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ASIEN/575: Sri Lanka - Bodenschätze ... wichtiger als der Schutz des Lebens der Tamilen (Zeit-Fragen)


Zeit-Fragen Nr. 17 vom 28.04.2009
Wochenzeitung für freie Meinungsbildung, Ethik und Verantwortung
für die Bekräftigung und Einhaltung des Völkerrechts, der Menscherechte und des Humanitären Völkerrechts

Sri Lanka - Bodenschätze und geostrategische Lage sind wichtiger als der Schutz des Lebens der Tamilen

Ein Gespräch mit Nirjai David


zf. Das folgende Gespräch führte «Zeit-Fragen» mit Nirjai David. Er ist seit 20 Jahren Journalist und ein profunder Kenner der Situation in Sri Lanka. Die Ausführungen von Nirjai David eröffnen einen wichtigen und interessanten Blickwinkel auf den seit Jahrzehnten andauernden Konflikt in Sri Lanka, Fakten, über die man nicht hinweggehen kann. Wenn wir seiner Analyse folgen, wird offensichtlich, dass wichtige wirtschaftliche Ressourcen und strategische Interessen im Spiel sind, wenn es um den Konflikt in Sri Lanka geht. Diese Interessensbindungen müssten vor den Vertragsbestimmungen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, dem Selbstbestimmungsrecht der Völker und den Vertragsbestimmungen des Humanitären Völkerrechts standhalten können. Diese sind das von den meisten Staaten unterzeichnete internationale Regelwerk für ein friedliches Zusammenleben aller Völker und zur Beilegung von bewaffneten Konflikten.


ZEIT-FRAGEN: In Sri Lanka ist ein Krieg im Gange, über den in den Medien wenig berichtet wird. Als Journalist haben Sie sich seit Jahren mit den Hintergründen des Konfliktes befasst:

NIRJAI DAVID: Ja, es geht hier um das Problem von Sri Lanka, um das Problem der Tamilen in Sri Lanka. Als tamilischer Journalist und als menschliches Wesen bin ich betroffen, dass in Sri Lanka ein grausamer Völkermord im Gange ist. Diese Art von Völkermord ist seit langer Zeit im Gange und wird von der Regierung von Sri Lanka mit der Unterstützung der Supermächte vollzogen.


ZEIT-FRAGEN: Wo sehen Sie den Hauptgrund dafür, dass der bereits Jahrzehnte andauernde Konflikt bis heute nicht gelöst ist?

NIRJAI DAVID: Das Hauptproblem ist, dass die sogenannte internationale Gemeinschaft, welche verschiedene Plattformen hat, auf denen sie sehr laut über Menschenrechte spricht, sich nicht um den Völkermord kümmert, der durch den srilankischen Staatsterrorismus an den Tamilen duchgeführt wird. Gleichzeitig unterstützt diese internationale Gemeinschaft auf verschiedenen Wegen, direkt oder indirekt, den srilankischen Staatsterrorismus. Der Grund liegt darin, dass die meisten internationalen Mächte ein grosses geostrategisches oder geopolitisches Interesse an Sri Lanka haben.


ZEIT-FRAGEN: Welche Staaten meinen Sie konkret?

NIRJAI DAVID: Ich meine die USA, Grossbritannien, die westlichen Länder, Indien, China, Japan und sogar Russland, allerdings in einem sehr geringen Ausmass.

Sie müssen wissen, Sri Lanka ist wie eine wunderschöne Frau im Indischen Ozean. Wie tüchtige und gutaussehende Männer möchten viele internationale Länder und die grossen Mächte im Herzen der wunderschönen srilankischen Frau einen Platz einnehmen. Das ist der Grund, warum sie sich nicht darum kümmern, was die Frau eigentlich tut.


ZEIT-FRAGEN: Welche Interessen haben diese Länder an Sri Lanka?

NIRJAI DAVID: Nehmen wir Sri Lankas geografische Lage; die Insel liegt im Herzen des Indischen Ozeans. Wir sollten vorerst einen Überblick über die Bedeutung des Indischen Ozeans und seine geostrategische Lage haben, bevor wir dann einen Blick auf die Ressourcen Sri Lankas werfen.


Die Bedeutung des Indischen Ozeans

ZEIT-FRAGEN: Unter den von Ihnen erwähnten Staaten liegt Indien am nächsten von Sri Lanka. In welchem Zusammenhang stehen seine Interessen?

