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VERBAND/1685: Ehrlicher und ernsthafter Tierschutz geht nur mit den Bauern! (DBV)


Deutscher Bauernverband - Pressemitteilung vom 15. Februar 2011

Ehrlicher und ernsthafter Tierschutz geht nur mit den Bauern!

Erklärung des Präsidiums des Deutschen Bauernverbandes (DBV) vom 15.2.2011


Zu den tierschutzpolitischen Ankündigungen von Bundesministerin Aigner, der Bundesratsinitiative der Länder Rheinland-Pfalz und NRW sowie dem Tierschutzplan Niedersachsen erklärt das Präsidium des Deutschen Bauernverbands:

Die Bauernfamilien in Deutschland stehen für eine tiergerechte und tierschutzfreundliche Haltung aller Nutztiere. Mit Nutztieren, die sich nicht wohlfühlen, können die Bauernfamilien kein nachhaltiges Einkommen erzielen. Insofern ist das Wohlbefinden der Nutztiere eine elementare Frage für die Bauern. Das Präsidium des Deutschen Bauernverbandes erinnert daran, dass sich die deutschen Bauernfamilien für eine Aufnahme des Tierschutzes ins Grundgesetz stark gemacht haben.

Sie verwahren sich deshalb gegen eine populistische Debatte, die nicht anerkennt, dass der Tierschutz in der deutschen Landwirtschaft in den letzten Jahren enorme Fortschritte erzielt hat und aus der Landwirtschaft heraus enorme Vorleistungen und Selbstverpflichtungen erbracht wurden.

Die Deutschen Bauern erfüllen strenge Auflagen im Tierschutz, die weit über die EU-Vorgaben hinausgehen. Während in Brüssel zum Beispiel über eine mögliche Verlängerung der alten Käfighaltung über 2012 hinaus debattiert wird, ist diese in Deutschland längst verboten. Wenn jetzt völlig unsinnigerweise in Deutschland eine Debatte über die gemeinsam mit dem Tierschutz und der Wissenschaft entwickelte Kleingruppe für Legehennen losgetreten wird, dann muss man sich fragen lassen, ob es hierfür ausreichend sachliche Gründe gibt. Die Kleingruppenhaltung hat erhebliche Vorteile im Tierschutz und beim Gesundheitsschutz. Wenn heute der Selbstversorgungsgrad bei Eiern in Deutschland auf unter 60 Prozent gesunken ist, dann zeigt dies die fatalen Folgen eines geteilten Tierschutzes! Deutschland war bisher nicht in der Lage, hohe Tierschutzstandards dort durchzusetzen, wo es wirklich erfolgreich möglich und erforderlich ist, nämlich auf europäischer Ebene in Brüssel und in den Internationalen Handelsabkommen. Es nützt den Hühnern nichts, wenn wir auf Bodenhaltung setzen, die Eiprodukte für Kuchen und alle Fertiggerichte aber von Hennen stammen, die in alten Käfigen der anderen EU- oder Drittländer gehalten werden. Diese widersinnige Diskrepanz müssen Tierschutzorganisationen und Politik der deutschen Öffentlichkeit erklären.

Der Deutsche Bauernverband hat sich zusammen mit der gesamten Produktionskette verpflichtet, bis 2018 ganz aus der Ferkelkastration auszusteigen. Auf Brüsseler Ebene haben diese Verpflichtung auch die europäischen Tierschutzverbände mitgetragen. Jetzt stattdessen erneut eine für die Ferkel sehr belastende Betäubungsstrategie in die Diskussion zu bringen, ist völlig unverständlich und führt nicht weiter.

Im Rahmen der nationalen Forschungsstrategie Bioökonomie hat der Deutsche Bauernverband beantragt, durch Weiterentwicklung der Züchtungs- sowie Haltungsverfahren Eingriffe an den Tieren überflüssig zu machen. Denn Experten sind sich einig, dass dieser Ausstieg eine regelrechte forschungspolitische Kraftanstrengung für die kommenden Jahre erfordert. Deshalb bedarf es jetzt keiner Dramatisierung, sondern ganz gezielten Handelns.

Das historisch gewachsene Kulturgut des Pferdebrands durch elektronische Chips zu ersetzen, stößt Tausende Pferdezüchter und Millionen Menschen, die sich dem Pferd verpflichtet fühlen, vor den Kopf. Markenzeichen für weltweit führende Zuchtorganisationen wie für Holsteiner, Hannoveraner, Oldenburger, Westfalen, Mecklenburger und Trakehner sollten nicht opportunistisch und wider besseres Wissen dem Zeitgeist geopfert werden.

Ehrlicher Tierschutz bedeutet aus Sicht des Deutschen Bauernverbandes stattdessen beispielsweise die seit Jahren von der deutschen Schaf- und Ziegenwirtschaft vorgetragenen Tierschutz-Probleme bei der Kennzeichnung von Schafen und Ziegen (ausgerissene Ohrmarken mit massiven Blutungen) anzugehen und die von den Haltern vorgeschlagenen Lösungen umzusetzen.

Der Deutsche Bauernverband wird sich weiterhin kompromissbereit und sachverständig in die Tierschutzdebatte einbringen. Er ist aber nicht bereit, das Schicksal der deutschen Bauernfamilien, die über die Hälfte ihres Einkommens aus der Tierhaltung erwirtschaften, einer vordergründigen und populistischen Tierschutzdebatte zu opfern, ohne Rücksicht auf Praxisbezug sowie die Wettbewerbs- und Marktbedingungen inner- und außerhalb der EU. Nachhaltiger und ehrlicher Tierschutz ist nur dann möglich, wenn auch Verbraucher und Handel die Tierschutzmaßnahmen der deutschen Landwirte entsprechend honorieren und die Wertschätzung von Lebensmitteln in Deutschland verbessert wird. Das Präsidium des Deutschen Bauernverbandes fordert auch die Politik in Bund und Ländern auf, diese Debatte über die Werthaltigkeit von Lebensmitteln offensiver zu führen und warnt vor einem Rückfall in überholte und dem Tierschutz nicht förderliche Konfrontationen vergangener Jahrzehnte.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 15. Februar 2011
Deutscher Bauernverband, Pressestelle
Claire-Waldoff-Straße 7
10117 Berlin
Tel.: 030 / 31 904 239
Mail: presse@bauernverband.net
Internet: www.bauernverband.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Februar 2011