Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → AUSLAND

ITALIEN/018: Wahlsieg von Mitte Links stört Pferdewechsel des Kapitals (Gerhard Feldbauer)


Wahlsieg von Mitte Links stört Pferdewechsel des Kapitals

Abfuhr für EU-Statthalter Monti in Rom

Es ist fraglich, ob die Wahlsieger ihr Chance wahrnehmen?

von Gerhard Feldbauer, 31. Mai 2012



Bei den Bürgermeisterwahlen (5./6. und 20./21. Mai) in Italien hat Mitte Links einen klaren Sieg errungen und in der Mehrheit der fast 1000 Gemeinden bereits im ersten Wahlgang die vorderen Plätze belegt. Der langjährige Bürgermeister von Palermo (1985-2000) und bekannte Anti-Mafia-Kämpfer Leoluca Orlando kam im Ballotagio (Stichwahl) auf 72,4 Prozent, der Bewerber der Linkspartei Umwelt und Freiheit (SEL) in Genua auf 59,7 Prozent. Die den deutschen Piraten ähnliche Protestpartei "Cinque Stelle" des Satirikers und Bloggers Beppe Grillo erreichte mehrmals bis zu 20 Prozent. In Parma zog ihr Kandidat nach dem Ballottagio mit 60,2 Prozent ins Bürgermeisteramt ein. Wie in Deutschland die Piratenpartei entzieht die der "Fünf Sterne" den Linken Stimmen und nützt so den Rechten.


Ein "Tsunami für die Rechte"

Die faschistoide Volksfreiheitspartei (PdL) des Ex-Premiers Berlusconi und die rassistische Lega Nord, deren Chef Umberto Bossi im April wegen schwerer Korruptionsvorwürfe in zweistelliger Millionenhöhe zurücktreten musste (Ende eines Saubermannes, jW, 13. April) erlitten eine verheerende Niederlage. Ihre Kandidaten erreichten in vielen Gemeinden kaum zehn Prozent. DP-Vorsitzender Luigi Bersani sprach von einem "Tsunami für die Rechte". Die Reaktion an der Mailänder Börse bestand im Absinken der Aktienkurse um zwei Punkte.

Für Mitte Links traten die aus der Fusion früherer Linksdemokraten und katholischem Zentrum hervorgegangene Demokratische Partei (DP), die Partei Italiens der Werte (IdV) des früheren Korruptionsermittlers Antonio di Pietro, die SEL des Ministerpräsidenten von Apulien, Nicola Vendola, unterstützt von Kommunisten der PRC und der PdCI an.

Mit knapp zehn Millionen waren etwa 20 Prozent der Wähler des Landes aufgerufen. Es war die erste Wahl seit Mario Monti nach dem Fall Berlusconi im November 2011 als Ministerpräsident eines sogenannten Technikerkabinetts amtiert. Das Ergebnis war ein deutlicher Protest gegen die rigorose Abwälzung der Krisenlasten durch das von der EU diktierte Sparprogramm Montis vor allem auf die arbeitenden Menschen und die Rentner, mit dem dieser den Sozialabbau Berlusconis, der sich bereits auf rund 100 Mrd. Euro belief, fortsetzt. Das Sparprogramm trifft aber auch die Kommunen mit Streichungen der Ausgaben für Kindergärten, Bildung und Gesundheit, den Verkehr und die Verwaltungen, was viele ihrer Beschäftigten ins Heer der Arbeitslosen treibt.


Kapitel gruppiert Kräfte um

Dabei war für das Kapital alles gut angelaufen. Seit Mitte 2010 hatten seine maßgeblichen Kreise sich entschieden, Berlusconi fallen zu lassen (Berlusconis Klemme, jW 22. September 2010). Der Newcomer hatte mit seiner seit den 1970er Jahren formierten Gruppe des Wirtschafts- und Finanzkapitals das übliche Regierungssystem mit seinem absoluten Herrschaftsanspruch und der Ausbootung von Konkurrenten wie dem größten privaten Industriekonzern Fiat aus den Fugen gebracht. Fast einmalig in der Welt des Kapitals bildete der reichste Kapitalist des Landes eine Personalunion seines vor allem im Medienbereich angesiedelten Riesenimperium Fininvest und der von ihm ausgeübten politischen Exekutive. Hinzu kam, dass der Regierungschef, wie selbst die "Financial Times Deutschland" einräumte, sein Amt vor allem zum Wirtschaften in die eigene Tasche nutzte. Der Anteil Italiens am Welthandel ging während seiner Amtszeit von 4,7 auf 2,9 Prozent zurück, die Industrieproduktion sank um 3,8 Prozent. Das Privatvermögen des Mediendiktators stieg dagegen laut "Espresso" auf 12 Mrd. Dollar an.

