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VERBAND/2044: Kein Freifahrtschein für neue Gentechnik-Verfahren! (AbL)


AbL - Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft
Gemeinsame Pressemeldung - 9. März 2015

Kein Freifahrtschein für neue Gentechnik-Verfahren!

Verbände und Unternehmen legen Widerspruch gegen die unkontrollierte Freisetzung von genmanipuliertem Raps ein und veröffentlichen gemeinsame Forderungen


Lüneburg/Berlin, 9. März 2015 - Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat in einem Bescheid vom 5. Februar 2015 einen mit Hilfe von kurzen Abschnitten synthetischen Erbguts (Oligonukleotiden) entwickelten sogenannten RTDS-Raps der Firma Cibus als "nicht als Gentechnik im Sinne des Gentechnikgesetzes" eingestuft. Dadurch könnten jetzt entsprechende herbizidresistente Pflanzen ohne Sicherheitsprüfung und Kennzeichnung angebaut werden. Gegen diesen Bescheid legen zahlreiche Organisationen und Unternehmen Widerspruch beim BVL ein. Zudem veröffentlichen sie ein gemeinsames Forderungspapier und appellieren an Landwirtschaftsminister Schmidt, die Freisetzung zu stoppen. Sie befürchten eine unkontrollierte Ausbreitung der Pflanzen in der Umwelt und warnen vor einer Aushöhlung des EU Gentechnikrechtes.

"Verfahren, bei denen künstliches Erbgut zur Manipulation der Gene von Pflanzen oder Tieren eingesetzt wird, sind nach EU-Recht eindeutig als Gentechnik einzustufen. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit muss seinen Bescheid, in dem es einen herbizidresistenten Raps der Firma Cibus nicht als Gentechnik einstuft, zurücknehmen - aus Vorsorgegründen und zum Schutz der gentechnikfreien konventionellen und ökologischen Land- und Lebensmittelwirtschaft. Raps kreuzt in der Natur sehr schnell aus und kann seine Eigenschaften an andere Kulturpflanzen und Wildkräuter weiter geben, aber auch selbst zum Unkraut werden. Diese manipulierten Pflanzen sind weder kontrollierbar noch rückholbar. Landwirtschaftsminister Schmidt muss umgehend handeln", sagt Annemarie Volling von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) e.V. im Namen der Verbände und Betroffenen.

RTDS steht für "Rapid Trait Development System" und gehört zur so genannten ODM-Technik, der Oligonukleotid-gerichteten Mutagenese. Hier werden sehr kurze Abschnitte der Erbsubstanz (DNA) synthetisch im Labor nachgebaut und mit zusätzlichen Eigenschaften versehen - zum Beispiel einer Herbizidresistenz. Diese kurzen synthetisierten DNA-Abschnitte (Oligonukleotide) werden in die Zellen eingeschleust. Die Pflanzenzelle wird dabei veranlasst, die eigene DNA-Sequenz dem fremden Vorbild anzupassen, wodurch es zu einer Veränderung der pflanzlichen DNA an der gewünschten Stelle kommen soll. Der genaue Mechanismus ist noch unverstanden. Es hat bisher weder eine systematische Sicherheits- und Risikobewertung der Technik, noch der damit erzeugten Pflanzen stattgefunden. Gemäß der EU-Richtlinie 2001/18 sind Technologien zur Veränderung des Erbgutes, bei denen DNA außerhalb des Organismus aufbereitet wird und zur Veränderung der Genetik in die Zellen eingeführt wird, als Gentechnik einzustufen.

Die den Widerspruch einlegenden Organisationen und Unternehmen fordern den zuständigen Minister auf, das BVL zur Aufhebung des Bescheids anzuweisen. Gemeinsam fordern sie von der Politik die Stärkung des in der EU gültigen Vorsorgeprinzips. Eine umfassende Sicherheitsprüfung und Kennzeichnung für Pflanzen und Tiere, deren Erbanlagen mit Hilfe von sogenannten Oligonukleotiden verändert wurden, ist sicher zu stellen. Zudem muss in der EU der Anbau von herbizidresistentem Raps grundsätzlich verboten werden.

