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RECHT/334: Gezahlte CMA-Abgaben zurückfordern (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 320 - März 2009,
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Gezahlte CMA-Abgaben zurückfordern

Karlsruhe erklärt Abgaben zum Absatzfonds seit 2002 für
verfassungswidrig

Von Ulrich Jasper


Bauern können rechtswidrig gezahlte Abgaben zurückfordern. Ansprüche möglich bis Mitte 2006. Was zu beachten ist:

Viel wird derzeit über die Zukunft der bisher von Bauerngeldern abhängigen Unternehmen CMA und ZMP gesprochen und geschrieben. Für Bauern, die bisher die Zahllast zu tragen hatten, stellt sich eine ganz andere Frage: Wie bekommen wir die verfassungswidrig gezahlten Abgaben zurück?


Sonderkonstellation

Dabei ist zunächst wichtig, die wohl einzigartige Konstellation zu beachten. Denn die landwirtschaftlichen Betriebe waren nicht die Empfänger der Abgabenbescheide, die von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) oder, in besonderen Fällen, von einigen Bundesländern verschickt wurden. Empfänger waren vielmehr die so genannten Flaschenhals-Unternehmen, die das Absatzfondsgesetz nennt: Molkereien, Schlachthöfe, Zuckerfabriken, Brotgetreide- und Öl-Mühlen, Eierpackstellen, Kartoffel-Verarbeiter bzw. -Händler u.a.


Flaschenhalsunternehmen

Nur diese Flaschenhalsunternehmen hatten als Empfänger der Abgabenbescheide die Möglichkeit, gegen diese Bescheide Rechtsmittel einzulegen. Das war angezeigt spätestens ab Mitte 2006. Denn Ende Mai 2006 hatte das Verwaltungsgericht Köln in dem Verfahren dreier Kläger (u.a. Georg Heitlinger, s. S. 12 [im Schattenblick unter: www.schattenblick.de: Politik -> Ernährung -> BERICHT/032: Georg Heitlinger - "Gegen einen Teil geht nicht!" (UBS)]) beschlossen, die Sache dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe vorzulegen. Die Kölner Richter waren der Überzeugung, dass die gesetzliche Pflicht zur "CMA-Abgabe" dem Grundgesetz gleich mehrfach widerspreche. Die Fachpresse berichtete ausführlich, allen Flaschenhalsunternehmen konnte somit klar sein, dass die rechtliche Grundlage der Abgaben möglicherweise fallen könnte. Um das Geld für diesen Fall zu sichern, blieb ihnen zunächst in aller Regel die Möglichkeit, Widerspruch gegen die Bescheide einzulegen. Ein Widerspruch gegen eine Abgabe führt zwar nicht dazu, dass die Abgabe nicht trotzdem erst einmal gezahlt werden muss, aber eben nur unter Vorbehalt. Wenn Karlsruhe die Sicht der Kölner Richter teilen würde, wäre der Widerspruch die Garantie dafür, das Geld zurück zu bekommen.

Viele Flaschenhals-Unternehmen haben das erkannt und Widerspruch eingelegt. Das führte schließlich dazu, dass die CMA ihren Haushalt für 2007 von über 90 Mio. Euro auf 40 Mio. Euro mehr als halbieren musste. Denn der Absatzfonds durfte die widerspruchs-behafteten Abgaben nicht an CMA und ZMP weiterreichen, sondern musste sie bis zur Karlsruher Entscheidung in Rücklagen stellen. Auf Druck des Deutschen Bauernverbandes (DBV) nahmen im Jahr 2007 und 2008 dann vor allem einige Schlachthöfe die Widersprüche zurück und verzichteten auf das dann wiederum auf Druck des DBV von Berlin erforderlich gemachte Klageverfahren. Heute ist nun für die Flaschenhals-Unternehmen entscheidend, ob sie Rechtsmittel eingelegt und aufrecht erhalten haben oder nicht. Wenn ja, dann haben sie zweifelsohne Anspruch darauf, die betreffenden Abgaben zurückzubekommen. Haben sie auf Rechtsmittel verzichtet oder sie nicht aufrecht erhalten, dann sind die Abgabenbescheide bestandskräftig geworden und nicht mehr anfechtbar - so sehen es die Juristen bisher übereinstimmend.


