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LATEINAMERIKA/1196: Mexiko - Hoffnung für Armenstaat Oaxaca (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 1. Dezember 2010

Mexiko:
Hoffnung für Armenstaat Oaxaca - Hegemonie korrupter PRI-Partei zu Ende

Von Daniela Pastrana


Oaxaca, Mexiko, 1. Dezember (IPS) - Im südmexikanischen Bundesstaat Oaxaca ist die Regierungszeit der Partei der Institutionalisierten Revolution (PRI) nach 80 Jahren zu Ende gegangen. Neuer Gouverneur ist Gabino Cué, von dem sich die lokale Bürgerallianz APPO Fortschritte bei der Ahndung von Menschenrechtsverletzungen während der Amtszeit seines Vorgängers Ulises Ruiz erhofft.

"Für Gabino Cué wird Ulises Ruiz die Feuerprobe sein", sagte Florentino López von der Revolutionären Volksfront, ein Mitglied der Volksversammlung der Völker Oaxacas (APPO), die den neuen Gouverneur unterstützt hatte. "Seine Glaubwürdigkeit hängt davon ab, ob die Verbrechen geahndet werden oder straffrei bleiben."

"In der Geschichte Oaxaca konnte ein dunkles Kapitel geschlossen werden, das sich nie wiederholen darf. Oaxaca braucht Versöhnung, die auf Gerechtigkeit basieren muss", meinte der Abgeordnete Flavio Sosa in Anspielung auf die brutale Niederschlagung des Volksaufstands von 2006, die 20 Menschen das Leben kostete. Rund 350 Menschen wurden nach Angaben der Internationalen Kommission zur Beobachtung der Menschenrechte (CCIODH) im Verlauf der Proteste festgenommen, weitere 370 verletzt.

APPO spielte die Hauptrolle bei den Demonstrationen, die zunächst als Streik von Lehrern um höhere Gehälter ihren Anfang begannen und sich später zu einer Sozialrevolte auswuchsen. Die Menschen forderten damals Sozialreformen und einen Rücktritt des korrupten und autoritären Gouverneurs Ruiz. Als Chef der aus 300 Sozialverbänden und Lehrergewerkschaften bestehenden APPO saß Sosa 16 Monate im Gefängnis.


Politische Morde

In den Wochen vor dem Regierungswechsel am 1. Dezember kam es in Oaxaca erneut zu Protesten und zu Morden an einflussreichen Bauernführern. Am 22. Oktober wurde Catarino Torres vom Komitee für Bürgerschutz erschossen, am Tag darauf Heriberto Pazos, der Kopf der Einigungsbewegung für den Kampf der (indigenen) Triqui (Mult) und Gründer der Volkseinheitspartei. Diese einzige Indigenenpartei Mexikos steht der Zapatistenbewegung EZLN im Bundesstaat Chiapas nahe. In der Region Triqui kämpft sie gegen die Paramiliz der Union für sozialen Wohlstand um die Kontrolle der Gemeinde San Juan Copala.

Pazos hatte 2003, als er die Indigenenpartei gründete, einen Anschlag überlebt. Er ist der siebte prominente Führer, der unter der Ruiz-Regierung 'verschwand' beziehungsweise ermordet wurde. Ein weiteres Opfer ist Timoteo Alejandro Ramírez, Führer der Einigungsbewegung für den Kampf der Uanbhängigkeit der Triqui, die San Juan Copala 2007 für autonom erklärten. Die Triqui selbst wendeten 70 verschiedene Formen des Kampfes für ihre Rechte an.

In Oaxaca befindet sich ein Viertel der 2.438 mexikanischen Gemeindebezirke. Mehr als 70 Prozent der 570 Bezirke werden nach einem traditionellen, indigenen System regiert. Weitere 152 verfahren nach dem Parteiensystem. Die Hälfte der 3,5 Millionen Einwohner des Bundesstaates sind Angehörige der insgesamt 16 indigenen Völker Mexikos.


Autonomieforderungen der Triqui als politische Herausforderung

Der Kampf der Triqui für ihre Unabhängigkeit wird auch die neue Regierung beschäftigen. Die Ortschaft San Juan Copala befindet sich seit mehr als einem Jahr im Belagerungszustand. Die Abriegelung, die illegale bewaffnete Gruppen mit Billigung regionaler und bundesstaatlicher Stellen vorgenommen haben, forderte bereits Dutzende von Menschleben. Der Versuch einer internationalen Hilfsbrigade, die Blockade im April zu brechen, verlief erfolglos.

Der neue Gouverneur Cué ist kein unbeschriebenes Blatt. Er gehörte der Regierung von Diódoro Carrasco (1992-1998) an, der die Paramilitarisierung der Zone und die Zunahme der Gewalt gegen soziale Gruppen angelastet wird. Dennoch wollen sich die Menschen ihren Optimismus nach dem Ende der Ära Ruiz nicht nehmen lassen. So meinte der frisch gekürte Abgeordnete Sosa: "Wir sind eine aktive und partizipative Bürgergesellschaft, die mit der Regierung eine neue Beziehung eingegangen ist. Die Veränderungen müssten sofort sichtbar werden." (Ende/IPS/kb/2010)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Dezember 2010