Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V.
Pressemitteilung vom 21. März 2023
Verbände aus Landwirtschaft, Natur- und Tierschutz im Vorfeld der AMK vom 22.-24.03.2023 in Büsum
Milchmarktkrise anerkennen und bekämpfen, Grünland und Weidehaltung in der GAP honorieren
Die aktuelle Milchmarktkrise muss anerkannt und notwendige Gegenmaßnahmen müssen initiiert werden. In der europäischen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) muss im Jahr 2023 eine zusätzliche Öko-Regelung für die Förderung von Dauergrünland und die Weidehaltung von Milchkühen beschlossen werden. Das forderten Vertreter:innen des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM) e.V. und der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) e.V. heute vor dem Landwirtschaftsministerium in Kiel. Sie übergaben, begleitet von zwei Milchkühen, dem Vorsitzenden der Agrarministerkonferenz (AMK) Werner Schwarz konkrete Ausgestaltungvorschläge. Verbände aus Natur- und Tierschutz unterstützten die Anliegen der Bäuerinnen und Bauern ausdrücklich.
Ursula Trede, BDM-Landesteamleiterin in Schleswig-Holstein, machte deutlich, dass die Bäuerinnen und Bauern von der AMK ganz konkrete Beschlüsse erwarten. "Warme Worte, Prüfaufträge und wolkige Absichtserklärungen reichen uns nicht. Wir brauchen schnelle Handlungen." Der EU-Milchmarkt befinde sich längst wieder in einer Krise, auch wenn die politisch Verantwortlichen dies nicht wahrnehmen wollten. "Bei rund 45 Cent/kg Milch liegen aktuell allein die variablen Kosten in Deutschland. Im Krisenjahr 2016 lagen sie noch bei 27 Cent. Ab diesem Preisniveau, das wir aktuell bereits wieder erreicht haben, geraten wir sehr schnell in massive Liquiditätsschwierigkeiten. Wer eine vielfältig strukturierte, bäuerliche Landwirtschaft erhalten will, kann nicht warten, bis sich der Markt durch Betriebsaufgaben sozusagen selbst "bereinigt". Eine nennenswerte Reduktion der Tierzahlen durch die Hintertür, die sich manche davon versprechen mögen, garantiert dieses Vorgehen jedenfalls nicht. Eine verstärkte Konzentration und Intensivierung dürften eher die Folge sein, das zeigen die Entwicklungen der vergangenen Jahre", erklärte Ursula Trede. Von Minister Werner Schwarz erwarten die Verbände, dass er zusammen mit seinen Ministerkolleg:innen Bundesminister Özdemir beauftragt, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass das in der Gemeinsamen Marktorganisation ausdrücklich zugelassene Instrument des Freiwilligen Lieferverzichts gegen Entschädigung aktiviert wird.
Milchbäuerin Kirsten Wosnitza übergab als Vertreterin der AbL Schleswig-Holstein einen gemeinsamen Vorschlag von Verbänden aus Landwirtschaft, Natur- und Tierschutz zur Einführung einer zusätzlichen Öko-Regelung für die Honorierung von Dauergrünland und Weidehaltung von Milchkühen und forderte deren umgehende Umsetzung. "Der hohe ökologische und gesellschaftliche Wert von Grünland und Weidehaltung ist vollkommen unstrittig. Die Benachteiligung von Grünlandbetrieben in der neuen GAP ebenfalls. Worauf warten die Minister:innen der Länder und des Bundes eigentlich? Die zusätzliche Öko-Regelung muss noch in diesem Jahr beschlossen werden, damit sie 2024 auf unseren Höfen und Weiden umgesetzt werden kann", erklärte Wosnitza.
Die Vorschläge und Forderungen werden von vielen weiteren zivilgesellschaftlichen Gruppen mitgetragen.
Dr. Pia Turowski, Sprecherin Landesarbeitskreis Land und Natur BUND
Schleswig-Holstein:
"Eine in der Intensität angepasste Weidehaltung ist die eierlegende
Wollmilchsau der nachhaltigen Landwirtschaft. Sie dient sowohl Tierwohl und
Biodiversität als auch Gewässer-, Klima- und Bodenschutz. Außerdem prägt
sie unsere Kulturlandschaft."
