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LANDWIRTSCHAFT/1775: Naturalertrag, Kosten, Erlöse (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 427 - Dezember 2018
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Naturalertrag, Kosten, Erlöse
Die Dürrehilfe wird vielfältig diskutiert, kritisiert und in Frage gestellt

von Marcus Nürnberger


Es wurde viel gefordert. Eine Milliarde Euro wollte Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbands, als Unterstützung anlässlich des extremen Dürresommers haben. Nach langem Zögern hat die Bundeslandwirtschaftsministerin dann 170 Mio. Euro zugesagt, nochmal so viel soll von den Bundesländern zugesteuert werden.

Das Geld soll gezielt nur an bedürftige Betriebe gezahlt werden, die in ihrer Existenz gefährdet sind. "Eine Existenzgefährdung wird angenommen, wenn nach Inanspruchnahme anderer Fördermittel die Weiterbewirtschaftung bis zum nächsten Wirtschaftsjahr nicht gewährleistet ist", so eine der Anforderungen, die erfüllt sein müssen, wenn man Hilfsgelder beantragen möchte. Je nach Bundesland waren die Antragsverfahren zwar von den inhaltlichen Anforderungen her gleich, aber in ihrer praktischen Umsetzung und zeitlichen Terminierung sehr unterschiedlich. Während in Thüringen die Antragsfrist beispielsweise schon Anfang November endete, zog man in Schleswig-Holstein zu diesem Zeitpunkt gerade Zwischenbilanz. Anträge können hier, wie auch in den meisten anderen Bundesländern, bis Ende November gestellt werden. Grundlage des Antrags ist ein detaillierter Nachweis über die finanzielle betriebliche Situation. Zur Ermittlung, ob eine Existenzbedrohung vorliegt, werden die Buchungsabschlüsse der vergangenen drei Jahre betrachtet und verglichen. Gewerbliche, außerlandwirtschaftliche Einnahmen, zum Beispiel durch Photovoltaikanlagen, können, wenn sie über 35 Prozent des Einkommens betragen, zum Ausschlussgrund werden. Das, so der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter, könne aufgrund der schlechten Milchauszahlungspreise der Vergangenheit bei vielen Betrieben der Fall sein. Die Berechnung des aktuellen Schadens ist in jedem Fall kompliziert. Vor allem auch deshalb, weil das aktuelle Wirtschaftsjahr in der Regel bis zum Sommer kommenden Jahres geht. Viele Daten beruhen also auf Annahmen für die Zukunft. Wenn der Milchpreis steigt, reduziert das die Antragssumme. Auch der Verkauf von Tieren, um Futter zu sparen, wird als positive Einnahme veranschlagt. Nicht erfolgte Grünlandschnitte führen zwar zur Futterknappheit, werden aber buchhalterisch als nicht gemachte Ausgaben positiv bilanziert. Futterzukauf und eine Bestandsaufstockung im kommenden Frühjahr sind hingegen wieder Ausgaben, die aber aktuell oft nur geschätzt werden können. Der Auszahlungsbescheid, der nach erfolgreicher Antragstellung erteilt wird, hat daher auch nur vorläufig Bestand und wird nach Abschluss des Wirtschaftsjahres mit den tatsächlichen Zahlen abgeglichen. Ausgezahlt werden sollen nach Ablauf der Antragsfrist die ersten 50 Prozent der berechneten Hilfssumme. Die zweite Hälfte kommt dann mit dem endgültigen Bescheid. Wenn es schlecht läuft und die Annahmen allzu pessimistisch waren, muss zurückgezahlt werden, inklusive fünf Prozent Zinsen.

Wissenschaftler kritisch
Unter der Überschrift "Extremwetterlage und Dürreschäden: Sind staatliche Hilfen für die Landwirtschaft erforderlich?" haben mehrere Agrarökonomen kritische Beiträge zu den Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung im Schnelldienst des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung der Universität München veröffentlicht. Die Wissenschaftler äußern sich in jeweils eigenen Beiträgen. Sie schreiben unter anderem, dass die Landwirtschaft mit besonderen Wettersituationen umgehen müsse und Dürrehilfen allenfalls kurzfristige Effekte hätten. Es bestehe die Gefahr, erfolgsschwache oder schlecht geführte Betriebe zu unterstützen. Auch würden durch derartige Hilfszahlungen Betriebe gestützt, die in ihrem Management die Gewinne über die Risikoabsicherung stellten. Auch sei nicht klar erkennbar, welche betrieblichen Strukturen mit der Förderung unterstützt werden sollen: "Eher kleine als große oder ökologisch statt konventionell wirtschaftende Betriebe, nur 'arme' oder auch 'reiche' Landwirte?"

Vielfältig aufgestellte Betriebe, so der Eindruck aus diversen Gesprächen, haben ganz offenbar eine gute Risikoabsicherung und damit nur geringe Chancen auf eine Unterstützung. Gut gewirtschaftet - nichts bekommen.

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 427 - Dezember 2018, S. 7
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
Bahnhofstr. 31, 59065 Hamm
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Februar 2019

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