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UNIVERSITÄT/2447: TU Berlin - Erwartungen der Dekane an den neuen Präsidenten (TU berlin intern)


TU berlin intern 12/09
Die Hochschulzeitung der Technischen Universität Berlin

Starker Auftritt nach außen, fairer Ausgleich nach innen

Welche Erwartungen die Dekane der TU Berlin an den neuen Präsidenten knüpfen


Fakultät I - Geisteswissenschaften

Von Dekan Prof. Dr. Adrian von Buttlar


Mit dem Profil "Geisteswissenschaften in der technisch-wissenschaftlichen Welt" ist der Fakultät I - nach den Einbußen infolge der Strukturreform 2004/05 - ein Neustart gelungen, der innovative Forschung und Ausbildung im Spannungsfeld zwischen den "humanities" und "sciences" fördert. Heute sind wir vielfältig mit den Natur-, Technik- und Planungswissenschaften der TU Berlin vernetzt: etwa durch den extrem nachgefragten interdisziplinären BA-Studiengang "Kultur und Technik", durch fakultätsübergreifende Angebote und neue Forschungsinitiativen, die sich auf die Schwerpunktfelder der TU Berlin beziehen. Die Fakultät versteht sich auch als Vermittler zu den gesellschaftlichen Diskursen, die über Technik-Entwicklungen und Technikakzeptanz mit entscheiden.

Pro domo wünscht sich die Fakultät I von einem neuen Präsidium, dass es die erneuerten Geisteswissenschaften als eines der Alleinstellungsmerkmale der TUB kräftig fördert. "Außenpolitisch" brauchen wir ein starkes Auftreten in der internationalen Wissenschaftsszene und in der Hochschulpolitik, "innenpolitisch" Planungssicherheit und fairen Ausgleich der Belastungen und Interessen aller Statusgruppen. Wir hoffen (mit Humboldt) auf das Festhalten an der idealen Einheit von Forschungsexzellenz und hervorragender Lehre. Und wir erwarten Konsens, dass die Rolle unserer Universität als "Unternehmen" und "Dienstleister" nicht ihre klassische Aufgabe verdrängen darf, in globaler Verantwortung nachhaltige Antworten auf kritische Zukunftsfragen zu (er)finden.


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Fakultät II - Mathematik und Naturwissenschaften

Von Dekan Prof. Dr. Christian Thomsen


Ich wünsche mir von dem neuen Präsidenten Zuverlässigkeit in der strategischen Ausrichtung der TU Berlin, eine positive Ausstrahlung auf alle Beschäftigten und Studierenden und das Bekenntnis, dass der Großteil der universitären Leistung in den Fakultäten erbracht wird. Nur mit gemeinsamen Zielen und Vertrauen können die auf die TU Berlin zukommenden Herausforderungen angegangen werden. Dazu gehören ein klares Bekenntnis zur Exzellenz in Forschung und Lehre und eine stabile Haushaltslage für die Fakultäten unter den bekannten schwierigen Bedingungen in Berlin.

Der neue Präsident wird sich bald mit einem neuen Strukturplan befassen müssen. Lieber weniger und gut ausgestattete forschungsstarke Fachgebiete als viele, kaum noch ihren Aufgaben nachkommen könnende Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer. Keine akzeptable Lösung sehe ich in nicht mehr leistbaren pauschalen Minderausgaben oder in der Reduktion der Ausstattung der Fachgebiete. Ein Einstellungsstopp würde die befristet beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeiter am härtesten treffen. Sie sind aber für die wissenschaftliche Leistung und Qualität der Lehre absolut notwendig. Sie abzubauen wäre Hohn in die Gesichter des doppelten Abiturjahrgangs.

Die Studierenden stellen gerade ihre Unzufriedenheit mit der Bologna-Reform zur Schau. Ich erwarte von unserem neuen Präsidium, dass es zuhört und echte Verbesserungen in den neuen Studiengängen einfordert.

Die Fakultät II wird - wie in der Vergangenheit - vertrauensvoll mit ihrem neuen Präsidium zusammenarbeiten.


