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ASIEN/627: Initiative für Informationsfreiheit in Malaysia - Bundesstaat begehrt gegen Regierung auf (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 30. Juli 2010

Malaysia: Initiative für Informationsfreiheit - Bundesstaat begehrt gegen Regierung auf

Von Baraden Kuppusamy (*)


Kuala Lumpur, 30. Juli (IPS) - Im bevölkerungsreichsten malaysischen Bundesstaat Selangor wird voraussichtlich im kommenden Frühjahr ein Gesetz über Informationsfreiheit in Kraft treten. Der Zentralregierung in Kuala Lumpur, die eine strikte Kontrolle über die Medien ausübt, dürfte damit in Bedrängnis geraten.

In dem prosperierenden Staat Selangor regiert das Bündnis Pakatan Rakyat (Volksallianz), das im nationalen Parlament den Reihen der Opposition angehört. Mitte Juli brachte sie in das regionale Parlament den Entwurf für ein Gesetz ein, das der Öffentlichkeit einen weit reichenden Zugang zu staatlichen Informationen zusichern soll.

Solche Freiheiten gibt es in dem südostasiatischen Land auf nationaler Ebene nicht. Die regierungsnahen Medien stehen unter strenger staatlicher Aufsicht, während der unabhängigen Presse häufig der Maulkorb angelegt wird. Restriktive Gesetze zum Schutz von Staatsgeheimnissen und zur Gewährleistung der Sicherheit erlauben es den Behörden, viele Akten unter Verschluss zu halten.

Die Pakatan-Rakyat-Abgeordnete Elizabeth Wong, die die Initiative anstieß, sprach von einem "bahnbrechenden Gesetz", das das Recht der Bürger festschreibe, von den Behörden Rechenschaft fordern zu können.

Die von der 'United Malays National Organisation' (UMNO) angeführte Regierungskoalition 'Barisan Nasional' in Kuala Lumpur hatte hingegen politische juristische Bedenken gegen das Gesetzesvorhaben geäußert. Die Vorlage verstoße gegen die Staatsverfassung, hieß es.

Nach Ansicht des nationalen Oppositionsabgeordneten Tian Chua von der Parti Keadilan Rakyat (Gerechtigkeitspartei) würde die Zentralregierung jedoch unklug handeln, sollte sie versuchen, ein Veto gegen das Gesetz einzulegen. Dies würde dem allmählichen Demokratisierungsprozess im Land zuwiderlaufen, meinte er. "Nur Regierungen, die etwas zu verstecken haben, würden sich gegen ein solches Gesetz stellen."


Verabschiedung gilt als sicher

Die abschließende Abstimmung über das Gesetz wird im April 2011 erwartet. Da Pakatan Rakyat im Parlament Selangor die Mehrheit der Sitze hält, gilt die Verabschiedung bereits als sicher.

Über den Vorstoß wird im Internet bereits eifrig diskutiert. "Ein solches Gesetz ist lange überfällig", kommentierte ein Nutzer auf der Website des unabhängigen Nachrichtenportals 'Malaysiakini'. Andere Beobachter stellten fest, "dass die Demokratie vorankommt und der Autoritarismus zurückgedrängt wird".

"In mehr als 80 Staaten der Welt gelten Gesetze über Informationsfreiheit", sagte Chua. "Wir hoffen, dass das Gesetz auch in Malaysia einen freien und legitimen Informationsfluss in Gang setzt."

Wenn das Gesetz wie erwartet in Kraft tritt, wird es allerdings nur in dem nicht weit von der Hauptstadt Kuala Lumpur liegenden Staat Selangor gelten. Föderale Angelegenheiten würden davon nicht berührt. Die Abgeordnete Wong rechnet jedoch damit, dass die Wähler die zentrale Regierung unter Druck setzen könnten, ihnen landesweit ähnliche Konzessionen zu machen.

Die Bürger sollen laut dem Gesetz die Möglichkeit haben, eine Beschwerdeinstanz anzurufen, wenn ihnen die Regierung nicht binnen 30 Tagen Einsicht in staatliche Unterlagen erlaubt. Wenn ein Antrag abgelehnt wird, muss dies begründet werden.

Das in Selangor geplante Gesetz gilt allerdings nicht, wenn es um Dokumente geht, die nach dem 'Officials Secrets Act' einer besonderen Geheimhaltung unterliegen. Das drakonische Gesetz wird von der Regierung bisher häufig dazu angewandt, um Oppositionelle, Journalisten und Studenten zu gängeln.


Regierung will vieles unter Verschluss halten

Die Definition eines 'offiziellen Geheimnisses' sei sehr breit gefasst, sagte Chua. Darunter könnten ebenso Fragen der Abfallentsorgung wie Informationen zur Erhebung von Maut-Konzessionen fallen. "Es gibt vieles, von dem die Regierung nicht will, dass es die Öffentlichkeit erfährt."

Die Regierung fühlt sich offenbar bereits unter Druck. Als der Gesetzentwurf in Selangor eingebracht wurde, gingen die Behörden gegen die Medien aller drei in Kuala Lumpur im Parlament vertretenen Parteien vor. Die Regierung verbot vorübergehend das Erscheinen mehrerer Zeitungen und stellte Redakteure von Medien des Bündnisses Pakatan Rakyat zur Rede. Anlass war die kürzliche Veröffentlichung mehrerer kritischer Artikel, in denen der Regierung Missmanagement und Korruption vorgeworfen wurde. (Ende/IPS/ck/2010)


(*) Dieser Beitrag erscheint im Rahmen des 'Asia Media Forum' (www.theasiamediaforum.org), das im Internet einen Austausch von Informationen und Meinungen über Medienfragen ermöglicht. Das Forum wird vom IPS-Regionalbüro für Asien und den Pazifikraum koordiniert.


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IPS-Tagesdienst vom 30. Juli 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. August 2010