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ASIEN/800: Brisante Marine-Manöver in rohstoffreichen Gebieten der Pazifikregion (Gerhard Feldbauer)


Brisante Marine-Manöver in rohstoffreichen Gebieten der Pazifikregion

Washington provoziert Peking

China reagiert mit Russland

Von Gerhard Feldbauer, 1. Mai 2012



Die Gewässer zwischen dem Süd-, Ostchinesischen und Gelben Meer gehören zu den strategisch und zugleich neuralgischsten Gebieten des Pazifik. Hier liegen die umstrittenen Spratley- und Paracelinseln, auf die von China und Vietnam Ansprüche erhoben werden, aber auch von Taiwan, Malaysia, Brunei und den Philippinen.


Die Volksrepublik ist avisierter Hauptfeind

Hier liegen reiche Fischfanggebiete, werden aber vor allem riesige Vorkommen an Erz, Erdöl und Erdgas vermutet. Das Gebiet durchqueren etwa ein Viertel der Schifffahrtswege, die vom Nahen Osten nach Hongkong, Shanghai aber auch Japan führen, darunter die Tankerrouten. Das ist nicht nur für den Handel, sondern ebenso von militärstrategischer Bedeutung. Die USA haben die Pazifik-Region unverhüllt zum zentralen Schauplatz der Durchsetzung ihrer Weltherrschaftspläne erklärt. Der "Vietnam Kurier" gab in Nr. 2/2010 den Kommandanten des Flugzeugträgers "George Washington" wieder: "Diese Gewässer gehören niemandem", die USA und jeder Staat der Welt hätten das Recht "hier zu operieren". US-Außenministerin Hillary Clinton verkündete zu Jahresbeginn das "pazifische Jahrhundert der Vereinigten Staaten". China ist der offen avisierte Hauptfeind. Die Volksrepublik steht schon heute an der Schwelle, die USA von Platz eins als Wirtschafts- und Finanzmacht zu verdrängen, und damit die Grundlage von deren Führungsrolle generell in Frage zu stellen. Da Washington kaum noch über ökonomische Ressourcen verfügt, setzt es auf die noch vorhandene militärische Überlegenheit und sucht regionale Verbündete einzubeziehen. 2011 wurde eine Flugzeugträgergruppe mit der "USS Carl Vinson" vor den Küsten der Volksrepublik stationiert.


US-Manöver mit den Philippinen

Das hier konzentrierte Konfliktpotenzial wurde deutlich, als ab der zweiten Aprilhälfte gleich mehrere Marine-Manöver stattfanden: Die Konfrontation eröffnete die US-Navy mit einem Manöver mit den Philippinen, an dem sich Japan, Australien und Südkorea beteiligten.

Vorher hatte ein chinesisches Kriegsschiff in der Nähe des sogenannten Scarborough-Atoll philippinische Küstenwachboote gehindert, chinesische Fischer festzunehmen. Im anschließenden mehrtägigen Manöver "Balikatan" (Schulter an Schulter) übten auf der Insel Palawan 6000 US-Marines und Verbündete u. a. eine Anlandung. Von Palawan aus werden von den Philippinen besetzte rund 200 Seemeilen entfernte acht Spratlyinseln verwaltet.


Scharfe Warnung Pekings

Peking reagierte in ungewöhnlich scharfer Form: Das Seemanöver trage, wie Reuters einen Kommentar der Zeitung der chinesischen Volksbefreiungsarmee wiedergab, massiv zu einer Verschärfung der Lage in der Region bei und werde "unvermeidlich Einfluss auf den Frieden und die Stabilität in der Region haben" Das Forschungsinstitut International Crisis Group warnte, wie "NZZ online" zitierte, dass sich der Konflikt weiter zuspitzen könnte. "Spiegel online" sprach vom "Kalten Krieg zwischen Korallen".