NIRJAI DAVID: K. M. Panikkar, der Architekt der Doktrin der indischen Seestreitkräfte, legte vor mehr als 50 Jahren in seinem Werk dar, dass Neu- Delhi die grosse Bedeutung des Indischen Ozeans für die Entwicklung seiner Handelsaktivitäten, des Handels und der Sicherheit erkennen müsse. Er bedauerte die «unglückliche Tendenz bei der Diskussion um Indiens Verteidigungsprobleme, die Bedeutung des Meeres zu übersehen», und meinte: «Indien hat erst da seine Unabhängigkeit verloren, als es in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts seine Vorherrschaft über den Indischen Ozean verlor.» Er macht sich dafür stark, dass der Indische Ozean in indischen Händen bleiben müsse. Er schlug vor, dabei so vorzugehen, wie es Afonso de Albuquerque (1) getan hatte, indem er sich die Herrschaft über entfernte Orte wie Singapur, Mauritius, Aden und Socotra (eine wasserarme Insel an der Küste Yemens) sicherte.

Er legte ebenfalls Gewicht darauf, zu Verteidigungszwecken den politischen Einfluss des indischen Staates auf Ceylon (Sri Lanka) und Burma auszuweiten. Er wies darauf hin, dass man die chinesischen Interessen an diesem Gebiet im Auge haben müsse, und schrieb, «die Bewegung Richtung Süden muss beobachtet werden, wobei alle Möglichkeiten bezüglich der Meeresstrategie des wiederaufstrebenden Chinas einbezogen werden müssen».

In späteren Jahren sagte K. B. Vaidya, ein weiterer berühmter indischer Militäranalyst: «Auch wenn wir nicht alle fünf Weltmeere beherrschen, so müssen wir mindestens den Indischen Ozean beherrschen.» Er betonte darüber hinaus, dass Indien die oberste und unangefochtene Macht über den Indischen Ozean haben müsse. Er sprach sich für den Aufbau von drei unabhängigen und vollwertigen Flotten aus, die bei den Andamanden im Golf von Bengalen, in Trincomalee in Ceylon (Sri Lanka) und auf Mauritius stationiert werden sollten, um das westliche und östliche Heranrücken in den Indischen Ozean zu überwachen.


ZEIT-FRAGEN: Das heisst, es geht um die Vorherrschaft über den Indischen Ozean?

NIRJAI DAVID: Der Verkehrsweg für unsere Welt führt durch den Indischen Ozean. Er ist deshalb sehr wichtig für den künftigen Handel der westlichen Mächte. Sämtliche Öllieferungen nach Südost- oder Ostasien, welche aus dem Mittleren Osten kommen, werden in den Häfen am Roten Meer oder am Persischen Golf verladen. Der Seeweg führt von dort durch die Arabische See, passiert dann den Golf von Mannar und umfährt die westliche, südliche und östliche Küste von Sri Lanka. Dann führt er nordöstlich durch den Golf von Bengalen zur Strasse von Malakka. 80% der japanischen und 60% der chinesischen Öllieferungen werden über diese Route transportiert. Ungefähr die Hälfte der weltweiten Containertransporte führt durch die Flaschenhälse dieses Seewegs und seiner Verzweigungen im Indischen Ozean.
Deshalb sind Indien, China, Japan und die USA sehr interessiert, ihre Machtstellungen im Indischen Ozean zu halten.


ZEIT-FRAGEN: Sri Lanka gehört demnach zu den Schlüsselstellen auf diesem Seeweg. Wie weit ist es Indien bis heute gelungen, sich hier eine wichtige Position zu sichern?

NIRJAI DAVID: An sich dominiert und behält Indien auf Grund seiner Lage die Überlegenheit im Indischen Ozean. Und es unternimmt auch viel, um seine Vorherrschaft über den Indischen Ozean zu behalten. Als erstes steckte Indien alle im Meer gelegenen Grenzlinien gegenüber anderen im Süden, Osten und Südosten Indiens gelegenen Staaten ab und legte sie gesetzlich fest. Indien unterzeichnete 1974 das erste Abkommen mit Indonesien, welches die Grenze zwischen den Grossen Nikobaren und Sumatra festlegte. 1977 wurden in einem anderen Abkommen die Grenzlinien im Indischen Ozean und im Meer von Andaman verlängert. Im selben Jahr legten Indien und Thailand die Grenzlinien im Meer von Andamann fest, im Juni 1978 wurde ein entsprechendes Abkommen unterzeichnet, welches im Dezember 1978 in Kraft trat. Im Februar 1978 wurde in Jakarta auf offizieller Ebene ein Abkommen zwischen Indien, Indonesien und Thailand ausgearbeitet, mit welchem die Grenzlinien im Dreiländereck vereinbart wurden. Das Abkommen wurde im Juni 1978 unterzeichnet und trat im März 1979 in Kraft. Die Meeresgrenze zu Myanmar wurde 1987 ratifiziert. 1974 und 1976 wurden mit Sri Lanka diejenigen Abkommen abgeschlossen, welche die Grenzlinien im Meer betrafen (Maritime Zones Law, No. 22 of 1976). Ebenfalls in dieser Zeit wurden weitere Abkommen getroffen, in welchen es um die Grenzen zwischen den Malediven, Sri Lanka und Indien ging. (Der Streit zwischen Indien und Bangladesh wegen New Moore Island wurde eingestellt, nachdem die Insel im Meer verschwunden war. Indien unterzeichnete zudem auch das Indo-Lanka-Abkommen im Juli 1987.)


