Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → AUSLAND

LATEINAMERIKA/1286: Ecuador - Präsident gewinnt Verleumdungsprozess gegen Zeitung (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 25. Juli 2011

Ecuador: Präsident gewinnt Verleumdungsprozess gegen Zeitung

Von Gonzalo Ortiz


Quito, 25. Juli (IPS) - Ecuadors Staatspräsident Rafael Correa hat einen Prozess gegen die Tageszeitung 'El Universo' gewonnen, die den Staatschef in einem Kommentar der "Diktatur" und "Menschenrechtsverletzungen" bezichtigte. Medienvertreter sehen in dem Urteil eine Gefahr für die Pressefreiheit.

Das zuständige Gericht verurteilte die Eigentümer von El Universo, die Brüder Carlos, César und Nicolás Pérez, sowie deren ehemaligen Kommentator der Publikation, Emilio Palacio, zu jeweils drei Jahren Gefängnis und einem Bußgeld in Höhe von 30 Millionen US-Dollar. Das Blatt selbst muss ein Strafgeld von zehn Millionen Dollar berappen. Correa hatte eine Entschädigung in Höhe von 80 Millionen Dollar gefordert. Die Klage war am 19. Juli verhandelt und das Urteil am Tag darauf verkündet worden.

In dem umstrittenen Beitrag, der am 6. Februar unter dem Titel 'Nein zu den Lügen' erschienen war, bezeichnete der Autor den ecuadorianischen Staatschef an neun Stellen als "Diktator" und dessen Regierung als "Diktatur", weil Correa am 30. September 2010 angeblich billigend in Kauf genommen habe, das Leben unschuldiger Zivilisten zu gefährden.

An diesem Tag hatte eine Polizeirevolte stattgefunden, die fast in einen Staatsstreich übergegangen wäre. Damals wurde Correa von den aufständischen Sicherheitskräften über mehrere Stunden in einem Polizeikrankenhaus festgehalten. Die sich anschließende Befreiungsaktion kostete einem Polizisten das Leben.

Palacio wirft dem Präsidenten in dem umstrittenen Kommentar vor, den Befehl für die Erstürmung des Krankenhauses erteilt zu haben, ohne zuvor Schutzmaßnahmen für die übrigen Klinikinsassen vorgenommen zu haben. Dieser Vorfall könne einen künftigen Präsidenten veranlassen, Correa vor einem Strafgericht zu verklagen, hieß es in der Kolumne.

Correa wies die Vorwürfe als Verleumdung zurück und verlangte eine Richtigstellung. Dazu erklärten sich die Eigentümer von El Universo am 19. Juli bereit. Correa schlug das Angebot mit der Begründung aus, es komme zu spät. Seine Klage selbst hatte er zu einem früheren Zeitpunkt als Vorstoß gegen die "Korruption in der Presse" bezeichnet. Palacio hat inzwischen bei El Universal gekündigt.


Selbstzensur befürchtet

Nach Ansicht von Diego Cornejo, Leiter der Ecuadorianischen Vereinigung der Zeitungsredakteure (AEDEP), hat El Universal dem Präsidenten einen Vergleich angeboten, der Correa die Möglichkeit gegeben hätte, sich vollständig zu rehabilitieren. Sollte das Urteil gegen die Eigentümer der Zeitung und Palacio aufrechterhalten werden, befürchtet er für Ecuador die Gefahr der medialen Selbstzensur.

Correa hat auch die beiden Journalisten Juan Carlos Calderón und Cristian Zurita auf zehn Millionen Dollar Schadensersatz für die Veröffentlichung eines Buches verklagt, das die Vergabe staatlicher Aufträge an den Präsidentenbruder Fabricio Correa enthüllt. Der Staatschef selbst will von den illegalen Vorgängen nichts gewust haben, die inzwischen rückgängig gemacht wurden. Den Autoren warf Correa vor, den guten Namen mit "Falschmeldungen und Beleidungen" beschmutzt zu haben. (Ende/IPS/kb/2011)


Links:
http://www.eluniverso.com/2011/02/06/1/1363/mentiras.html
http://ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=98695

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH


*


Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 25. Juli 2011
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Juli 2011