Rasche Reaktion Chinas mit Russland

Eine Woche später begannen China und Russland im gelben Meer ein Marinemanöver "Zusammenarbeit auf See", zu dem aus Wladiwostok der Raketenkreuzer "Warjag" begleitet von fünf Kriegsschiffen der russischen Pazifikflotte eintraf. Von chinesischer Seite nahmen 16 Schiffe und zwei U-Boote teil. Das vereinte Geschwader wirkte mit Flugzeug- und Hubschrauberstaffeln sowie Fallschirmjäger-Einheiten zusammen. Sowohl das Russisch-Chinesische als auch das von der US-Navy geführte Manöver wurden als "Kampf gegen Terror und Piraterie" bezeichnet. Xinhua hob jedoch deutlich die Luftabwehr und U-Bootbekämpfung sowie die Vernichtung von See- und Luftzielen und die Sicherstellung des Nachschubs auf hoher See hervor. Dass Piraten über U-Boote oder Flugzeuge verfügen, ist bisher nicht bekannt. Moskau und Peking, das verdeutlichte das Manöver, rücken gegen Washingtons aggressiven Kurs näher zusammen und demonstrieren militärische Präsenz. Seitens Moskaus eine klare Antwort auf den Provokationskurs, den Washington mit seiner Einmischung in die russischen Präsidentenwahlen weiter verschärft hatte. Obwohl als schon lange geplant bekannt gegeben, war das Manöver eine unübersehbare Reaktion auf die neuerliche Provokation Washingtons gegen China, mit der auch rasches Handeln demonstriert wurde. Russland, das sich, wie einst die UdSSR auch als eurasische Macht sieht, zeigte, dass es nicht beabsichtigt, unbeteiligter Beobachter in der Pazifikregion zu bleiben.


USA-Manöver mit dem einstigen Kriegsgegner

Mit Vietnam, dem einstigen Kriegsgegner, veranstalteten die USA ein fünftägiges Marinemanöver, das am Sonnabend (28. April) zu Ende ging. Drei amerikanische Kriegsschiffe mit dem Zerstörer «USS Chafee" an der Spitze liefen in den Hafen von Da Nang ein, der während des Krieges die stärkste Luftwaffen- und Marinebasis der USA war. 1400 US-Soldaten trainierten mit den Vietnamesen laut offiziellen Angaben Rettungs- und Noteinsätze. Es wurde betont, dass es sich um kein Militärmanöver handelt. Bereits im August 2010 hatten der Flugzeugträger "George Washington" und der Lenkwaffenzerstörer "John S. McCain" Da Nang zu gemeinsamen Übungen angelaufen.


Hanoi betont, nicht Partei zu ergreifen

Südostasien-Kenner sehen die Haltung Vietnams vor dem Hintergrund des anhaltenden Konflikts mit China, der im Frühjahr 1979 im Einfall Pekings in Nordvietnam gipfelte, und meinen, dass Hanoi geschickt die Macht-Balance zu seinen Gunsten nutzt. Ähnlich pragmatisch profitierte es im Krieg gegen die USA von der antiamerikanischen Haltung Frankreichs unter de Gaulle. Gleichzeitig hat Vietnam wiederholt kategorisch erklärt, keiner "militärischen Allianz beizutreten", und "nicht die Partei eines Landes gegen ein anderes" zu ergreifen. Die militärischen Beziehungen zu den USA werden in die "üblichen Praktiken zwischen souveränen Staaten" eingeordnet, wie sie mit der VR China, Kambodscha, den Philippinen, Thailand und Singapur unterhalten würden.


Vom Autor erschienen:
Irene und Gerhard Feldbauer: Sieg in Saigon. Erinnerungen an Vietnam
Pahl-Rugenstein Verlag, Bonn, 2005, 237 Seiten, Euro 19,90, ISBN 3-89144-366-8

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REZENSION/343: Irene und Gerhard Feldbauer - Sieg in Saigon (Politik)(SB)
http://www.schattenblick.de/infopool/buch/sachbuch/busar343.html

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Quelle:
© 2012 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Mai 2012