Die Ausschaltung des Mediendiktators leitete sein fast zwei Jahrzehnte treuester Verbündeter, der frühere Führer der AN-Faschisten, Gianfranco Fini, ein. 2008 hatte er seine AN in Berlusconis PdL eingebracht, um so das Odium des Faschismus loszuwerden. Fini, der Mussolini einst als den "größten Staatsmann" des Jahrhunderts gefeiert und sich nie vom Faschismus losgesagt hatte, gab sich plötzlich als geläutert und kritisierte den diktatorischen Führungsstil des Regierungschefs, seine verfassungswidrigen Praktiken, ging auf Distanz zum Rassismus und Separatismus der Lega Nord und wandte sich selbst gegen die von Berlusconi ins extreme gesteigerte Hetze gegen alle Linken. Nach dem Austritt seiner Fraktion aus der PdL gründete er unter dem Namen Futuro e Libertà (Zukunft und Freiheit - FeL) eine neue Partei.

Zunächst wollten führende großbourgeoise Kreise zu einer Art Neuauflage des von der alten Democrazia Cristiana nach Kriegsende begründeten Regierungssystems zurückzukehren, in dem diese, bevor sie Anfang der 1990er Jahre im Korruptionssumpf unterging, wechselnd Koalitionen der linken oder rechten Mitte bilden konnte. Über vier Jahrzehnte befand sie sich dazu in der Position der stärksten Regierungspartei. Ihr Monopol stützte sich darauf, dass ihre Koalitionspartner zwischen fünf und kaum über zehn Prozent im Parlament dahinpendelten.

Die Pdl Berlusconis zu einer ähnlichen Partei aufzubauen, erwies sich aber als schwer durchführbar, weil in der Mitte des Parteienspektrums in Gestalt der DP eine von der Wählerbasis her ernsthafte Konkurrenz entstand. Bei den Parlamentswahlen 2008 erreichte sie hinter Berlusconi (37,7) 34 Prozent.


Entscheidung in Brüssel

Unter den herrschende Kreisen gewann, wie der "Corriere della Séra" bereits am 18. August 2010 schrieb, deshalb zunehmend der Gedanke Raum, sich am "deutschen Herrschaftsmodell" als "politischer Vorbildkraft" zu orientieren. Wobei obendrein die "absolute Kooperation", die das deutsche Parteiensystem mit den Gewerkschaften im Bündnis von "Arbeit und Kapital" zustande brachte, tief beeindruckte. Die zwei großen "Volksparteien", PdL und DP sollten sich an der Spitze der Regierung bei der Interessenvertretung des Kapitals ablösen, wie das eben SPD und CDU/CSU in Deutschland seit Jahrzehnten so schön vormachten. Am meisten faszinierte dabei, dass beim Fehlen regierungsfähiger Mehrheiten große Koalitionen gebildet wurden. So machte man dann bei der Berufung Montis gleich die Probe aufs Exempel. In trauter Gemeinsamkeit stimmten DP und PdL ihm bei der Abwälzung der Krisenlasten auf das arbeitende Volk im Parlament zu.

Zweifel an ihrer Zuverlässigkeit als Sachwalter der Interessen des Kapitals hatten die Linksdemokraten schon 1989/90 bei der Liquidierung der IKP ausgeräumt, als sie sich zur "fundamentalen Rolle" des "Privateigentums an den Produktionsmitteln" bekannten. An diesem Bekenntnis hält die DP unter ihrem Vorsitzenden, Pierluigi Bersani, ein früherer führender Exkommunist, unverrückbar fest und tritt für einen "demokratischen Pakt zwischen Arbeitern und Bourgeoisie" ein. Die Würfel für die Abhalfterung Berlusconis dürften, auf der Krisensitzung in Brüssel am 11. Juli 2011 gefallen sein. Zuvor hatte Cordero di Montezemolo, Agnelli-Erbe und Ferrari-Chef, lange Jahre Präsident der Confindustria, ein Machtwort gesprochen und Berlusconi "die Schuld am Bankrott des Landes" und der "beispiellosen Staatskrise" gegeben. Angesichts der sich verschärfenden internationalen Wirtschafts- und Finanzkrise wurde befürchtet, der ständig auch noch mit seinen Strafprozessen wegen Korruption und Sex-Affären belastete Berlusconi werde die Situation nicht in den Griff bekommen. Dazu kamen die Sorgen, vor einer drohenden Herabstufung der Kreditwürdigkeit und dass Rom wie Athen schon bald am Tropf der EU hängen könnte. Italiens Staatsverschuldung belief sich auf 1.900 Mrd. Euro. Es belegte dabei mit 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts den zweiten Platz hinter Griechenland.