Bauern

Für die Bauern ist damit die Sache aber noch längst nicht geklärt. Wie groß ihre Chancen sind, die von ihnen letztlich finanziell getragenen Abgaben zurück zu bekommen, hängt vom jeweiligen Fall ab. Klar ist, dass sie sich das Geld nicht von BLE oder vom Absatzfonds holen können - sie müssen sich an ihre Abnehmer, also an die Flaschenhals-Unternehmen wenden.


Fall 1

Die größten Aussichten bestehen für die Bauern, deren Abnehmer Rechtsmittel eingelegt und die dazu noch auf den Milchgeld- oder Schlachttier-Abrechnungen die Absatzfonds-Abgabe extra ausgewiesen haben, etwa als Vorkosten. Bei Milch und Schlachttieren (außer Geflügel) ist letzteres in der Regel der Fall gewesen. Auch ein Hinweis in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf die Abgabe dürfte ausreichen. Getreide-Mühlen haben das dagegen oftmals nicht ausgewiesen.


Fall 2

Als sehr gut sind die Aussichten auch für jene Bauern einzuschätzen, die ihre Abnehmer in der Vergangenheit aufgefordert haben, gegen die Absatzfonds-Abgaben Rechtsmittel einzulegen, oder ihnen auf andere Weise deutlich gemacht haben, dass sie den Abzug der Abgaben z.B. vom Milchgeld nur unter Vorbehalt hinnehmen.

Das Interessante ist nun, dass dies nicht nur gegenüber solchen "Flaschenhälsen" gilt, die ihrerseits Rechtsmittel gegen die behördlichen Abgaben-Bescheide eingelegt haben. Das ist für diese Bauern rechtlich unerheblich. Denn wenn etwa die Molkerei der Aufforderung der Bauern nicht nachgekommen ist, Rechtsmittel einzulegen, muss sie auch die Verantwortung dafür übernehmen. Abzusehen ist aber, dass die Flaschenhals-Unternehmen diese Ansprüche kaum freiwillig auszahlen werden.


Fall 3

Die schlechtesten Aussichten bestehen in den Fällen, wo sowohl die Landwirte als auch die Flaschenhals-Unternehmen der Aufforderung des Deutsche Bauernverband gefolgt sind und auf Rechtsmittel verzichtet haben. Jetzt wird es knifflig, wie Fachanwalt Hubert Becker bestätigt, mit dem die AbL für ihre Mitglieder einen Sondervertrag abgeschlossen hat. Wie groß in dieser Konstellation die Chancen für die Landwirte sind, die ohne gültige Rechtsgrundlage gezahlten Abgabenlast erstattet zu bekommen, wird wohl in Musterprozessen geklärt werden müssen. Die Argumentation ist hier, dass die Flaschenhals-Unternehmen eine gewisse Vorsorgepflicht haben, Schaden von ihren Vertragspartnern - hier den Landwirten - abzuwenden. Solange dazu nur ein kostenloser Widerspruch notwendig war, wird man diese Vorsorge-Maßnahme von den Unternehmen verlangen können. Doch, wie gesagt: Auf Druck des DBV ist zumindest die dem Bundesministerium unterstellte Bundesanstalt BLE im Herbst 2007 dazu übergegangen, Widersprüche abzulehnen - es blieb dann nur der kostspielige Klageweg. Aber auch da konnte man von den Flaschenhals-Unternehmen mindestens erwarten, dass sie die Landwirte auf die zweifelhafte Rechtsgrundlage für die in Abzug gebrachten Vorkosten hätten hinweisen müssen. Die Viehzentrale Südwest etwa hatte damals den Bauern angeboten, die notwendigen Klagen für ihre Schlachttiere zu erheben, wenn sie die Kosten dafür übernehmen.


Fazit

Einige Bauernverbände geben Musterschreiben raus, die sich nur auf die Abgaben der letzten Monate beziehen, wo die Bescheide noch nicht bestandskräftig sind. Vorsicht! Wer sich auf diese Ansprüche beschränkt, verwirkt möglicherweise weitergehende Ansprüche. Rechtsanwaltliche Beratung ist sehr zu empfehlen, besonders in den Fällen 2 und 3.


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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 320 - März 2009, S. 13
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Mai 2009