Martin Hofstetter, Landwirtschaftsexperte bei Greenpeace Deutschland:
"Weder Bundeslandwirtschaftsmister Özdemir noch die LänderministerInnen
setzen sich bisher ausreichend für Milchviehbetriebe ein, die ihre Kühe auf
die Weide bringen. Obwohl die Weidehaltung besonders artgerecht, ökologisch
wertvoll und klimafreundlich ist, geht sie seit Jahren zurück. Der Bund
muss jetzt mit einem starken Grünland-Weideförderprogramm die Trendwende
einleiten. Es gibt ausreichend EU-Gelder, die dafür genutzt werden können."
Frank Lenz, Vorstandsvorsitzender MEG Milch Board w. V.:
"Wenn Weidehaltung ein gesellschaftliches Ziel ist, müssen auch die Mittel
dafür zur Verfügung gestellt werden, so dass die Milchbäuerinnen und -
bauern dieses Ziel umsetzen können. Laut unserer Studie "Tierwohl für Kühe -
bezahlbar" sind das je nach Region von 5,55 Cent bis 7,34 Cent pro
Kilogramm Milch. Die Voraussetzung, dass Bäuerinnen und Bauern diesen
Mehrwert durchsetzen können, sind mit der Umsetzung des Art. 148 zu
schaffen."
Jörg-Andreas Krüger, Präsident beim Naturschutzbund Deutschland
(NABU):
"Kühe auf der Weide werden in erster Linie für die Milchproduktion
gehalten. Dass an ihren Ausscheidungen jedoch ein ganzes Nahrungsnetz von
einer großen Vielfalt an Insekten, Feld- und Wiesenvögeln und Säugetieren
abhängt, ist den wenigsten bekannt. Die Agrarministerkonferenz muss sich
jetzt für eine faire Honorierung der Weidehaltung in der deutschen
GAP-Förderung stark machen."
Valerie Maus, Vorstandsvorsitzende PROVIEH e.V.:
"Für eine artgemäße Tierhaltung gehören Tiere auf die Weide! Die
Möglichkeit zum artgemäßen Verhalten beim Laufen, Liegen und Grasen sowie
eine wiederkäuergerechte Fütterung sind gelebtes Tierwohl und sollten an
Stelle der ganzjährigen Stallhaltung flächendeckend zu Grundpfeilern
landwirtschaftlicher Tierhaltung werden. PROVIEH fordert die Politik im
Namen des Tierschutzes auf, schnellstmöglich eine Förderung der
Weidehaltung umzusetzen!"
Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes:
"Nur wenn Rinder Weidegang erhalten, kann man von einer tiergerechten
Haltung sprechen. Auf der Weide können sie ihre natürlichen
Verhaltensweisen am besten ausüben und sie leiden seltener an
Euterentzündungen, Klauenerkrankungen und Lahmheiten. Wann immer die
Witterung es zulässt, sollten Rinder deshalb auf die Weide - oft ist das
von April bis Oktober möglich. Die Haltung von Milchkühen auf der Weide
muss gefördert werden."
Christoph Heinrich, geschäftsführender Vorstand beim WWF Deutschland:
"Es ist im Interesse des Gemeinwohls, dass Landwirtinnen und Landwirte
dabei unterstützt werden, ihre Tiere auf der Weide zu halten. Sie bewahren
artenreiche Wiesen und Weiden und leisten damit einen großen Beitrag zum
Natur- und Klimaschutz. Weidehaltung tut auch den Tieren gut und trägt zur
Stabilisierung landwirtschaftlichen Einkommens bei. Umweltschutz und
Landwirtschaft profitieren somit gleichermaßen."
Hintergrundinformationen:
Die gemeinsame Stellungnahme für eine zusätzliche Förderung von Grünland
und Weidehaltung in der GAP finden Sie hier:
www.abl-ev.de/fileadmin/Dokumente/AbL_ev/Publikationen/2023-03-03_Stellugnahme_zur_AMK_in_Büsum_-_Grünland_und_Weidehaltung_stärken__FINAL.pdf
Das Konzept des BDM zu Vermeidung von Marktkrisen finden Sie (unter
"Milchmarkt-Krisenmanagement-Konzept") unter dem folgenden Link:
https://www.bdm-verband.de/wp-content/uploads/2019/09/BDM_Milchmarkt_Krisenmanagement_Konzept.pdf
*
Quelle:
Pressemitteilung vom 21. März 2023
AbL - Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft
Bahnhofstraße 31, 590067 Hamm
Telefon: 02381/49 22 20, Fax: 02381/49 22 21
E-Mail: info@abl-ev.de
Internet: www.abl-ev.de
veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 24. März 2023
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