Einheitsfront des Kapitals

Gegen den Fininvestchef entstand so etwas wie eine Einheitsfront des Kapitals: Neben Fiat weitere norditalienische Großindustrielle; Großbanken Mittelitaliens, an ihrer Spitze die Bank von Italien, der Monte Paschi di Siena, nach UniCredit und Sanpaolo die drittstärkste Bank Italiens; Finanzgesellschaften wie Unipol; das in der Emilia ansässige wirtschaftsstarke und auch große Wählergruppen beeinflussende Genossenschaftswesen (einst eine Domäne der IKP), aber auch neue Unternehmerschichten im Süden.

In dieser Gruppe liebäugeln viele mit der DP, darunter auch die große Stahlunternehmerin Emma Marcegaglia, mit der 2008 erstmals eine Frau Präsidentin der Confindustria wurde. Wichtigstes außenpolitisches Ziel der meisten Kapitalkreise wurde, einen klaren Schulterschluss mit der EU, besonders mit ihrer Hegemonialkraft Deutschland, herzustellen. Um den Niedergang der italienischen Wirtschaft zu stoppen, wollen sie sich an die "deutsche Lokomotive" ankoppeln ("Deutsch-Europa", jW, 22. Nov. 2011).

In Rom wie in Brüssel zögerte man zunächst noch, den Entschluss in die Tat umzusetzen. Berlusconi sollte noch das von der EU diktierte Sparpaket durchsetzen, um seinem Nachfolger eine Verschnaufpause zu verschaffen. Zum anderen befürchtete man, die zunehmend an Kampfkraft gewinnende Linke werde einen Abtritt Berlusconis als ihren Sieg feiern, dadurch Auftrieb erhalten und wieder stärker auf die traditionell vor allem von der Basis her zu ihr neigende Mitte Einfluss nehmen (Italien im Umbruch, jW, 25. Juli 2011). Die ab September 2011 zunehmenden Kampfaktionen der Gewerkschaften, darunter ein Generalstreik, und der Basis der Linken und selbst der DP, die mit dem unüberhörbar werdenden Ruf "Schluss mit Berlusconi" die Strasse beherrschten, ließen es dann geraten scheinen, dem Mediendiktatur endlich den Laufpass zu geben. Unter dem Druck der internationalen Finanzmärkte gab Berlusconi seinen Widerstand auf und erklärte am 12. November seinen Rücktritt. Vorausgegangen war eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit Italiens durch die US-Ratingagenturen Moody und Standard & Poors, die Moody ausdrücklich mit der Einschätzung begründete, dass die derzeitige Regierungskoalition "die Fähigkeit Roms einschränke, entschlossen auf die Schuldenkrise zu reagieren".

Die schwere politische und Wirtschaftskrise hätte erfordert, dass Staatschef, Giorgio Napolitano, von seinem verfassungsmäßigem Recht Gebrauch macht, das Parlament auflöst und für das Frühjahr 2012 vorgezogene Neuwahlen ansetzt. Napolitano, auch er einst Politbüro-Mitglied der IKP, dann Linkspartei, entschied sich für ein Übergangskabinett aus vorgeblich parteilosen Technikern. Zur Berufung des Premiers standen drei Persönlichkeiten zur Verfügung: Mit dem mehrmaligen Ministerpräsidenten linker Zentrumsregierungen (zuletzt 2006-08 mit drei kommunistischen Ministern im Kabinett) Romano Prodi, und dem Großindustriellen Carlo De Benedetto zwei entschiedene Gegner Berlusconis. Napolitano entschied sich für den Dritten, den Wirtschaftsprofessor Mario Monti, der leitende Posten in großen Industrieunternehmen begleitet und in Brüssel 1995 EU-Kommissar für den Binnenmarkt und 1999 bis 2004 Wettbewerbskommissar war. Von einer Gegnerschaft zu Berlusconi konnte keine Rede sein.