ZEIT-FRAGEN: Sie haben auch China erwähnt, das als aufstrebende Grossmacht seine Interessen im Gebiet des Indischen Ozeans und in Sri Lanka wahrnehmen will. Woran ist das erkennbar?

NIRJAI DAVID: China arbeitet systematisch daran, seine Position im Indischen Ozean zu halten. Die stillen Bewegungen Chinas (seit den späten 80er Jahren), mit denen es sichere Seewege für den Energienachschub aufbauen will, haben in Delhi die Alarmglocken läuten lassen. Indien scheint zu befürchten, dass dieser Transportweg, den China mit strategischen Einrichtungen entlang der Route gesichert hat, Peking in dieser Region die Vormacht über das Meer geben könnte. Diese Befürchtung muss in Zusammenhang gebracht werden mit der Tatsache, dass China Marineeinrichtungen auf den Greater Cocos Island eingerichtet hat (Greater Cocos Island ist Teil des Archipels von Andaman, gehört aber zu Myanmar).

China hat eine Marinebasis in Bender Abbas an der iranischen Küste auf der nördlichen Seite der Strasse von Hormuz im Persischen Golf. (Man muss ja die Bedeutung der Strasse von Hormuz für den weltweiten Ölhandel nicht weiter betonen. Die Hälfte des Welthandels wird hier abgewickelt). Ferner baut China im Osten von Pakistan eine zweifach verwendbare Marineeinrichtung in Gwadar. Die nächsten Haltestellen auf diesem Meeresweg sind die Malediven und Sri Lanka.

China handelte 1999 ein Abkommen mit den Malediven aus, um eine Militärbasis in Marao zu errichten; das ist eine der grössten Inseln der 1192 Atolle, welche die Malediven ausmachen. Es liegt 40 Kilometer von der Hauptstadt Malé entfernt. Dieser Vertrag war nach zwei Jahren ausgehandelt und wurde abgeschlossen, als der chinesische Premierminister anlässlich seiner Vierländer-Südasien-Tour am 17. Mai 2001 Malé besuchte.

Die Basis auf Marao wird nicht vor 2010 betriebsbereit sein. Peking will die Insel während 25 Jahren nutzen und dafür die Malediven in ausländischer Währung entschädigen.

Ein Berichterstatter des indischen Militärs, der die damalige Warnung hörte, schrieb: «Koralleninseln sind ideale Häfen für Unterseeboote. Die People's Liberation Army Navy (PLAN) schlägt vor, in Marao atombetriebene und mit Atomwaffen bestückte U-Boote einzusetzen, welche mit Dong Feng 44-Raketen und -Raketengeschossen ausgerüstet sind, die vom Meer aus abgeschossen werden können.»


Erdölvorkommen auf Sri Lanka

ZEIT-FRAGEN: In der Zwischenzeit hat China ebenfalls sehr gute internationale Beziehungen zu Sudan und Eritrea aufgebaut. So hat China systematisch versucht, eine gute Kontrolle über den Verkehrsweg auf dem Meer zu errichten.
Bisher haben wir noch nicht über die von Ihnen erwähnten Ressourcen Sri Lankas gesprochen. Wie sieht das in bezug auf China aus?