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Fakultät III - Prozesswissenschaften

Von Dekan Prof. Dr. Lothar Kroh


Kernaufgabe der TU Berlin ist die Ausbildung hochqualifizierter Ingenieure und Naturwissenschaftler. Die Fakultät III qualifiziert Prozessingenieure für Führungsaufgaben in Ingenieurbüros bis hin zur Großindustrie, die sich dem stetigen Wandel in ihrem Berufsfeld stellen müssen. Zur Erfüllung der Ausbildungsanforderungen muss die Universität entsprechende Rahmenbedingungen schaffen, die eine kontinuierliche Arbeit der Fakultät garantieren. Unverzichtbare Kernpunkte: 1.) eine hohe Verlässlichkeit bei allen Vereinbarungen mit dem Präsidium, vor allem bei Baumaßnahmen, Berufungszusagen, im Personalbudget und für die anstehende Raumbudgetierung. Kurzfristige gravierende Kürzungen (PMA) gefährden die Erfüllung der Kernaufgaben. 2.) Reinvestitionen sind dringender als je zuvor, schon jetzt sind Sachausstattungen teils museal und garantieren weder anspruchsvolle Forschung noch effektive Lehre. Wichtig ist dies auch, da der Wettbewerb zwischen den TU9 derzeit nicht entschieden ist. 3.) Die Zulassungsverfahren zu den Studiengängen müssen besser organisiert und die Arbeitsmöglichkeiten (Räume, Web) der Studierenden entscheidend verbessert werden. Auch die Arbeit der Beschäftigten in Forschung und Lehre muss entsprechend honoriert werden. Ein "Weiter so" auf ihre Kosten wie in der Vergangenheit ist bei der Überlast in vielen Bereichen nicht mehr gerechtfertigt. Natürlich kostet das alles viel Geld, aber durch Effektivitätssteigerung etc. sind viele Probleme lösbar. Wir wünschen dem neuen Präsidenten viel Erfolg bei diesen anspruchsvollen und zugleich schweren Aufgaben.


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Fakultät IV - Elektrotechnik und Informatik

Von Dekan Prof. Dr.-Ing. Christian Boith


Die TU Berlin hat das Potenzial, der Innovationsmotor für die Beantwortung der drängenden Zukunftsfragen zu werden. Aus diesem Potenzial muss ein nachhaltiger Lösungsansatz entwickelt werden, der in einer soliden Umsetzung mündet. Erste Grundsteine wurden unter anderem mit den Erfolgen in der Exzellenzinitiative gelegt. Es gilt nun, diese zu einer für die Universität dauerhaften Programmatik, auch für den Bereich der Lehre, auszubauen. Voraussetzung für den langfristigen Erfolg ist die (Weiter-)Entwicklung der Zukunftsstrategie der Universität, die die Besonderheiten der einzelnen Fachdisziplinen entsprechend berücksichtigt. Ein besonderes Augenmerk ist dabei auf die nachhaltige Entwicklung und nicht auf den kurzfristigen Trend zu richten. Der Erfolg hierbei hängt nicht zuletzt von einem Präsidenten ab, der sich als Teamchef versteht, der unseren Wunsch nach offener Kommunikation und Transparenz innerhalb der Universität teilt und lebt, der die politischen Strukturen der Stadt kennt, der gewillt ist, die Freiheit von Lehre und Forschung als höchstes Gut wissenschaftlicher Entfaltung zu wahren und der alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter motivieren kann. Gleichzeitig kann aus meiner Sicht nur ein in die Welt vernetzter und renommierter Wissenschaftler die TU Berlin auf ihrem Weg zur Spitzenuniversität begleiten beziehungsweise die entscheidenden Impulse aufnehmen und weitergeben. Die notwendige stetige Verbesserung und Weiterentwicklung von Lehre und Forschung ist nur möglich, wenn die entsprechenden Rahmenbedingungen gegeben sind und eine kontinuierliche Unterstützung durch den Präsidenten erfolgt.


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Fakultät V - Verkehrs- und Maschinensysteme

Von Dekan Prof. Dr.-Ing. Utz von Wagner


Wir wünschen uns eine unterstützende und fördernde Begleitung bei der aktuellen Phase der Antragstellung zur Exzellenzinitiative mit einem transparenten Entscheidungsverfahren bei bekannten Entscheidungskriterien; die Fakultäten sollten in die Entscheidung über die Verfahren und Kriterien eingebunden werden. Generell gilt es, bei der Bewertung von Forschung die unterschiedlichen Fächerkulturen zu beachten. In der Lehre sollten alle Bemühungen auf die Verbesserung der Studiensituation gerichtet sein. Neben den jetzt schon steigenden Studierendenzahlen stehen 2012 sowohl der doppelte Abiturjahrgang als auch das Auslaufen der Diplomstudiengänge an. Durch TU-weite Regelungen müssen Härten für die betroffenen Studierenden und Abiturienten vermieden werden. Der Verbesserung der Betreuungsverhältnisse sollte ein hohes Maß von Einsatz des neuen Präsidiums gewidmet sein. Im Zuge von Reformen der Verwaltungsstrukturen sind viele Aufgaben von der zentralen Verwaltung auf die Fakultät und Fachgebiete übergegangen. Gehen Aufgaben an die Fakultäten und Fachgebiete über, so müssen diese entsprechend mit genügend qualifiziertem Personal ausgestattet werden. Der Modernisierung der Verwaltung und dem Ausrichten auf die Bedürfnisse von Lehre und Forschung soll besonderes Augenmerk gelten. Um in Forschung und Lehre Höchstleistungen zu erzielen, brauchen wir ein kreatives und konstruktives Miteinander aller Beteiligten, einen Wettstreit der besten Ideen und das Werben um die eigene Position.