Durch das Land ging für kurze Zeit ein Aufatmen. Mit der täglichen unerträglichen, ins extreme gesteigerten antikommunistischen Hetze Berlusconis, mit der selbst die gegen ihn ermittelnden Richter als "Rote" verteufelt wurden, die ein kommunistisches Regime an die Macht bringen wollten, gepaart mit den größenwahnsinnigen Äußerungen, er sei der "beste Regierungschef" Italiens und auch der Welt, war endlich Schluss. Monti setzte jedoch den sozialen Crashkurs zur Durchsetzung des EU-Diktats diverser Rettungs- und Sparpakete zur weiteren Beseitigung von Arbeiterrechten, Einsparungen an Sozialleistungen, kommunalen und anderen Verwaltungsaufwendungen fort. Als erstes verkündete er neue Ausgabenkürzungen von 24 Mrd. Euro zur Sanierung des Haushalts bis 2013. Insgesamt sollen in den nächsten drei Jahren 220 Mrd. Euro eingespart werden.


Rechte Gegenoffensive

Die Rechte versucht, den Schock der Niederlage zu überwinden und tritt zur Gegenoffensive an. Die PdL will dem Beispiel Finis folgen und ihren Namen wechseln, um sich als eine neue Partei vorzustellen. Das wird mit einem geschickten Schachzug verbunden. Die umgetaufte Partei will sich selbst - vor allem aus den Kassen Berlusconis - finanzieren. Gleichzeitig sollen die staatlichen Zuschüsse für die Parteien abgeschafft werden, was für die kleinen Parteien der Linken den Ruin bedeuten würde.

Der Premier plant, ein neues Wahlgesetz, das an Stelle des Mehrheitswahlrechts von Berlusconi zum Proportionalsystem zurückkehrt, die Sperrklausel von vier auf fünf Prozent erhöht, um die Linke (PRC und PdCI, SEL, aber auch die IdV, die bei den letzten Wahlen alle unter dieser Hürde lagen, aus dem Parlament auszuschließen. Gleichzeitig sollen Parteien, welche über zehn Prozent erreichen, einen Bonus an Parlamentssitzen erhalten. Das soll die Rechten - Union Demokratischer Christen (UDC), die Partei Allianz für Italien (ApI) des ehemaligen Grünenpolitikers Francesco Rutelli und die FEL Finis - begünstigen. Die drei Parteien wollen sich zu einem Terzo Polo gegen DP und PdL zusammenzuschließen. Zur Wahlreform möchte die PdL nach dem französischen Modell zwei Wahlgänge einführen.

Mit den kommunalen Wahlergebnissen ist faktisch die Kampagne für die Parlamentswahlen eröffnet worden, die offiziell im April 2013 anstehen. Vorgezogene Neuwahlen, welche die Linke, die IdV und zunächst auch die DP im Kampf gegen Berlusconi forderten, hat Napolitano verhindert. Er will der DP Zeit geben, ihre Position in der Großen Koalition zur Unterstützung Montis zu festigen, um bei den Wahlen möglichst den ersten Platz zu belegen. Diese Linie gibt aber auch der Pdl und ihrem rechten Gegenpol UDC-ApI-FeL dieselben Möglichkeiten. Die Lega kämpft um ihr politisches Überleben. Es ist nicht auszuschließen, dass ihr das gelingt. Ihre sezessionistische Linie der Abspaltung der reichen Regionen des Nordens oder auch nur die Durchsetzung ihrer völligen Autonomie könnte noch immer den großen Industriekonzernen des Nordens dienen, sich so den Lasten des EU-Diktats zu entziehen. Außerdem versucht die Lega, sich als einzige Oppositionspartei zu Monti zu positionieren, was ihr Stimmen einbringen könnte.

Die im bürgerlichen Lager herrschende Konfusion hat Cordero di Montezemolo noch verstärkt. Er will zusammen mit Alessandro Profumo, dem Ex-Chef der Unicredit, der größten Bank Italiens und eine der Großen Europas, aus seiner vor einem Jahr mit Fini gegründeten Stiftung Italia Futura eine Partei formieren, die sich angeblich zwischen links und rechts positioniert. Fini wird vielleicht den Terzo Polo verlassen und sich Montezomolo anschließen. Obwohl dieser betont, keine neue "Partei der Padrone" gründen zu wollen, spricht vieles dafür, dass Manager wie der Agnelli-Erbe das Regierungsruder zumindest wieder mit in die Hand nehmen wollen. Seiner Partei werden etwa 20 Prozent Wähler zugesprochen und sie könnte in künftigen Regierungskoalitionen das "Zünglein an der Waage" spielen. Beobachter in Rom vermerkten, dass der Ferrari-Chef seine Pläne in der "Repubblicca", Sprachrohr der DP (vom 25. Mai), darlegte und ausdrücklich die Partei Bersanis als "eine neue politische Vertretung" herausstellte. Ein deutliches Zeichen, zur Einbeziehung des Reformismus der Arbeiterbewegung in Regierungskoalitionen zurückzukehren.


