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ASIEN/789: Philippinen - Militärmanöver mit den USA, Land geht auf Konfrontationskurs zu China (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 7. Februar 2012

Philippinen: Militärmanöver mit den USA - Land geht auf Konfrontationskurs zu China

von Marwaan Macan-Markar


Bangkok, 7. Februar (IPS) - Die philippinische Regierung begibt sich derzeit in unruhiges Fahrwasser. So hat das südostasiatische Land die USA zu Hilfe gerufen, um dem aggressiven Machtstreben Chinas im Südchinesischen Meer Einhalt zu gebieten. Doch die Partnerschaft zwischen Manila und Washington ist problematisch.

Ein Protest von linksgerichteten und indigenen Gruppen vor der US-Botschaft in Manila am ersten Februarwochenende gab einen ersten Vorgeschmack darauf, was im Vorfeld der geplanten US-philippinischen Militärmanöver in einem der befahrensten Meere der Welt noch zu erwarten ist.

"Die Kampfübungen der US-amerikanischen und philippinischen Marine haben viele Kreise hier aufgeschreckt", meinte Walden Bello, ein Abgeordneter der Bürgerlichen Aktionspartei, die Teil der Regierungskoalition des philippinischen Staatspräsidenten Benigno Aquino ist. "Doch die Philippinen spielen ein gefährliches Spiel, wenn sie eine US-Militärpräsenz in Betracht ziehen."

Washington zu erlauben, einen militärischen Fuß in die Tür zu setzen, werde einen Territorialdisput, an dem die Philippinen einen Anteil haben, in einen Konflikt der Supermächte verwandeln, warnte Bello und empfahl seinem Land, lieber auf regionale und multilaterale Mechanismen zurückzugreifen, um den Territorialstreit im Südchinesischen Meer zu schlichten.

Eine ultranationalistische chinesische Zeitung konterte das philippinische Angebot an Washington mit der Forderung nach "Gegenmaßnahmen" und einer "Bestrafung" Manilas. "Eine angemessene und starke Sanktion sollte in Erwägung gezogen werden", hieß es in einem Kommentar der englischsprachigen 'Global Times'. Chinas Nachbarn müsse klar gemacht werden, dass es eine schlechte Idee sei, sich mit den USA auf Kosten Chinas zu verbrüdern.


Manöver im Frühjahr

Die für Ende März/Anfang April geplanten Militärübungen sollen vor der philippinischen Küste in der Nähe einer Ölplattform stattfinden. Bekannt wurden die Pläne nach einem bilateralen Verteidigungsdialog und dem Besuch von vier US-Politikern. "Wir sprechen über maritime Sicherheit", meinte der US-Senator Joseph Liberman zum Abschluss der Gespräche in Manila im letzten Monat. "Wir können einem einzigen Land (China) nicht eine überproportionale Kontrolle des Gewässers erlauben."

Dass die Spannungen im maritimen Territorialstreit immer weiter zunehmen, hat nicht zuletzt mit der Erklärung Chinas von 2009 zu tun, in dem von ihm kontrollierten Meeresstreifen gebe es nur Riffe, Korallenatolle und kaum bewohnbare Inseln. Berichten zufolge ist das Südchinesische Meer jedoch reich an Öl und Gas und liefert ein Zehntel des weltweiten Fischfangs. Die Paracelsus- und die Spratly-Inseln werden somit, was die Energiesicherheit angeht, immer wichtiger.

China kontrolliert die Paracelsusinseln seit seinem Sieg über Vietnam 1974. Der Machtkampf kostete 18 Menschen das Leben. Manila wiederum zog den Kürzeren, als die Volksrepublik 1995 die Mischief-Riffe besetzte, die einst zu den Philippinen gehörten. Weitere Anrainer des Südchinesischen Meeres sind Brunei, Malaysia und Taiwan.

Der chinesisch-philippinische Disput gipfelte 2002 in der Erklärung über das Verhalten der Parteien im Südchinesischen Meer (DoC), einem ersten politischen Abkommen zwischen dem Reich der Mitte und dem Verband der Südostasiatischen Staaten (ASEAN), dem Burma, Kambodscha, Thailand, Singapur, Laos, Indonesien und die Anrainer des Südchinesischen Meeres Philippinen, Vietnam, Brunei und Malaysia angehören.

Weder die zehn Jahre alte Erklärung noch der diplomatische Durchbruch im Juli im letzten Jahr bei der Etablierung der sogenannten DoC-Umsetzungsrichtlinien reichten aus, um die Spannungen abzubauen. Sowohl Vietnam als auch die Philippinen beschuldigten China, seine Hegemoniebestrebungen durch die Entsendung von Schiffen in das umstrittene Gebiet zu unterstreichen.

"Die Philippinen haben sich von allen ASEAN-Mitgliedern in dieser Frage besonders weit vorgewagt", meinte der regionale Kommentator Kavi Chongkittavorn in der thailändischen Tageszeitung 'The Nation'. Dafür habe das Verteidigungsabkommen mit den USA gesorgt. Allerdings sei nicht damit zu rechnen, dass Manila von der Mehrheit der ASEAN-Staaten unterstützt werde, weil sich diese nicht in einen Konflikt mit China hineinziehen lassen wollten.

Vor etwa einem Jahr hatte Manila zur Beilegung des Territorialstreits mit China das UN-Seerechtsabkommen (UNCLoS) angerufen. "Die Philippinen hofften damals auf die Unterstützung von ASEAN, den Konflikt durch UNCLoS beilegen zu lassen", berichtete Herman Kraft, außerordentlicher Professor für politische Wissenschaften an der Universität der Philippinen.

Sich auf UNCLoS zu stützen, sei für die Philippinen von hohem moralischem Wert und steigere die Chancen des Landes auf einen Sieg, meinte dazu der Experte in einem Interview. Chinas Versuch, das Problem auf bilateraler Ebene zu lösen, sei für ein kleineres Land wie den Philippinen wenig sinnvoll.

Allerdings gibt es ein weiteres internationales Abkommen, von dem China und andere Länder im Hinblick auf die marinen Territorialstreitigkeiten im Südchinesischen Meer profitieren könnten, meinte Kumar Chitty, ein ehemaliger hochrangiger Vertreter des Internationalen Seegerichtshofs in Hamburg. Dieses Abkommen habe Australien und Osttimor bei der Beilegung ihres Konflikts geholfen.

Doch China beharrt auf einer ASEAN-geführten DoC-Resolution. "China wird die Gelegenheit ergreifen, um mit den ASEAN-Ländern für Frieden und Stabilität im Südchinesischen Meer zum Wohl der Menschen der Region sorgen", meinte der chinesische Außenamtssprecher Lu Weimin nach einem Ministertreffen in China zur Verringerung der Spannungen im letzten Monat. (Ende/IPS/kb/2012)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Februar 2012