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Neue Gentechnik-Verfahren regulieren!
Aussaat von illegalem Gentechnik-Raps muss verhindert werden

Gemeinsames Verbände-Forderungspapier - März 2015


Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat in einem Bescheid vom 5. Februar 2015 einen mit Hilfe von Oligonukleotiden entwickelten sogenannten RTDS-Raps der Firma Cibus als "nicht als Gentechnik im Sinne des Gentechnikgesetzes" eingestuft. Daher könnten jetzt entsprechende herbizidresistente Pflanzen ohne Sicherheitsprüfung und Kennzeichnung vermehrt und angebaut werden.

Die Europäische Kommission prüft derzeit, ob mittels Oligonukleotid-Technik und anderen neuen Methoden gezüchtete Pflanzen unter die Gentechnik-Regulierung fallen. Es ist inakzeptabel, dass das BVL nun versucht, diesem Prozess vorzugreifen und Tatsachen zu schaffen.

Umwelt- und zivilgesellschaftliche Organisationen, sowie landwirtschaftliche Interessensverbände stufen die Oligonukleotid-Technik eindeutig als Gentechnik ein und fordern entsprechend ihre Regulierung [1]. Die von Cibus unter dem Namen "Rapid Trait Development System" (RTDS) verwendete Oligonukleotid-Technologie verändert das Erbgut der Pflanze über die Einführung kurzer, synthetischer DNA-Sequenzen in die Zelle. Damit erfüllt die Technik das Kriterium der EU-Richtlinie 2001/18, nach der alle Verfahren, bei denen genetisches Material im Labor aufbereitet und in die Zellen eingeführt wird, als gentechnische Verfahren angesehen werden müssen.

Der genaue Mechanismus der Technik ist unklar, wie für die "klassische" Gentechnik bestehen die gleichen Bedenken hinsichtlich Risiken und Nebenwirkungen. Es hat allerdings noch keine systematische Sicherheits- und Risikobewertung der Oligonukleotid-Technik stattgefunden. Mit dem Cibus-Raps könnte ein Präzedenzfall nicht nur für dieses, sondern auch für andere neue gentechnische Züchtungsverfahren geschaffen werden.

Beim Cibus-Raps handelt es sich um eine herbizidresistente Pflanze, deren Anbau die Bildung resistenter Unkräuter und einen vermehrten Pestizideinsatz begünstigt. Raps als auskreuzungsfreudige und zur Verwilderung neigende Kulturart breitet sich außerdem unkontrolliert und nicht rückholbar in der Umwelt aus. Die Freisetzung des gentechnisch veränderten Cibus-Raps' wäre nicht wieder rückgängig zu machen und eine inakzeptable Bedrohung für die gentechnikfreie, konventionelle wie biologische Land- und Lebensmittelwirtschaft.

Die Unterzeichner dieses Aufrufs fordern daher:

  • Aufhebung des Bescheids des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, nach der ein mit synthetischer DNA manipulierter Raps der Firma Cibus ohne weitere Sicherheitsprüfung freigesetzt und angebaut werden darf
  • Wahrung und Stärkung des in der EU gültigen Vorsorgeprinzips: Keine Freisetzung von mittels Oligonukleotid- und anderen neuen Gentechnikverfahren entwickelten Pflanzen in Deutschland und in der EU
  • Pflanzen und Tiere, deren Erbanlagen mit Hilfe von sogenannten Oligonukleotiden und anderen neuen Gentechnikverfahren verändert wurden, müssen der Sicherheitsprüfung, Zulassungs- und Kennzeichnungspflicht für gentechnisch veränderte Organismen unterworfen werden
  • Verbot des Anbaus von herbizidresistentem Raps und Stärkung der EU-Prinzipien für Transparenz und Vorsorge


Unterzeichnende Organisationen und Unternehmen:

AbL e.V.
Bioland e.V.
BUND
Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) e.V.
Gen-ethisches Netzwerk
Demeter e.V.
Greenpeace e.V.
IG-Nachbau
IG-Saatgut
Mellifera e. V., Vereinigung für wesensgemäße Bienenhaltung
Naturland e.V.
Sambucus e.V., Natur erhalten - Gesundheit fördern - Kultur gestalten
Save Our Seeds
Testbiotech
Zukunftsstiftung Landwirtschaft


Anmerkung:
[1] https://www.greenpeace.de/themen/landwirtschaft/zucht-und-ordnung

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Quelle:
Pressemitteilung vom 9. März 2015
AbL - Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft
Bahnhofstraße 31, 590067 Hamm
Telefon: 02381/49 22 20, Fax: 02381/49 22 21
E-Mail: info@abl-ev.de
Internet: www.abl-ev.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. März 2015

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