NIRJAI DAVID: In Sri Lanka entwickelte China in den vergangenen Jahren Beziehungen zu Colombo mit einem interessierten Seitenblick auf die Erdölindustrie. Die Ceylon Petroleum Corporation unterzeichnete am 4. Dezember 2000 ein Abkommen mit der Huanqiu Chemical Engineering Corporation für die Errichtung einer Ölspeicheranlage in Muthurajawela. Es wurde erwartet, dass innerhalb von drei Jahren die srilankische Ölförderungskapazität verdoppelt würde. Die chinesische Firma stellte nebst 29 Tanks ein Bojen-System auf, das es erlauben würde, Erdöl von den Tankern zu entladen, ohne in den Hafen hineinfahren zu müssen. Die chinesische Firma reparierte auch 6 weitere Tanks in Kolannawa bei Colombo, welche bei einem Angriff durch die LTTE im Oktober 1995 beschädigt worden waren. Die srilankische Regierung sagte, dass zu diesem Zeitpunkt die Zusammenarbeit mit den Chinesen begann, dabei ging es in den Gesprächen um die Erweiterung der srilankischen Ölraffinerien und die Zusammenarbeit bezüglich der Erdölindustrie. Die srilankische Regierung kam auch zum Schluss, gemeinsam mit China in Ampanthota, einem Küstendorf im Süden Sri Lankas, einen Hafen zu bauen. Die srilankische Regierung gab China dabei das Versprechen ab, dass sie chinesische Firmen einsetzen würde, um bei Mannar und Puttalam Öl zu fördern.

In der Zwischenzeit wurden wir Zeuge davon, wie sich Indien schleunigst daran machte, Chinas Beteiligung an der srilankischen Erdölindustrie entgegenzuwirken. Damit setzte Indien die Bedeutung des Indischen Ozeans als strategische Verbindung für Chinas Energienachschub herab.


ZEIT-FRAGEN: Es geht demnach einerseits um die strategisch günstige Lage von Sri Lanka im Kampf um die Vorherrschaft in den Weltmeeren, dann aber auch um Bodenschätze, die auf der Insel zu finden sind. Betreffen diese Aspekte auch die Interessen der USA?

NIRJAI DAVID: Die USA haben eine grosse Militärbasis auf der Insel Diego Garcia. Diese Insel liegt im Indischen Ozean, ungefähr 1600 km südlich der Südküste von Indien. In der Nachbarschaft von Diego Garcia sind Sri Lanka und die Malediven. Diego Garcia beherbergt eine Militärbasis, die von den Vereinigten Staaten und dem Vereinigten Königreich gemeinsam betrieben wird. Es ist eine Marinebetankungs- und Supportstation und der Stützpunkt der Maritime Prepositioning Ship Squadron Two; das ist jene Marineeinheit, die im Indischen Ozean verantwortlich ist für die Bereitschaft der Schiffe im Military Sealift Command Propositioning Program [amerikanische Marineeinheit, welche für die Nachschub- und Militärtransportschiffe der Navy verantwortlich ist, Anm. der Red.], welches ein bedeutender strategischer Aktivposten der USA ist. Es hat einen Luftwaffenstützpunkt, von wo aus während des kalten Krieges die U.S. Navy P-3-Orion maritime patrol aircraft unterstützt wurde. Seit dem 11. September 2001 unterstützt es, in Ergänzung zur P-3-Luftwaffe, einige der grössten militärischen Luftwaffeneinheiten. Die B-52-, B-1-B- und B-2-Bomber der amerikanischen Luftwaffe ebenso wie verschiedene Luftbetankungsflugzeuge wurden nach Diego Garcia verlegt, um militärische Einsätze auszuführen. Während des Golf-Krieges von 1991 war Diego Garcia der Stützpunkt der 4300th-Bomb Wing (Provisional), bestehend aus B-52G-Bombern, die in Friedenszeiten in Loring AFB (im Bundesstaat Maine) und anderen B-52G-Stützpunkten stationiert sind. Diego Garcia wurde ebenfalls genutzt zur Unterstützung der militärischen Operationen in Afghanistan bei der Operation Operation Enduring Freedom, ebenso 2003 während der Invasion im Irak.

Vor der Invasion im Irak im Jahr 2003 wurden auf der Insel hochtechnisierte portable Luftschutzbunker zur Unterstützung der B-2-Bomber gebaut.

Die B-52-, B-1- und B-2-Bomber, welche in Vorausplanung des zweiten Irak-Krieges nach Diego Garcia gebracht worden waren, führten am 22. März 2003 den ersten Bombenangriff aus der Luft auf Bagdad aus. Einige dieser Bomber liessen GPS- und Lasergesteuerte 1905-kg-Bunkerbuster-Bomben fallen, mit welchen man in einem Erstschlag Saddam Hussein und andere Offizielle der Baath Party töten wollte.

