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USA/368: Ehemalige Geiseln fordern breiteren Dialog mit dem Iran (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 26. Februar 2013

USA: Ehemalige Geiseln fordern breiteren Dialog mit dem Iran

von Jasmin Ramsey



Washington, 26. Februar (IPS) - Am Vorabend der neuen Verhandlungsrunde zwischen dem Iran und den P5+1 Staaten (USA, Großbritannien, Frankreich, Russland, China plus Deutschland) in der kasachischen Hauptstadt Almaty über das iranische Atomprogramm haben zwei ehemalige Geiseln Teherans eine Verbreiterung des Dialogs zwischen den Konfliktparteien gefordert.

Es gelte die seit Jahrzehnten existierende Aura des Misstrauens zu überwinden, sagten die beiden ehemaligen US-Botschafter John Limbert und Bruce Laingen, die zu den mehr als 50 US-Diplomaten zählten, die nach der Besetzung der US-Botschaft durch islamistische Studenten im Verlauf der Islamischen Revolution 444 Tage lang - vom 4. November 1979 bis 20. Januar 1981 - als Geiseln festgehalten worden waren.

"Die Gespenster von 1979 sind noch vorhanden und werden ihr Bestes tun, um jeden Fortschritt zu verhindern - sie werden, um es so auszudrücken, durch die Verhandlungen geistern", sagte Limbert auf einer Pressekonferenz in Washington am 25. Februar.

Alle Unterhändler und vor allem die USA und der Iran müssten die erforderlichen Schritte unternehmen, um das gegenseitige Misstrauen zu überwinden, meinte Laingen, der während der iranischen Geiselkrise die US-Botschaft geleitet hatte, im IPS-Gespräch.

Um den Iran zu direkten Gesprächen mit Washington zu bewegen, müssten die USA Mittel finden, um Teheran von ihrer Ernsthaftigkeit zu überzeugen, an einer friedlichen Lösung interessiert zu sein. "Beide Länder mischen sich die ganze Zeit in die Interessen des jeweils anderen ein. Wir müssen aber einen Weg finden, der uns erlaubt, über die konfliktschürenden Interessen zu reden oder zumindest Gesprächsbereitschaft zeigen."


USA eingleisige Strategie vorgeworfen

Limbert, der fließend persisch spricht, hält eine Verbreiterung des Dialogs für eine wichtige Voraussetzung, um mit dem Iran ins Gespräch zu kommen. "Die angeblich zweigleisige US-Strategie von Dialog und Druck ist in Wirklichkeit eingleisig", warnte er.

Multilaterale und unilaterale Sanktionen, unabhängig davon, was sie letztendlich bezwecken sollen, böten dem Iran die Möglichkeit, sich als ein Opfer internationaler Tyrannei darzustellen, sagte Limbert auf der Veranstaltung des 'Center for Arms Control and Non-Proliferation' und des 'Friends Committee on National Legislation and the National Iranian American Council'.

"Um aber voranzukommen, müssen wir damit aufhören, alle anderen Themen zugunsten eines Abkommens in der Nuklearfrage in Geiselhaft zu nehmen. (...) Die USA und der Iran müssen den Dialog auf Themen ausweiten, die einen größeren politischen Spielraum bieten, damit beide Seiten den Teufelskreis des gegenseitigen Misstrauens überwinden.

Die Islamische Republik ist, was sie ist. Ob es uns nun gefällt oder nicht - wir müssen über gewisse Themen sprechen, auch wenn wir keine Freunde sind", sagte Limbert, ein Professor an der US-Marine-Akademie.

Die Regierung von US-Präsident Barack Obama hat nach eigenen Angaben sämtliche Optionen auf den Tisch gebracht, um einen mit Atomwaffen bestückten Iran zu verhindern. "Keine Seite ist an einer militärischen Lösung des Konflikts interessiert", meinte dazu Alireza Nader von der 'Rand Corporation' auf einer Veranstaltung der 'Arms Control Association' am 25. Januar. Daraus ließe sich ein gutes Argument ableiten, dass nämlich ein militärischer Konflikt den Interessen beider Länder zuwiderliefe.

Das, was die meisten westlichen Geheidienstagenturen als ein langsames aber stetiges Vorankommen des Irans auf dem Weg zu einem Atomwaffenstaat bezeichnen, belastet seit Jahren die Beziehungen zwischen dem Iran, den USA und Israel und hat zudem zu verheerenden Sanktionen geführt, die unter anderem der iranischen Währung im Oktober einen Werteverfall von 40 Prozent beschert haben.

Der Iran beharrt nach wie vor darauf, dass sein Atomprogramm ausschließlich friedlichen Zwecken diene. Seine Bereitschaft, sich den sogenannten Stop-Shut- und Ship-Forderungen der P5+1 zu beugen, ist nicht erkennbar. So soll der Iran die Anreicherung von Uran auf 19,75 Prozent stoppen, die Fordow-Nuklearanlage schließen (shut) und seine gesamten Bestände an auf 19,75 Prozent angereichertes Uran per Schiff außer Landes bringen (ship) - ohne die Aussicht auf eine substanzielle Lockerung der Sanktionen oder die Anerkennung des iranischen Rechts, Uran zu friedlichen Zwecken zu nutzen.


Iran kritisiert Gespräche mit vorgehaltener Waffe

Die Hoffnungen auf bilaterale Verhandlungen zwischen dem Iran und den USA wurden nach Ansicht der westlichen Presse erst kürzlich von einer Rede des iranischen Revolutionsführers Ali Chamenei als Absage an direkte Gespräche interpretiert. "Die USA richten ihren Gewehrlauf auf den Iran und verlangen von uns, mit ihnen zu reden. Der iranische Staat wird sich von solchen Maßnahmen nicht einschüchtern lassen" hatte Chamenei am 7. Februar erklärt.

Doch einige Analysten halten bilaterale Gespräche noch immer für möglich. "Der Revolutionsführer hat bilaterale Verhandlungen nicht explizit ausgeschlossen", schrieb Peter Jenkins, ein ehemaliger britischer Botschafter der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in einem IPS-Blog über internationale Politik am 8. Februar.

"Wollen die USA den Iran zu direkten Gesprächen bewegen, müssen sie mit Vorschlägen aufwarten, die zeigen, dass ihnen wirklich an einer friedlichen Lösung gelegen ist", so Mohammad Ali Shabani, ein iranischer Politikanalyst in London. "Die Obama-Regierung könnte etwa dafür sorgen, dass der Kongress Konzessionen zustimmt, oder die Mitglieder der P5+1-Staaten dazu bringen, die Sanktionen der EU gegen den Iran aufzuheben."

Die P5+1-Verhandlungsführerin und EU-Außenamtskommissarin Catherine Ashton will angeblich mit einem neuen Vorschlag die festgefahrenen Verhandlungen voranbringen. Der Vorschlag sieht angeblich auch Sanktionserleichterungen vor.

"Die Mauer des Misstrauens niederzureißen wird nicht leicht sein", meinte der ehemalige US-Botschafter Laingen. "Doch mit jedem Schritt auf dieses Ziel hin, werden sich die nationalen Sicherheitsinteressen der USA, Israels und der anderen Verbündeten in der Region, die sich von einem erneuten Krieg auf dem Pulverfass Nahost bedroht sehen, einander annähern." (Ende/IPS/kb/2013)


Links:

http://www.lobelog.com/dont-rule-out-bilateral-talks-with-iran/
http://www.ipsnews.net/2013/02/former-hostages-call-for-broadened-dialogue-with-iran/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 26. Februar 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Februar 2013