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INTERNATIONAL/104: Chile - Ökologischer Landbau von Bäuerinnen für Bäuerinnen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 6. Januar 2014

Chile: Ökologischer Landbau von Bäuerinnen für Bäuerinnen - Schulungsinstitut gegründet

von Marianela Jarroud


Bild: © Mit der freundlichen Genehmigung von ANAMURI

Das Bauernhaus im chilenischen Auquinco, in dem südamerikanische Campesinas alles über den ökologischen Landbau erfahren sollen
Bild: © Mit der freundlichen Genehmigung von ANAMURI

Santiago, 6. Januar (IPS) - Eine Organisation aus rund 10.000 chilenischen Farmerinnen hat die Gründung eines Instituts bekannt gegeben, das den Bäuerinnen Südamerikas alles über den ökologischen Landbau vermitteln soll. Das Agrarökologieinstitut der Landfrauen (IALA) ist das derzeit ehrgeizigste Projekt der Nationalen Vereinigung ländlicher und indigener Frauen (ANAMURI) und das erste Lateinamerikas, das sich ausschließlich an Frauen richtet.

Umgesetzt werden soll es in Auquinco, einem Dorf im Bezirk Chépica rund 180 Kilometer südlich der chilenischen Hauptstadt Santiago. Auquinco bedeutet in der Sprache der Mapuche soviel wie 'das Geräusch von Wasser'. Das Lehrgebäude, das durch ein Erdbeben im Jahr 2010 schwer beschädigt wurde, soll 2014 komplett saniert werden. Unabhängig davon sind die ersten Kurse bereits angelaufen.

"Uns geht weniger darum, einen Traum zu leben, als uns einer wichtigen Herausforderung zu stellen", meint die IALA-Verantwortliche und internationale ANAMURI-Leiterin Francisca Rodríguez. Das Projekt soll zu dem übergeordneten Ziel der weltweiten Ernährungssicherheit beitragen. "Es geht darum, Wege zu finden, die das Überleben der Landwirtschaft in einer Zeit gewährleisten, in der kleinbäuerliche Familienbetriebe schwer zu kämpfen haben."

Die IALA-Schulung zielt deshalb auf den Schutz der familiären Landwirtschaft, wie Rodríguez erläutert. Das Projekt dient der Unterstützung der Aktivitäten der Lateinamerikanischen Agrarökologieinstitute, die in Venezuela ihren Anfang nahmen und bereits die ersten Agraringenieure - allesamt Kinder von Kleinbauern - hervorbrachten. In Brasilien, Paraguay, Ecuador und der gesamten Andenregion laufen bereits ähnliche Kurse. Der letzte große Vorstoß, den diese Institute erreichen konnten, war die Gründung der Bauernuniversität SURI im April 2013.


Eigene Experten für kleinbäuerliche Landwirtschaft

"Es ist für unsere Ernährungssouveränität unverzichtbar, dass auch die kleinbäuerlichen Landwirte über eigene Agrarexperten verfügen", unterstreicht Rodríguez. "Sie sind von dem Wissen beseelt, wie wichtig das Überleben einer Form der Landwirtschaft ist, die der Menschheit dient."

Die Frauen von ANAMURI seien sich ihrer großen Herausforderung bewusst, meint die Verbandschefin. Im Rahmen von IALA werden in einem ersten Schritt ausschließlich Frauen fortgebildet. Später könnten aber auch Männer zugelassen werden.

ANAMURI hatte vor einigen Jahren für 23.000 US-Dollar ein ein Hektar großes Grundstück mit einem Bauernhof erworben, das jedoch noch saniert werden muss, seitdem es von dem Erdbeben im Februar 2010 beschädigt wurde. "In diesem Jahr wollen wir die Instandsetzung mit Hilfe von Freiwilligen abschließen", berichtet die ANAMURI-Organisatorin Alicia Muñoz.

In der Geschichte der chilenischen Landwirtschaft dominieren traditionell die Männer. Die Frauen hingegen werden mit der Haushaltsführung, Kindererziehung, Geflügelzucht und der Weiterverarbeitung von Agrarerzeugnissen in Verbindung gebracht. Die Bedeutung der von ihnen betriebenen Gemüsegärten (Huertas) wird häufig ignoriert.

"Jede Huerta, jede Form der familiären Landwirtschaft setzt Artenvielfalt voraus sowie das Bedürfnis, das Genmaterial zu schützen, das eigene Saatgut zu reproduzieren und den größten Nutzen aus den lokalen Ressourcen zu ziehen", betont Juan Carlos Skewes, Leiter der anthropologischen Fakultät der Alberto-Hurtado-Universität. Ebenso wichtige Aspekte seien die Selbstversorgung und die Stärkung der lokalen Wirtschaft.


Familienbetriebe als Gegenpart zur industriellen Landwirtschaft

"Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die familiäre Landwirtschaft autonome Projekte, die Selbstverwaltung und Selbstversorgung sowie den Schutz des genetisch unveränderten Genmaterials garantiert", meint der Experte. Sie widersetzt sich industriellen Prozessen, sowohl in der Landwirtschaft selbst als auch in der Weiterverarbeitung. Skewes zufolge spielen gerade Bäuerinnen als Hüterinnen indigener Saaten eine Schlüsselrolle.

Für ANAMURI ist das Neue Jahr verheißungsvoll. Die Mitglieder der Organisation sind zuversichtlich, dass ihnen die neue Regierung unter Führung der Sozialistin Michelle Bachelet Tür und Tor öffnet, ihre Pläne umzusetzen.

Darüber hinaus hoffen sie auf die Unterstützung der Vereinten Nationen, die 2014 zum Internationalen Jahr der familienbetriebenen Landwirtschaft ausgerufen haben. "Es gibt viele Menschen, die aufs Land zurückkehren", meint Rodríguez. "Und solange das so ist, gibt es Hoffnung." (Ende/IPS/kb/2014)


Links:

http://www.anamuri.cl/
http://www.ipsnews.net/2014/01/women-farmers-chile-teach-region-agroecology/
http://www.ipsnoticias.net/2014/01/campesinas-de-chile-ensenaran-agroecologia-la-region/

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IPS-Tagesdienst vom 6. Januar 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Januar 2014