Diego Garcia ist ein regulärer Stationierungsstandort für die P-3C-Orion maritime patrol aircraft der amerikanischen Marine [überwacht die Gewässer, Anm. der Red.]. Der Stützpunkt ist ebenso Teil des amerikanischen Netzwerkes zur Überwachung des Weltalls, mit einer Three telescope GEODSS-Station [Ground-based Electro-Optical Deep Space Surveillance System = Teleskopsystem mit kombinierten Spiegelteleskopen, Anm. der Red.] und einem Notlandeplatz für NASA-Raumschiffe.

Es ist aber anzumerken, dass das Abkommen zwischen Grossbritannien und den USA zur Nutzung der Insel als Militärstützpunkt, welches 1966 abgeschlossen wurde, erst im Jahr 2036 endet. Es ist aber für beide Regierungen möglich, im Jahr 2016 aus dem Vertrag auszusteigen.

Menschenrechtsorganisationen und die Ureinwohner der Insel üben viel Druck auf die amerikanische und die britische Regierung aus, ihr Heimatland zu verlassen. Sie strengen sowohl am britischen Obersten Gerichtshof als auch auf internationalen Plattformen gerichtliche Verfahren an und versuchen auf rechtlichem Weg, ihr Ziel zu erreichen. Das bedeutet, dass die Zukunft der mächtigen Militärbasis der USA im Indischen Ozean in Frage gestellt ist.

In der Zwischenzeit haben die USA Gefallen an Sri Lanka gefunden, sowohl als Stützpunkt als auch zur Nutzung von dessen Hafenanlagen.


Seit 1951 US-Stützpunkt auf Sri Lanka

ZEIT-FRAGEN: Die Interessen der USA an Sri Lanka sind in dem Fall neueren Datums?

NIRJAI DAVID: Nein, die USA haben in Sri Lanka schon seit 1951 einen Stützpunkt. Die USA errichteten 1951 in Sri Lanka die Sendestation der Voice of America, VOA. Dieses Abkommen wurde 1983 erneuert. Gemäss diesem erneuerten Abkommen wurden 800 Morgen Land (etwa 3,25 km²) in Nathanbia und 200 Morgen (= etwa 0,8 km²) in Iranawilam verpachtet, damit sie ihre Sendestation aufbauen konnten. 200 Familien, die in dieser Gegend wohnten, wurden umgesiedelt, und die Örtlichkeiten wurden vollständig an die USA ausgehändigt. Sie umzäunten das Gebiet mit sehr hohen Mauern und Stacheldraht. Niemand kann dieses Gelände betreten. Es ist vollständig amerikanisches Territorium geworden. Man sagt, dass die Amerikaner leistungsstarke Sendeanlagen errichtet haben mit niedrigen Frequenzen, mit denen sie sogar mit den Unterseebooten kommunizieren können, welche im Indischen Ozean stationiert und mit Atomwaffen ausgerüstet sind. Man sagt, dass sie mit Hilfe dieser leistungsstarken Sendeanlagen den gesamten geheimen Nachrichtenverkehr im südasiatischen Raum überwachen können. Sie können die ganze Nachrichtenübermittlung stören oder zusammenbrechen lassen, wenn sie wollen. Sie können sogar Einzelheiten des Nachrichtenverkehrs an ihre engen Freunde weitergeben, wenn sie wollen. Die USA unterzeichnen mit der srilankischen Regierung am 6. März 2007 auch das sogenannte Acquisition and Cross-Servicing Agreement (ACSA). Es wurde zwischen den USA und der Regierung Rajapakse geschlossen. Gemäss diesem Abkommen können US-amerikanische Schiffe jederzeit in srilankische Häfen einlaufen, speziell auch in den Hafen von Trincomalee. Sehr viele politische und militärische Analysen erwähnen, dass die USA mit diesem Abkommen offiziell einen weiteren Stützpunkt erhielten.

Jetzt verstehen wir, warum Indien, China und die USA daran interessiert sind, sich mit der srilankischen Regierung gut zu stellen und dabei sogar Menschenrechtsverletzungen tolerieren.


ZEIT-FRAGEN: Es gibt Meldungen, wonach Israel Colombo im Kampf gegen die Tamilen berät. Ist das Propaganda, oder hat das etwas?

