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OSTEUROPA/321: Ukraine - Oberstes Verwaltungsgericht gibt der Wahlüberprüfung nach (Queck/Falkenhagen)


Die Wahlverliererin und Noch-Premierministerin Frau Timoschenko ficht die Ergebnisse der Präsidentenwahl an und wird dabei vom Noch-Präsidenten Juschtschenko unterstützt

Oberstes Verwaltungsgericht gibt der Wahlüberprüfung nach

Von Brigitte Queck und Dr. Falkenhagen, 17. Februar 2010


Premierministerin Julija Timoschenko hat beim Obersten Verwaltungsgericht der Ukraine eine Klage über die Ungesetzlichkeit des Protokolls der Zentralen Wahlkommission über die Festlegung der Ergebnisse der Präsidentenwahlen eingereicht, die dem Gericht am 16. Februar zugestellt wird, teilte der Leiter ihres Wahlstabes, der 1. Vizepremier Turtschinow mit. Er präzisierte, "dass Subjekt der Klage persönlich die Präsidentschaftskandidatin Timoschenko sein wird".

Nach den Worten von Turtschinow ersucht die Premierministerin Timoschenko darum, dass ihre Klage "vom Richterkollegium des Obersten Verwaltungsgerichts in voller Besetzung geprüft und verhandelt wird und das Verfahren direkt vom Fernsehen und Rundfunk übertragen wird. Dies gewährleistet die Öffentlichkeit des Gerichtsverfahrens, und das ganze Land kann die Argumente und die Position der Seiten hören", stellte " Turtschinow fest.

Er informierte darüber, dass seitens der Klägerin dem Gericht Video-Materialien zur Verfügung gestellt werden, die Fakten der Fälschung der Wahlergebnisse in den Wahlkreisen bestätigen. An dem Prozess werden "viele Zeugen teilnehmen, die bereit sind, Aussagen und Angaben über diese und jene Formen der Fälschung vorzulegen, die beweisen, dass die Resultate der Wahlen zu Gunsten von Viktor Janukowitsch gefälscht wurden", sagte Turtschinow. Nach seinen Worten werden Frau Timoschenko im Gericht vertreten: der ukrainische Expräsident Leonid Krawtschuk, der Führer der Volksbewegung Ruch, der ehemalige Außenminister Boris Tarasjuk und noch vier Parlamentsabgeordnete vom Block Julija Timoschenko (BJUT).
(www.itar-tass.com/level2.html?NewsID=14825669&PageNum=0Wie)

Und wie bestellt, lief am 15. Februar auch die Meldung über die Nachrichtenticker, dass der ukrainische Generalstaatsanwalt Medwed'ko 42 Strafprozesse auf Grund von Verstößen bei den Präsidentenwahlen eingeleitet hat. Ein wahrhaft gut abgestimmtes Timing und ein Schelm der Böses dabei denkt!

Wie wir bereits gestern mitteilten, ist der Generalstaatsanwalt ein Juschtschenko-Anhänger, der, obwohl selbst Nichtmitglied, kurz vor den Wahlen von Juschtschenko zu einer wichtigen Sitzung des Rates für Nationale Sicherheit und Verteidigung eingeladen worden.

Der Parlamentsbeschluss über die Amtseinführung von Janukowitsch als neuer Präsident der Ukraine am 25. Februar hat zweifellos die Position der Kräfte, die sich an die demokratischen Regeln halten, außerordentlich gestärkt.

Doch wie verhielt sich nun der Noch-Präsident zu den für ihn selbst und Frau Timoschenko nicht so erfolgreich gelaufenen Wahlen ?


Juschtschenko erklärte auf einer Pressekonferenz, am 16. Februar, heuchlerisch, dass er "stolz darauf" sei, "dass der Urnengang 2010 demokratisch verlaufen ist.... Wir haben gezeigt, dass wir eine Nation sind, die das Gesetz respektiert", sagte er. Aber auf der selben Pressekonferenz unterstützte er eine gründliche Verhandlung der Klage von Frau Timoschenko vor dem Obersten Verwaltungsgericht und anderer anhängiger Klagen betreffs der Präsidentenwahlen vor Verwaltungsgerichten der verschiedenen Ebenen. Er habe darüber mit dem Vorsitzenden des Obersten Gerichts, Pasenjuk, gesprochen, sagte er. Er trete für die gerichtliche Entscheidung über alle offenen Fragen des Wahlvorgangs ein und auch dafür dass alle 55 Richter des Obersten Verwaltungsgericht über die Klage von Frau Timoschenko verhandeln, wie es in der Klageschrift von Frau Timoschenko gefordert wird. Doch was passiert, wenn sich die Klagen hinziehen? Diese Frage beantwortete Juschtschenko nicht.

Juschtschenko erklärte nur, dass es bis zur Entscheidung über alle anliegenden und zugelassenen Klagen betreffs der Anfechtung des Wahlergebnisses offen bleibt, wer der neue ukrainische Präsident wird.
(s. www.president.gov.ua/news/16569.html)

Mit anderen Worten: Sollte das Oberste Verwaltungsgericht entscheiden, dass die Wahlen in der Ukraine anfechtbar sind, würden sowohl Juschtschenko, als auch Frau Timoschenko vorläufig weiter im Amt bleiben!!

Wie wir soeben heute Abend (17. Februar 2010, 18.20 Uhr ) gehört haben, haben Juschtschenko als Noch-Präsident und Frau Timoschenko als Noch-Premierministerin, einen Etappensieg errungen.

Am 17. Februar fasste das Oberste Verwaltungsgericht einen Beschluss, die Amtseinführung des neuen Präsidenten Janukowitsch bis zu einem Gerichtsentscheid über die Klage von Frau Timoschenko auszusetzen. Zugesagt wurde lediglich, das Urteil über die Klage bis zum 22. Februar zu fällen. Erst dann solle klar sein, ob Janukowitsch als Präsident der Ukraine am 25. Februar im Parlament vereidigt werden kann. Aber offen gelassen wurde die Frage, was mit den anderen Klagen zur Wahlanfechtung wird.


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Quelle:
Copyright 2010 by Brigitte Queck und Dr. Hans-Jürgen Falkenhagen
mit freundlicher Genehmigung der Autoren


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Februar 2010