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HUNGER/191: Ausverkauf landwirtschaftlicher Flächen in armen Ländern (aid)


aid - PresseInfo Nr. 1-2/09 vom 7. Januar 2009

Ernährungssicherung weltweit

Der Ausverkauf hat begonnen


(aid) - Landwirtschaftlich nutzbare Flächen werden weltweit angesichts wachsender Bevölkerungszahlen und den Folgen des Klimawandels zu einer knappen Ressource werden. Schon heute beginnt der Ausverkauf von Flächen in den ärmsten Ländern der Welt an potente Investoren. Ein Beispiel, das eindrucksvoll die Zukunftsszenarien vor Augen führt: Madagaskar hat Berichten der Financial Times zufolge über die Hälfte seiner landwirtschaftlichen Nutzflächen für die kommenden 99 (!) Jahre an einen in Süd-Korea beheimateten Konzern verpachtet, der in Europa eher aus der Automobilbranche bekannt ist. 1,3 Millionen Hektar der insgesamt 2,5 Millionen Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche sollen nun der Ernährungssicherung der Süd-Koreaner dienen, während 70 Prozent der 19,7 Millionen Madegassen nahe oder unter der Armutsgrenze leben.

Madagaskars Landwirtschaft ist geprägt von einer zerstreuten kleinbäuerlichen Struktur; unter tropischen, regenreichen Bedingungen wird in weiten Teilen Reis angebaut. 90 Prozent der Regenwälder Madagaskars wurden in der Vergangenheit abgeholzt, entweder, um landwirtschaftlich nutzbares Land zu gewinnen oder um ein Einkommen durch den Verkauf von Feuerholz zu erwirtschaften. Madagaskar zählt daneben weltweit zu den "Hotspots" der Artenvielfalt. Der Süd-Koreanische Konzern will nun überwiegend Mais anbauen und damit die Hälfte des eigenen Bedarfs decken. Zahlen will der Konzern aber nichts für die Pacht, einzig sollen Jobs für die Madegassen geschaffen werden. Ob es tatsächlich einen Benefit für die Madegassen gibt, muss sich erst herausstellen. Noch kürzlich hatte es eine akute Lebensmittelverknappung in Madagaskar mit steigenden Reispreisen gegeben. Es ist zu befürchten, dass künftig zunächst die Versorgung von Ausländern gesichert wird, bis die Madegassische Bevölkerung an der Reihe ist. Asiatische Nationen blicken schon seit langem nach Afrika, um die eigene Versorgung sicher zu stellen und sehen sich zunehmend dem Vorwurf des Neo-Kolonialismus ausgesetzt.

Ein historisches Plakat aus der Kolonialzeit im Deutschen Historischen Museum in Berlin trägt den Titel "Kolonien sichern die Volksernährung". Abgebildet sind einheimische Afrikaner, die kistenweise Güter und Nahrungsmittel zu den Schiffen der Kolonialherren transportieren. Das Plakat diente damals in Deutschland zur Werbung für den Kolonialismus. Es könnte heute problemlos in einer Neuauflage in Süd-Korea aufgehängt werden.

aid, Friederike Eversheim


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Quelle:
aid PresseInfo Nr. 1-2/09 vom 7. Januar 2009
Herausgeber: aid infodienst
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Januar 2009