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LANDWIRTSCHAFT/1728: Das Almschwein kehrt zurück (PROVIEH)


PROVIEH MAGAZIN - Ausgabe 2/2017
Magazin des Vereins gegen tierquälerische Massentierhaltung e.V.

Das Almschwein kehrt zurück

von Angela Dinter


Wussten Sie, dass früher nicht nur Kühe, sondem auch Schweine auf Almen gehalten wurden?

In Österreich und der Schweiz wurden die Milchkühe im Sommer auf hochgelege Bergwiesen getrieben. Dort blieben sie mit ihren Hirten den ganzen Sommer. Der Almauf- und abtrieb wurde im ganzen Dorf gefeiert. Dabei wurden die Kühe mit Blumenkrönzen und schön verzierten Kuhglocken geschmückt.

Die Milchkühe beweideten die Hochalmen und wurden morgens und abends auf den Almhütten gemolken. Ohne die heutige Transporttechnik wie moderne Milchtankwagen war es nicht möglich, täglich die Milch abzuholen und zur Molkerei zu bringen. Deshalb verarbeiteten die Senner sie vor Ort zu Käse. Dieser konnte über viele Monate reifen und gelagert werden.

Bei der Käseherstellung fällt eine erhebliche Menge Molke an. Um diese nährstoffreiche Flüssigkeit nicht zu verschwenden, nahmen die Bergbauern ihre Schweine mit zur Alm und verfütterten die Molke an sie. Die Almschweine wurden üblicherweise tagsüber im Freiland und nachts im Pferch gehalten und sollten daher gut mit Kälte, Hitze, Regen und Sonne zurechtkommen.

Da das Leben auf den Hochalmen kaum Komfort bietet, mussten sowohl Kühe als auch Schweine über eine robuste Konstitution und gute Gesundheit verfügen. Daher wurden Schweinerassen bevorzugt, die für die Freilandhaltung geeignet sind.


Moderne Milchviehhaltung beendet die Ära des Almschweins

Durch moderne Technologien veränderte sich das Leben von Almkuh und -schwein erheblich. Durch die Motorisierung konnte die unverarbeitete Milch von den Almen abtransportiert und in Molkereien weiterverarbeitet werden. So verschwanden zunächst die Schweine aus dem Almleben und mit ihnen die alten, robusten Rassen, die für Freilandhaltung prädestiniert sind.

Mit zunehmender Technisierung der Landwirtschaft verschwinden nun sogar die Kühe von den Almen, da sie in den modernen Ställen im Tal mehr Milch bei weniger Arbeit für den Landwirt produzieren. Hochleistungskühe, Melkroboter, Laufställe und industrielles Hochleistungsfutter haben die Tierhaltung von den Almen vertrieben. Mittlerweile müssen Förderprogramme ausgeschrieben werden, die zur Weidehaltung von Kühen dienen. Touristen haben sich beschwert, weil die Tiere im Landschaftsbild der Berge fehlen.


Die Rückkehr des Almschweins

Die Haltung von Almschweinen hat in Österreich eine lange Tradition und erlebt derzeit eine kleine Renaissance. Zahlreiche Projekte, Vermarktungsstrategien und Fördermaßnahmen bringen die Almschweine zurück in die Berge. Die alten österreichischen Schweinerassen, wie Gurktaler Schwein, Graues Kärntner Schwein und Linzer Schecken existieren heute nicht mehr. Daher greifen die Almschweinemäster heute auf andere alte und bedrohte Hausschweinerassen zurück. Großen Zuspruch finden das Turopolje- und Mangalitzaschwein, auch Wollschwein genannt, sowie das bunte Bentheimer. Diese Rassen eignen sich besonders gut für die Freilandhaltung, da sie unempfindlich gegenüber Witterungseinflüssen und Krankheiten sind. Das Mangalitzaschwein kennzeichnet zudem ein dickes Haarkleid, das aus Unterwolle und lockigen Borsten besteht. Diese Schweinerassen werden heute häufig für die Almmast verwendet, da sie ruhig, anspruchslos, robust und trittsicher sind.

Jedoch muss ein sehr ausgereiftes Management vorliegen, um Schweine in Bergregionen zu halten. Klimawandel und die Zerstörung von Ökosystemen lassen eine fragile Bergwelt zurück, die nur in begrenztem Ausmaß genutzt werden darf, um ihre Vielfalt zu bewahren. Auch hierzu gibt es Projekte, die in vorbildlicher Weise Regionalität, Qualität sowie Natur- und Tierschutz kombinieren. Aufgrund des sehr empfindlichen Ökosystems der Gebirgswelt wurden wichtige und nachhaltige Richtlinien und Kriterien definiert, die Menschen, Tieren und Natur zu Gute kommen.

Wir freuen uns über die Rückkehr von Almkuh und -schwein, über artgemäße Tierhaltung, nachhaltige Landwirtschaft und eine Zukunftsperspektive, die weit weg von Weltmarkt und Industrie liegt.

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Quelle:
PROVIEH MAGAZIN - Ausgabe 2/2017, Seite 34-35
Herausgeber: PROVIEH - Verein gegen
tierquälerische Massentierhaltung e.V.
Küterstraße 7-9, 24103 Kiel
Telefon: 0431/248 28-0, Telefax: 0431/248 28-29
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PROVIEH erscheint viermal jährlich.


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. August 2017

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