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Fakultät VI - Planen Bauen Umwelt

Von Dekan Prof. Dr. Rudolf Schäfer


Forschung:

Weitere Entwicklung und Ausgestaltung des vorliegenden Zukunftskonzepts der TU Berlin als technische Forschungsuniversität
Weiterentwicklung der Förderung interdisziplinärer Verbundforschung. Das übergeordnete Ziel der Stärkung der Forschungsleistung aller Fachgebiete ist sinnvoller als die Einzelförderung.
Positionierung der TU Berlin im Rahmen der Exzellenzinitiative auch im Hinblick auf die 3. Säule der Exzellenzinitiative
Bildung strategischer Partnerschaften im Verbund mit Forschungseinrichtungen in der Region, aus Sicht der Fakultät unter anderen mit PIK, GFZ, DLR, Leibniz-Instituten

Lehre:

Bekenntnis zur Forschungsuniversität darf die Lehre nicht vernachlässigen. Gute Ausbildung ist Basis zukünftiger Forschungserfolge.n Zusätzliche Landesmittel durch den Aufwuchs von Studienplätzen dürfen nicht zur Finanzierung von Forschungsverpflichtungen verwendet werden.
Initiative zu verstärkten Aktivitäten im Bereich der universitären Weiterbildung und dauerhafte Etablierung als ein weiterer, wissenschaftsbasierter, einnahmeorientierter Zweig einer Universität (auch an anderen Standorten, zum Beispiel El Gouna)

Strukturen:

Weiterführung der neuen Strukturen im Rahmen der Experimentierklausel
Fortführung, weitere Entwicklung und Ausgestaltung dezentraler Strukturen, Ausweitung des erfolgreichen Modellversuchs der Budgetierung auf andere Bereiche
Bildung von Ressorts im Präsidialbereich
Stärkung der Dekanerunde zur Einbindung in strategische Zieldiskussionen

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Fakultät VII - Wirtschaft und Management

Von Dekan Prof. Dr. Jürgen Ensthaler


Die Erwartungen an den Präsidenten einer Universität sind davon abhängig, wie man Universität beschreibt. Es gibt kein einheitliches Leitbild. Ich neige zu der Auffassung, dass Universität im Kernbereich auf der Ebene der Fakultät endet. Die Fakultät ist die Gemeinschaft der Lehrenden, Lernenden und Forschenden im Hinblick auf bestimmte Lehr- und Forschungsgebiete.

Nun sind die Fakultäten in die große Institution Universität eingebettet. Diese Einbettung hat viele Gründe: organisatorische, finanzielle, staatsrechtliche und andere. Die Institution Universität bedarf der Leitung, wie heute üblich durch das Präsidium.

Dessen Aufgaben ergeben sich aus diesem Zusammenspiel zwischen den der Forschung und Lehre unmittelbar verbundenen Fakultäten und deren Einbindung in die Universität.

Ich erwarte von dem Präsidium, dass es jeder Fakultät die größtmögliche Entfaltungsmöglichkeit und akademische Freiheit einräumt. Jede muss die Chance haben, für ihre Anliegen zu werben, um die Möglichkeiten, die die Universität bietet, für sich nutzen zu können. Es darf hier keine Vorurteile oder Vorbehalte geben. Ein Präsident muss sich in die Lehr- und Forschungsaufgaben einer Fakultät "einfühlen" können, um ihr im Rahmen der Universität gerecht werden zu können. Gewünscht ist ein Präsident, der sich den Belangen der Fakultäten gegenüber um Verständnis und gerechte Berücksichtigung bemüht.

Da die Universitäten wiederum von den Regierungen abhängig sind, insbesondere finanziell, und weil es insofern zwischen den Universitäten widerstreitende Interessen gibt, erwarte ich einen nach außen stark auftretenden Präsidenten.


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Quelle:
TU Berlin intern Nr. 12/09 - Dezember 2009, Seite 6
Herausgeber:
Presse- und Informationsreferat der Technischen Universität Berlin,
Straße des 17. Juni 135, 10623 Berlin
Fon 030/31 42-29 19, -39 22
E-Mail: pressestelle@tu-berlin.de
Internet: www.pressestelle.tu-berlin.de

Erscheinungsweise: monatlich, neunmal


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Januar 2010