Chance für Mitte Links

Wird die Linke Mitte den Aufschwung aus dem Wahlerfolg für die Parlamentswahlen nutzen? Auch der Wahlsieg Hollandes in Frankreich und die Stimmengewinne der Linken in Griechenland könnten ihr Wähler zuführen. Als erstes wäre dazu erforderlich, dass die DP mit der Unterstützung Montis im Parlament bricht, um eine entschiedene Opposition zu vertreten. Damit dürfte vorerst kaum zu rechnen sein.

Viel wird von der Haltung der Kommunisten abhängen. Für die Wahlen sollten sich, so die an ihrer Basis vorherrschende Meinung, PRC und PdCI wieder vereinigen, um eine starke kämpferische linke Basis zu bilden. Dafür tritt die PdCI unter ihrem Vorsitzenden, Oliviero Diliberto, ein, während PRC-Chef Paolo Ferrero das ablehnt. Auch in Italien spielt das Gerangel um den Posten an der Spitze einer wieder vereinigten KP eine Rolle. Denn Ferrero befürchtet, dafür wegen seines schwankenden Kurses gegenüber der DP nicht in Frage zu kommen. Der führende kommunistische Philosoph Domenico Losurdo ist inzwischen von der PRC zur PdCI übergetreten. Er gehörte zu den über 100 führenden Kommunisten, die nach der Wahlniederlage 2008 zu einem Zusammengehen der Kommunisten unter den traditionellen Parteisymbol Hammer und Sichel und zu einer Rückkehr zu Gramsci aufgerufen hatten, dem Ferrero eine Absage erteilte.


Kommunisten sollten allein antreten

Es mangelt an einem Forderungskatalog zur Wiederherstellung grundlegender bürgerlich-demokratischer Rechte. Die Manöver, der faschistoiden PdL-Partei Berlusconis und der FeL Finis ein demokratisches Outfit zu verschaffen, werden unwidersprochen hingenommen. Noch nicht einmal die starken Proteste gegen die Beteiligung am NATO-Krieg in Afghanistan, der bisher 46 italienischen Soldaten den Tod brachte, werden aufgegriffen und der sofortige Abzug verlangt.Die PRC weicht der Auseinandersetzung mit der DP als wichtigster Stütze der Monti-Regierung aus, weil sie hofft, auf deren Liste bei den Wahlen einige Parlamentssitze zu erhalten. Sie passt sich hier der SEL an, in der auch die Meinung vorherrscht, auf eine eigene Liste zu verzichten und sich der DP anzuschließen. Ein eigener Wahlgang der SEL hätte Chancen, wenn man ein Bündnis mit den Kommunisten einginge, die dann aber auf ihren Parteisymbolen Hammer und Sichel bestehen müssten. Es gibt Stimmen in der PdCI wie auch in der PRC, die Kommunisten sollten allein antreten, schon um zu sehen, auf wie viele Wähler sie noch zählen können. Selbst wenn dann der Wiedereinzug ins Parlament nicht gelänge, wäre das besser für den künftigen Kampf, als einer DP-geführten Regierung der Zusammenarbeit mit dem Kapital, die möglicherweise auch eine "Große Koalition" mit der PdL-Partei Berlusconis einginge, oder sich auf die Partei Montezemolos stützt, als linkes Feigenblatt zu dienen. Für einen Alleingang könnten PRC und PdCI auch mit den Stimmen der dritten und kleinsten KP, der Kommunistischen Arbeiterpartei (PCL) rechnen, die ebenfalls eine Abspaltung von der PRC ist. Ein Zusammengehen mit der PRC lehnt sie bisher wegen deren reformistischen Positionen ab.

Ein Alleingang der Kommunisten wird jedenfalls nicht für chancenlos gehalten.

*

Quelle:
© 2012 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Juni 2012