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LANDWIRTSCHAFT/1419: Gefährdete Nutztierrassen - Die Appenzeller Ziege (PROVIEH)


PROVIEH Heft 1 - März 2010
Magazin des Vereins gegen tierquälerische Massentierhaltung e.V.

Die Appenzeller Ziege

Von Prof. Dr. Giovanni Danielli


Sie sind unglaublich lebendig, lebensfroh, mit alten Bräuchen verknüpft und wunderschön anzuschauen: Die Appenzeller Ziegen. Leider ist diese Hausziegenrasse aus dem Nordostschweizerischen Appenzellerland vom Aussterben bedroht. Ihre Zucht begann um 1902. Anfangs wurden diese Ziegen bis nach Norddeutschland exportiert. Ab 1920 ging der Export jedoch stark zurück, da die Ziegenhalter immer mehr die kurzfelligen Rassen bevorzugten.

Das rein weiße Fell dieser herrlichen, meist hornlosen Tiere ist mittellang. Die Tiere sind robust und wetterfest. Ihr ausgeglichener und ausgesprochen lebhafter Charakter ist ein wichtiger Vorzug dieser Ziegenrasse. Mit durchschnittlich 1,6 Zicklein je Wurf gehört die Appenzeller Ziege zu den fruchtbarsten Ziegenrassen überhaupt. Ihre Milchleistung ist gut. Im Jahr 2008 gab eine 30 Monate alte Appenzeller Ziege durchschnittlich 722 kg Milch. Die Milch enthält 2,9 % Fett, 2,7 % Eiweiß und 4,5 % Laktose. Sie wird zumeist zu Käse verarbeitet.

Der Schweizerische Ziegenzuchtverband überprüft regelmäßig die besonderen Merkmale aller Rassen. Bei der Appenzeller Ziege sind ein rein weißes Fell, angeborene Hornlosigkeit und ein Minimalgewicht von 55 kg bei weiblichen bzw. von 75 kg bei männlichen Tieren in der Zucht besonders wichtig. Im letzten Jahrhundert gab es neben weißen auch schwarze, braunrote und gefleckte, neben langhaarigen auch kurzhaarige, gehörnte wie ungehörnte Tiere dieser Rasse. Obwohl sich die kurzhaarige Saanenziege und die langhaarige Appenzeller Ziege Anfang des letzten Jahrhunderts noch vielerorts glichen, wurde nach und nach eine Abgrenzung zwischen beiden Rassen gesucht.

In der Schweiz gibt es heute rund 80.000 Ziegen, die von 7.000 Besitzern gehalten werden. Ein Drittel der Ziegen ist im offiziellen Herdebuch des Schweizerischen Ziegenzuchtverbands eingetragen. Das Herdebuch enthält nur Zuchttiere, die ein bestimmtes Mindestalter erreicht haben und die geprüfter Maßen die typischen Merkmale ihrer Rassen aufweisen. Die Appenzeller Ziege ist leider gefährdet. Eine Gefährdung der Rasse wird angenommen, wenn weniger als 1.000 weibliche Zuchttiere im Herdebuch eingetragen sind oder die Rasse einen erhöhten Inzuchtgrad aufweist. Mit einem Inzuchtanteil von 4,3 % gehört auch die Appenzeller Ziege zu den gefährdeten Rassen. Doch die über die letzten Jahre steigenden Herdebuchzahlen des Schweizerischen Ziegenzuchtverbandes sind ein erfreuliches Zeichen für die weitere Entwicklung dieser gefährdeten Rasse.

Der Schweizer Ziegenzuchtverband (SZZV) führt verschiedene Projekte zur Förderung gefährdeter Rassen durch, die vom Schweizerischen Bundesamt für Landwirtschaft unterstützt werden. Dies sind Aufzuchtprämien für Böcke, Teilnahme an Milchleistungsprüfungen und Zuchtfamilienbeurteilungen. Für die Appenzeller Ziege arbeitet der SZZV zudem zusammen mit der Stiftung ProSpecieRara daran, einen neuen Absatzmarkt für Ziegenprodukte reiner Appenzeller Ziegen zu erarbeiten. Lebensmittel-Detailhändler in der Schweiz bieten bereits Produkte dieser Ziegenart an.

Das Aussterben dieser besonderen Rasse wäre auch ein grosser kultureller Verlust. Mit der Appenzeller Ziege sind Tradition und kulturelle Werte eng verbunden. Noch heute wird der Alpaufzug im Appenzellerland von einem Knaben in Sennentracht angeführt, hinter dem ein halbes Dutzend Appenzeller Ziegen zotteln. Dahinter folgt ein Mädchen und erst dann kommen die Kühe. Die wunderschöne Landschaft des Appenzellerlandes lädt zum Naturtourismus ein. Die Appenzeller Ziegen sind aus dieser Landschaft kaum wegzudenken. Ihr Anblick, ihr freudiges Wesen und ihre Produkte erfreuen die Touristen, die in diesem Gebirgsland Erholung suchen.


Prof. Dr. Giovanni Danielli, unterrichtet unter anderem Natur- und Ökotourismus an der Hochschule Luzern CH und an der Fachhochschule Krems A.


Links:
www.appenzellerziege.ch
www.prospecierara.ch
http://szzv.caprovis.ch


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Quelle:
PROVIEH Heft 1, März, 2010, Seite 34-36
Herausgeber: PROVIEH - Verein gegen tierquälerische Massentierhaltung e.V.
Küterstraße 7-9, 24103 Kiel
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Internet: www.provieh.de

PROVIEH erscheint viermal jährlich.


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. April 2010