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VERBAND/2281: Stellungnahme des Bauerverbands zum Koalitionsvertrag (DBV)


Deutscher Bauernverband - Pressemitteilung vom 9. Februar 2018

Bauernpräsident Rukwied: Wettbewerbsfähigkeit stärken

Stellungnahme des DBV zum Koalitionsvertrag


Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD unterstützt aus Sicht des Deutschen Bauernverbandes (DBV) in vielen Punkten die positive Entwicklung der heimischen Agrarwirtschaft, birgt aber auch Unsicherheiten für die Bauern. "In diesem Koalitionsvertrag stecken mehr Chancen als Risiken. Es ist aber besonders wichtig, dass die neue Bundesregierung die Bauernfamilien auf ihrem innovativen Weg begleitet und dabei deren Wettbewerbsfähigkeit stärkt", sagt der Präsident des DBV, Joachim Rukwied. So seien gerade die Vorschläge für mehr Tierwohl zu begrüßen, sofern der finanzielle Mehraufwand den Landwirten auch honoriert werde.


Einschätzung des Deutschen Bauernverbandes zum Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD Gemeinsame Agrarpolitik (GAP)

Dass die Koalition eine Finanzausstattung in bisheriger Höhe anstrebt, ist grundsätzlich ein gutes Signal für die Landwirte. Ebenso positiv ist der Ansatz, Bürokratie abzubauen und soziale Standards zu erhalten. Die Forderung nach einer "Neujustierung" der GAP sieht der DBV skeptisch. Hier kommt es entscheidend darauf an, wie diese Neujustierung definiert wird.


Tierhaltung

Der Bestandsschutz für "genehmigte Tierhaltungsanlagen bei Modernisierungsmaßnahmen" schafft aus Sicht des DBV die Voraussetzung für die Ställe der Zukunft und wird das Tierwohl maßgeblich weiter stärken. Bei der Einführung eines staatlichen Tierwohllabels kommt es darauf an, dass der finanzielle Mehraufwand dem Landwirt auch honoriert wird. Die Öffnung für weitere Alternativen beim Ausstieg aus der betäubungslosen Ferkelkastration ist für die Schweinehalter ein richtiger und praxistauglicher Schritt hin zu mehr Tierwohl. Die Absicht, Lücken im Tierschutzrecht zu schließen, muss vor allem auf europäischer Ebene umgesetzt werden, um den Wettbewerb nicht zu verzerren.


Ackerbau

Die Erarbeitung einer Ackerbaustrategie hält der DBV im Grundsatz für sinnvoll. Deshalb ist es unabdingbar, dass landwirtschaftlicher Sachverstand als Grundlage dienen soll. Entscheidend ist auch, wissenschaftliche Erkenntnisse mit einzubeziehen. Gerade beim Pflanzenschutz ist eine sach- und fachgerechte Ausgestaltung entscheidend, denn die Landwirte aller Produktionsrichtungen brauchen wirksame Mittel zum Schutz der Pflanzen.


Biodiversität

Die Initiierung eines wissenschaftlichen Monitoringprogramms zum Thema "Insektensterben" bewertet der DBV äußerst positiv. Um dem wichtigen Thema gerecht zu werden, sind belastbares Zahlenmaterial und eine umfassende Ursachsenforschung unerlässlich.


Wolf

Ein klares Bekenntnis zu einem gezielten Bestandsmanagement "Wolf" ist der richtige Weg zum Erhalt der Weidetierhaltung. Eine Öffnung hin zu einer "letalen Entnahme", sprich zum Abschuss nach wissenschaftlich definierten Kriterien, hält der DBV für einen notwendigen Schritt.


Flächenverbrauch

Mit Blick auch auf den Artenschutz und den Erhalt der landwirtschaftlichen Flächen begrüßt der DBV den Ansatz, den Flächenverbrauch durch Siedlung und Verkehr deutlich zu reduzieren, um den Flächenfraß effektiv zu bremsen. Grundstückseigentümer an Netzausbaumaßnahmen finanziell zu beteiligen ist unerlässlich für einen zügigen Netzausbau und das Gelingen der Energiewende. Ein im Koalitionsvertrag formulierter Prüfauftrag ist dabei aber aus Sicht des DBV zu wenig.


Ländlicher Raum

Das Bekenntnis den ländlichen Raum stärken zu wollen, darf sich nicht auf Absichtserklärungen beschränken. Eine eindeutige Abgrenzung zwischen Innenministerium (Heimatministerium) und Landwirtschaftsministerium, das nach Ansicht des DBV für diesen Bereich federführend zuständig sein muss, ist daher dringend geboten. 1,5 Milliarden Euro Zusatzförderung sind ein wichtiger Schritt dorthin.


Digitalisierung

Der DBV begrüßt das grundsätzliche Bekenntnis zum Ausbau eines flächendeckenden Gigabit-Netzes. Vor dem Hintergrund der inzwischen weit fortgeschrittenen Digitalisierung in den landwirtschaftlichen Betrieben ist der angestrebte Zeitraum bis 2025 allerdings wenig ambitioniert und ein Finanzrahmen von 12 Milliarden Euro nicht ausreichend. Die kostenlose Nutzung von Open Data, die bereits mit öffentlichen Geldern erzeugt wurden, ist aus Sicht des DBV eine Selbstverständlichkeit. Wichtig bleibt dabei, dass die Potentiale von Open Data in einheitlichen, maschinenlesbaren und praxistauglichen Datenformaten zur Verfügung stehen.


Bioenergie

Das Kapitel zur Bioenergie ist kurz und vage gehalten. Wir vermissen daher eine klare Strategie für die zukünftige Nutzung von Bioenergie. Biokraftstoffen aus nachhaltigen Rohstoffquellen muss weiterhin eine Marktperspektive geschaffen werden. Dies ist ein Schlüssel für die Energiewende im Verkehrsbereich.


Milch

Der DBV befürwortet die explizite Aufnahme der Milchmarktpolitik in den Koalitionsvertrag und die Wertschätzung der Milchviehhaltung für die ländlichen Strukturen. Mit dem Verweis auf die Modernisierung der Lieferbeziehungen wird eine der Kernforderungen des Bauernverbandes aufgenommen, die allerdings relativ allgemein bleibt.


Naturschutzfonds

Kritisch sieht der DBV die Einführung eines eigenständigen EU-Naturschutzfonds. Die Mittel für diesen Fonds dürfen nicht den Etat der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) beschneiden und zu Lasten einer nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Landwirtschaft gehen.


Risikoabsicherung

Der DBV vermisst die Einführung einer Möglichkeit, über eine steuerliche Gewinnrücklage Eigenvorsorge zu treffen, mit der die landwirtschaftlichen Betriebe auf Marktkrisen besser vorbereitet wären.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 9. Februar 2018
Deutscher Bauernverband, Pressestelle
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Tel.: 030 / 31 904 407
Fax: 030 / 31 904 431
Mail: presse@bauernverband.net
Internet: www.bauernverband.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Februar 2018

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