NIRJAI DAVID: Betrachten wir die israelische Position, so geht es um die Uno-Resolution 242, die Israel nicht akzepierte; die srilankische Regierung unter Sirimavo Bandaranaike schloss als Folge davon 1970 die israelische Botschaft in Sri Lanka. Als aber die tamilische Jugend mit ihrem Kampf gegen Sri Lanka begann, wurden einige der 39 militanten tamilischen Bewegungen in Palästina und in Libanon trainiert, nicht die LTTE, es waren in den 1980er Jahren mehr als dreissig verschiedene Bewegungen, die für die Rechte der Tamilen kämpften. In dieser Zeit fiel die srilankische Regierung in die Hände der USA. Und die Israeli, welche deren Taktik vertraten, entschieden nun gegen die tamilischen Kader, die von der PLO und von Libanon trainiert worden waren, zu kämpfen.


Geheimes Training der Armee Sri Lankas durch Israel

So ging im Juli 1983 J.P. Samarasinghe in geheimer Mission nach Israel und schloss ein Abkommen mit der Regierung. Dann sandten sie David Matney, Israels Aussenminister für Asian Pacific. Er machte einen heimlichen Besuch in Sri Lanka und schloss ein Abkommen mit der srilankischen Regierung für ein sehr geheimes Training mit den srilankischen Streitkräften. Und dann führte der israelische Mossad das srilankische Militär in die Strategie zur Bekämpfung von Volksaufständen ein. Ebenfalls trainierten die Israeli die Spezialeinheit (SFT), welche seither eine zentrale Rolle bei den Menschenrechtsverletzungen in der östlichen Provinz spielt. 1984 wurde Israels Gesundheitszentrum in der amerikanischen Botschaft in Sri Lanka eröffnet. Im März 1985, als alle Ausländer ein Visum für Sri Lanka benötigten, wurde von der srilankischen Regierung bekanntgegeben, dass israelische Staatsbürger kein Visum mehr brauchen würden, weil die Regierung von ihnen im Kampf gegen die Tamilen unterstützt wurde. Das betraf nur die Israeli, sogar die Inder benötigten ein Visum.

Die USA führten eine militärische Operation aus, die Operation Valentine genannt wurde. Sie wurde ausgeführt von den Green Berets. Sie trainierten die 53. Division, eine Kommandodivision der srilankischen Armee. Sie trainierten öffentlich die srilankischen Streitkräfte für den Kampf gegen die Tigers. Das war 1984 und 1990 in den Zeitungen Sri Lankas zu lesen. Heutzutage scheint es uns, dass jedermann hilft, aber wir wissen nicht, wo überall. Die Dora gun boats, das sind von den srilankischen Seestreitkräften benutzte Patrouillenboote, werden von Israel zur Verfügung gestellt. Sie spielen eine entscheidende Rolle im Kampf gegen die Seestreitkräfte der LTTE. Es sind sehr schnelle Angriffsschiffe. Sie kommen aus Israel, die Doras und Super-Doras.


ZEIT-FRAGEN: In den Berichten über Sri Lanka wird immer wieder der Naturhafen von Trincomalee im Osten erwähnt. Welche Bedeutung hat er für die internationalen Mächte?

NIRJAI DAVID: Hier geht es ebenfalls um die Ressourcen, welche die Insel Sri Lanka im Herz des Indischen Ozeans zu bieten hat. Zum Beispiel der Hafen von Trincomalee im östlichen Teil von Sri Lanka. Es ist ein Naturhafen mit einem Durchmesser von 8 km. Dieser Hafen kann sehr viele Schiffe, Kriegsschiffe sicher beherbergen. Sie können von aussen nicht gesehen werden, weil der Hafen von Trincomalee sehr viel Halbinseln hat. So eignet er sich vorzüglich, um Schiffe zu verstecken; viele Kriegsschiffe können darin sicher vor Anker gehen. Sogar Unterseeboote, welche mit Atomwaffen bestückt sind, können in diesem Hafen sicher vor Anker gehen. Es hat 110 Öltanks, welche in diesem Hafen sicher versorgt sind. Jeder Öltank fasst 10 000 Tonnen Öl. Diese Tanks wurden von den Briten während der Besetzung eingerichtet. Der Hafen wurde bis 1967 von den britischen Streitkräften genutzt. Dann hat die srilankische Armee ihren Stützpunkt darin errichtet, und das ist bis heute so. Trincomalee ist im Homeland von Tamil Eelam, aber es wird allmählich von den srilankischen Streitkräften okkupiert. Aus geostrategischen Gründen sind die USA, Indien und China an diesem Hafen interessiert.


