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LATEINAMERIKA/1320: Peru - Neuer Präsident regiert mit harter Hand (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 15. Dezember 2011

Peru: Neuer Präsident regiert mit harter Hand - Moderate Verbündete ziehen sich zurück

von Angel Páez


Lima, 15. Dezember (IPS) - Der linksnationale peruanische Staatschef Ollanta Humala, der im Wahlkampf eine gerechtere Verteilung der Einkommen versprochen hatte, reagiert auf die sozialen Konflikte im Land mit zunehmender Härte. Schlüsselpositionen in seiner Regierung besetzt er mit ehemaligen Militärs, und Verbündete aus dem gemäßigten Lager wenden sich von ihm ab.

Die Partei 'Perú Posible' von Ex-Präsident Alejandro Toledo und linksgerichtete Politiker verließen die Regierung, als Humala den pensionierten Offizier und bisherigen Innenminister, Oscar Valdés, zum neuen Kabinettschef ernannte.

Auch der Chef des Inlandsgeheimdienstes, Victor Gómez, und der Sicherheitsberater Adrián Villafuerte, sind ehemalige Armeeangehörige. Humala selbst war Oberleutnant und hatte 2000 eine Meuterei von Soldaten gegen den damaligen Staatschef Alberto Fujimori angeführt. Alle vier standen bereits in der Vergangenheit in enger Verbindung zueinander.

Valdés trat an die Stelle von Salomón Lerner, der sich gegen die Militarisierung des Verwaltungsbezirks Cajamarca ausgesprochen hatte, um die Proteste der lokalen Bevölkerung gegen das Conga-Goldminenprojekt einzudämmen.


Militäreinsatz statt Verhandlungen

Während Lerner für Verhandlungen mit den Projektgegnern eintrat, unterstützt Valdés Humalas Politik der harten Hand. So gehen der Notstand im Süden von Cajamarca, die Festnahme des Sozialaktivisten Walter Saavedra und das Einfrieren staatlicher Zuwendungen für das Departement auf das Konto des neuen Ministerpräsidenten.

Ex-Präsident Toledo reagierte prompt mit dem Rückzug seiner Partei aus der Regierung. "Wir können nicht Teil eines Regimes mit militaristischem und autoritären Profil sein", erklärte er. Perú Posible habe Humala als Garanten für die Demokratie unterstützt. Mit einer Regierung, deren Entscheidungen von einem Kreis aus ehemaligen Militärs getroffen würden, wolle man nichts zu tun haben, sagte Toledo. "Von jetzt an sind wir für Humalas Entscheidungen nicht mehr verantwortlich", erklärte der Sprecher von 'Perú Posible', Juan Sheput, gegenüber IPS.

Die Sprecherin der Parlamentsfraktion der Regierungspartei 'Gana Perú', Ana María Solórzano, stellte sich dagegen hinter Valdés. In seinem früheren Amt als Innenminister habe Valdés in der Conga-Frage bereits "Effizienz, Energie und Entschiedenheit" an den Tag gelegt.

Als erster Vertreter der Linken hatte am 24. November Lerners Berater Carlos Tapia Humala den Rücken gekehrt. Ihm folgten die Frauen- und Entwicklungsministerin Aida García Naranjo, Kulturministerin Susana Baca und Umweltminister Ricardo Giesecke.

Politische Beobachter wie Fernando Rospigliosi hatten bereits vorhergesehen, dass die sozialen Konflikte "das autoritäre Profil von Humala" sichtbar machen würden. Der Präsident habe gehofft, dass ihm seine Verbündeten aus dem linken Lager aufgrund ihrer Nähe zu den Protestierenden in Cajamarca dabei helfen könnten, eine einfache Lösung für das Problem zu finden. Stattdessen hätten sie sich in dieser Frage gegen ihn gewandt, sagte Rospigliosi. "Daraufhin wurden sie gefeuert oder sind von selbst gegangen."

Der Experte sieht es nun als Gefahr, dass sich um Humala herum ein Zirkel aus ehemaligen Militärs formiert. "Es zeigt sich immer deutlicher, dass der Präsident versucht ist, bei jedem Auftreten eines sozialen Problems auf die Streitkräfte zurückzugreifen."

Wenige Tage nach der Verhängung des Notstands in vier Provinzen von Cajamarca nahmen Angehörige der Antiterror-Polizei in der Hauptstadt Lima Saavedra fest, der an der Spitze der Umweltbewegung 'Front für den Schutz der Umwelt von Cajamarca' die Proteste gegen die umstrittene Mine vorangetrieben hat.


Umweltaktivist als Linksextremer gebrandmarkt

Die Regierung begründete die Festnahme damit, dass Saavedra der linksgerichteten Rebellenbewegung Túpac Amaru (MRTA) angehören könnte. Die MRTA war vor allem zwischen 1980 und 2000 aktiv. Politische Beobachter gehen davon aus, dass die Gruppe inzwischen nicht mehr existiert.

Am 8. Dezember blockierte das Wirtschaftsministerium die Überweisungen an die Behörden in Cajamarca, nachdem sich der Chef der dortigen Regionalregierung, Gregorio Santos, auf die Seite der Minengegner gestellt hatte. Wirtschaftsminister Luis Miguel Castilla räumte inzwischen ein, den Geldhahn auf Bitten von Valdés abgedreht zu haben. Dieser hatte erklärt, dass Führer der Protestbewegung staatliche Gelder verwendeten, um Demonstranten zu mobilisieren. Valdés, der einem Kabinett aus 18 Ministern vorsitzt, kündigte derweil an, dass das Conga-Projekt von internationalen Gutachtern geprüft werde.

Die Gegner werfen Humala vor, sich nicht an sein Wahlversprechen zu halten, umweltschädliche Bergbauprojekte nicht zu dulden. Außerdem beschuldigen sie ihn, seiner Verpflichtung nicht nachgekommen zu sein, die Anrainer über das Projekt vorab zu konsultieren.

Die Conga-Goldmine, deren Wert rund 4,8 Milliarden US-Dollar beträgt, soll von dem Bergbauunternehmen 'Yanacocha' in 4.000 Metern über dem Meeresspiegel betrieben werden. Indigene Bauern in der Region fürchten jedoch, dass der Minenbetrieb vier Seen im Hochgebirge so sehr schädigen könnte, dass nicht mehr genug Wasser für die Landwirtschaft zur Verfügung stehen würde. Nach Ansicht der lokalen Behörden, Umweltschützer und unabhängiger Experten ist die Sorge durchaus berechtigt. (Ende/IPS/ck/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Dezember 2011