlichen afrika
38. Jahrgang, Nr. 1, Januar/Februar 2009, S. 13 - 15
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. April 2009