Seltenes Mineral für Computerindustrie

ZEIT-FRAGEN: Interessanterweise erwähnten Sie auch Japan als Land mit Interessen an Sri Lanka. Warum?

NIRJAI DAVID: Mittlerweile ist tatsächlich auch Japan an Sri Lanka interessiert, weil im östlichen Teil des tamilischen Homelands ein Ort ist mit dem Namen Pulmoddai. Pulmoddai ist sehr bekannt wegen eines Minerals mit dem Namen Ilmenit und verschiedener weiterer Ressourcen (Ilmenit ist ein wertvolles Erz für die Gewinnung von Titan und seinen Derivaten [Titanoxid, Ferrotitan usw. und wird auch als Titaneisen bezeichnet, Anm. der Red.]. Mit Beginn der nordwestlichen Monsunzeit werden die Ressourcen, welche in Pulmoddai jährlich anfallen, erneuert. Wenn pro Jahr ungefähr 150 000 Tonnen gebraucht werden, dann reichen die Reserven für 25 Jahre. In Pulmoddai sind 4 Millionen Tonnen schwerer Mineralsand vorhanden. Diese Ablagerungen gehören zu den bekanntesten der Welt, speziell auf Grund des hohen Mineralgehaltes, der zwischen 60% und 70% liegt. Japan ist selbst daran beteiligt, die Ressourcen von Pulmoddai zu nutzen. Ilmenit wird zur Produktion von Microchips gebraucht. Das ist der Grund, weshalb Japan erpicht ist auf Sri Lanka. Pulmoddai liegt zwischen Mullaitivu und Trincomalee im Osten von Sri Lanka und ist tamilisches Territorium. Einmal wurde ein japanisches Schiff angegriffen, als es Ilmenit von Pulmoddai transportierte. In den nächsten Wochen eilte Japans Spezialgesandter Yasusi Akasi nach Killinochi und verhandelte mit der LTTE. Er war sehr interessiert an Ilmenit, welches sie für viele Microchips benötigten, welche sie in Japan produzierten. So versuchten sie, mit der LTTE zu verhandeln, dass sie diese Minerale nutzen können. Sie machten viele Besuche. Danach wurden die Schiffe nicht mehr von der LTTE angegriffen. Das erklärt, warum Japan in den Friedensprozess involviert ist. Und jetzt, seit die LTTE sehr weit weg ist von den Orten, wo man Ilmenit abbauen kann, nun kommt derselbe Yasusi Akasi nach Sri Lanka, weilt in Colombo und sagt, dass die srilankische Regierung grossartige Arbeit geleistet habe mit dem Sieg über die LTTE.


ZEIT-FRAGEN: Dann verhält es sich hier ähnlich wie mit dem Kongo, wo das seltene Coltan abgebaut wird, welches für die Handys gebraucht wird.

NIRJAI DAVID: In Sri Lanka gehört Ilmenit zu den wichtigen Rohstoffen, welche das Interesse der Industrienationen weckt und damit die politische Position in diesem Falle von Japan bestimmt.


ZEIT-FRAGEN: Sind seitens der tamilischen Befreiungsarmee LTTE nie Versuche unternommen worden, sich die Unterstützung wichtiger Staaten zu sichern?

NIRJAI DAVID: Aus der Zeit der indischen Armee gibt es eine Geschichte, die erzählt, dass einige der Begleiter des LTTE-Führers Prababakkaran zu ihm gingen und ihn fragten, warum sie keine Unterstützung von China und Pakistan erhielten im Kampf gegen die indischen Peacekeeping-Streitkräfte, denn sie waren knapp an Waffen und anderer Unterstützung. Damals sagte Prababakkaran: «Wenn wir diese zwei Länder um Unterstützung fragen würden, würden wir bestimmt viele Waffen erhalten; aber ich schaue in die Zukunft in Hinsicht auf die Tamilen in Tamil Nadu in Indien. Diese denken, dass China und Pakistan ihre Feinde sind. Wenn wir nun Unterstützung von diesen beiden Ländern erhalten würden, würde die nächste Generation unseres Volkes gegeneinander kämpfen, denn die Bevölkerung in Tamil Nadu würde Tamil Eelam niemals akzeptieren, weil es Unterstützung seiner Feinde angenommen hatte.» Das ist der Grund, weshalb die LTTE nie Hilfe von Pakistan und China in Anspruch nahm, als es gegen die indischen Streitkräfte kämpfte.


ZEIT-FRAGEN: Das heisst, dass das tamilische Volk keinerlei internationale Rückendeckung hat. Wie wirkt sich das nach Ihrer Ansicht auf das heutige Kriegsgeschehen aus?

