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NAHOST/807: Gute Rebellen, schlechte Rebellen - Zwiespältige Haltung der Arabischen Liga (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 26. April 2011

Nahost: Gute Rebellen, schlechte Rebellen - Zwiespältige Haltung der Arabischen Liga

Von Adam Morrow und Khaled Moussa Al-Omrami


Kairo, 26. April (IPS) - Während die Autokraten in Libyen, Syrien, Bahrain und im Jemen gewaltsam gegen Demonstranten vorgehen, bleibt die Haltung der Arabischen Liga zu den Demokratiebewegungen in ihrer Region zwiespältig. Politische Beobachter werfen der Organisation arabischer Staaten vor, mit zweierlei Maß zu messen.

"Die Haltung der Liga zu den revolutionären Volksbewegungen in der arabischen Welt war von Anfang an widersprüchlich", kritisierte Walid Hassan, Professor für internationales Recht an der Pharos-Universität in Alexandria. "In Libyen steht sie auf Seiten der Aufständischen, doch vor allem in den Golfstaaten stärkt sie ganz offen den repressiven Regierungen den Rücken", stellte der ägyptische Rechtsexperte im Gespräch mit IPS fest.

Die Liga der arabischen Staaten hat 22 Mitglieder. Zu der internationalen Organisation gehören neben den sieben Gründerstaaten von 1945, Ägypten, Irak, Jemen, Libanon, Saudi-Arabien, Syrien und Transjordanien (Jordanien) Algerien, Bahrain, Dschibuti, Katar, die Komoren, Kuwait, , Libyen, Marokko, Mauretanien, Oman, die Palästinensische Befreiungsfront (PLO), Somalia, Sudan, Tunesien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE).

Kurz nach Beginn der Kämpfe gegen die Widerstandsbewegung in Libyen hatte die Arabische Liga das nordafrikanische Land ausgeschlossen und den UN-Sicherheitsrat zur Einrichtung einer Flugverbotszone über Libyen aufgefordert.

Den Demokratiebewegungen in Tunesien und Ägypten hatte sie jedoch ebenso wie den Aufständischen im Jemen und in Bahrain die Unterstützung versagt. Als saudische Truppen und Soldaten der Emirate zur Unterstützung von König Hamad bin Eissa Al-Kalifa in Bahrain einmarschierten, begrüßte die Arabische Liga die vom Golfkooperationsrat (GCC) zum Schutz Al-Kalifas betriebene Operation 'Gulf Shield'. Das Vorgehen sei legitim, erklärte sie am 22. März, denn "es basiert auf dem Sicherheitsabkommen der GCC-Mitgliedsstaaten". Zum 1981 gegründeten GCC gehören Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE).

Die Haltung der Liga erklärt sich nach Ansicht von politischen Experten durch den politischen Druck Saudi-Arabiens, das seit vielen Jahren in der Arabischen Liga den Ton angibt und gemeinsam mit den übrigen GCC-Staaten deren Aktivitäten finanziert. Dazu meint wie Abdelhalim Kandil, Chefredakteur der unabhängigen ägyptischen Wochenzeitung 'Al-Sout Al Umma': "Die saudischen Herrscher fürchten um ihre politische Stabilität und lehnen jeden arabischen Aufstand ab. Riad hat Tunesiens gestürzten Staatspräsidenten Ben Ali aufgenommen und verlangt von der ägyptischen Übergangsregierung, Mubarak nicht den Prozess zu machen. Es steht weiterhin hinter Jemens Staatspräsident Ali Abdullah Saleh und hat der Monarchie in Bahrain Truppen zu Hilfe geschickt."

Hassan bestätigt den überragenden Einfluss Saudi-Arabiens auf politische Entscheidungen der Arabischen Liga, das eine Ausbreitung der Revolutionsbewegung auf die gesamte Golfregion befürchte. Eine Ausnahme mache lediglich Libyen. Dort habe das langjährige Zerwürfnis zwischen Gaddafi und König Abdullah bin Abdul Aziz dafür gesorgt, dass die Arabische Liga gegen das Regime in Tripolis mobil machen durfte, meinte der Jurist.


"Die Arabische Liga, eine Bastion des US-Einflusses"

Der Experte Kandil unterstrich den Einfluss Saudi-Arabiens, das als Bündnispartner der USA aus der Arabischen Liga eine 'Bastion des US-Einflusses' gemacht habe. Damit habe sie darauf verzichtet, in der Region eine eigene konstruktive Rolle zu spielen, kritisierte der Journalist.

Saudi-Arabien versuche weiterhin, gemeinsam mit den übrigen Golfstaaten seinen Führungsanspruch in der Arabischen Liga zu behaupten und deren politischen Kurs zu bestimmen, sagte Kandil. So habe die Liga das für Mitte Mai in Bagdad geplante arabische Gipfeltreffen vertagt, nachdem der Irak die Entsendung saudischer Truppen nach Bahrain scharf kritisiert hatte. Angesichts der derzeitigen revolutionären Stimmung in der arabischen Welt werde sich diese Dominanz jedoch abschwächen, prognostizierte er.

Auch der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amre Mussa, signalisierte eine behutsame Bereitschaft der Organisation zum Wandel. Gegenüber der französischen Tageszeitung 'Le Figaro' betonte er am 23. April: "Die Arabische Liga will ihren Mitgliedern kein für alle gültiges Modell des Wandels präsentieren. Sie bekräftigt aber die Notwendigkeit des Wandels. Der Freiheitsdrang der arabischen Völker ist unumkehrbar." Der Ägypter will in seinem Land bei der für November vorgesehenen Wahl des Staatspräsidenten kandidieren. (Ende/IPS/mp/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. April 2011