NIRJAI DAVID: Es ist üblich, dass sich die Grossmächte nicht um Menschenrechtsverletzungen kümmern, wenn sie irgendwelchen Nutzen von diesem Land haben. Jedermann ist bewusst, was Kanada im Fall von Ost-Timor machte. Das Geschäft war wichtiger als die Menschenleben.

Sie können die Karte von Sri Lanka anschauen. Zuerst annektierten die srilankischen Streitkräfte den östlichen Teil von Sri Lanka. Sie führten eine militärische Operation durch, mit der sie Marvilaru besetzten, das sehr nahe beim Hafen von Trincomalee ist. Um die Sicherheit des Hafens von Trincomalee und der Öltanks zu gewährleisten, planten sie die erste Operation. Sri Lanka machte dies, weil es einen Trumpf in der Hand haben wollte. Die Regierung wusste, dass die ganze Welt hinter ihr stehen würde, wenn sie den Hafen von Trincomalee in ihrer Hand hätte. Als zweites ging es um Batticaloa im nördlichen Teil. Zuerst führten sie militärische Operationen in der Gegend von Mannar und Puttalam durch, wo das Öl liegt. Die nächste Operation fand in Veli Oya statt, das sehr nahe bei Pulmoddai ist, wo die Ilmenit-Ablagerungen sind. Verstehen Sie, wenn die ausländischen Interessen in den Händen der Regierung liegen, werden sie die Unterstützung von allen Mächten haben. Das ist auch der Grund, weshalb Sri Lanka vom Iran, von China, Indien und den USA unterstützt wird.

Und niemand kümmert sich darum, was das Land mit seinen eigenen Bürgern macht. Niemand will den Genozid stoppen, der durch den srilankischen Staatsterrorismus erfolgreich vollzogen wird. Es gibt sogar einen Wettbewerb unter den Grossmächten und den regionalen Mächten, Waffen für den srilankischen Staatsterror zu liefern.


ZEIT-FRAGEN: Die Situation in Sri Lanka ist prekär. Sie gehörten zu jenen Journalisten, welche durch eine offene Information einen Beitrag zur Lösung des Konfliktes leisten wollten. Heute sind Sie hier, weil Sie aus Ihrer Heimat fliehen mussten.

NIRJAI DAVID: Bei Konfliktlösungen gibt es zwei Grundbestandteile, die einen sind diejenigen, die zusammenführen, die anderen sind die, welche trennen wollen. Ein Verbinder ist jemand, der zwei Personen oder zwei Gemeinschaften zusammenführen will. Die Trenner sind solche, welche zwei Gesellschaften trennen möchten. Die srilankische Regierung hat alle diejenigen, welche die beiden Gemeinschaften zusammenführen wollten, aus der Konfliktsituation entfernt (d.h. getötet, ermordet). Zum Beispiel die Journalisten, die sehr bekannt sind, die gut Englisch sprechen, die eine breite Kenntnis über die internationale Presse haben und echte Fakten bringen. Mittlerweile schaffen und ermutigen sie die «Trenner» im Konfliktgebiet. Zum Beispiel in Batticaloa hat es viele «Trenner», welche die Bevölkerung spalten in die südlichen Singhalesen und die Tamilen. Und diejenigen Leute, welche verbindend wirken möchten, werden systematisch entfernt (umgebracht). Im Zeitraum der letzten 4 Jahre wurden 23 tamilisch sprechende Journalisten «entfernt».


ZEIT-FRAGEN: Mit anderen Worten versucht man auf diese Weise, eine wichtige Stimme zum Schweigen zu bringen. Mit Ihrer Arbeit als Journalist leisten Sie einen wichtigen Beitrag, das Schweigen zu brechen. Wir danken Ihnen für das Gespräch.



(Übersetzung: Zeit-Fragen)

Anmerkung:
(1) Damit gemeint ist die Errichtung eines Netzes von direkten oder indirekten Sicherheitspunkten. Dieser muss für Aussenstehende nicht unbedingt als ein solches ersichtlich sein. Für Indien hingegen wäre es ein Sicherheitssystem. Afonso de Albuquerque (1460 bis 1515), portugiesischer Adliger, bekannt als indischer Gouverneur und Begründer des portugiesischen Kolonialsystems.


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Quelle:
Zeit-Fragen Nr. 17 vom 28.04.2009
Wochenzeitung für freie Meinungsbildung, Ethik und Verantwortung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Mai 2009